Kleines Frühstück in der Mini-Lobby des Motels: ein Kaffee, ein Cookie jeder. Wir fahren wieder zusammen auf meiner Harley los. Hennys bleibt bepackt auf dem Motelparkplatz, da das Motel sowieso an der Ausfallstraße nach Norden liegt. Schon kurz vor 9 Uhr sind wir am Aquarium. Ein wenig müssen wir noch brav in der Schlange warten, bis es öffnet. Die riesigen Aquarien mit den perfekt nachempfundenen Biotopen sind wirklich einen Besuch wert. Aber auch sonst erwartet einen ein vielfältiges Angebot rund um Meer und Küste. Quallen, Uferregionen mit deren Vögeln, Robben, vielfältige Fische, Korallen, Seesterne, Seetang mit Brandung und dazu viel, viel gut aufbereitete Information, das Ganze in einer ehemaligen Konservenfabrik, was im Eingangsbereich auch schön geschichtlich aufbereitet ist.
Wir schlendern noch mal die Cannerie-Row entlang, schauen in verschiedene Läden und trinken in einer Bar guten Kaffee mit Cookies und essen ein etwas eigenartiges Perlen-Eis. Um die Mittagszeit fahren wir bei 18 Grad in Richtung Osten aus der Stadt heraus, erwischen versehentlich die Straße nach Santa Cruz, wenden und kommen endlich nach Gilroy, die Welthauptstadt des Knoblauch, was man unschwer riechen kann. Wir kehren bei Starbucks ein, denn das kennen wir nur insofern, als es das absolute Unwort in den kleinen Coffee-Shops ist, die wir bisher besucht haben. „We don´t talk Starbucks“ ist ein beliebtes Schild dort. Das wollen wir also mal selbst erleben.
Eigentlich alles bestens bei Starbucks, eigentlich.
Starbucks ist tadellos, gut organisiert und mit einer großen Auswahl rund um Kaffee und mehr. Ein Strawberry-Capuchino klingt so „strange“, dass ich ihn probiere. Er entpuppt sich allerdings als cremiges Milchmixgetränk. Macht nix, schmeckt echt gut. Wir sitzen draußen in der Sonne und bekommen von der netten Bedienung sogar noch zwei kleine Eis umsonst als Werbung. Infotafeln weisen daraufhin, dass man gute Löhne an die Bauern in Lateinamerika zahlt. Aha! Da liegt der Hase im Pfeffer. Nicht weit weg von Gilroy liegt Hollister, das eigentlich Ziel. Dort fand am 4. Juli 1947 eine große Schlägerei zwischen den sich neu formierenden Rockern und der Polizei statt, der berühmte „Hollister Bash“. Dieses an sich gar nicht so bedeutende Ereignis wurde von der Presse enorm hochgespielt. Die „braven“ Motorradfahrer Amerikas distanzierten sich, die Rocker bekamen Aufwind. Kurze Zeit später wurden die Hells Angels gegründet. Das Geschehen diente als Basis für eine Verfilmung mit Marlon Brando in „The Wild One“. Leider hatte eine große Party zum 50. Jahrestag schon zwei Wochen vorher stattgefunden. Das hatten wir nicht gewusst. Na, andererseits ist so ein großes Treffen auch nicht gerade unser Ding. Hollister ist wie schon damals eigentlich ein recht verschlafenes Nest mit einer breiten Hauptstraße und sonst nicht viel, aber immerhin 37.000 Einwohnern – von denen man kaum welche sieht.
Hollister, San Benito Street – hier gab es damals den großen Stress
An den „Hollister Bash“ erinnert einzig „Johnny´s Bar“ mit einer großen Wandmalerei und vielen Zeitungsausschnitten drinnen an der Wand. Hier kehren wir natürlich ein, schauen uns alles an und schwatzen mit der Inhaberin bei einer großen Cola ohne Whiskey - und tragen uns natürlich ins Gästebuch ein
Johnny´s Bar in Hollister
Ich und Marlon – na, zumindest soll er das sein.
