Blöd war gestern, daß die Bauleute erst den darunter liegenden Abflußkanal machen wollten, genauer gesagt, die Stichleitung von unserm Haus bis zum Kanal. U.a. deshalb konnte auch am WE die Telekom noch nicht aktiv werden.
Und dann waren die Kanalis am Werke und Wännä, der Bauchweh-Typ, saß schon wieder aufm Klo . . . hätt man mir ja auch mal sagen können - finde ich . Die dachten wohl, keiner zuhause vormittags. Jetzt grinsen die mit Ausnahme von zweien immer so blöd, wenn ich vor die Tür gehe .
Zitat von Steve DabbeljuhSchreib was Nettes über Dinge, die dir gefallen !
Das war der Input, den ich benötigt habe, um hier weiter zu schreiben.
Wir waren stehen geblieben beim 270°-Paralleltwin. Hatten festgestellt, dass sich zwar die Massenkräfte 2. Ordnung der beiden Zylinder gegenseitig auslöschen, dafür aber als Massenmomente in Erscheinung treten. Die AW, die Triumph beim Scrambler verbaut, drehen allerdings mit KW-Frequenz und kümmern sich ausschließlich um die 1. Ordnung. Ein vollständiger Ausgleich der 2. Ordnung erscheint auch gar nicht angebracht, da diese beim Fahren praktisch nicht zu spüren sind. Die Massenkräfte 1. Ordnung - obwohl bei der 270° Konfiguration nur 41% über der des jeweiligen Einzelzylinders - können jedoch nicht ungefiltert bleiben.
Und genau hier hat Triumph des Guten etwas zu viel getan. Statt sich mit nur einer AW mit nur einem Ausgleichsgewicht wie bei der W zu bescheiden,
hat man hier richtig geklotzt, und gleich zwei Wellen mit je zwei Gewichten verbaut. Eine AW vor der KW und die andere dahinter. Auf dem Bild sieht man die zwei Nasen oben vorne auf dem Motorgehäuse, in denen die Unwuchtmassen der vorderen AW direkt vor den jeweiligen Zylindern kreisen:
Um die "Vorteile" dieses Aufwands besser zu verstehen, zweiteilen wir die Fragestellung:
1. Was bringt die zweite Welle?
Wie wir bereits gesehen haben, entstehen mit nur einer AW Momente, die den Motor um die Querachse vor und zurück schwingen lassen (Good Vibrations ). Diese können durch eine zweite AW vermieden werden.
2. Warum zwei Ausgleichsgewichte pro Welle?
Da beim 270°-Twin die Massenkräfte der beiden Zylinder die KW in den beiden Hubzapfen phasenverschoben belasten, braucht es pro Zylinder jeweils einen separaten Ausgleich mit einer entsprechend längeren Welle, auf der die beiden Gewichte ebenfalls um 270° (90°) zueinander verdreht sitzen.
Umgekehrt heißt das aber auch, dass ein Gleichläufer diesen zusätzlichen Aufwand gar nicht nötig hätte, da das starre Motorgehäuse auf natürliche Weise für den Ausgleich sorgen würde. Ob Triumph bei der Konstruktion des Twins bereits die America/Speedmaster/Scrambler-Modelle in Planung hatte und deswegen von vornherein auf solch längere AW mit Doppelgewichten gesetzt hat, habsch keine Ahnung.
Zwei kurze AW mit zentralen Gewichten hätten jedenfalls nicht nur die Gleichläufer der Bonneville und der Thruxton beruhigt, sondern auch die Massenkräfte (1. Ordnung) des Scramblers vollständig getilgt. Bei Letzterem hätten die Gegengewichte an KW und AW sogar deutlich leichter als beim Gleichläufer ausfallen können, da hier der versetzte Kolbenlauf ja bereits für einen teilweisen Ausgleich sorgt. Allerdings natürlich wieder auf Kosten von Massenmomenten 1. Ordnung, die durch die doppelten Ausgleichsgewichte (und größeren Ausgleichsmassen an den Kurbelwangen) vermieden werden konnten.
Wie man es dreht und wendet: Der Scrambler weist weder Massenkräfte 1. noch 2. Ordnung auf, noch wackeln Massenmomente 1. Ordnung an der KW. Lediglich ein paar mickrige Massenmomente 2. Ordnung lassen den Motor im Rahmen um die Längsachse des Motorrads schwingen. Bei den Gleichläufern sieht es im Prinzip ganz genauso aus, nur gibt es dort Massenkräfte statt -momente 2. Ordnung. (Der Scrambler müsste also noch ein wenig ruhiger laufen als Bonnie und Thrux. )
Ziemlich aufwändig und teuer der ganze Massenausgleich der Triumph-Twins also, und im Resultat ebenso wirkungsvoll wie langweilig. Leider ...
