Da warst Du aber auch auf Reisen oder hattest eine Aufgabe. Bei dem was ich meine kann es passieren das du einfach im Bett liegen bleibst weil du ja nicht aufstehen musst. Dafür verschiebt sich das Ganze eher in die Nacht hinein. Man hat dann das Gefühl das man nichts geschafft hat und das der Tag an einen vorbeigeplätschert ist. Um nicht in sowas zu verfallen brauchts Struktur und Selbstdiziplin. Kann natürlich sein das du ganz ganz anders gestrickt bist. Für viele Menschen ist das aber durchaus ein Problem
Zitat von W-iedehopf im Beitrag #276Da warst Du aber auch auf Reisen oder hattest eine Aufgabe.
Eine Aufgabe hatte ich nicht, ich habe "lediglich" die Zeit genossen. Ich denke, dass es auf die Umstände ankommt. Hätte ich ausreichend Geld, ohne arbeiten zu müssen, ich bräuchte keine Aufgabe, die lediglich dafür da ist, den Tag zu strukturieren. Mir würden tausend Dinge einfallen, für die es sich lohnt, aufzustehen und sei es reisen und die Welt entdecken.
Darum geht's ja, du weißt etwas mit deiner Zeit anzufangen und hast auch die Mittel das umzusetzen. Gibt aber viele Menschen die nur schaffen, schaffen kennen und dann bei Arbeitslosigkeit oder Rente in ein Loch fallen. Als ich für 2 Jahre aus dem Erwerbsleben raus war hab ich mir gedacht - die Chance kommt sobald nicht wieder. Ich hab VHS Kurse belegt zu Dingen die mich interessierten und wo ich vorher wegen 3-Schichtarbeit nie die Möglichkeit zu hatte. Reisen war leider nicht so in dem Maße drin, da hatte die Krankenkasse und später das Arbeitsamt den Daumen drauf. Ich hatte aber zumindest finanziell keine Sorgen.
Ich halte dieses "dem Tag eine Struktur geben" und ähnlich eigentlich für Blödsinn, nicht weil es die Irmi sagt, sondern weil es so viele meinen.
Historisch gesehen habe wir heute einfach viel mehr Freizeit und arbeiten nicht mehr so hart, außerdem konsumieren wir anders. Vor fünfzig Jahren hat mein Vater noch sechs Tage in der Woche als Schmied gearbeitet, abends und am Wochenende war er meistens müde, wir Kinder mussten Sonntags z.T. bis 10 Uhr morgens leise sein, weil der Vater einmal in der Woche lange schlief. Mutter machte die Hausarbeit, wusch die Wäsche ohne Maschine, stopfte die Socken, die Kohlen wurden aus dem Keller geholt, wir wohnten im dritten Stock. Achja, arbeiten musste Mutter auch, denn wir hatten nicht viel Geld.
Die Generation meiner Eltern musste sich also nicht viel Gedanken über die Struktur ihres Tages machen, das ergab sich von selbst... Ach ja... und für Urlaub war kein Geld da.
Bei uns sieht das schon anders aus. Nicht nur, dass wir nach acht Stunden "Arbeit" im Büro* nach Hause latschen, wir werfen unsere Wäsche in die Maschine, wir waschen mit der Maschine ab und sausen mit dem Staubsauger durch die Wohnung. Der Aufwand für meine 50qm Junggesellenwohnung (recht gepflegt) beläuft sich auf ungefähr zwei bis drei Stunden pro Woche.
Als Mitarbeiter im ehemaligen öffentlichen Dienst, weiß ich nur zu genau, was eine "Strukturierung" des Tagens bedeutet, sie läuft im Grunde darauf hinaus, dass jeder Tag gleich ist oder zu sein hat. Ich hatte Kollegen, die haben jeden Tag das Gleiche zum Frühstück gegessen, Mittwoch gab es in der Kantine Eintopf (die Wurst extra!), Donnerstag war Markt (Krakauer). Mittwoch wurde die Woche geteilt (das haben sie dir auch jedesmal erzählt) und OHG (oberhessischer Geschlechtstag), in jungen Jahren jeden Mittwoch, später jeden ersten Mittwoch im Monat.
Die meisten waren/sind Marottenkönige, bringst Du ihren Ablauf durcheinander, gibt's Knies. Wenn ich z.B. Donnerstag Bock auf chinesisches Essen habe, geht das nicht, weil da ja Markt ist (Krakauer). In der Kantine eines fremden Gewerks sind wir schon öfter darauf aufmerksam gemacht worden, dass wir da nicht sitzen können, weil da ja der Kurt sitzt und zwar seit 27 Jahren. Berühre niemals eine jungfräuliche BILD Zeitung, dein letztes Stündlein könnte geschlagen haben, wenn es der Besitzer merkt.
In meinem mittlerweile fast sechs Jahrzehnte währenden Leben ist mir aufgefallen, dass es von diesen eigenartigen Menschen wirklich ganz viele gibt, nicht nur im öffentlichen Dienst, sie sind überall!
Noch was ist mir aufgefallen: Sie steben früh. Gehen sie in Rente, kann man sie bald auf dem Friedhof besuchen. Warum? Weil sie ihren Kopf nicht benutzen und nichts mit sich anzufangen wissen. Sie gehen arbeiten, machen Feierabend, gucken Fernsehen, fahren Motorrad**, machen Urlaub auf Mallorca (Lebenstraum: einmal mit der AIDA fahren), gucken, was die anderen machen und machen das auch.
