Zitat von Falcone im Beitrag #120Ich kann eigentlich nur empfehlen, der Hardknot mal zu fahren. Ich denke, dass jeder hier im Forum, der es auf der W schafft, bis dort hin zu kommen, auch vor dem Pass keine Angst haben muss. Respekt ist sicher angebracht, Angst muss nicht sein. Die W ist ein wunderbares Motorrad dafür. Und der Pass hat so was von einer Achterbahn: Erst lässt such alles ganz wunderbar und lässig an und dann - huch! - aber ab da gibt es kein Zurück und kein Stehenbleiben mehr - dann muss man durch. Und wenn man es geschafft hat, freut man sich. Sehr.
Ich freue mich und danke Gott jeden Tag, dass ich den Hardknott bereits fünf Mal fahren durfte.
Zitat von Falcone im Beitrag #120 Ich denke, dass jede hier im Forum, die es auf der W schafft, bis dort hin zu kommen, auch vor dem Pass keine Angst haben muss [...] Und wenn sie es geschafft hat, freut sie sich. Sehr.
Der Unterkunft angemessen fällt das Frühstück ländlich schlicht aber nahrhaft aus. Wir packen unsere Sachen, winken den Tieren noch mal zu und machen uns auf dem Weg zur Westküste. Im Gegensatz zu vergleichbaren Gegenden in Irland ist der Lake Distrikt sehr urtümlich erhalten geblieben. Wir freuen uns immer wieder an den schönen alten Häusern, wie zum Beispiel an diesem Pub in Eskdale.
Auf unserer letzten Tour wollte ich schon den Ort Ravenglass besuchen, von dem ich damals gehört hatte. Wir sind diesmal auf der gleichen Straße unterwegs wie vor fünf Jahren und ich achte drauf, diesmal nicht, wie damals, die Abfahrt zu versäumen. Tatsächlich geht nur ein kleiner Weg in einer Kurve von der A595 ab, den man leicht übersieht. Es klappt, wir finden Ravenglass.
Ortseingang Ravenglass
Der fast 2000 Jahre alte Ort war früher ein Marinestützpunkt der Römer und ist heute der einzige kleine Hafen im hiesigen Nationalpark. Als einziges Übrigbleibsel aus der Römerzeit gibt es noch die Ruine eines römischen Badehauses:
Viel interessanter ist aber, dass es hier einen sehr außergewöhnlichen Bahnhof gibt, der uns, als wir ihn dann fanden, schon einigermaßen in Verwirrung stürzte. Sollten wir den ernst nehmen? Doch. Offensichtlich wird der mit voller Ernsthaftigkeit betrieben.
Es handelte sich hier ursprünglich um eine Schmalspurbahn mit einer Spurbreite von drei Fuß (91 cm) aus dem Jahr 1875. 1913 wurde diese, übrigens erste Schmalspurbahn Englands, stillgelegt, um dann ab 1915 umgespurt auf nur noch 15 Inch (38cm) wieder sowohl für den Güter als auch für den Personenverkehr genutzt zu werden. Inzwischen hat die Bahn mehrfach den Besitzer gewechselt und wird nun von der „Ravenglass & Eskdale Railway Co. Ltd.“ Als Museumsbahn betrieben, immer noch mit richtigem Personenverkehr. Bedingt durch die kleine Spurweite sieht sie natürlich eher aus wie ein Garten- oder Spielzeugbahn und es ist, wenn man so zuschaut, kaum zu glauben, dass hier eine richtige, echte Bahnstrecke betrieben wird, wovon wir uns auch erst durch die aushängenden Infotafeln überzeugen lassen mussten. Wir sind noch recht früh am Morgen und der Zugbetrieb beginnt gerade erst. Ein Zug steht bereit, ein zweiter wird bereit gestellt, eine Lokomotive rangiert. Wir schauen eine Weile zu.
