Heute geht's wieder los
- deshalb mal'n entsprechenden Text von Elke Heidenreich alias "Else Stratmann".
Natürlich retrogerecht mal wieder etwas älter (1989), was aber nix macht, weil es im Grunde immer genauso abgeht
...
Fußball und Familie
Ach, kommense, gehnse weck.
De Männer, nä.
Sport un Männer, wenn ich datt schon hör, die interessiern
sich doch bloß für Fußball, un alles andere is Getue. De ganze
Sportschau kuckense an, aber nur, damitse nich mit de Gattin
oder de Kinder reden müssen, eintlich kannzese mit Wolliball
oder Reiten oder sowatt jagen un se wolln bloß Fußball. Im-
mer dattselbe. Wenn datt Wochenende kommt un du denks,
du has watt von dein Ollen, watt is? Er sitzt vor de Kiste,
watt, sachter, Schaufensterbummel machen? Du bis wohl
nich gescheit, Else, meinze ich lassen ersten EffCe ganz
alleine spielen? Un dann holter sichen Kasten Bier un ich
kann kucken, wo ich bleib, un reden tuter mit mir aunnich,
bloß mitten Apparat: Los, schreiter, Männeken, nu aber ma
Tempo, hau ihm ein rein, gezz schick die Flanke rübber, ja-
wolljawoll! Drauf auf den dösigen Eintänzer, zeich ihm, watt
ne Haake is, Tooooor!Toooor! Komm, Johannsen, quatsch
nich soviel, du bis doch sowieso für Stuttgart, leck mich inne
Täsch, wat is, wo läufter Ball, warum steht da keiner, ja dann
lern doch Drogerie, wennze Fußball nich kanns, verdorri
nomma, schick doch den Fehleinkauf nache Wüste hin ...
Un so gehtatt die ganze Zeit, un datt fängt schon nammi-
tachs am Radio an. Un dann ers ahms, wennet Fernsehen
kommt, dann sarich, Willi, komm, laß wer schön im Kinno
gehen, datt hasse doch schon alle heute nammitach schon gehört ...
Ja, Sie, da is de Scheidung aber bloß fünf Minuten weck.
Gehört?schreiter. Ich hör wohl nich richtich, gehört!Is datt
vielleicht dattselbe wie gesehen, gehört? Andre Männer sind
auffen Platz! Die sind überhaupt nich zu Hause! Sei froh,
datte ein Gatte has, der nett mit dir hier sitzt, sowatt von
häuslich, wie ich bin, un dann gönnze mir nich ma datt kleine
bißken Fernsehen, wo sind wer denn, Else?
Un wenn ich dann sach, aber auffet Zweite läuft Vom
Winde verweht, dann wirter ers richtich fuchtich. Dann
krichter sowatt Finniget im Blick.
Sooooo?
sachter.
Da läuft vom Winde verweht? Is datt vielleicht der Film,
denze ers fünfma gesehn has un wo ich dich dammals, wie
wer nache Kunigundastraße im dritten Stock hingezogen
sind, auch ma de Treppe so rauftragen sollte wie Clark Gäbel
datt Flittchen ausse Südstaaten, un wegen sowatt sollich
mein Sport lassen? Du hasse wohl nich alle.
Un dann geb ich et auf, nä.
Dann geh ich im Badezimmer un ess Baldrian oder nehm
son Beruhigungsbad mit grünen Fichtennadelschaum un
mach mir Röllekes inne Haare un komm ers widder raus,
wenn der Kürten de Lottozahlen durchsacht, weil, Lotto,
datt is dann mehr so mein Sport, aber ich gewinn nie watt.
Wissense noch, der Lehrer, der dreima hinternander sechs
Richtige hatte? Da komm ich überhaupt nich drübber weck.
Watt ne Frechheit auch, ich mein, wenn ich einma sechs Rich-
tige hab, ja, dann reichtet doch, dann binnich doch zufrieden,
dann hör ich doch auf un laß de andern auch ma! Nein, er
spielt weiter un watt is, dreima – wo warich?
Willi. Sport. Ach Gott, ja. Dann sitzter vort Sportstudio
un kuckt Senne, Kürten oder Valerien, un alle sindse älter wie
er un alle viel geflechter, aber ich daaf ja immer nix sagen, un
dann gehtatt widder los:
Alten Saftaasch, nu ma los, entweder hebsse gezz ma de
Beine hoch oder ab zurück nach Korea, watt is denn dattenn fürne
Schleicharie da auffen Rasen, ister Torwaat scheintot oder
watt is, wechsel den doch aus, Mann!
Un dann kommt unser Inge mit ihren neuen Freund aus
dies gekachelte Geschäft unten anne Ecke un sacht, Pappa,
kumma, datt is Benno, den wollze domma kennlern, un
Willi sacht: Watt fürn Benno? Ich kenn kein Benno, Tach,
Benno, komm, setz dich hin un kuck dir datt an, wattie sich
da in Mittelfeld ein abstolpern, un Benno sacht: Datt sieht
man sofort, datt Mittelfeld is total inne Wicken, kannich ma
son Bier ham?
Ja, un da sitzense dann. un datt is dann Sport, nä, un wenn
ich Pech hab, mussich noch mitten inne Nacht de Betten neu
beziehen. Weil, seitet aussen Kataloch de Bundesligabettwä-
sche gibt, kann mein Willi an bestimmte Tage auf kein Fall in
Könichsblau schlafen, wird ihm schlecht von.
Wer den Fußball erfunden hat, hörnse ma, der daaf mir
nich inne Finger komm. Wa datter Derwall?
Elke Heidenreich: "DATT KANN DONNICH GESUND SEIN"
1989 Rowohlt
ISBN 3 499 12527 7