Aus aktuellem Anlass hole ich den fred mal wieder mit diesem über 30 Jahren alten Artikel vor, denn es ist wieder ganz eindeutig Cromwell-Time!
Cromwell-Time!
Jetzt, da auch dem letzten Optimisten auffallen muss, dass der Sommer sich verstohlen davongeschlichen hat, die Schatten der Abendsonne lang und länger werden und auch der Altweibersommer die letzten warmen tage unters Volk verteilt … jetzt ist Cromwell-Time. Die zeit, zu der auch gesetztere Naturen große Augen und Nasen bekommen. Die abgeernteten Ähenfelder werden schon umgepflügt, es duftet nach frischer Erde, die Luft in den Sorgen- und Abendstunden ist frisch. Schwüle, hohe Luftfeuchtigkeit und das nahezu bewusstlose reagieren der Sinnesorgane bei dreißig Grad im Schatten gehören dem vergangenen Sommer an: Jetzt sind die Konditionen humaner. Das ist auch die Zeit, um auf kleinen Straßen ohne viel beschilderte Ordnung langsam und behäbig dahinzuschnuppern und zu schauen. Motorradfahrend – muss ja nicht groß erwähnt werden, oder? Leuten, deren Witterungsorgan Mr. Smog noch nicht ganz zerstört hat, ist eins von vorne herein klar: Mit den Intergralschüsseln neuester Provenienz, die aerodynamisch, passgerecht in der Kopfform und nahezu keimfrei alles on den fünf Sinnen der Fahrer abhalten, ist natürlich nicht viel „Duftes“ auszumachen Alles was außer Turbulenzen unter der Formel-1-Käseglocke zu spüren ist, mit der Nase wenigstens, ist beißender Gestank. Bei subtileren Gerüchen, ja schon bei dem eines schwelenden Kartoffelfeuers, ist bereits Fehlanzeige. Jetzt, für diese Jahreszeit mit ihrem Allerlei an Gerüchen und Optischen Impressionen muss also die alte Halbschale z.B. der betagte Cromwell raus, die alte Fospaic- oder Climax-Brille drauf und dann nichts wie raus aus der Stadt. Zwar wird der erste beste, der einen bei seiner rast mit der nagelneuen Maschine trifft, spotten, ob es denn für einen neuen Helm nicht auch noch gereicht habe, aber das ficht den wenig an, der weiß, warum er diese altmodische Kopfbedeckung gewählt hat. Auf geht´s, entlang an einem kleinen Fluss, durch leichte Senken mit Bewaldung, über Hochebenen entlang an sehr fischverdächtigen Teichen – eigentlich müsste man eine Angel im Marschgepäck haben samt schein und Berechtigungskarte – weiter durch ein dunstig-dämpfiges Tal, in dem es jetzt nach schwerer feuchter erde riecht. An einem in dieser Jahreszeit nicht mehr besuchten Baggersee wird Rast gemacht. Die Sozia zaubert aus dem Tankrucksack ein überraschend vielfältiges leckeres Picknick heraus. Beim Mahlzeiten kommt ein Pärchen auf einem Moped vorbei, hält kurz an und fragt, ob es etwas zu Trinken bekommen kann. „O.K. was soll´s denn sein, Bier oder Cola?“ Sie strahlen, gemixt wird ein Radlermaß. Die ganze Stimmung ist friedlich, jeder ist dem anderen wohlgesonnen. Später am Abend, wenn die Dämmerung schon in völlige Dunkelheit übergegangen ist, beim Quaken der Frösche, ist die Stimmung für ein Lagefeuer günstig. Doch die Scheu vor zu viel jugendbewegten Reminiszenzen lässt uns lieber aufbrechen. Herrlich das entspannte Dahingleiten und beinahe völliger ruhe und bei Vollmond. Auf dem etwa einstündigen Nachhauseweg wechseln ganz helle Streckenabschnitte mit stockfinsterer Nacht, wenn die Wälder das Firmament verdecken. Einmal mehr wird klar, dass der herbst eigentlich die schönste Jahreszeit in unseren Gefilden ist. Wenn sich nach sehr engem, gewundenen verlauf dieser herrlichen kleinen Straße die Landschaft öffnet, wenn der schon fast reife wein mit vielfarbigen Blättern aufwartet und unten im Tal der Ort so liebevoll leuchtet, so läd das überraschende Panorama zum verweilen ein. Wer hier noch an Ideallinie und optimale Geschwindigkeit denkt und sich das Provinz-Agostini-Gehabe nicht endgültig aus dem Hinterkopf vertreiben lässt durch die Schönheit der Landschaft, dem ist, so bedauernswert das Klingt, nicht zu helfen. Unten im Ort lädt ein unübersehbares Transparent zu einem weinfest. Schade, dass es noch 50 Kilometer bis nach Hause und die Angehörigen nicht telefonisch zu verständigen sind. Hier und Anderswo, wenn einen die Aura des Augenblicks so stark trifft, sollte man auf der Straße die Gunst der Stunde nutzen, seine Chef zu verständigen und Urlaub machen. Urlaub vom Lärm der Stadt, von den üblen Gerüchen und der oft sinnlosen hetze im Alltag. Einfach dasitzen, in einem Café oder einer Pinte, schauen, schmecken, fühlen … und die anderen die Arbeit machen lassen. Ein-, zweimal im Jahr, im Frühling und im herbst, überfallen einen solche Überlegungen. Man sollte sie nicht gleich wieder wegschieben. Urlaubsreife ist kein Ausdruck schlechter nerven. Eher ein Indiz dafür, eher ein Indiz dafür. Dass Abwechslung auch einmal im Nichtstun bestehen kann. Holt den Cromwell raus, fahrt hinaus, auch wer keinen Urlaub mehr hat. Der herbst und eine Schöne Strecke werden es euch lohnen. Was sic in zwei tagen am Wochenende so alles an trüben Alltagsgedanken rausblasen lässt, sollte ich einmal wieder „erfahren“. Noch ist der herbst da, der nächste Winter kommt, bestimmt schneller, als uns allen lieb ist. Einige werden das fahren ja auch dann nicht aufgeben. Aber das ist wieder ein anderes Kapitel.