Da sind sie alle versammelt: Willie G., Dennis Hopper, Falcone, Peter Fonda und Marlon Brando
Sammlung alter Zeitungsausschnitte und …
… einer vom jüngst stattgefundenen „Anniversary of Hollister Battle“
Und da läuft Duckys Jacke mit Marlon Brando drin.
Wir verlassen Hollister in Richtung Süden, fahren also parallel zur Küste wieder zurück. Das fruchtbare Tal mit seinen Erdbeerfeldern, Artischocken, Knoblauch, Sellerie, Zwiebeln aber auch Kirschen, Äpfeln und Wein geht bald in eine karge Hügellandschaft über, die wir auf der Route 25 durchfahren. Eine wunderbare, kurvige, landschaftlich schöne und völlig einsame Motorradstrecke. Komisch, dass die in keinem Reiseführer zu finden ist. Vielleicht, weil auf den nächsten 150 Meilen nix los ist – gar nichts an touristischen Sehenswürdigkeiten der üblichen Art jedenfalls.
Die Route 25, schön geschwungene Kurven …
und eine angenehm hügelige Landschaft.
Blick in das Seitental, in dem die Route 25 verläuft
Wir genießen die Wärme, die Einsamkeit und die schöne Landschaft des Tales zwischen der östlich von uns gelegenen Diablo Range und der westlich gelegenen Santa Lucia Range. Jetzt im Hochsommer sind die Weiden zwar braun, aber wie schön muss das erst im Frühjahr sein, wenn alles grün ist. Allerdings wird es immer wärmer (schon wieder um 40 Grad) und da auch keine Ortschaft zu erwarten ist, biegen wir ab nach Westen, wo wir in San Lucas ein Motel erhoffen, da dieser Ort an einer Kreuzung liegt. Er entpuppt sich aber als eine stillgelegte Güterverladestation an der Eisenbahn. Wir fahren ein Stück auf dem Hwy 101 nach Norden nach King City und dort in die Stadt, wo wir auch schnell ein preisgünstiges Motel finden. Diese landwirtschaftlich geprägten Orte gleichen sich einander sehr. Flächig, großzügig angelegt mit rechtwinkligen Straßen und flachen Häusern – eher ziemlich langweilig. Wir machen eine kleine Tour durch die Stadt und kaufen dann an einem Supermarkt unser Abendessen. Ein kühler Wind beginnt zu wehen, es sind nur noch 25 Grad. Der Wetterbericht vermeldet über ganz Californien gutes Wetter, allerdings auch mit Temperaturen um 100 Grad Fahrenheit. Na ja, besser als Regen und Kälte. In King City ist Fernseh-Niemandsland: Kein Animal Channel und auch keine Hund ohne Flöhe.
Gestern (Samstag) hatte ich pausiert. Ich dachte zwar, dass ich heut erst später nach Hause kommen würde, aber so ist es mir natürlich auch recht. Morgen früh gibt es dann wieder ein Kapitel mit großen Feldern und ganz großen Bäumen Grüße Falcone
Ah WELCH GENUSS!!! Seid Ihr also den Highway 1 gedrived!!!! Brav!!!! Diese Strasse is so geil, rechts karge Hügel, links Japan und das Meer Ich hoffe Big Sur hat Dir gefallen, Henry Millers Hometown! Danke für die geile Bilder aus Hollister, dahin hab ichs leider nit geschafft. Und jetzt freu ich mich auf den nächsten Tag mit "StrassenAchterBahnFotos" aus San Francisco!
Wegen der zu erwartenden Wärme wollen wir eigentlich um 6 Uhr starten, verschlafen aber und kommen erst kurz vor 9 los. Noch am Ortsausgang tanken und einen Kaffee trinken, dann wieder zurück auf die 101 und die Strecke von gestern zurück bis dahin, wo wir die 25 gestern verlassen hatten. Wirklich eine schöne Straße. Wir kommen an einer einsam gelegenen „Dancing Hall“ vorbei, ein Indiz dafür, dass es auch hier Bewohner gibt. Ebenso, wie wir an einer Schule vorbeikommen, die einen Einzugsbereich von ca. hundert Meilen haben muss. Vereinzelt sieht man auch mal eine Farm in der Ferne liegen.
