...weil hier in diesem Faden ja auch schon andere Ihren Fahrbericht gepostet haben, hier meiner aus dem Enfield-Forum, den ich heute schrieb (vielleicht interessant für PeWe, weil der glaub speziell nach der Conti gefragt hatte:
Gestern konnte ich spontan eine Conti Twin 650 probefahren. Wolfgang Diewald hatte zwar auch die Interceptor angemeldet und zum Fahren bereit, ich entschied mich jedoch bewusst für die Conti, weil mir hier bisher kein Bericht darüber bekannt ist. Außerdem hatte ich einfach Lust als Kontrast zu meiner W, mit der ich unterwegs war, auf die "Cafe-Racer-Sitzhaltung"!
Zu mir: Ich bin 175 cm groß und wiege 74 kg, fahre seit 1991 nahezu durchgehend Motorrad (mal ein halbes Jahr Pause kam hin und wieder vor) und das auf vielen verschiedenen Maschinen. Mir ist das mit der Angabe von Größe und Gewicht wichtig um zu unterstreichen, dass Angaben zur Ergonomie usw. immer rein subjektiv sind, wie alles andere auch, was wir Menschen so meinen was IST. Kann auch sein, dass einer gleich groß ist, aber längere Beine im Vergleich zum Oberkörper usw. hat. Dann sieht die Sache schon ganz anders aus, wie man eine Sitzposition empfindet. Auch ist jeder Hintern anders bzw. die Empfindsamkeit. Daher sind Angaben zur Sitzbank ebenso individuell unterschiedlich. Es gibt da nichts zu verallgemeinern oder gar zu konstatieren. Aber auch das ist nur MEINE ANSICHT!
Jetzt genug des "Blabla"
Ich kam also beim Diewald an und bekam direkt "die Schlüssel für die Conti in die Hand gedrückt."
Bei der Kontrolle des Spritstandes im Tank, viel mir direkt fast der Tankdeckel aus der Hand, denn diesen finde ich zwar schön, aber er verbleibt im geöffneten Zustand nicht am Tank, sondern muss irgendwo hingelegt werden. Sprit genug war drin, dies zeigte mir nach dem Start bzw. "Zündung an" auch die digitale Spritstandanzeige im Cockpit an.
Meine "Teststrecke" war der Belchen hoch und ins Münstertal wieder runter und zurück, ein wenig B 317 und Kleines Wiesental hin und zurück.
Die Sitzposition empfand ich Caferacer-typisch nach vorn geneigt, ja nahezu vorderradorientiert, dabei aber nicht so "gestreckt" wie befürchtet. Der Kniewinkel ist für mich schon sehr spitz, aber für diese ca. 45 Minuten noch okay. Dauerhaft so sitzen möchte ich nicht mehr, meine "Sportlerzeit" liegt über 25 Jahre zurück. Das fand ich nur die ersten paar Jahre toll. Beim Beschleunigen und etwa über 90 km/h sorgte der Winddruck für etwas "Erleichterung" auf den Lenkerstummeln.
Da die Maschine schon um die 400 km gelaufen hatte und als der Motor warm war, forderte ich ihn auch. Dieser Zweizylinder zieht ab Standgas nahezu linear bis 7000 U/Min. hoch ohne dass ich ein wirkliches "Loch" verspürt habe. Ganz wunderbar. Der Druck von unten raus ist mir persönlich aber zu schlapp. Da bin ich anderes gewohnt.
Der Motor ist absolut laufruhig. Ganz ehrlich: Das könnte auch ein 3- oder gar 4zylinder sein. Aber er ist halt ein moderner Zweizylinder wie so viele andere. Optisch sieht er natürlich ganz anders aus. Und der 270 Grad Hubzapfenversatz suggeriert mir ein wenig das, was wir leidenschaftlichen Motorradliebhaber manchmal gern "Charakter" nennen - zumindest im Stand und im Schiebebetrieb was den "Sound" angeht, von dem ich beim Fahren selbst aber so gut wie nichts hörte (das liegt aber nicht an meinem Schuberth C3, denn meine Blaue Lagune und auch die W vernehme ich sehr deutlich beim Fahren, sogar noch mehr als wenn ich meinen Jethelm trage, weil da die Windgeräusche wesentlich lauter sind!)