Hier ein paar Fotos von der Bahnstation Ravenglass:
Bahnanlage
Zweiter Zug fährt ein
Das Stellwerk
Lokomotive auf der Drehscheibe
Der Lockführer muss sich ins Führerhaus schlängeln wie in einen Sportwagen
Dampflok Bonnie Dundee, gebaut 1900 von Kerr & Stuart
Führerstand der Bonnie Dundee
Durch Ravenglass führt die Cumbrian Coast Railway, von der vor dem Lilliput-Bahnhof zwei alte Wagons erhalten sind - in einer ernst zu nehmenden Größe. Darin ist ein Café untergebracht, das zu unserem Bedauern noch nicht geöffnet hat
Wir fahren noch an die Küste, aber das Meer ist gerade mal wieder nicht da (eigentlich ist es ja so gut wie nie da) und ansonsten ist der Ort zwar hübsch und gemütlich, aber da wir keine Möglichkeit finden, noch einen Kaffee zu trinken, fahren wir weiter.
Küstenstraße Ravenglass
Hafen ohne Wasser
Von Ravenglass aus fahren wir erst mal etwas südwärts, dann nach Osten an der Morecambe Bay vorbei durch den Südzipfel des Lake District. Eine landschaftlich schöne Strecke. In Kirkby Lensdale machen wir Rast, sind jetzt aber schon auf der gut ausgebaute A65 in Richtung Leeds. Unser Plan ist, und möglichst geschickt zwischen den großen Städten des englischen Industriemolochs rund um Manchaster hindurchzuschlängeln. Was nicht einfach ist.
In Kirkby gibt es erst mal ein zweites Frühstück mit Smoothie, Croissant und Scone
Kirkby ist ein beschauliches Kleinstädtchen
Die Strecke wird von nun ab langweilig. Es gibt immer mehr Ortschaften, die von Industrie geprägt sind, die Landschaft ist flach. Zum Glück ist Samstag und der Verkehr ist recht gering.
Vor einem Bahnübergang treffen wir diesen netten Rover:
Es ist kaum möglich, zwischen Rochdale und Huddersfield kleine Straße zu finden, die durch unbesiedeltes Gebit führt. Die Straßen verlaufen nämlich meist quer und leider nicht in unsere Nord/Süd-Richtung. So fahren wir durch Rochdale, Oldham und Ashton östlich um Manchester herum, aber eben immer durch dicht besiedeltes und von viel Industrie durchwachsenes Gebiet. Die Fahrt ist nicht sonderlich spannend, aber wir müssen nun mal hier durch.
Erst, als wir den westlichen Rand des Peak District erreichen, bringt das fahren wieder mehr Spaß. Wir kommen in das Gebiet der Kanäle, und in dem kleinen Örtchen Whaley Bridge halten wir an. Es ist sogar etwas wärmer geworden. Neben der Straße befindet sich ein Hafen mit Werft für die narrow boats, die in dieser Gegend früher vielfältige Transportaufgaben erfüllten, heute jedoch vorwiegend von Touristen genutzt werden. Wir schauen uns ein paar Boote an und suchen uns dann an der Hauptstraße ein kleines Café, deren Besitzer auch gleich aus der Küche kommt, sich über die Motorradfahrer sehr freut und uns viel erzählt, von dem wir leider aufgrund seines Dialektes nicht mal die Hälfte verstehen. Aber dass er eine KTM fährt, bekommen wir mit. Auch das wir am Wochende in Wales vorsichtig sein sollen, weil da die ganzen Motorradfahrer aus den Städten hinfahren, um mal Gas zu geben. Es werde viel geblitzt.
Whaley Bridge, ein recht typischer Ort am Rande der englischen Industriegegend.
Lastenboot
Hausboote
Typisches narrow boat auf den engen englischen Kanälen
Fachgeschäft für die Bekleidung von Engeln
Kurzer Blick in ein interessantes Schaufenster
Wir fahren noch etwa eine Stunde weiter im Bogen südlich um Manchester rum in Richtung Westen. Mittlerweile haben wir 19.00 Uhr und stellen fest, dass in all diesen von Industrie geprägten Ortschaften Übernachtungsmöglichkeiten sehr rar sind. Ein B&B-Schild haben wir schon länger nicht mehr gesehen, irgendwelche große Hotels, in denen Firmen ihre Kunden sicher recht teuer unterbringen, wollen wir nicht nehmen.