Zitat von Serpel Und genau hier hat Triumph des Guten etwas zu viel getan ... ... und gleich zwei Wellen mit je zwei Gewichten verbaut.
Du meinst der Motor wäre weniger "langweilig" geworden wenn nur eine einzelne, lange Ausgleichswelle mit zwei um 90° versetzten Gewichten (ähnlich der beim Gegenläufer) verbaut worden wäre? Das hätte ein gutes Aufwand/Nutzen-Verhältnis, wenn man "normierte" Bauteile voraussetzt wäre so ein Motor immer noch eine Spur vibrationsärmer als der der W, weil frei von Kräften 1. Ordnung und etwas günstiger was die durch den Versatz KW:AW verursachten (geringen) Momente angeht...
Zitat von scmDu meinst der Motor wäre weniger "langweilig" geworden wenn ... weil frei von Kräften 1. Ordnung und etwas günstiger was die durch den Versatz KW:AW verursachten (geringen) Momente angeht...
Wenn Du ebenfalls frei meinst, ganz bestimmt, ja.
Ich empfand den Massenausgleich bei der W immer als optimal. Nick-Schwingungen des Motors (ausgelöst durch Massenmomente 1. Ordnung) zählen wohl in jedem Fall zu den "Good Vibrations". Alles, was in diese Richtung zielt, wäre wohl besser gewesen als die von Triumph realisierte Lösung.
Zitat von Serpel Wenn Du ebenfalls frei meinst, ganz bestimmt, ja.
Jau.
Zitat Ich empfand den Massenausgleich bei der W immer als optimal. Nick-Schwingungen des Motors (ausgelöst durch Massenmomente 1. Ordnung) zählen wohl in jedem Fall zu den "Good Vibrations".
Wobei ja die Frage offenbleibt, ob der Ausgleich bei der W nicht möglicherweise bewußt unvollständig gehalten wurde, indem z.B. die AW etwas weniger Unwucht hat als eigentlich nötig wäre. Du hast ja hergeleitet, wie die optimale Wuchtung aussehen müßte, aber vielleicht wäre das schon beim Paralleltwin mit einer AW zu "glatt". Husaberg hat mal einen (übrigens momentenfreien) Einzylinder mit nur einer AW gebaut, die hatte definitiv weniger Unwucht als "halbe osszillierende Masse mal Kurbelradius", allerdings nicht um den Motor nicht zuu vibrationsarm zu machen sondern weil einem sonst das Ding sofort um die Ohren geflogen wäre (die AW war dort zwischen Hauptlager und Hubscheibe auf dem Zapfen auf Dünnring- lagern gelagert und ihr Antrieb notwendigerweise ein bißchen "vom Rücken durch die Brust in's Auge...")
Zitat von scmWobei ja die Frage offenbleibt, ob der Ausgleich bei der W nicht möglicherweise bewußt unvollständig gehalten wurde, indem z.B. die AW etwas weniger Unwucht hat als eigentlich nötig wäre.
Genau - es wäre in der Tat mal interessant, welche Mischung aus Massenkräften und Massenmomenten 1. Ordnung genau aus der W diesen unvergleichlichen Vibrator macht!
Ich glaube, da müsste unser Schnaps-Brenner mal ran - der ist erleuchtet im Design von speziellen Mischungsverhältnissen. Außerdem verfügt er über jahrzehntelange Erfahrung mit Tiefstdrehzahlen und den schädlichen Auswirkungen der damit verbundenen Vibrationen auf die menschliche Gesundheit.
Aber stören wir ihn nicht, er ist bereits am Grübeln ...
Zitat Ich denk grad so drüber nach, was heute alles getan wird, um echte Männer mit ausgewählten Vibrationen zu versorgen.
unser Schnapsbrenner ist zur Zeit nicht so gut drauf, deshalb keine wirklich qualifizierten Aussagen (im Gegensatz zu sonst, natürlich )
Also ich denke, daß man nicht zu starke Momente induzieren wollte mit der Ausgleichswelle, sodann muß man auch mal im Auge behalten, daß die Kräfte nicht ohne sind. Immerhin bekommt die Ausgleichswelle das gleiche auf ihre Lager, was die Kurbelwelle ohne Gaskräfte halten muß, das ist schon einiges.