Das Kurvenfahren hat mir verdammt viel Spaß gemacht. Das Fahrwerk wirkte auf mich absolut neutral, keine Überraschungen, straff und stabil. Mit dem Hinterrad schaffte ich es natürlich leicht, das ABS einsetzen zu lassen, ein deutliches Pulsieren am Bremspedal zeigte die Wirkung. Vorn schaffte ich das auf trockener Strecke nicht im geringsten, auch als ich volle Pulle zulangte. Die Bremswirkung fand ich super.
ALLERDINGS empfand ich als fast schon gefährlich:
Die Conti richtete sich selbst schon bei leichter Schräglage und leichtem Betätigen des Vorderradbremshebels deutlich auf. Ich tastete mich diesbezüglich weiter voran und bei stärkerer Schräglage und Bremsung war ich kurz davor geradeaus gegen einen Fels zu fahren. Das habe ich schon lange nicht mehr bei einem Motorrad so erlebt. Gut möglich, dass das bei der Interceptor vielleicht nicht so ausgeprägt ist???
Ansonsten fahren, bremsen, fahren, bremsen ... alles super, einfach, neutral, glatt laufend, ein modernes Motorrad halt. An optischen Dingen halte ich mich nicht großartig auf. Erstens weil auch das reine Geschmacksache ist, über die ich jede Diskussion als absolute Zeitverschwendung empfinde. Außerdem wisst Ihr ja, dass ich seit 2005 W fahre und nicht im entferntesten auf die Idee käme eine W gegen diese neue Twin zu tauschen.
Was mir noch auffiel war, dass der Seitenständer echt ganz schön kurz ist. Das Motorrad steht verdammt schräg, auch auf ebenem Boden. Das sah ich im Laden schon, denn einen Hauptständer hat die Conti im Gegensatz zur Interceptor nicht.
Hier ein paar Bilder und ein kurzes Video, wo natürlich wie immer der Motor- bzw. Auspuffsound nur auf dem PC mit entsprechenden Boxen einigermaßen rüberkommt.
Ich empfinde den Auspuffklang als rotzig-hellbrabbelnd. Aber wie gesagt, im Stand beim Gasgeben vernehmbar, leichtes frotzeln auch mal im Schiebebetrieb aus höheren Drehzahlen, ansonsten sehr sehr "zahm". In Anbetracht der "Neuzeit" mit ihren Abgas- und Geräuschvorschriften allerdings gut gelungen.
Mein Fazit:
Wenn sich dieses Motorrad, egal ob Conti oder Interceptor, im Langstreckentest und auch in Privatgebrauch in den nächsten 2-3 Jahren als zuverlässig erweist (was natürlich gerade in privater Hand auch viel an der Fahrweise liegt - denn ich kenne wenige, die in der Lage sind, selbst 48 PS voll auszureizen und entsprechend das Drehzahlband komplett ausnutzen und nicht "nur" dahincruisen, was ich auch völlig gut finde, aber dafür reichen auch 20 und weniger PS - und nur, wenn ich ein Motorrad auch entsprechend vordere, kann ich auch von wahrer Zuverlässigkeit sprechen und nicht wenn es nur mit Samthandschuhen gefahren wird ... Wieder nur meine Ansicht) dann:
Gratulation gerade auch zu diesem Preis an die Erfinder, Erbauer und alle anderen Beteiligten.
Möchte noch anmerken, dass es für mich bedeutungslos ist, in welchem Teil dieser Erde die Erbauer von einem Motorrad geboren sind und leben. Zumindest auf den Geburtsort hatten sie keinen Einfluss, wie ich auch nicht. Daher ist es mir auch egal, was auf dem Motorrad für eine Marke steht. Jegliche negative Wertung in Bezug auf Marken aus Amerika, Japan, Deutschland, England, Indien usw. ist mir zuwider und sagt für mich nichts über das Motorrad aus, aber viel über den Sprecher/Schreiber von solchen Bemerkungen.
Und noch was, was Ihr nicht mehr lesen könnt/wollt: Gäbe es kein Motorrad wie die W650/W800/1 (die W800/2 finde ich zu teuer) mit diesem Königswellenparallel-Twin, hätte ich den Kaufvertrag für die Interceptor schon unterschrieben!
Also: Insgesamt Daumen hoch für dies Motorrad Interceptor/Conti.
Und dann gings wieder weiter mit meiner W in dieser wundervollen Gegend, dem Schwarzwald - Manfred, ein bissel Neid spüre ich schon in mir ...
Hallo Chris, Danke für den prima Fahrtbericht. Optisch gefällt mir die Continental fast besser als die Interceptor. Nur wäre die beschriebene Sitzposition (Kniewinkel) bei meinen 1,83 nix (mehr) für mich.
