Der erste Blick aus dem Fenster zeigt eine Nebelbank draußen über dem Fjord, darüber aber strahlend blauer Himmel.
Alles schläft noch und wir sind die ersten Gäste im Speiseraum des Motels. Dort erhalten wir ein ausreichendes, aber nicht aufregendes Frühstück. Henny schwatzt der Bedienung noch zusätzlich zwei Muffins ab und ich stecke noch jeweils als Wegzehrung eine kleine Tube Nutella und eine kleine Tube Lachscreme ein. Man weiß ja nie … Ab 9.00 Uhr haben wir erneut die E6 unter den Rädern
Auch über den Seen, hier der Ømmervatnet, liegt teilweise noch der Nebel
Südlich von Mosjøn war mir auf der Hinfahrt schon ein See aufgefallen, in dem so schön malerisch ein Kahn halb versunken, allerdings im Schatten, lag. Jetzt stimmen die Lichtverhältnisse am Størbjørnvatnet. Nur ein im Grün stehender Elch fehlt mit jetzt noch zu meinem Glück. Aber die haben sich bislang rar gemacht.
Leider sieht man das Boot so kaum, daher muss …
… es das Bildbearbeitungsprogramm mal ran holen.
Während wir so dahin rollen, fällt mein Blick auf das Navi und ich stutze bei der Entfernungsangabe: In 236 Kilometer geradeaus weiter über den Kreisverkehr. Na denn! Das sind ja schon fast australische Verhältnisse!
Am Størsvenningvatnet machen wir eine kurze Pause und lassen einfach mal die weite Landschaft vor dem im Hintergrund liegenden Majafjellet auf uns wirken.
Etwa eine Stunde später, wird sind inzwischen aus der Provinz Nordland in die Provinz Trøndelag hinübergewechselt, tanken wir und rasten etwas länger am Flussufer des Namsen bei Tjuvholmen. Es ist drückend warm. Kippt das Wetter nun?
Wiederum rollen wir knapp zwei Stunden und etwa 150 km dahin, bis uns erneut eine kleine Pause notwendig erscheint. Zwischenzeitlich ist nichts Aufregendes passiert. Man schaut in die Landschaft, freut sich über einen der recht seltenen anderen Verkehrsteilnehmer, hofft (vergeblich) bei den entsprechenden Warnschildern, mal einen Elch zu sichten, und lässt die Motorräder unter einem ihr unermüdliches Lied brummen. Und trotzdem ist es nicht langweilig. Ich möchte die gleiche Strecke aber nicht bei grauem Himmel oder gar Regen fahren müssen. Ich denke, die jetzt schön im Sonnenlicht liegende weite Landschaft verwandelt sich dann in endlose Tristesse.
Am Snåsavatnet, nicht weit von dem Abzweig, an dem die 17 von der E6 abzweigt. Unser Nordkreis schließt sich hier quasi und von nun ab fahren wir nach Süden auf unsere ursprüngliche Route zu, die wir für unsere Lofotentour verlassen hatten
Erschreckenderweise entsteht das nächste Foto erst in 225 km und etwa 4 Stunden später, als wir bei Berkak auf einem kleinen Campingplatz einrollen. Da haben wir schon Trondheim hinter uns gelassen. Die Fahrt um Trondheim war dann nicht so spannend, der Verkehr nahm natürlich ebenso zu wie die industrielle Bebauung, wir fuhren zum Teil auf Schnellstraßen und landschaftlich gab es auch keine Highlights. Auf der Höhe von Trondheim kommen wir dann doch noch in den Regen, der aber nicht lange anhält. Während der Regenphase haben wir uns über die Tunneldurchfahrten gefreut.
Jetzt stehen wir vor einer kleinen Gruppe von Hytter. Henny hat darauf bestanden, richtiges Bettzeug auszuleihen, sie mag nicht im Schlafsack schlafen. Mir ist das, ehrlich gesagt, auch lieber, auch wenn die Hytta uns mit ca. 75 Euro so ziemlich teuer kommt. An der obligatorischen elektrischen Heizung in unserer Hytta, die wir auch gerne einschalten, trocknen wir unsere Klamotten und schauen raus in den erneut einsetzenden Regen.
Wir sind trocken angekommen, aber schon dräuen dunkle Wolken.
Henny hat Stubendienst und macht die Betten und …
… dann gibt es Abendbrot, während …
… draußen der Regen niedergeht.
Als so gegen 9.30 Uhr ein Regenbogen am Himmel steht, gehen wir noch mal rüber ins Haupthaus, weil es dort Internetzugang geben soll. So richtig will der aber nicht funktionieren. Bald liegen wir in den Stockbetten.
Karte Tag 18, 525 km
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Norwegen 18. Tag Seite 269-275.pdf
An manchen Orten ist man froh, wenn man sie alsbald wieder verlassen kann. Die Hytta war zwar nicht zu klein, aber die Betten sehr eng. Schon das untere war recht hoch, das obere eigentlich nur für Sportler gut erreichbar. Henny hat sich aufgeopfert, oben zu schlafen. Zu den sanitären Anlagen musste man weit laufen und sie waren, na, sagen wir mal, so la la.