Hier vergnügt sich das Landvolk – Tanzhalle in Priest Valley
Wir verlassen das Hügelland und fahren auf der 198 in Richtung Osten und queren das fruchtbare San Joaquin Tal, der südliche Teil des Central Valley genannt, das sich von Redding im Norden bis Bakersfiel im Süden und zwischen der Sierra Nevada im Osten und den Coast Ranges im Westen erstreckt. Von hier aus wird fast ganz Amerika und auch große Teile der Welt mit Agrarprodukten versorgt. Das vormalige Wüstental wurde erst ab den 20er Jahren erschlossen und durch riesige Bewässerungssysteme fruchtbar gemacht. Unser erster Stopp ist Coalinga, benannt nach einem früher ausgebeuteten Kohlevorkommen, aber auch Öl wird heute hier gefördert
Alte Feuerwehr in Coalinga
Wir unterhalten uns mit einem älteren Farmer, der erzählt, dass es hier im Winter auch durchaus Minustemperaturen geben kann. Uns ist nämlich schon wieder ganz schön warm und die Bekleidung besteht wieder nur aus T-Shirt und Stoffhose. Weiter auf der Tour durch das Tal beeindrucken uns vor allem die Felder, die pro Feld schon mal eine oder gar zwei Meilen Länge haben. Zurzeit ist die Zwiebelernte in vollem Gange und wenn uns einer der großen Trucks mit Sattelauflieger und zusätzlichem Anhänger entgegenkommt, dann riecht es schon sehr kräftig nach Zwiebeln. Um die Felder, auf denen geerntet wird, stehen viele Pickup und auch kleine PKW, mit denen die Erntehelfer gekommen sind. Über hundert Menschen ziehen so über ein Feld, verpacken Zwiebeln in großen Holzkisten, die dann von Staplern an den Feldrand gebracht und auf die Trucks geladen werden. Welch eine Infrastruktur hier bei der Ernte notwendig ist, sieht man auch daran, dass an jeder Seite des Feldes eine Reihe von Dixi-Klos auf Anhängern steht. Na ja, irgendwo müssen die halt auch mal …
Zwiebelernte im Central Valley
Apfelbäumchen, soweit das Auge reicht
Kurze Zeit später kreuzen wir die Interstate 5, die für sich in Anspruch nimmt, die Südspitze Feuerland des amerikanischen Kontinents direkt mit seiner Nordspitze Alaska zu verbinden – und damit in Konkurrenz zur No. 1 steht. Erstere ist es wohl tatsächlich, letztere ist natürlich viel schöner. Auf der Höhe von Lemoore werden die Felder immer größer, drei oder vier Meilen fährt man an so einem Feld entlang, dann beginnt das nächste. Teilweise sind es auch Plantagen. Äpfel, oder Orangen. In Lemoore machen wir einen kurzen durch die Hitze bedingten Halt und trinken kalte Cola. Die nächste Etappe sind nur 25 Meilen, aber dann gehen wir schon wieder langsam ein vor Hitze. Leider müssen wir ein Stück in die Stadt, um zu rasten und Ampeln und der langsame Verkehr bei der Hitze setzt uns noch mehr zu. In einer netten Bar im 50er Jahre-Stil ruhen wir uns aus. Im Schatten sind es 43 Grad.