Von einem mir unbekannten Autor im Herbst 1976 (!) in "DAS MOTORRAD" erschienen, Heft 20/76 Hat sich eigentlich nichts geändert, außer das man heute mit dem Händi zu Hause anrufen kann ...
........ konnte von der olympischen Höhe seiner fünfundvierzig Jahre gelassen auf diese unreife Jugend harabblicken, die die Zwanzig noch nicht erreicht oder kaum erst hinter sich hatte, und nahm mit nachsichtiger Überlegenheit von dem Überschwang der Gefühle Notiz, der sich in ihrem Gehaben offenbarte. Der Lärm des Orchesters wurde immer lauter und verwirrender, aber das Jungvolk fand anscheinend doch irgendeinen Sinn in dem Getöße. Mit schwenkenden Locken und fliegenden Frackschößen sprangen sie im Saal umher, überall sah man lachende, fröhliche Gesichter. aus der doppelreihe bildeten sich Kreise, die alsbald wieder zu Reihen verschmolzen, man wandte sich und wechselte die Richtung, man trennte sich und fand sich wieder, bis bei einem abschließenden Höllenkrach der Musik die Damen knicksend niedersanken nd die Herren in tiefer Verbeugung vor ihnen verharrten. Nachdem die Lärmmacher endlich schwiegen war das sogar ein ausgesprochen hübscher Anblick.
kleine hilfe : im text findet sich ein hinweiß auf eine bekannte schwäche des helden der hier beobachtet.
nicht jeder der aussieht wie ein gammler ist auch ein gammler.vieleicht hat er auch vier töchter und nur ein badezimmer
"Der Buddha, die Gottheit, wohnt in den Schaltungen eines Digitalrechners oder den Zahnrädern eines Motorradgetriebes genauso bequem wie auf einem Berggipfel oder im Kelch einer Blüte. Wer das nicht wahrhaben will, erniedrigt den Buddha - und damit sich selbst."
Eigentlich ging es ursprünglich wohl um Lieblingstexte, bzw. Lesekostproben daraus (insofern paßt der Pirsig ja durchaus), und gestern hab' ich beim Kramen im Bücherschrank 'n lange vermißtes Buch wiedergefunden (aber natürlich wie immer nicht das, welches ich eigentlich gesucht hatte ), und da muß ich bei Gelegenheit mal wieder was hier einstellen !
"Die Frau ist das einzige Geschenk, das sich selbst verpackt" Jean-Paul Belmondo
nicht nur motorradmäßig bin ich ja mit boot unterwegs. nein , auch eine jolle nenn ich seit einiger zeit mein eigen. drum mal wieder ein paar schöne zeilen in der ansonsten so staden zeit :
"Der eigentliche Jollenfahrer"
"Wassersport", 1922
Zählt der Mensch zu den bequemen, Muß er große Schiffe nehmen, Wo er sänftiglich kann ruhen In den weiß bezog'nen Truhen, Die der Seemann Kojen nennt, Und worin sich's fürstlich pennt. Wo in des Salons Gemächern, Er sich kühlend kann befächern, Wo aus eines Eisschranks Spalte Eine Pulle lugt, 'ne kalte, Wo im Vorschiff an dem Herde Schwitzend spricht der Koch: "Es werde!" Und dem Herren seiner Wahl Brät ein wahres Göttermahl.