Wir trinken vor der Hütte noch einen Instant-Cappuccino und essen dazu einen Keks. Zum Glück erinnert nichts mehr an den Regen vom Vortag. Um 9 Uhr sind wir bei strahlend blauem Wetter weiter südwärts auf der E6 unterwegs, die wir aber alsbald zugunsten der weiter östlich verlaufenden 3 verlasen. Ab hier sind wir jetzt wieder auf unserer ursprünglichen Route, die wir zugunsten des Lofotenabstechers vor fünf Tagen verlassen hatten.
Nach einer Stunde erreichen wir Tynset und suchen etwas südlich davon eine kleine Seitenstraße nach Savalen. Alte Winterfahrer horchen jetzt natürlich sofort auf! Savalen? Klar doch - Krystall-Rally! Seinerzeit das härteste Wintertreffen in der kältesten Jahreszeit am ersten Februarwochenende. Ich will mir das Gelände zur Abwechslung mal im Sommer anschauen. Lag es daran, dass ich 77 das letzte Mal dort war oder lag es einfach nur daran, dass der meterhohe Schnee einfach alles anders hat aussehen lassen? Ich bin jedenfalls schon bei der Anfahrt verunsichert, ob wir richtig sind. Aber es ist schon die Savalen Fjellstua, die ich kenne – und trotzdem nicht recht wiederzuerkennen vermag. Überall gibt es Pferde und Weiden und es ist eher ein Reiterhof. Kein wirklicher Aha-Effekt, auch nicht am Savalen-See, auf den sich damals die Mutigen mit den Gespannen drauf trauten. Ein wenig bin ich schon enttäuscht und wir fahren die kleine Straße zurück ins Tal zur Hauptstraße.
Savalen 1977 und …
… Savalen 36 Jahre später
Ein bisschen hänge ich den Erinnerungen nach, als wir damals bei minus 36 Grad nachts das Motoröl mit in die Hütte nahmen und morgens das erwärmte Öl zurück in die Motoren füllten, damit wir nicht einfach auf den Kickstartern verhungert sind. Lang, lang ist´s her …
Wir fahren zurück nach Tynset, tanken dort und trinken zwei Eiskaffee in der Sonne. Damit wir wenigstens ein bisschen was mit Eis zu tun haben.
Warum hier allerdings dafür Reklame gemacht wird, allzeit Wiener an Tiere zu verfüttern, erschließt sich uns nicht. Ob ich mal lieber eine Reisewarnung für Wiener aussprechen sollte?
Vor Tynset fallen uns ein paar hübsche alte Bauernhöfe mit Grasdächern auf
Wir fahren nicht mehr allzu weit und rasten am Ufer der Glomma an einem Rastplatz
Die Sonne lässt uns auch ein klein wenig müde werden.
Etwas weiter südlich, in Steimoen verlassen wir die 3 und biegen westwärts ab auf die 29. Wir wollen hinüber nach Folldal, um von dort aus das als besonders schön geltende Atndal in der Provinz Hedmark entlang zu fahren.
Auf dem Weg dahin kommen wir in Grimsbu an dieser schönen Tankstelle vorbei.
Ab Folldal erreichen wir die Taiga. In diesem westlichsten Ausläufer fällt sofort die geänderte Vegetation ins Auge, die deutlich von verschiedenen Flechten geprägt ist.
Auf der einsamen 27 schaut Henny in …
... den Föhren-Wald, weil ihr …
… die pastellfarbenen Flechten sofort aufgefallen sind.
Unsere Straße führt am Rondane-Nationalpark entlang, dem ältesten Nationalpark Norwegens. Er gilt als Hochgebirgspark und als Lebensraum wilder Rentiere. Zehn seiner Berggipfel sind Zweitausender.
Vor uns der Rondane-Nationalpark. Wir sind hier schon über 800 Meter hoch.
Kurze Rast an der Atna, auf die wir bei Strombumorke treffen und die dem Hochtal seinen Namen gibt.
Am Wegrand treffen wir des öfteren den seltenen Taiga-Flæckelch an. Er ist aber sehr friedlich. Auch soll er sehr schmackhaft sein, was wir aber zumindest hier vor Ort nicht ausprobieren können.
Die Atna mäandert durch das weite Tal. Menschen oder auch andere Fahrzeuge haben wir schon lange keine mehr getroffen.
Weites Land, im Hintergrund die Berge des Rondane
Mittlerweile sind wir über 1000 Meter hoch und wechseln von der Provinz Hedland in die Provinz Oppland.
In sanften Kurven schlängelt sich die schmale Straße den landschaftlichen Vorgaben folgend.
Es wir karger.
Wir haben die "Subpolare Bergtundra" erreicht.
Ein bisschen werden wir an die schottischen Highlands erinnert.
Ein Flæckelch-Rudel kreuzt unseren Weg.