Eine unserer hitzebedingten Rastpausen – hier in Lemoore
22 Zoll-Felge an Cadillac SUV
Hinter Visalia beginnt die Sierra Nevada. Obwohl es zügig bergan geht, wird es kaum kühler. Die Landschaft ist aber wieder reizvoll, die Straße kurvig. Wir kommen am Kaweha-See vorbei, der aber ziemlich ausgetrocknet ist. In Three Rivers finden wir ein sehr hübsch gelegenes kleines Motel, das „Sequoia-Motel“, das von einer netten Dame geführt wird. Sie zeigt uns das schöne Zimmer mit kleiner Terrasse davor und führt uns zum Pool. Sie fragt, ob uns der niedrige Wasserstand im See aufgefallen sei und bittet uns, deswegen möglichst sparsam beim Duschen zu sein. Wir machen erst mal ein längere Pause, erfrischen uns im Pool und fahren dann auf meiner Harley in den Sequoia Nationalpark.
See an der 198, schon ziemlich trocken gefallen
Das zu empfehlende Sequoia Motel in Three Rivers
Erholung im Garten des Motel
Auf einem Parkplatz lesen wir ein paar Infotafeln und schauen Erdhörnchen zu, die dort herumspielen. Dann geht es auf einer recht alpinen Straße steil bergauf. Fahrzeuge über 6 Meter Länge dürfen hier nicht weiter. Solche Schilder sind untrügliche Zeichen für schöne Bergstrecken! Leider kommen wir an eine Baustelle mit Ampel. Wartezeit 45 Minuten steht auf einem Schild. Und das bei der Hitze! Ich beschließe, dass ich die Ampel einfach missachte und weiter fahre. Mit einem Motorrad kommt man schon durch! Vielleicht doch keine so gute Idee, denn stellenweise führt die Straße einspurig eng und uneinsehbar um Felsvorsprünge herum und sie ist in weiten Bereichen nur geschottert. Wenn da jemand mit Vertrauen auf freie Fahrt schnell entgegen kommt, kracht es. Ich fahre sehr langsam. Da überholt uns ein Motorroller. War der jetzt genauso ungeduldig oder ist die Ampel inzwischen umgesprungen? Als ich Möglichkeit habe, ins Tal zurückzuschauen, sehe ich unten ein Auto kommen. Also ist die Ampel inzwischen grün. Glück gehabt.
Ash Mountains im Sequoia Park
Pause am Sequoia Info Resort
Die ersten Seqoias
Im Sequioa-Park stellen wir die Harley ab und wandern durch die Baumriesen. Jetzt am Spätnachmittag ist kaum ein anderer Mensch dort unterwegs, wir werden ganz still unter diesen unglaublich mächtigen Bäumen, die nicht nur hoch, sondern auch sehr dick und vor allem uralt sind. Auf rund 2500 Meter Höhe informieren wir uns in einem Besucherzentrum über die Bäume, die hier im Park bis zu 80 Meter hoch werden. Wir schauen uns einen an, der 78,5 Meter hoch ist, 8,5 Meter im Durchmesser hat und 26,5 Meter im Umfang. Die Höhe entspricht einem Haus mit 30 Stockwerken. Wenn Henny davor steht, sieht sie schon recht klein aus. Man hat die Höhe des Baumes als Linie auf dem Boden davor eingelassen. Henny stellt sich an das eine Ende und ich an das andere. So wird einem die Höhe viel bewusster.
Lange des Baumes auf dem Boden dargestellt – der kleine rote Punkt hinten ist Henny an der Krone. Das ist …
… viel eindrucksvoller als der Baum in natura, der hier zu sehen ist.
Henny im Stamm
Wir lernen, dass diese Küstenmammutbäume, wie sie in Deutsch heißen, zu den Zypressen gehören und man sie in Amerika unter der Bezeichnung „californian redwood“ zusammenfasst. Der Sequoia ist der Staatsbaum des Staates Californien. Er wird bis über 110 Meter hoch und die ältesten sind um die 2200 Jahre alt. Interessant ist auch, dass regelmäßige Waldbrände, wie sie in Californien üblich waren und teilweise auch noch sind, dem Baum mehr nützen als schaden. Durch seine 30 cm dicke Borke ist er gegen Feuer weitgehend resistent, das Feuer vernichtet jedoch das Konkurrenzgehölz um ihn herum, so das er mehr Platz und bessere Bedingungen zum Wachsen bekommt. Wir kaufen ein paar Samen. Man kann ja nie wissen … Wir gehen noch ein Stück weiter und klettern auf sehr große, glatte rundliche Felsen, die Beetleback genannt werden. Von dort aus hat man einen wunderbaren Blick in Abendstimmung in das Joaquin-Tal und in das Potwisha-Valley, durch das wir hinauf gekommen sind. Langsam müssen wir zurück, es wird bald dunkel. Wir sind wohl die Letzten im Park.
