Zitat von Serpel im Beitrag #238
... wir haben Geduld ...
Eure Geduld will ich ja nicht überstrapazieren, hier schon mal der Anfang, auf Serpel seinen besonderen Wunsch (hört sich gut an, nö
)
1. Was soll die Kühlung?
Ursprünglich halt kühlen, wie der Name schon sagt. Heutzutage zusätzlich dafür sorgen, dass die vorgeschriebenen Emissionswerte (Abgas, Lärm) eingehalten werden, d.h. die Kühlung soll u.a. eine rasche Erwärmung des Motors gewährleisten, bei Pkws noch den Innenraum mit Wärme versorgen.
Luftkühlung hat hier nix zu suchen, nur Wasserkühlung ist gefragt (damit fallen die 50er luftgekühlten Roller schon mal raus, ich meinte mit meinem flapsigen Spruch "sogar 50er Roller haben das" natürlich die wassergekühlten 50er)
2. Wie ist eine Kühlung grundsätzlich aufgebaut?
Eigentlich ganz einfach, wie eine Zentralheizung halt: Wärmeerzeuger (Motor/Heizkessel), Pumpe (Wasserpumpe/Heizungsumwälzpumpe), Wärmetauscher (Kühler/Heizkörper), Regelelement (Thermostat/Thermostatventil), Ausgleichsbehälter, jede Menge Schläuche/Rohre. Noch irgendwas vergessen? Jau: Wasser/Kühlflüssigkeit. Noch was vergessen?
3. Funktion (allgemein)
Angetrieben durch die Wasserpumpe wird das Kühlmittel durch den Wassermantel des Motors gescheucht, erhitzt sich, anschließend rauscht es via den geöffneten Thermostaten durch den Kühler. Dort wird es auf seinem Weg wieder runtergekühlt, fließt wieder zur Pumpe und das Spiel beginnt von neuem. Beim Pkw wäre noch ein weiterer Weg durch den Heizungswärmetauscher, den gibt es meines Wissens bei Moppeds noch nicht. Zusätzlich muß die Ausdehnung des Wassers durch Erwärmung aufgefangen werden (der Kühlkreislauf ist ja prinzipiell ein geschlossenes System), dafür ist der Ausgleichsbehälter da.
4. Funktion Wasserpumpe
Wasserpumpen sind üblicherweise Kreiselpumpen, die vereinfacht nach folgendem Prinzip arbeiten: das Flügelrad im Innern wird duch den Motor angetrieben, die Wassermolküle werden durch die Zentrifugalkraft nach außen gedrückt und verschwinden letztendlich durch den Auslasskanal (Druckseite) in radialer Richtung. Der entstehende Unterdruck sorgt dafür, dass in der Mitte des Flügelrades in axialer Rchtung der Wassernachschub rollt (Saugseite).
Bei der Versys sieht das so aus:
4.1. das kleine Gehäuse links unterhalb des Ritzels ist die Wasserpumpe, das Saugrohr B (unten) kann man gut erkennen, das Druckrohr B (oben) liegt etwas versteckt
4.2. real sieht das folgendermaßen aus: (der dünne ummantelte Schlauch, den man auf diesem Foto gut erkennen kann, führt vom Druckrohr nach vorne zum Ölkühler)
4.3. Saugrohr, dahinterliegende ummanteltete Leitung zum Ölkühler, mit viel Phantasie erkennt man den Anschluss der Rücklaufleitung vom Ölkühler an das Saugrohr:
4.4. auf diesem Bild sind die beiden Rohre schon demontiert
4.5. Oberteil der Wasserpumpe demontiert, gut zu sehen das Flügelrad. Wenn man weiß, wie solch eine Kreiselpumpe arbeitet. dann leuchtet auch ein, dass es vollkommen egal ist, in welche Richtung sich das Flügelrad dreht, einzig der Wirkungsgrad geht in den Keller (falls falsch herum), Saug und Druckseite bleiben immer gleich
5. Kühlkreislauf durch den Ölkühler (Versys)
nachdem die Wasserpumpe geklärt ist, ist der Kühlkreislauf durch den Ölkühler eigentlich ein Klacks (dazu habe ich extra einen Ausschnitt aus dem Kühlkreislaufbild gewählt), vorausgesetzt, man denkt sich das Druck- und Saugrohr an ihren Enden jeweils geschlossen. Das Wasser wird durch die Pumpe (8) in das das Druckrohr (9) gefördert, fließt über den Abzweig (wohin auch sonst, das Druckrohr ist ja verschlossen!!) in die schwarz markierte Leitung/Schlauch (entgegen der eingezeichneten Fließrichtung!!!!!) durch den Ölkühler. Vom Ölkühler fließt es durch einen Schlauch und den zugehörigen Abzweig in das Saugrohr (7) zur Pumpe, der Kreislauf beginnt von neuem. Unterschied zum normalen Wasserkreislauf über den Wasserkühler ist der fehlende Thermostat und die Umkehr der Fließrichtung.
5.1. Fließweg Ölkühler
5.2. Ölkühler real: gut zu erkennen die Wasseranschlüsse
5.3. Ölkühler ausgebaut, gut zu sehen die Wasseranschlüsse, einen Ölanschluss kann ich erkennen, bei dem zweiten habe ich Probleme (evtl. eine Rohr im Rohr Lösung?)