Die Kleinstadt Northwich am Weaver sieht eigentlich ganz einladend aus und so durchforsten wir sie etwas genauer nach einer Übernachtung und finden dieses Haus:
Das Blaue Fass in Northwich
Es ist ein Pub, Samstagabend natürlich gut besucht. Die Bedienung hinter dem Tresen ruft jemanden an und eine Weile später kommt eine alte „Lady“ mit Kittelschürze barfuß um die Ecke geschlurft, führt uns in die oberen Stockwerke, erklärt, dass sie noch ein Zimmer frei habe und zeig es uns. Es ist sehr schlicht, das Bett groß, der Boden sehr durchgebogen, Toilette auf dem Flur, aber für uns allein. Das zweite „B“ von B&B gibt es nicht, Frühstück könne man aber in einem Imbiss in der Nähe bekommen. Es soll auch nur 30 Pfund kosten, und da wir sowieso keine Wahl haben, nehmen wir es. Die Motorräder können hinten in den Hof. Als alles klar und gleich bar bezahlt ist, setze ich mich auf das Fußende des Bettes und erschrecke mich etwas. Ich spüre jede Spirale der Matratze. Damit man trotzdem einigermaßen drauf schlafen kann, hat die Lady in der Mitte mehrere Decken auf die Spiralen gepackt. So pieksen sie nicht mehr so. Erstaunlicherweise funktioniert das sogar.
Im Pub ist es sehr laut und so machen wir und auf den Weg in die Stadt. Wir kommen an zwei oder drei Imbissläden vorbei, asiatisch, die uns aber wirklich nicht sonderlich zusagen. Das nächste, sehr gemütliche Pub hat keine warme Küche. Mitten in der Stadt haben wir die Wahl zwischen McDonalds und einem Indischen Lokal, das recht nobel aussieht. Aber auch, wenn das etwas mehr kosten wird, nehmen wir es – dafür haben wir ja eine günstige Übernachtung. Wir treten ein, warten einen kleinen Moment, während der Scheffe wichtig blättert und nachsieht, ob noch ein Tisch frei ist und uns dann an einem sehr schönen Platz am Fenster platziert. Interessant, denn wir sind die einzigen Gäste – und werden es im Übrigen auch bleiben.
Mit dem Essen hat sich der Patron dann aber alle Mühe gegeben, es schmeckt gut und ist schön zubereitet. Er kommt auch an den Tisch, erzählt, wie es ihn hier her verschlagen habe und dass er glaubte, ein gutes Restaurant würde hier angenommen, dem aber wohl nicht so ist und es für ihn ziemlich schwer sei. Es wird so sogar noch ein ganz netter Abend.
Kanalhafen mit Langboote in Northwich
Kanal
Ausgestorbene Einkaufsstraße
Indische Küche
Zurück kommen wir wieder über die Town Bridge und am Kanalhafen mit den Hausbooten vorbei. So haben wir doch noch einen recht langen Abendspaziergang gemacht und sind bestimmt drei Kilometer gewandert. Wir sind ganz froh, dass die Motorräder in einem geschlossenen Hinterhof untergekommen sind, sonderlich vertrauenerweckend ist die Gegen rund um das Blue Barrel nicht. Erstaunlicherweise können wir für unser Zimmer einen gut funktionierenden Internetzugang bekommen und so mache ich mich daran, eine Tour durch Wales zu planen. Dadurch, dass der Besuch in Schottland ja nun entgegen unseres Vorhabens recht kurz ausgefallen war, stehen uns noch einige Tage zur Verfügung und das Wetter soll auch wieder besser werden. Schon heute hatten wir nur ein paar wenige Nieselregenphasen.
Wir starten um viertel nach Neun, nachdem wir im Zimmer einen Nescafé getrunken und einen Keks gegessen haben. Frühstück werden wir dann später zu uns nehmen. Leider müssen wir auf dem Hinterhof, der ein bisschen wie eine Gerümpelhalde aussieht, die Motorräder im Regen packen.
Wir wählen aufgrund des Wetters erst mal die Schnellstraße über Chester nach Westen. Der Regen lässt zum Glück bald nach. In Chester scheint eine Oldtimerveranstaltung stattzufinden, denn vor Chester überholen wir einige alte Autos und hinter Chester kommen uns einige entgegen. Die hätten sicher auch gerne besseres Wetter.
Bald sind wir in Wales angekommen und an der Mündung des River Dee erwartet uns sogar blauer Himmel.
Brücke über den Dee
Wir fahren auf kleinen Straßen ein Stück an der Bucht der Dee-Mündung entlang, wechseln dann wieder auf eine gut ausgebaute Straße und finden bald ein nett aussehendes Café am Straßenrand, das gerade richtig kommt, denn obwohl die Sonne manchmal durch die Wolken bricht, ist es kalt.
