27. Tag – Wie die AmeisenWir schlafen aus und trödeln, denn draußen ist es noch ziemlich kalt. Erst um 10 Uhr starten wir bei 14 Grad. Wir ziehen das erste Mal die Lederkombi wieder an und stellen fest, dass das lange Verpacken den Hosen nicht gut getan hat: Sie sind enger geworden.
Hinter Crescent City kommen wir wieder an den Pazifik und dann auf der 101 in die Redwood Parks. Sobald es geht, verlassen wir die gut ausgebaute 101 und fahren auf den noch vorhandenen alten Straßen durch die Wälder mit den riesigen Bäumen. Es ist eine wirklich märchenhafte Stimmung: Nebelschwaden ziehen von der Küste her durch die Wälder, teilweise streifen aber auch Sonnenstrahlen wie schimmernde Lanzen durch die extrem hohen Baumwipfel bis zum Boden und erzeugen Lichtflecke. Im Wald ist eine erstaunliche Stille. Wir kommen uns vor wie Ameisen zwischen Giganten.
Wir queren das Mündungsgebiet des Klamath und stellen fast, das es vom Hoopa-Reservat hierher sehr wohl eine Straße durch das Yurok-Reservat entlang des Klamath gibt, die aber in der Karte nicht verzeichnet war. Vielleicht ist es Absicht und nicht erwünscht, diese zu fahren. Und es war ja auch gut so, wir hätten sonst den interessanten Abstecher nach Oregon nicht gemacht.
Die Brücke des Hwy 101 über den Klamath, der hier schon recht breit geworden ist
Wenig später kommen wir an einer kleinen Siedlung vorbei und ich denke, dass da einer einen künstlichen Hirsch am Haus stehen hat. Doch der hob auf einmal seinen Kopf.
Ich halte und schleiche mich an. Hinter dem Haus stehen weitere drei ausgewachsene Wapiti, deutlich größer als unser Rotwild. Richtig scheu sind sie nicht, ziehen es aber dann doch vor sich gemächlich zurück in den Wald zu verdrücken.
Wilde Wapitis im Garten eines Hauses
In Oryk versucht man, die Redwoods touristisch zu vermarkten, das Ganze geschieht auf eine etwas derbe Weise, die wohl Holzfäller-Romantik vermitteln soll. Die Schnitzereien wechseln sich ab mit Motorsägen und alles ist etwas aufdringlich, obwohl der ganze Ort zu schlafen scheint. Dabei ist es ein Sonntag in der Hauptreisezeit.
Holzfällerromantik in Oryk
Für PeWe: Gartengestalung auf amerikanisch
Das Californische Wappentier, der Bär, ist allgegenwärtig
Gewisse Ähnlichkeiten? Indianische Abstammung? Fragen über Fragen …
Habt ihr noch Holzreste? Schaukelbank mit einfachen Mitteln
Der Pazifik hat uns wieder, und auch die Lederklamotten müssen wieder ran.
Am Pazifik bei Crescent – das Meer hat auch seinen Reiz, aber besser gefällt es mir in der Wärme in den Bergen.
Der nächste Halt ist in Trinidad. Der Nebel zieht übers Land und es ist kühl. Der Pazifik wirkt silbriggrau, wie aus Blei gegossen. Trinidad macht einen alternativen Eindruck und entsprechend gekleidet lauf die Touristen herum. Man gibt sich alle Mühe, kein Tourist sein zu wollen – es wirkt ein wenig skurril. Trotzdem gibt es guten Kaffee, auch aus echten Tassen. Aber das kostet auch gutes Geld. „We don´t talk Starbucks“ will halt bezahlt werden. Man gibt sich familiär und vermittelt das Gefühl, direkt um 40 Jahre zurück in die Flower-Power-Zeit zurückversetzt zu werden. Disneyland wirkt jedenfalls ehrlicher als diese Alt-Hippies.
Dafür hat man aber heute dort eine drogenfreie Schule. Aha. Die Zeiten ändern sich also doch …
Pazifikküste vor Trinidad
Die Kinder der Hippies dürfen nicht so wie ihre Eltern
Schöner Ford T Pickup Truck in Trinidad und …
… in Kontrast dazu ein modernes Pendant von Honda - den ich bei uns noch nicht gesehen habe.