6. Kühlkreislauf (Thermostat geöffnet)
Die Wapu fördert das Kühlmittel durch das Druckrohr, ein Teilstrom fließt durch den Ölkühler (und von dort in den Kühlerrücklauf, das Saugrohr), der Hauptstrom tritt am Ende des Druckrohres in den Maschinenraum, äh Motorblock, umströmt die Zylinderbuchsen, fließt durch die Kühlkanäle im Kopf, von dort über den Thermostat bzw. die Bypassleitung zum Kühler, anschließend durch das Saugrohr, vermischt sich mit dem warmem Ölkühlerrücklaufwasser, fließt zur Wapu und der Kreislauf beginnt von neuem
7. Thermostat
Der Thermostat sitzt im Thermostatgehäuse, im oberen Bild Nr. 11, und hat die Aufgabe, den Wärmehaushalt des Motors zu reguliern:
7.1. Thermostatgehäuse
7.2. Thermostatgehäuse geöffnet, mit eingebautem Thermostat
7.3. Thermostat
7.4. Thermostatkennwerte
8. Bypassleitung (der Schlauch, der direkt vom Zylinderkopf unter Umgehung des Thermostaten bis zum Stutzen oberhalb des Kühlervorlaufs führt)
real:
8.1. Funktion der Bypassleitung
Bei Wassertemperatur unter 58°C (s. Kennwerte Thermostat) ist der Thermostat noch nicht geöffnet, das Kühlwasser würde ausschließlich über den Ölwärmetauscher zirkulieren, bei zügigem Losfahren würden sich Hitzenester im Motor, speziell im Kopfbereich bilden, der Exitus wär vorprogrammiert. Also Bypass, und, jetzt wird es langsam interessant
, hier kommt nämlich der ominöse "innere Kreislauf" in's Spiel. In diesem Fall (Versys) besteht er aus der Bypassleitung
und aus der Bypassbohrung im Thermostaten selber (Bild 7.2. Nr. B, Bild 7.3. Nr. A), wer oben genau hingeschaut hat, wird es schon erkannt haben. Also sozusagen die Luxusvariante eines inneren Kreises (Roller haben in der Regel nur eine Bypassbohrung im Thermostaten). Die Bypassbohrung im Thermostat ist zwingend nötig, um den Thermostatfühler mit der aktuellen Wassertemperatur zu versorgen.
Wofür der Aufwand mit der zusätzlichen Bypassleitung (Schlauch), fragt man sich? Jetzt kann ich nur mutmaßen: a) wegen des sonst zu niedrigen Wasserumlaufs für die Pumpe (die pumpt sonst sozusagen im eigenen Saft, nur über den Thermostatbypass und den Ölkühler), b) um dem Motor einen "Kälteschock" beim Öffnen des Thermostaten zu ersparen (es kommt ja schon vorab Wasser durch den Kühler) und c) bei höherer Leistungsanforderung wird der Kühlwassermantel zu schnell warm.
9. Wärmemenge, oder wie lange dauert's, bis ein Möppi warm ist?
Und nun ein kurzer Exkurs zu der Warmlaufzeit eines modernen, wassergekühlten Moppeds (Serpel will ja nicht rechnen
), da wäre ich normalerweise nie drauf gekommen, obwohl es auf der Hand liegt
:
Annahmen:
a) Wasserinhalt (Versys): 2,6 Liter (die RR hat, soviel ich weiß, 1,8 Liter), incl. Ausdehnungsbehälter, netto ca. 2 Liter
b) c für Wasser: 1,16 Wh/kg*K
Erwärmung von 10°C auf 60°C => 50 K
benötigte Wärmenge für die Wassererwärmung: ca. 122 Wh
c) Ölinhalt (V)(RR?): 4 Liter, ergibt ca. 3,5 kg
d) c für Motoröl: durchschnittlich 2 kJ/kg*K > 0,5555 Wh/kg*K
Erwärmung von 10°C auf 60°C => 50 K
benötigte Wärmenge für die Erwärmung des Motoröls: ca. 97 Wh
zusammen also ca. 220 Wh.
Woher nimmt der Motor sich diese Wärmemenge? Na logo, aus dem Sprit
1 Liter Super hat laut ARAL einen nutzbaren Energiegehalt von 8600 Wh, beim Kaltstart, im Leerlauf verbrennt so ein Benziner (z.B. der 1,2 Liter Roomster meines Sohnes, ich habe die Werte aus meiner früheren Ottozeit nicht im Kopf, Diesel sind erheblich besser) mal locker (knapp gerechnet) 1,6 Liter/h des teuren Saftes.
Der Wirkungsgrad eines Ottomotors liegt bestenfalls bei 30 - 35 %, der Rest ist Wärme bzw. unverbrannt.
Den Rest kann sich jeder selbst ausrechnen, die F 800 und warum der "innere Kreislauf" sich so nennt, dazu demnächst mehr in diesem Theater.
Axel
PS: für den doppelthermostatischen Wänna habe ich hier auch noch was:
Thermostatgehäuse Polo, 1,4 Liter, 60 PS, Bj. 96