Café an der A55
Das Café ist gut besucht und wir bekommen ein leckeres Frühstück. Falconette nimmt ein Pilzomelett und ich teste – natürlich – ein sehr feines Welsh Breakfast. Für Kenner: Mit Blackpudding und in Butter geröstetem Toast.
Nachdem wir unser Frühstück gehabt haben, bekommt das Navi die Anweisung, für uns kurvenreiche Strecken auszusuchen, und wir meandern über Rhuddlan an die Küste bei Llandullas, um von dort fast rechtwinklig nach Süden in die Berge abzuschwenken.
Über jetzt ganz kleine Straßen fahren wir über Llangernyw bis Llanyst
Hinter Llandullas auf Single Track Roads in die Berge
Blick ins Hügelland bei Betw-yn-Rhos
Ganz hinten kann man noch die irische See erahnen
Beschauliches Reisen, wie wir es gerne mögen
Hügelland und Wolkenberge
Weite Sicht und Licht und Schattenspiele
Die Berge des Gwydyr Forest Park rund um den Snowdonia kommen in Sicht
Am Ufer des Llyn Ogwen im Nationalpark. Die Wolken hängen tief.
In den Bergen regnet es dann auch wieder, es ist kalt und windig.
Wir kommen über einen unauffälligen Pass und die A5 führt am Rande eines Tales entlang, in das wir einen sehr schönen Ausblick haben. Wir fahren über Caernarfon an der Küste entlang, meist auf Single Track Roads, die aber hier im flachen Land weniger Freude machen.
Unterwegs meldet sich Falconette, weil ihre W sehr merkwürdige Geräusche von sich gibt. Wir halten an, ich will mal ein Stück fahren. Aber schon als ich den Gang einlege und losfahren will, merke ich, was Sache ist. Tja, das war es dann wohl erst mal. Ich muss tatsächlich das Werkzeug rauskramen und die lockeren Hutmuttern am linken Auspuffkrümmer nachziehen. Verloren hat sie noch keine. Immer schön, wenn es nicht mehr ist …
Bei Pontilyfni fahren wir eine Stichstraße hinein, die uns direkt ans Meer führt. Hier halten wir an einem nahezu leeren Campingplatz an und gehen an den steinigen Strand. Wer macht freiwillig hier Urlaub? Aber hinter den gegen den Wind aufgeschütteten Hügeln stehen tatsächlich ein paar Wohnwagen und sogar Zelte. Selbst ein deutsches Nummernschild erkennen wir im Vorbeifahren.
Die Wellen schäumen ganz schön
Für einen Moment kommt die Sonne durch und wir lassen uns im Strandgras nieder.
Hübsch geformte Hügel und …
Flachland mit Weiden bei Llanaelnaearn
Auf der Landzunge Leyn kommen wir wieder an die Küste
Dummerweise kommen wir hier auf die Idee, dass wir doch mal Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch aufsuchen könnten, den Ort mit dem weltweit längsten Namen. Der müsste doch hier irgendwo sein. Ärgerlich ist nur, dass es den Ort im Navi nicht gibt. Wir eruieren über Falconettes Handy, dass der Ort normalerweise mit Llanfair abgekürzt wird. So finde ich ihn auch im Navi, leider aber drei Mal. Zwei dieser Orte liegen auf der Route vor uns. Aber es stellt sich dann natürlich heraus, dass es der dritte Ort ist, und der liegt bereits hinter uns, ärgerlicherweise sind wir ganz nahe daran vorbei gekommen. So ist das halt. Deswegen noch mal zurückfahren in eine Gegend, die sowieso recht unattraktiv war, wollen wir dann doch nicht.
Vor uns auf der Halbinsel Lleyn hängen dicke Wolken, der Wind ist auch unangenehm kalt und die Landschaft nicht sonderlich verlockend, so dass wir von unserem Plan, an die Spitze zu fahren, absehen, abschwenken und nach Osten fahren. Wir kommen über Porthmaddog, allerdings auf einer Straße, die offensichtlich nicht an dem schönen Bahnhof vorbeiführt. Etwas schade, aber andererseits kenne wir ja die alte Eisenbahn schon, die man sich aber anschauen sollte, wenn man in der Gegend ist. Auch über Penrhyndendeudraeth kommen wir, der Ort, dessen Name sich mir in meiner Kindheit komischerweise unauslöschlich eingebrannt hat, weil dort eine Geschichte aus einem Kinderbuch von Enid Blyton spielt.