Blick ins Fresno Valley vom Beetle Back aus
Blick ins Potwisha Tal
Hang am Potwisha Tal in der Abendsonne
Ash Mountains im Abendlicht
Die Straßen sind steil und nur für PKW freigegeben
Wieder auf dem Rückweg im Potwisha Tal
Der Tunnel Rock am Ausgang des Sequoia Park
Auf der Rückfahrt begegnen und Deers, kleine Hirsche, die ziemlich wenig Scheu haben und am Straßenrand stehen bleiben. An der Baustelle ist die Ampel auf rot und vor uns steht ein Auto, dessen Insassen im Halbkreis daneben stehen. Wir gehen näher ran und sehen, dass sie eine fette, schwarze, handgroße Tarantel beobachten, die erschrocken ganz still auf der Straße hockt. Später sehen wir noch eine am Straßenrand. Am „Tunnel-Rock“ halten wir noch mal an. Hier ging die Straße früher unter einem riesigen Findling durch. Jetzt muss man außen herum fahren. Aber schöne Fotos kann man noch machen. Die Mülleimer in der Nähe haben feste Stahldeckel und Labyrinth-Einwürfe, damit sich die Bären nicht bedienen. Wieder im Motel genießen wir den milden Abend bei 30 Grad und sitzen auf der Terrasse. Die Motorräder stehen vor uns. Die T-Shirts und Unterhosen trocknen nach dem Waschen auf den Lenkern. Die Zikaden zirpen und es gibt Beer, Chips und Cheese-dip. Es geht uns gut!
Wir starten um 6.25 Uhr bei 20 Grad. Es hat nur wenig abgekühlt in der Nacht. Eigentlich wollten wir durch den Sequoia-Park weiter, aber Henny verspürte wenig Neigung, die engen und steilen Serpentinen auf Schotter und durch die Baustelle noch mal zu fahren. Da wir sie ja nun auch schon kannten, fahren wir ins Tal zurück. Auch die Nebenstraßen von Visalia nach Fresno ließen wir aus, weil wir in der relativen Kühle am Morgen einfach schnell ein Stück weiter kommen wollten. Also auf dem Hwy 99 nach Fresno und von dort über die 41 wieder in die Sierra Nevada.
Bravo Farms in Traver am Hwy 99
An der 99 fahren wir in Traver runter und halten hinter einer Tankstelle an der „Bravo Farm Cheese Factory“, die eigentlich mal eine alte Garage mit Nebengebäuden war. Ein Glücksgriff, denn neben einem Restaurant gab es auch einen Kramladen mit allem möglichen nützlichen und vor allem unnützen Zeug. Zudem war das ganze Gebäude originell bis skurril zurecht gemacht. Getränke wurden zum Beispiel alten Gurkengläsern serviert. Henny kauft sich in Erinnerung an den gestrigen Abend eine Tarantel als Handpuppe.
McCormick-Deering vor Bravo Farms
Rustikal: Getränk im Gurkenglas
Innenhof Bravo Farms, im Hintergrund der Hühnerstall
Innenhof Bravo Farms
Das Angebot an netten unnützen Dingen war riesig, unter anderem mehrere solcher Motorradmodelle
Um 10 fuhren wir weiter, es waren schon 32 Grad. Über Coarsegold nach Oakhurst, dort links auf die 49, die alte Goldgräberstraße, die hier beginnt und nach Norden an der gesamten Sierra Nevada entlang die Goldgräbersiedlungen miteinander verbindet. Mariposa war unser nächster Halt.