Der Scrambler von Triumph tönt wirklich ganz ähnlich. Und auch er liegt sehr schräg und disproportioniert auf dem Seitenständer. Trotzdem ist er um Längen schöner.
Gruß Serpel
"DA SIND WIR LETZTES MAL AUCH GESESSEN MIT BLICK AUF DAS MURMELTIER!"
Zitat...Gäbe es kein Motorrad wie die W650/W800/1 (die W800/2 finde ich zu teuer) mit diesem Königswellenparallel-Twin, hätte ich den Kaufvertrag für die Interceptor schon unterschrieben!
Ist auch genau meine Rede von neulich (Beitrag # 629, vom 16.4.):
Zitat...Hätte ich noch keine W 650 und hätte noch meine damalige HONDA CB 500 (Baujahr '97) dann hätte ich sofort einen Kaufvertrag unterschrieben.
danke für deine echt gut beschriebenen eindrücke + bilders . dein bericht deckt sich in fast allem mit den für mich " guten " berichten der fachpresse . und ohne meine w , wäre die enfield auch für mich ein ganz klare kaufoption ! . und daß es bei dem neupreis hier und da ein paar kleinigkeiten gibt die hätten besser sein könnten sei gern verziehen , das gebotene finde ich fürs geld absolut klasse .
Zitat von Silence im Beitrag #691... Möchte noch anmerken, dass es für mich bedeutungslos ist, in welchem Teil dieser Erde die Erbauer von einem Motorrad geboren sind und leben. Zumindest auf den Geburtsort hatten sie keinen Einfluss, wie ich auch nicht. Daher ist es mir auch egal, was auf dem Motorrad für eine Marke steht. Jegliche negative Wertung in Bezug auf Marken aus Amerika, Japan, Deutschland, England, Indien usw. ist mir zuwider und sagt für mich nichts über das Motorrad aus, aber viel über den Sprecher/Schreiber von solchen Bemerkungen.
Also für mich hat es viel mehr Tiefe ob ich z.B.einen BMW Boxer besitze welcher eine tolle Histore hat und in Berlin zusammen gebaut wird oder irgendein Komazuki Neoclassicbike aus dem fernen Osten....Ist genauso falsch wie Nippon Chopper... Nichtsdestotrotz ist ne W n` hübsches Krad was auch Spaß macht ..
ZitatJegliche negative Wertung in Bezug auf Marken aus Amerika, Japan, Deutschland, England, Indien usw. ist mir zuwider und sagt für mich nichts über das Motorrad aus, aber viel über den Sprecher/Schreiber von solchen Bemerkungen.
Ist krass formuliert und etwas respektlos gegenüber denen, die - aus irgendwelchen Gründen auch immer - eine Vorliebe oder gar Passion gegenüber einer Marke hegen. Aber ich verstehe, wie du das meinst, denn die besserwisserischen Beurteilungen über Dinge, die man gar nicht kennt, gehen mir auch gegen den Strich. Und bei heutigen Motorrädern gibt es auch keine technischen Begründungen dafür, Motorräder aus einem bestimmten Land abzulehnen. Dennoch gibt es Qualitätsunterschiede, wenn auch nur geringe, und es gibt Markenphilosophien, die ja auch für die Markenbindung wichtig sind. Man kann einer solchen Philosophie also durchaus zustimmend oder ablehnend gegenüberstehen. Und es gibt bestimmte Gruppen, die bestimmte Motorräder bevorzugen. Da mag man vielleicht gerne dazugehören oder eben auch nicht. Die Freiheit sollte man haben. Oftmals resultiert das Ablehnen bestimmter Herstellungsländer oder auch Marken auch aus der Vergangenheit her und war damals durchaus zu begründen. Die katastrophalen Bastellösungen mancher Engländer, die schlechte Elektrik der Italiener, die unterirdische Qualität der AMF-Harleys, die erstaunliche Haltbarkeit vieler Japaner bei gleichzeitig schlechter Ersatzteilversorgung und die Biederkeit deutscher Motorräder waren früher ja nicht wegzudiskutierende Tatsachen, die ich auch anhand meiner eigenen Motorräder im Prinzip durchaus bestätigen kann. Die Regel bestätigende Ausnahme gibt natürlich. Und heute funktionieren sogar Motorräder aus Indien und China - wer hätte das geahnt!
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