Kurze Zeit später muss man eine große Schleife fahren, weil es bislang keine Brücke über das Delta des Afon Dwyryd gibt. Die Brücke ist aber bereits in Bau, künftig wird man dann wohl nicht mehr an dem durchaus hübschen Flussufer entlang fahren.
Langsam fangen wir an, nach einer Übernachtung zu schauen. Harlech ist aufgrund seiner Burg wieder gut von Touristen besucht und so fahren wir durch, um dann in Llanbedr ein nettes kleines Hotel zu entdecken. Leider ist es ausgebucht, der Inhaber aber sehr nett und bemüht und telefoniert herum und bald haben wir eine Übernachtung etwas außerhalb. Erst etwas schwer zu finden, erweist sich diese Empfehlung mal wieder als Glückstreffer. Wir kommen auf einem Bauernhof unter, der Bauer hat eine BSA und sowohl der alte Hof als auch unser Zimmer sind ganz prima.
Das müsste nach der Beschreibung des Hoteliers der Hof sein
Die Motorräder parken neben dem Schweinestall, gut bewacht vom Borstenvieh.
Auch innen ist es äußerst gemütlich und …
… unseren Tee nehmen wir auf der Bank vor dem Haus.
Da es in unserer Unterkunft aber kein Abendessen gibt, machen wir uns zu Fuß auf den Weg nach Llanbedr, kommen …
… an hübschen Häusern vorbei und …
… an einem Flüsschen entlang sowie …
… an der Schule mit getrennten Gebäuden für Jungen und Mädchen und …
… finden an der Ecke zur Hauptstraße ein …
… nettes Lokal, das Victoria Inn.
Dort lassen wir es und gut gehen.
Der vorsichtshalber mitgenommene Regenschirm wird nicht gebraucht und so schlendern wir zufrieden und satt wieder nach Hause, ganz „araf“, so wie es auf der Straße steht.
Bei unserer letzten Wales-Tour sind wir an der Küste entlang gefahren, dieses Mal wollen wir durch die Berge im Inneren quer durch in Richtung Bristol, möglichst auf kleinen Straßen. Nach einem Welsh Breakfast starten wir um 9.30 Uhr, das Wetter ist durchwachsen, bewölkt, aber Regenklamotten ziehen wir erst mal nicht an. Erst geht es noch mal an der Küste entlang bis Barmouth, dann schwenken wir nach Osten ab, entlang am Ufer des Mawddach bis zu einer kleinen Holzbrücke bei Penmaenpool, der einzigen Möglichkeit, den Fluss zu überqueren. Es kostet 60 Pence, die wir aber gerne zahlen. Der Kassierer freut sich auch sehr über die Motorräder und fragt nach dem woher und wohin und kann es kaum glauben, dass wir über Irland und Schottland gekommen sind.
Penmaenpool toll bridge
Falconette auf der Brücke
Wegezoll
Afon Mawddach
Schild an einer Ampelanlage
Die Schilder sind in Wales überall zweisprachig, in Schottland im Westen fast überall und auch in Irland schon ziemlich oft. Das Walisisch ist dem Englischen gleichgestellt, also ebenfalls Amtssprache. Eigentlich kein Problem, wenn nicht Walisisch auf den Schildern oben stehen würde und man sich quasi erst durch das Walisisch „durchlesen“ muss, bis man Englisch lesen kann. Im Vorbeifahren ist dazu ganz klar die Zeit zu kurz, es gelingt nicht. Würde man wenigstens zwei unterschiedliche Farben für die zwei Sprachen verwenden, könnte man gleich die „richtige“ Farbe wählen. Überhaupt darf man sich Gedanken darüber machen, ob es in einem zusammenwachsenden Europa besonders weitblickend ist, alte, nahezu tote, keltische Sprachen noch mal wiederzubeleben. Wem nützt es?
Wir fahren durch den Coed-y-Brenin-Nationalpark, auf teilweise sehr kleinen Straßen, die aber durchaus Spaß machen, schaut man so doch quasi in den Hinterhof von Wales.