Andere Menschen, zu denen ich mich auch zähle, kommen mit Nichtstun oder auch Langeweile klar, haben vielleicht gar nicht mal Hobbies, sondern Interessen, kommen damit klar, ein paar Stunden zu vertrödeln, denn sie sind ja keinem was schuldig.
Da macht man die Musik an und ehe man sich versieht, hat man den 20:15 Krimi verpasst, na und? Tagesstruktur? Die stellt sich ein, aber wenn es mal nicht klappt, wird es nachgeholt, man muss halt das Notwendige (irgendwann) tun. Das Einzige, worauf man halt achten muss, dass die Wohnung und man selbst nicht anfängt zu riechen, Verwahrlosung ist das Stichwort, ma sogn...
Diese ganze Scheiß wie Fitnessarmbänder, vegan fressen, seine "Grenzen" erfahren, Marathon laufen, vorgekaute Kultur zu konsumieren, Abenteuer mit Vollkasko (Jochen Schweizer) erleben zu wollen und nach dem, oder gar während des Urlaubs schon über das nächste Event nachzudenken, zeugt doch nur von einer letztlich total passiven Haltung braver Konsumenten, die schon unterwürfig das machen, was ihnen die Freizeitindustrie verkauft und zwar so geschickt, dass sie am Ende meinen, selbst darauf gekommen zu sein.
Wie ich darauf gekommen bin, dass es auch anders geht? Als ich vor über dreißig Jahren durch die Toscana fuhr, saß in einem kleine Kaff eine alte Frau auf einem Stuhl vor ihrem Haus und guckte, was so abgeht (nix). Als ich Sunden später zurück kam, saß sie immer noch da. Oder einfach Loriot fragen...
*Wie gesagt, mein Vater arbeitete als Schmied und Metallarbeiter, die Mutter jobbte in einer chemischen Reinigung, teilweise an der Mangel richtig harte Arbeit. ** Schbässle Dagegen ist ein (Büro)Job, wie wir ihn heute machen, allenfalls mental anstrengend, wegen der nervigen Kollegen...
Nachtrag: Bevor jemand auf die Idee kommt zu behaupten, der Hans-Peter ist eine faule Sau, der hockt den ganzen Tag nur herum. Ich tue schon die Dinge, die mich interessieren, ich muss es nur nicht ständig und jedem mitteilen... ;-)
Wenn der Hans-Peter und die alte Frau zufrieden und glücklich an der Straße sitzen oder nach den Wolken schauen dann ist doch alles gut! Da brauchts auch keine Struktur.
Deine Eltern brauchten sich um sowas keinen Kopp zu machen, schon klar.
Aber ich hab eben schon Menschen kennengelernt die in ein Loch gefallen sind.
Ich hab auf meiner alten Firma auch einen Kollegen gehabt der sich sklavisch an Strukturen gehalten hat. Der hat morgens auf die Uhr geschaut: Oh, 7:00 Uhr. Jetzt muss ich in mein Brot beißen. Jeden zweiten Tag ins Fitnessstudio und jede Mittwoch um 17:00 Herrn Meier besuchen und dort eine, wirklich nur eine Flasche Bier trinken. Um 22:00 gings ins Bett, noch eine viertel Stunde Radio hören, dann schlafen. Wehe der Ablauf kam durcheinander!!!! Na und, so war er eben, der brauchte das so. Das muss ich nicht bewerten.
Alleine schon jeden Morgen mit der Partnerin zu Frühstücken,anschließend zu rauchen und die Dinge besprechen die heute anliegen,ist schon Struktur! So beginnt mein Tag!Alles andere ergibt sich.
@C4: Finanzielle Sicherheit und den Tag gestalten(also das tun was man für richtig o. wichtig hält),bedeutet für mich Freiheit!
Warst du eigentlich mal Arbeitslos ohne Aussicht in den nächsten Monaten einen Job zu haben? Das ist nämlich eine ganz andere Nummer als nur mal im Urlaub abzuhängen.
Ich war in jungen Jahre mehrere Jahre freiwillig arbeitslos, Aussicht auf einen Job war mir egal, allerdings Ende der 1970er, 85 Mark für ein WG Zimmer und Arbeit gab' san. jeder Ecke.
Manchmal ist weniger mehr.Luxus und Co. machen nicht wirklich glücklich,das ist doch bekannt. Wichtig ist es gesund zu sein,eine warme Bude zu haben und sich satt essen zu können. Außerdem wie schon angedeutet,einen Partner und Freunde zu haben. Bitte nicht falsch verstehen,einige gehen den ganzen Tag knuffen und können sich trotzdem nicht mal ein Hobby leisten,das ist natürlich auch für den Eimer.
Hans-Peter, ich möchte im Leben nicht mit dir tauschen.
Ich habe drei Tage in der Woche Struktur und das ist auch gut so. Am restlichen Wochenende will ich was erleben. Und das, was du unter Konsumzwang verstehst, spielt da selten eine Rolle. Ausruhen kann ich mich später in der Kiste.
Kennst du nicht das Gefühl, wenn du an einer interessanten Sache dran bist und du am liebsten 24 Std. ohne Schlaf daran arbeiten würdest? Das ist für mich Freiheit und Leben.