So, nun gehts weiter:
10. Tag – In vier Bundesstaaten und nach ganz weit nach obenHeute starteten wir um 6.45 Uhr und bei angenehmen 19 Grad. Wieder zurück ins Indianerland und zurück nach Arizona – wieder Uhren umstellen auf Pacific-Time – eine Stunde zurück.
Obwohl sich das gar nicht lohnte, denn rund 30 Kilometer weiter kamen wir an die Four Corners, die ein wenig abseits der Route 160 liegen. Four Corners ist die Bezeichnung für einen geographischen Punkt und für die einzige Stelle der USA, an der mit Arizona, Colorado, New Mexico und Utah vier Bundesstaaten aufeinandertreffen. Er befindet sich wieder im Navajo-Indianerreservat auf dem Colorado-Plateau und ist mit einem Denkmal – dem Four Corners Monument – gekennzeichnet. Wir sind früh. Es ist noch menschenleer. Die Verkaufsstände der Indianer, die sich rund um das Monument gruppieren, sind noch nicht bezogen. In einer Baracke wird man über die Vergangenheit der Indianer aufgeklärt. Während das im „weißen“ Amerika immer recht beschönigend dargestellt wird, zeigen hier Karten und alte Fotos sehr anschaulich, wie sich die Bevölkerung der Indianer von Dekade zu Dekade rasant dezimierte, wie sie zurückgedrängt wurde und wie ihnen die wirklich unbrauchbarsten Landstücke zugewiesen wurden: die Wüsten. Und wenn man dort Bodenschätze fand, wurden die Indianer wieder weiter vertrieben. Auf einmal wird es einem deutlich, warum viele Indianer noch so abweisend reagieren. Nicht einmal hundert Jahre haben die Erinnerung noch nicht verblassen lassen.
Wir nutzen die Gelegenheit, hier allein zu sein, um ein paar Fotos auf den „Vier Ecken“ zu machen, auf die man sonst wohl nicht drauf kommt, ohne sich in eine Schlange einzureihen.
Von den Four Corners geht es weiter nach Colorado hinein, Mountain Time.
An den Four Corners, noch ganz alleine auf weiter Flur.
Das Pflichtfoto: Einmal in vier Ländern gleichzeitig sein.
@Serpel: Gibt es diese Möglichkeit sonst noch mal auf der Welt?
Four Corners in den 50er Jahren – altes Foto aus dem Museum
Bundesstaat Nr. 5 auf unserer Reise
Blick zurück nach Arizona mit seinen Wüsten und Cliffs
Wir fahren durch Wüste, aber es geht kontinuierlich leicht bergan. Große Bergbauanlagen mit sich in der ferne verlierenden Förderbändern sehen wir neben der Straße, vermutlich Kohleabbau. Oder Erz? Wir bekommen es nicht heraus. Gleich außerhalb des Navajo-Reservates treffen wir auf die größere Stadt Cortez, die wir auf einem Highway durchfahren. Am Ortsende kehren wir das erste Mal bei einem „Denny`s“ ein, einer Restaurant-Kette, die berühmt ist für ihr opulentes Frühstück. Dieses hier gefiel sogar durch seinen schönen 50er-Jahre-Stil. Das Frühstück beinhaltete dann auch Hamburger, Bacon, Würstchen, Spiegeleier („howudjulaikem?“ – „Sunny side up, please.“) und Pfannkuchen mit Ahornsirup und Sahne.
Denny´s in Cortez
Foll Fettes Frühstück bei Denny´s
Hinter Cortez kamen wir an der Zufahrt zur „Mesa Verde“ vorbei, ließen aber den Besuch ausfallen, weil der Weg dorthin über 20 Meilen „Gravelroad“ ging. Das wollten wir uns nicht zumuten. zum einen war es schon wieder recht warm und zum anderen hatten wir irgendwie schon keine Lust mehr auf Touristenziele. So richtig begründen konnten wir es nicht – aber es zog und nicht hin und wir wollten lieber weiter vagabundieren. So ein Ziel erschien uns wie ein Muss. Und ein Muss mussten wir nicht haben. Nö!
Bald darauf machten wir im Wald eine Pause, beobachteten Insekten, schöne Schmetterlinge und bunte Heuschrecken und hielten ein Nickerchen. Weiter ging es in die Rocky Mountains. Es wurde deutlich bergiger, die Vegetation ändert sich merklich.
Nächstes Ziel war die Westernstadt Durango. Eine durchaus reizvolle Stadt, in die wir auch hinein fuhren. Allerdings war in der City der Verkehr dicht und die Hitze unerträglich. Wir sahen zu, wieder raus zu kommen und erreichten den Hwy 550, den spektakulären „Million Dollar Highway“, den wir uns auch unbedingt ansehen wollten. Die Landschaft wurde zunehmend alpiner, als wir in einem Tal Durango verließen. Nach etwa 20 Meilen hielten wir an einer Blockhaus-Tankstelle. Henny telefonierte mit der Tochter und dann tranken wir einen Kaffee. Das erste Mal sahen wir Bären-Warnschilder. Anschließend wand sich die Straße immer höher.
Blockhaustankstelle nördlich Durango – unser Brandschutz hätte seine helle Freude gehabt
Drinnen sah es tatsächlich so schon roh und unbearbeitet aus.
Bären-Warnschild
Am Molas-Pass, auf 3325 Metern Höhe machten wir Halt und genossen sowohl unseren neuen Höhenrekord als auch das grandiose Panorama auf die umliegenden Viertausender.
Leider fing es an zu nieseln.
Die Pass-Bezwinger
Blich auf Grenadier Range (links) und Peak Two (13478 ft.)