Tal im Coed-y-Brenin
Einsame Single Track Roads
Unbesiedeltes Gebiet
Weiter Blick
Einsame Gegend
Weit und breit keine Ansiedlung, aber …
… ein einsames Warnschild im Nirgendwo.
Obwohl eigentlich nichts passiert und die Landschaft sich immer wieder ähnelt, macht das fahren durch diese Bergregion trotz des mäßigen Wetters Freude, hinter jeder Kurve, hinter jeder Bergkuppe gibt es neue Ausblicke, alles geht sehr ruhig und gelassen und man fühlt sich fast alleine auf der Welt. Motorradwandern in seiner schönsten Form.
Am Llyn Clywedog machen wir eine Pause und schauen einfach mal ins Land. Es ist still, allenfalls mal ein Vogel ist zu hören, aber kein Fahrzeug und kein anderes von Menschen gemachtes Geräusch. Erstaunlich.
Llyn Clywedog
Staumauer am Südende des Sees
Und weiter geht es mit grünem Weideland.
So, wie wir es in Wales erleben, haben wir uns eigentlich die angeblich grüne Insel Irland vorgestellt.
So kommen wir nach knapp anderthalb Stunden in das kleine Städtchen Llanidloes in den mittleren Cumbrian Mountains, ein hübscher Ort, der schon seit dem 7. Jahrhundert besteht.
Wir parken in Ortsmitte und schauen uns ein wenig um
Hauptstraße in die eine und …
… in die andere Richtung mit Kriegerdenkmal
Alte Häuser mit vielen kleinen Läden, die hier offensichtlich ihre Inhaber noch ernähren können
Alte Markthalle aus dem Jahr 1600
Im Alten Schwan kehren wir ein.
Das Haus ist uralt, eng und urgemütlich. Wir genießen Fudgecake und Cremeschnittchen, dazu einen Kaffee und freuen uns, wie liebevoll am Nachbartisch der alte Donald gekümmert bekommt: „Donald, you should eat your greens!“ Offensichtlich speist er täglich hier, verweigert aber das Gemüse, was zu einer netten Diskussion mit der Bedienung führt, die der alte Donald für sich entscheiden kann, Die Greens bleiben auf dem Teller – man kann auch ohne Vitamine alt werden.
Beim Kaffee, dahinter verweigert sich Donald den „greens“.
Speisekarte an der Wand
Inzwischen kommt sogar immer öfters die Sonne durch die Wolken, was die Reise noch angenehmer macht.
Auf unserer Weiterfahrt biegen wir dank Navi (kurvenreiche Strecke) hinter Rhayader von der Hauptstraße in eine von Hecken und Steinwällen gesäumte enge Single Track Road ein, fahren etwa hundert Meter, als und eine Gruppe junger Mädchen auf Pferden entgegen kommt. Zwar hätten Pferde und Motorräder aneinander vorbeigepasst, aber das Risiko wollen wir nicht eingehen. Wir signalisieren den sehr verschreckt schauenden Mädchen auf ihren schon etwas nervös werdenden Pferden, das sie warten mögen und wenden in ein paar Zügen die Motorräder. Ich denke, die Mädchen waren uns überaus dankbar dafür. So kehren wir zurück nach Rhayader, nutzen dort die Gelegenheit zum Tanken und fahren von dort aus auf einer anderen Straße weiter südlich. Die Berge sind noch mal ein Stück höher geworden, sie liegen jetzt so um 1600. Jedoch Fuß und nicht Meter.
Bei Llangammarch erreichen wir ein Hochland und queren ein großes Militär-Übungsgelände, von dem man einen wunderbar weiten Blick über das Land hat.
Berghöhen von Llanggammarch Wenn die roten Flaggen gehisst sind, darf man die Straße nicht verlassen.
Der Blick ist einfach fantastisch
Das Militärgelände eher karg
Aber die Straße windet sich sehr schön und absolut verkehrsfrei hindurch.
Noch eine ganze Weile geht es durch dieses wirklich schön zu durchwandernde Hügelland, bis wir bei Brecon tiefere Regionen und eben auch eine größere Ortschaft erreichen. Neben unserer Straße von Brecon nach Tal-y-bont-ar-Wysk verläuft ein Kanal, auf dem auch wieder Langboote unterwegs sind. Es ist der Monmouthshire and Brecon Canal, gebaut schon 1812. Wir machen eine Pause, klettern den Deich hoch, der den Kanal einfasst, der ein paar Meter oberhalb der Straße verläuft.