Mains Street Mariposa mit Mariposa Hotel, dem größten Haus des Ortes.
Mariposa bedeutet auf Spanisch „Schmetterling“ und Mariposa County war eines der ersten Counties bei der Gründung Californiens im Jahre 1850. Es wird auch als „Mother of Counties“ bezeichnet. Hier in den Goldgräberorten erlebt man californische Geschichte pur, sind es doch die ältesten Ansiedlungen im Lande.
Ein Päuschen in Ehren.
Im Coffee-Shop gibt’s nicht nur Kaffee.
Henny schließt erst mal in einem kleinen Coffee-Shop Freundschaft mit Sophie, während ich Applepie und einen Cappuchino genieße und versuche zu verstehen, was die Bedienung und ihre Freundin sich über ihre letzte Begegnung mit irgendeinem Kerl erzählen. Danach machen wir einen Bummel über die Main Street, die aussieht, als hat sich in den letzten hundert Jahren nicht viel verändert. Dass dem tatsächlich so ist, erfahren wir durch eine alte Dame, die im Keller des Mariposa Hotel einen kleinen Trödel- und Andenkenladen unterhält. Als sie erfährt, dass wir mit Motorrädern unterwegs sind und Henny selbst fährt, erzählt sie, dass es schon 1916 einen Frauen-Motorradclub in Mariposa gegeben hat. Sie kramt eine Weile herum und findet tatsächlich ein Bild, das die „Merced Motorcyclegroup“ im Jahre 1916 auf der Mainstreet von Mariposa zeigt, darunter einige Frauen auf Motorrädern. Sie schenkt es uns und dazu eine Postkarte von 2006, die fast in gleicher Perspektive der Hauptstraße zeigt, welche aber verschneit ist. Eine absolute Seltenheit in dieser Gegend, wie sie uns beteuert. Aufmerksam macht sie uns noch darauf, dass auf dem 90 Jahre alten Bild eine Straßenlaterne zu sehen ist, die auf dem neuen Bild fehlt. Die hat mein Mann als junger Bursche mit dem Katapult zerschossen, meint sie mit einem verschmitzten Lachen, und man hat sie nie wider aufgehängt, jetzt gibt es dafür Leuchten an Masten. Tatsächlich lassen sich sonst kaum Unterschiede auf den Fotos ausmachen. 90 Jahre – und nix ist passiert …
Mariposa Main Street im Jahre 1916, Mariposa Motorcycle Group – in erster Reihe der Frauen-Motoradclub.
Mariposa Mains Street mit seltenem Schnee im Winter 2006 – 90 Jahre später, kaum was verändert
Um die Mittagszeit fahren wir weiter über eine wunderschöne kurvige Bergstrecke nach Coulterville und queren dabei den ziemlich ausgetrockneten Merced-River, dem wir ja schon mal im Yosemite-Tal begegnet sind.
Merced Brücke bei Ragby, Route 49 - man beachte, wie schön sich die Straße den Berg hinaufwindet - typisch für die Route 49
Der fast ausgetrocknete Merced River
Coulterville ist ein völlig verschlafenes Nest, in dem die Zeit noch mehr stehen geblieben ist als in Mariposa. Doch, das ist möglich! Von der Mainstret geht die Greeley Hill Road ab – und das war´s. An der Ecke das Hotel Jeffrey von 1851 und somit das älteste Hotel in Californien.
Hotel Jeffery von 1851 in Coulterville
Natürlich wachsender Säulen-Eratz am Hotel Jeffery – unsere Baupolizei wäre begeistert.
Wir essen im „Brushy Bros. General Store“ zu Mittag. Dies ist Einkaufsladen, Restaurant, Antiquitäten- und Kuriositätengeschäft in einem. Zu Mittag gibt es Hamburger (sonst steht auch nicht viel mehr auf der Karte) – die aber echt gut sind.
General Store Brushi Bros. in Coulterville
Im Gastraum des General Store
Ungewohntes Warenangebot im General Store. das …
… sich im Hinterhof fortsetzt.