Wir kommen wieder durch Redwood-Wälder und an einen Parkplatz, der ein wenig Information über die Riesen liefert. So erfahren wir dass die größten Bäume hier über 110 Meter hoch sind. In einen Stamm kann man hinein klettern und bekommt eine Vorstellung von der Größe. Kurze Zeit später kommen wir an einem Baum vorbei, durch den man hindurch fahren kann. Da das aber Geld kostet und ziemlich kitschig aufgemacht ist, lassen wir es. Diese Nebenstraße hier nennt sich hier bezeichnenderweise „Avenue of the Giants“ und die Bäume werden zu Recht als „Cathedral Trees“ bezeichnet.
Schade, so richtig konnte ich den Eindruck der Baumriesen nicht auf dem Foto einfangen, aber …
… die Größenverhältnisse kann man an diesem Foto schon ganz gut abschätzen.
Oder auch hier – faszinierend auch das Spiel des Lichtes, bis es unten ankam.
Zu Reklamezwecken für den Nationalpark wurde dieser Laster (ein White) mit einem Stamm-Stück versehen.
An einem Parkplatz konnte man diesen Stamm als Wetterschutz benutzen. Die Holzfäller hatten da bestimmt ganz schön was zum Sägen gehabt.
Eine kleine Nebenstraße bei Mirand, die sich „Avenue of the Giants“ nennt – zu Recht.
Das Spiel des Lichtes war einfach nur schön – ich habe bedauert, dass ich nicht besser mit dem Fotoapparat umgehen kann.
Auch hier sind noch mal schön die Größenverhältisse zu sehen
Wir verlassen die fantastischen „Cathedral Trees“ und kommen wieder auf die 101, hier am Benbow Valley
In Garberville wollen wir bei Subway ein schönes Sandwich essen, aber leider ist das Brot ausgegangen. Wir tanken und fahren weiter nach Leggett. Dort gibt es wenigstens einige alte Autos zu kaufen, wobei mir das eine oder andere schon gut gefällt. Zum Glück haben wir ja kein Platz auf den Motorrädern … Aber für ein Sandwich und eine kleine Siesta reicht es.
Die beiden Oldtimer lassen uns in Leggett anhalten. Wer kann sie identifizieren?
Den hätte ich am liebsten mitgenommen. Der grüne gefällt mit zwar auch sehr gut, aber …
… fast genau so ein Modell hatte ich schon über mehrere Jahre selbst besessen. Schon wieder so ein Dejavue.
In dem kleinen Ort Leggett fuhr so allerhand altes Zeug rum, aber…
… der Dreh und Angelpunkt war Garske´s Leggett Market, wo …
… ich auch ein Nickerchen hielt.
Spannend fand ich auch die gläserne Rückwand dieser Truck-Kabine. Ob der Fahrer wohl Aquarianer ist?
Hinter Leggett treffen wir die No. 1 wieder und fahren auf ihr an die Küste.
Auf einmal läuft ein wohl noch recht junger Wapiti auf die Straße. Ich fahre ganz langsam neben ihm her, bis er wieder in den Wald verschwindet. Er schien sich an der Harley nicht sonderlich zu stören.
In Fort Bragg wollen wir übernachten. Die ersten beiden angelaufenen Motels sind reichlich teuer: 149 und 119 Dollar. Obwohl der Preis rasch deutlich sinkt, als wir uns abwenden, fahren wir weiter und das dritte Motel, das Marian Country, gerade von einem jungen Inder übernommen, hat die gewohnt zivilen Preise.
Der Bahnhof in Bragg – die Kleinstädte sind meist nicht besonders aufregend, so auch hier.
Wir fahren auf einer Harley durch den Ort und besuchen den Bahnhof das „Skunk-Train“, einer Eisenbahnstrecke der Californian & Western Railroad, die von hier zum Teil noch mit Dampfloks ins Landesinnere fährt.
Die Eisenbahnlinie, die von hier ins Landesinnere führt, ist die einzige Attraktion des Ortes – entsprechend wird sie beworben
Am Abend fuhr kein Zug mehr und die Loks waren im Schuppen, deswegen hier ein Bild aus dem Internet.
Als wir den Ort bis zum Ende durchfahren haben, haben wir immer noch keinen Supermarkt gefunden. Aber in der anderen Richtung ist dann einer ganz nahe am Motel. Das Abendessen ist gesichert. Wir gehen recht früh schlafen, denn draußen wird es wieder von der Küste her leicht neblig. Kühl ist es auch – eine der seltenen Nächte, in der die Klimaanlage aus bleibt.
Gute Nacht!
(Ja, wir durften ausdrücklich auf diesem Parkplatz parken)