Straße in Tal-y-bont-ar-Wysk
Die vertäuten Boote sind hübsch, aber …
… wie der Name „narrow boat“ schon sagt, auch …
… ziemlich eng. Drei bis vier Räume sind in der Kajüte hintereinander weg angeordnet und am Heck ist ein Steuerstand. Was ich vermisse, ist die Möglichkeit, sich auf dem Deck aufzuhalten. Anfangs bin ich begeistert, dann denke ich aber drüber nach und stelle fest, dass man immer in dem engen Boot sitzt, auf Wasserhöhe auch kaum Ausblick außer auf die Uferböschung hat, an die Wasserwege gefesselt ist und auch kaum vorankommt. Ich denke, das wäre dann doch nicht meine favorisierte Art, Urlaub zu machen. Trotzdem ist das Zuschauen interessant. Da, wo wir sind, befindet sich nicht nur eine Anlegestelle, um von dort in den Ort zu gehen, sondern auch die Wartebucht, um Gegenverkehr durchzulassen. Wir können nicht erkennen, wie der Verkehrsfluss geregelt wird, denn der Kanal ist auch „single track“. Über den Kanal führt eine Brücke, die von der Besatzung mittels Schlüssel geöffnet und, nachdem das Boot hindurch geschippert ist, auch wieder geschlossen wird. Autos warten brav während dieses sich durchaus etwas hinziehenden Vorgangs.
Brückendurchfahrt
Für dieses gelbe Boot hat das Öffnen die Frau erledigt. Als die Brücke wieder unten war, sprang sie an Deck winkte uns zu und rief „tschüß, macht´s gut!“ Einen Moment brauchten wir, bis wir überhaupt mitbekamen, dass das auch Deutsche sind. Eigentlich schade, wir hätten sie gerne ein bisschen ausgefragt.
Auch eine schöne Farbgebung, aber …
… das ist natürlich für W-Fahrer die schönste: Bluteiter.
Steuerpult für die Brücke
Nach einer Weile des Zuschauens gehen wir in den Ort und …
… suchen ein Café auf.
Wir folgen dem Tal des Usk und kommen in das gleichnamige Städtchen, wo wir aber nur kurz pausieren.
Twyn Square in Usk
Das Tal des Usk ist noch recht schön zu fahren, aber kurz vor dem Bristol Channel mit den Großstädten Cardiff und Newport ändert sich das Szenario recht schnell und unversehens sind wir wieder in dichtem Verkehr.
Und nun wird Falconette doch noch Opfer des Linksverkehrs.
In Magor fahren wir auf eine große, breite Querstraße zu. Links neben uns steht ein großer Traktor mit hohem Anhänger, der nach links abbiegen will. Wir wollen nach rechts abbiegen. Der Traktor ruckt an, ich fahre in dem Moment auch los, denn von rechts kommt zwar ein PKW, aber der ist noch weit weg. Der Traktor bleibt jedoch stehen, er wäre vielleicht doch zu langsam gewesen. Ich fahre also nach rechts auf die linke Straßenseite und merke in dem Moment, dass ich einen kapitalen Fehler gemacht habe. Der Traktor gibt in England natürlich keine Rückendeckung gegen den Verkehr von links, wie bei uns, sondern biegt ja scharf links ab, eben auf die linke Straßenseite. Von links kann also verdeckt vom Traktor durchaus noch Verkehr kommen. Ich erschrecke mich, habe aber Glück und es kommt keiner. Sekunden später macht Falconette genau den gleichen Fehler: Der Traktor fährt jetzt wirklich raus, Falconette zieht in seinem Schatten mit, fährt nach rechts und kollidiert mit einem von links kommenden Auto. Ich höre das Hupen des Autos und sehe im Spiegel Ihr Motorrad auf der Straße liegen. Mir fährt ein gehöriger Schreck in die Glieder, zumal ich Falconette gar nicht sehe. Also schnell mein Motorrad abstellen und hinrennen. Da steht sie und wechselt schon die ersten Worte mit dem Autofahrer. Wie wir anhand der Unfallspuren später sehen, hat das Auto schon so gut wie gestanden und sie ist ihm noch in ganz spitzem Winkel gegen den vorderen Radlauf gefahren, das Motorrad fällt um, sie springt aber noch ab und fällt gar nicht