Ein Verdauungsspaziergang tut uns jetzt gut, obwohl es schon wieder sehr warm ist. Wir flüchten bald in die teilweise wieder aufgebaute Ruine des Coulter Hotels, in der ein Heimatmuseum untergebracht ist, das sehr eindrucksvoll Einblicke in die Goldrush-Zeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts gibt. Vor dem Gebäude steht „Whistling Billy“ unter dem „Hanging Tree“. Whistling Billy ist eine Schmalspur-Dampflok, die das Erz aus den Minen brachte und an dem Baum wurden die Bösewichte gehängt, mitten im Ort an der Kreuzung. Im Hinterhof des Museums halten wir uns noch ein Weilchen auf einer Bank im Schatten auf, aber auch hier zeigt ein Thermometer 100 Grad. Hilft nix, wir müssen weiter.
Whistling Billy unter Hangig Tree vor dem Museum im ehemaligen Coulter Hotel
100 Grad im Schatten – der Wohlfühlbereich wird verlassen
Tankstelle in Coulterville – und …
… zwei Häuser weiter die örtliche Autowerkstatt – alles da.
Wir kommen am Don Pedro Lake vorbei, auf dem es viele Hausboote gibt. Dann, kurz vor Jamestown große Verwunderung: Die Tankstelle kennen wir doch! Da haben wir doch Taco gegessen und gegenüber den Draht gekauft – und da ist ja auch der Harley-Laden! Mein Gott, wir sind die ganze Zeit im Kreis gefahren. Schöner Mist, alles umsonst! Na, wir machen das Beste draus und biegen gleich in die Straße ein, auf der wir vor drei Wochen nicht gekommen sind, ab nach Sonora. Gleich am Ortseingang finden wir ein nettes, schattig unter Bäumen gelegenes Motel, in dem wir uns erst mal abkühlen. Danach machen wir einen Ausflug in die Stadt, die wir aber nicht sehr ansprechend finden. Wir gehen die Washington Street, die wohl die Haupt-Einkaufsstraße ist, einmal rauf und runter und fahren wieder zurück, weil ich gerne mal das Versäumte nachholen und beim Harley-Händler reinschauen möchte. Auf dem Weg dort hin das zweite Dejavue! Eine sehr eigentümliche Dampflokomotive mit drei senkrecht stehenden Dampfzylindern, darunter einer offen laufenden Kurbelwelle und Königswellenantrieb auf die Räder, auch auf die des Tenders, steht auf einem Stück Schiene neben der Straße. So was vergisst man nicht. Die habe ich schon mal fotografiert. Hier war ich also vor 21 Jahren schon mal gewesen!
Shay Lokomotive mit „Königswellenantrieb“ in Sonora
Beim Harley-Händler sehen wir die Nightster, das ganz neue Modell ohne Rücklicht und mit dem Kennzeichen serienmäßig an der Seite, was in Deutschland ja nicht übernommen wurde. Außerdem hatte er ein par schöne Custombikes, eines allerdings ziemlich rostig …
Street Rod im Bau
Langgabler Evo-Pan for sale
Ratbike, letzes Stadium
Wir kauften noch im Supermarkt ein und machten es uns im Hotelzimmer gemütlich. Die Wetteraussichten waren tadellos, obwohl es ein paar Grad weniger auch getan hätten. Wir beschließen, den Bergen in Richtung Norden zu folgen. Einmal gefallen und die alten Goldgräbersiedlungen, zum anderen sind die Straßen sehr schön kurvenreich und dazu kommt, dass es öfters mal durch Wald geht, wo es nicht ganz so heiß ist. Der Blick aus dem Fenster geht auf eine großes rot leuchtendes Thermometer an der gegenüberliegenden Gebäudewand: 107 Grad! Die Klimaanlage läuft rasselnd auf Hochtouren, während wir nur noch kurz in den Fernseher schauen. Und da war er wieder, der kleine Hund: „There ain´t no bugs on me!“ Gute Nacht!