Aber ist's dem Erdensohne Gleich, ob unter Deck er wohne, Ob ihn nachts der Tau befeuchte Und der Mond zum Mahl ihm leuchte, Statt daß die Kardansche Lampe Strahlet von der Skylights Rampe; Daß, wenn er zur Ruh' sich strecket, Ihn ein Regenguß erwecket, Und der Bodenbretter Fasern Ihm den Rücken arg zermasern; Daß er morgens sich beim Waschen An die Schwertducht fest muß laschen, Und des Oberkörpers Teile Außenbords biegt eine Weile - Ist ihm dieses alles gleich, Dünkt es ihm ein Königreich, Wenn er eine Jolle hat, Sei sie noch 'so klein und platt, Sei das Segel noch so ältlich Und in seinen Bahnen fältlich, Sei der Mast auch schief gerichtet Und die Planken schlecht gedichtet. Sie sei eine Kenterklitsche, Oder naß, mitunter pitsche - Alles dieses stört ihn nicht. Freudig leuchtet sein Gesicht, Hat er Zeit für einige Tage, Abzutun des Lebens Plage, Und auf einer Segeljolle, Sei sie zierlich, sei sie volle, Macht auf seine eig'ne Art Eine kleine Jollenfahrt.
Gut ist' s nie, daß ganz allein Ist der Mensch - er sei zu zwei'n! Auch beim längern Tourensegeln Halt dies hoch vor allen Regeln. Erstlich hat man Luvballast, Zweitens einen Mann vorm Mast, Der den letzteren, wenn nötig, Umzulegen ist erbötig. Ferner kann man mit ihm sprechen Und womöglich mit ihm zechen, Falls er ist kein Temperenzler Oder gar noch Abstinenzler. Hüte dich vor einem solchen, Der mit Fröschen und mit Molchen Wasser um die Wette trinkt Da, wo ihm der Bierkrug winkt. Prüfe drum vorher den Freund, Ob er dir auch tauglich scheint, Da in unsern heut'gen Tagen Viele sich des Trunks entschlagen. Löblich ist's - doch diese Art Paßt nicht für die Jollenfahrt.
Auch sollst du nicht Leute nehmen, Die man zählt zu den bequemen, Die nur lieben leichten Wind Und dem Pullen abhold sind, Die im Wirtshaus lieber speisen, Wo' auf ihren Wink, dem leisen, Tänzelnd, kommt der Wirt gezogen, Glättend ihres Magens Wogen. Diese Leute laß in Ruh, Denn sie drückt auch sonst der Schuh. Beispielsweise, wenn am Abend, Sich die Sonne senkt und labend Kühl und milde naht die Nacht, Sprechen sie: "Jetzt Halt gemacht! Doch der Wirt hat warme Betten, Und ich möchte alles wetten, Sicher auch noch guten Rum, Den in Grog man setzet um." Protestierst du, bleibt er kalt, Murmelt weinerlich sein "Halt! Bester Freund, o schelte mich, Aber ich erkälte mich!"
Diese guten Leute lasse Still bei ihrer Kaffeetasse Und in ihrem Federbett, Denn es wäre wenig' nett, Wollte man, wenn früh die Sonne Sich erhebt zu unsrer Wonne, Sie aus schwerem Schhlummer wecken Und ob ihres Gähnens necken, Da sie, ungewohnt der Härte Eines Bodenbretts am Schwerte, Alle Glieder arg geschunden, Eben erst den Schlaf gefunden.
Hast du aber einen Freund, Der dir abgehärtet scheint, Der aus diesen kleinen Sachen Keinen Elefant tut machen, Der sich selbst tut Kaffee kochen Und mit Spiritus kann stochen Eine kleine Spritmaschine, Der mit froh bewegter Miene Hinblickt auf ein Spiegelei, Das er briet sich, eins-zwei-drei, Und der stolz ist, wenn der Erden Äpfel zu gebrat'nen werden, Und der traurig ist beim Essen, Hat zu salzen er vergessen. Der an eines Dorfes Pumpen Füllt die leeren Wasserhumpen Bei dem Wirt des Bieres Krug - Und hierbei die Hosen trug, Die er schon an Bordgetragen, Die entstammen ältern Tagen, Die mit Flecken übersät, Und diverse Mal vernäht, Der zum Schlachterladen wandelt Und dort zähes Fleisch erhandelt, Das auf seine zarten Bitten Noch geklopft wird und zerschnitten, Dieser Mann, ha, der ist wert, Auszufüll'n den Platz am Schwert, Diesen seh'n der Sonne Strahlen Morgens schon beim Kaffeemahlen, Dieser weiß, wie schön die Welt, Wenn der Mond sie nachts erhellt, Und ein lustig, schmetternd Lied Zeigt, wie froh sein leicht Gemüt.
Weißt du solchen Freund zu finden, Tu´dich schnell verbinden, Denn ein Mann von dieser Art, Der ist wert der Jollenfahrt.
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