Ob das je berechnet wurde . . . . wer weiß ?! Ich denk mal eher, man hat einen Wert in die Luft geschossen oder/und sich an Erfahrungen älterer Kawas mit Ausgleichswelle gehalten . . . und dann hat man(n)s probiert, bis irgendwer gesagt hat: "So bleibts!"
Zitat Außerdem verfügt er über jahrzehntelange Erfahrung mit Tiefstdrehzahlen und den schädlichen Auswirkungen der damit verbundenen Vibrationen auf die menschliche Gesundheit.
Woher Du weißt
nein, mal im Ernst, die Lanz Bulldog standen nach dem zweiten Weltkrieg im dringenden Verdacht, mit ihren Schwingungen (Tiefstdrehzahl, selbst für mich) Magengeschwüre und Schlimmeres bei den Fahrern zu erzeugen. Es gab irgendwo mal ne Untersuchung, die den liegenden Zylinder dafür verantwortlich gemacht hat. Frauen sollten mit ihrem empfindlicheren Unterleib gar nicht mehr damit fahren. Ich finde darüber nichts im Netz nicht, aber früher bei uns im elterlichen Betrieb wurden solche Dinge diskutiert. Man hätte wohl irgendwas gebraucht, um den Bauch zu schützen.
Bei diesen gelegentlichen Oldtimer-Fahrten fällt das wohl nicht so ins Gewicht.
Kommen wir nun zur Krone der Schöpfung - dem Zweizylinder-Boxermotor. Vom Massenausgleich her (und nicht nur diesbezüglich) ein überlegenes Konzept, da sich die Massenkräfte sämtlicher Ordnungen (bei jedem beliebigen KW-Wuchtgrad) stets vollständig gegenseitig aufheben. Viel mehr gibt’s dazu eigentlich gar nicht zu sagen ...
... außer, dass der Zylinderversatz Massenmomente (beider Ordnungen) proportional zum seitlichen Abstand der beiden Kurbelwellenkröpfungen erzeugt, die je nach Wuchtgrad der KW den Motor in eine Gier-Schwingung um die Hochachse versetzen oder um die Längsachse taumeln lassen. (Somit ist auch klar, dass und warum ein solcher Motor kein KW-Mittellager besitzt.)
Da dieser Zylinderversatz aber sehr klein ist, können diese Momente im Grunde vernachlässigt werden. Jedenfalls bei den niedrig drehenden Boxern alter Schule. Bei den "Hochleistungs-Boxern" der neuesten Generation (1200er) jedoch glaubt BMW, seinen Kunden diese Schwingungen nicht mehr zumuten zu können, da das Drehzahlband dramatisch nach oben erweitert wurde (). Also haben diese Boxer eine Ausgleichswelle verpasst bekommen (wurde im Forum vor Jahren bereits mal thematisiert). Diese läuft im Inneren der Nebenwelle - gegenläufig und doppelt so schnell wie diese - mit Motordrehzahl und gegenläufig auch zur KW. Die NW wird über Kette angetrieben, die AW über ein Stirnradpaar (gelagert ist die AW übrigens nicht in der NW, sondern im Motorblock außerhalb):
Da durch die Verwendung von nur einer AW nur kreisförmige umlaufende Schwingungstypen getilgt werden können (wie wir zu Beginn des Freds bei den Grundlagen gesehen haben), gibt es für die KW nur einen möglichen Wuchtgrad: 100% der rotierenden Massen und 50% der oszillierenden (pro Zylinder). Nur dadurch erhält man für jeden Zylinder eine kreisförmige umlaufende Unwucht, welche die KW mit gleicher Drehzahl, aber gegenläufig umkreist.
Diese umlaufende Unwucht kann nun durch die Ausgleichsmasse kompensiert werden, wenn die beiden gleichsinnig, aber gegenphasig zueinander rotieren. Für den Zweizylinder-Boxer resultiert daraus eine AW mit gegenständig angeordneten Ausgleichsgewichten, die im oberen Totpunkt vom jeweils zugehörigen Kolben "weg" weisen.
Aber genau dieses "Weg"-weisen ist bei obiger Zeichnung nicht gegeben, im Gegenteil: das Ausgleichsgewicht unter der Kupplung zeigt in die gleiche Richtung wie der hintere Kolben, nämlich nach rechts statt nach links (das vordere Gewicht ist als Unwucht im Stirnrad integriert und daher nicht sichtbar).
Forum, hilf! Es kann doch nicht sein, dass diese aufwändig gemachte Zeichnung die Position der AW falsch wiedergibt! Sachdienliche Hinweise, die zur Klärung des Paradoxons führen, werden mit Marzipan nicht unter 500 Gramm belohnt ...