erst hin. Der ziemlich junge Autofahrer ist ganz gelassen, hat die Lange und die Ursache schnell erkannt. Telefoniert ein paar Mal mit dem Handy, da das Auto zum einen seiner Freundin gehört und zum anderen auch noch ein Firmenwagen ist, hat aber bald alles abgeklärt, fotografiert Unfallstelle und unsere Papiere, erkundigt sich zwei, drei Mal, ob Falconette wirklich nichts hat und dann war es das. Sehr nett, sehr ruhig und sehr freundlich. Der Schaden am Auto, ein viertüriger Mini, ist gering, lediglich der Plastikradlauf hatte sich gelöst, der Schaden am Motorrad ist auch nicht dramatisch. Der Handbremshebel ist abgebrochen, die Gabel etwas verdreht, der Fußbremshebel hatte sich im Radlauf des Autos verhakt und ist um 180 Grad nach hinten gebogen, die Schaltung somit blockiert. Also nichts, was man nicht mit Bordmitteln schnell wieder gerichtet hätte und tatsächlich sind wir nach genau 35 Minuten laut Navi schon wieder auf Tour – und mit dem Schrecken davongekommen. Da ich ein lausiger Sensationsfotograf bin, gibt es ärgerlicherweise wieder mal kein Bild!
Von Magor aus fahren wir auf die M1, queren den hier sehr breiten Bristol-Kanal, wechseln auf die M5 nach Süden, verlasen diese bald wieder, kommen an Bristol Airport vorbei und dann bald wieder in ländlichere Gegend. In Lower Langford, am Rande der Mendip Hills, finden wir eine Übernachtung im „The Langford“. Mittlerweile ist es auch schon 19.30 Uhr.
Unsere Unterkunft, „The Langford“, allerdings …
… bekommen wir ein schönes ruhiges Zimmer in einem Nebengebäude, vermutlich ein ehemaliger Stall, vor dem dann auch unsere Motorräder stehen können, …
… großzügig und hübsch eingerichtet.
Nachdem wir uns umgezogen haben, gehen wir in …
… die Gaststube, …
… erfreuen uns an unserem Abendessen (Fishermens Pie und Filled Potatoes) und sprechen noch mal die Unfallereignisse durch. Zum Glück hat Falconette keinen Schock davongetragen und fährt auch nicht anders oder gar ängstlicher als zuvor. Also alles im grünen Bereich.
Über der Bar hängt diese Tafel mit einer Datums-Retrospektive, die uns etwas ob der interessanten Mischung erstaunt. Darauf steht: 1934 - Hitler becomes Fürer 14 AD – Death of Augustus, the first roman emperor 1990 Saddam Hussein offers to release western hostages Birtday Coco Channel
Wenn Du zu dem Bild geschrieben hättest, dass Ihr es selbst einmal ausprobiert habt, und Euch die Bootsbesitzer fotografiert haben, hätte wohl kaum einer widersprochen.
Zitat von Falcone im Beitrag #126Dummerweise kommen wir hier auf die Idee, dass wir doch mal Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch aufsuchen könnten . . .
grämt euch nicht, in diesem ort werden sowieso nur leute empfangen, die den namen akzentfrei ausprechen können. sehr schöne landschaften.
Zitat von Falcone im Beitrag #127So kommen wir nach knapp anderthalb Stunden in das kleine Städtchen Llanidloes in den mittleren Cumbrian Mountains, ein hübscher Ort, der schon seit dem 7. Jahrhundert besteht.
Wir parken in Ortsmitte und schauen uns ein wenig um
Hauptstraße in die eine und …
… in die andere Richtung mit Kriegerdenkmal
Alte Häuser mit vielen kleinen Läden, die hier offensichtlich ihre Inhaber noch ernähren können
Alte Markthalle aus dem Jahr 1600
Im Alten Schwan kehren wir ein.
Hast du hier Llanidloes und Rhayader in einen Topf geworfen? Von den sechs Bildern ist nur das mit der Markthalle in Llanidloes. Die anderen fünf sind von Rhayader.
Ja, danke, ich werde das bei Gelegenheit noch mal korrigieren. Im Übrigen setze ich den Reisebericht jetzt erst mal aus, ich hab zu viel um die Ohren - aber er wird fortgesetzt. Versprochen.