Blick vom Pass auf die Viertausender-Kette der Silverton Group
Wir fuhren weiter, die Straße wurde wieder trocken und nach einer wunderbaren Kurvenstraße durch eine faszinierende hochalpine Bergwelt – aber meist noch unterhalb der Baumgrenze, die hier viel höher liegt als in den Alpen – öffnete sich ein Tal, in dem ein Städtchen lag: Silverton, eine ehemalige Silberbergbau-Stadt, die jetzt in erste Linie von Tourismus und Wintersport lebt.
Silverton Valley
Wir hielten an, genossen den Ausblick und sahen, dass unten eine Dampflok unter Dampf stand, klein wie Spielzeug. Die wollten wir uns ansehen, bevor sie abdampfte. Wir beeilten uns und fanden eine richtig schöne alte Dampfeisenbahn der Durango & Silverton Narrow Gauge Railroad vor, die gerade aufgeheizt wurde, um die letzte Fahrt des Tages von Silverton nach Durango zu absolvieren. Im ganzen Bahnhofsbereich von Silverton schien die Zeit stehen geblieben zu sein.
Eine der Lokomotiven der Durango & Silverton
Der Gegenzug kommt ins Tal
Diesellok in Silverton
Man erzählte uns, die sollen alle noch restauriert werden – viel Spaß!
Neuerwerb der Eisenbahnfreunde: Rio Grande Schmalspur-Lok
Hier noch ein Link für die Eisenbahnfreunde unter euch:
http://www.durangotrain.com/Und hier auch noch ein akustischer Eindruck:
http://www.youtube.com/watch?v=kQWb-LccpfgDas Geräusch der Dampfpfeife in den Gebirgstälern ist wirklich einmalig, es jagt einem Schauer den Rücken runter. Bei Google und Youtube findet man viele schöne Information zur Durango & Silverton Railroad
Es fing an zu regnen und wir fuhren zu einem kleinen Supermarkt, wo wir was zu essen kauften, uns auf die Veranda setzten und in den Regen hinaus schauten.
Da es nicht so aussah, als würde sich das Wetter bessern – die Wolken hatten sich im Talkessel so richtig festgesetzt, beschlossen wir hier zu übernachten und fanden ein sehr ansprechendes Motel an der Hauptstraße, in lila, grün und terracotta gehalten.
Der Regen lies nach und wir brachen zu einer Erkundung durch den Ort auf, in dem die Western-Vergangenheit allgegenwärtig war. Kaum verließ man die Hauptstraße, waren die Nebenstraßen geschottert oder gar schlammig, es gab fast nur Geländewagen, alle über und über schlammbespritzt, es gab Saloons und Bars und Geschäfte, in denen die Zeit stehen geblieben war. Leider hatten einige schon zu. Es gab aber auch echte Rocker auf Harleys, die natürlich ohne irgendwelche Schalldämpfung und auch ohne Helm unterwegs waren. Und es gab die Bahnanlage mit uraltem rollendem Material, teilweise sehr verwittert und verfallen und teilweise schon wieder schön restauriert. Wir sahen das Silverton Gail, das offen stand und wir kamen am Chattanooga-Café vorbei. Herumstehende Snowmobile und Schneepflüge vergegenwärtigten, dass es hier einen langen und harten Winter gibt. Es war ein sehr spannender und kurzweiliger langer Spaziergang. Erstaunt hat uns, dass man kaum bemerkte, dass man sich hier auf etwa 2900 Meter Höhe befindet, Atembeschwerden gab es keine. Aber die Luft war unglaublich klar.
Eindrücke aus Silverton – ziemlich unverfälschte Westernstimmung im Hochgebirge
Im Winter liegt hoch der Schnee, fast an jedem haus sahen wir ein Snowmobile stehen, allerdings meist etwas moderner.
Unser Motel in aparter Farbgebung
Das Avon Hotel in Silverton (moderne Hotelgebäude haben wir keine gesehen)
Miners Tavern
Auch zur Kirche in Silverton …
… fährt man gerne klassisch
(Der Mustang sah tadellos aus und wäre für 9000 Dollar zu haben gewesen)
Silvertons „Ausfallstraße“ nach Westen
Brown Bear Cafe
Schaufensterauslage
Chattanooga Cafe
Ohne Worte.
Empire Street, Ecke 12th – die zentrale Kreuzung in Silverton
Shady Lady Saloon. Man beachte, wie immer, die Fahrzeuge. Limousinen gibt es so gut wie keine.
Die Hauptstraße des Ortes: Silverton Empire Street
Silverton Jail – the door is open …
… und die einzige Gefangene war Paris Hilton. Recht so.
Typisches Auto in typischem Zustand in den Rockies
Nein, kein Museum – dieser Bankschalter ist ganz normal in Betrieb ...
… aber einen modernen Tresor hat man schon.
moderne Outlaws
Auch eine Art Snowmobil
Und Pete kennt die Welt – na ja, ein bisschen …
Silverton ist jedenfalls ein schönes Erlebnis gewesen. Die Rockies sind einfach toll und irgendwie ist da wirklich auch die zeit stehengeblieben. Die Grenzen zwischen ganz normalem Alltag und musealer Wirklichkeit sind fließend. Der stundenlange Rundgang hat uns viel Freude gemacht, hinter jeder Ecke war was Neues zu sehen – und da der Ort nicht sehr groß ist, haben wir auch alle Straßen durchstreift.
Müde fielen wir in die Betten. Der obligatorische Wetterbericht kündigte erstmals schlechtes Wetter an, zumindest dann, wenn wir weiter in die Rockies fahren würden. Nebel und Regen bei Temperaturen um 10 bis 15 Grad. Nach Süden hin blieb es bei Sonne mit „isolated thunderstorms“ am Nachmittag. Vor dem Einschlafen hörte ich gerade noch den kleinen Hund singen: „There ain´t no bugs on me ..“