Wir verlassen die Norwegischen Highlands und halten in Ringebu, wo wir auch wieder die E6 erreichen, an einer Stabkirche:
Unweit der Kirche gibt es eine kleine Andenkenbude, an der wir auch einen Kaffee bekommen. Der Inhaber ist zwar etwas sonderbar aber sehr freundlich, ist von unseren Motorrädern begeistert und hat selbst eine Ninja gefahren. Leider mit wenig Glück, meint er, hebt seine Mütze etwas und zeigt auf eine gewaltige Narbe am Kopf.
In Tretten queren wir die Lågen über eine Holzbrücke, denn wir wollen die E6 verlassen und am Westufer weiterfahren. Nach vier Kilometern ist die Straße leider gesperrt. Henny ist nicht böse, es war nämlich eine …
… Schotterpiste.
Blick ins Tal der Lågen
Also Kommando zurück und zur E6 fahren, die leider nicht sehr spannend ist, denn sie ist bis Lillehammer vierspurig ausgebaut und empfängt uns gleich mit einem langen Tunnel.
In Lillehammer verlassen wir sie dann auch schnell und biegen auf der kleinen 218, die ohne Navi kaum zu finden gewesen wäre, nach Osten in die Berge ab.
Wir kommen durch einsame Waldgebiete mit ein paar Ansiedlungen, in denen so manche merkwürdige Figur auffällt. Vermutlich vertreiben sich die Bewohner die Zeit während der langen Winternächte mit deren Erschaffungen.
Nochmal müssen wir zwischen Brumunddal und Furnes auf die E6, verlassen sie dann aber endgültig ostwärts in Richtung Elverum. Das Wetter hat sich leider nicht gehalten und es fängt an zu nieseln. Eigentlich wollen wir nun möglichst schnell eine Übernachtung finden. Aber wir fahren durch nicht enden wollende Waldgebiete. Eines der hier seltenen Autos vor uns bremst kurz und vor ihm queren zwei mächtige Elchkühe die Fahrbahn. Wir sind doch schwer beeindruckt und malen uns aus, was wäre, wenn man als Motorradfahrer mit denen kollidiert. Und schon ruft Henny wieder: "Da!" und sieht eine Elchkuh nahe des Straßenrandes stehen. Leider warten die Viecher nicht auf fotografiergierige Touristen, so dass wir die Beweisfotos schuldig bleiben müssen. Ein Zeichen dafür, dass man in Elchgebieten unterwegs ist, sind übrigens die drei Fernscheinwerfer an den Autos der Einheimischen, wobei die beiden äußeren Scheinwerfer ein paar Grad zu Seite hin gedreht sind. So lässt sich der Wald neben der Straße gut ausleuchten.
Elch-Lichtkanonen
Inzwischen hat es auch angefangen, gleichmäßig stark zu regnen – richtiges Elchwetter also – und wir merken, wie es uns auch da feucht wird, wo es nicht feucht werden sollte. Wir haben uns schlicht schlampig angezogen, denn nach der langen Schönwetterphase hatten wir Regen gar nicht mehr so recht einkalkuliert. So sind wir auch sehr froh, als wir an eine Tankstelle mit Motel kommen und auch ein Zimmer frei ist.
Zuerst entledigen wir uns der nassen Klamotten und verteilen sie malerisch in dem nicht gerade großen Zimmer. Jacken und Hosen triefen doch ganz ordentlich. Dann wird die elektrische Heizung auf volle Stufe gedreht und das Fenster etwas geöffnet, damit die Feuchtigkeit abziehen kann. Nachdem wir also eine echt norwegische Klamottensauna installiert haben und in dem Zimmer kaum noch Luft bekommen, gehen wir etwas essen. Es ist wieder Sonntag und genau vor einer Woche waren wir auch in einem Restaurant. Das passt doch prima.
Und aufgrund unserer heutigen Erlebnisse essen wir Elchhacksteak mit Grønnsaker, Poteter und Tranebær sowie einem leckeren Nachtisch.
Als wir ins Zimmer kommen, wähnen wir uns in einem türkischen Dampfbad. Dichter Nebel empfängt uns. Aber die Klamotten sind schon fast wieder trocken. Also Fenster weit auf, Temperatur auf erträgliches Maß runter regeln und dann schlafen.
Karte Tag 19, 436 km
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Norwegen 19. Tag Seite 276-288.pdf
Zitat von Falcone im Beitrag #168Und schon ruft Henny wieder: "Da!" und sieht eine Elchkuh nahe des Straßenrandes stehen. Leider warten die Viecher nicht auf fotografiergierige Touristen, so dass wir die Beweisfotos schuldig bleiben müssen.
Hach, was ein schöner Bericht und was für eine tolle Reise, das ist ja auch noch mein Traum mit dem Mopped nach Norwegen.
Damit man hier mal richtige Elche zu sehen bekommt und als Beweis, daß es die in Norwegen tatsächlich gibt, eine Elchkuh mit Kalb.
elche.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Uns wäre beinahe einer hintendrauf gefahren, weil wir so plötzlich gebremst hatten wegen der Elche. Das Bild ist nicht besonders toll, es war schon recht dunkel.
Falcone, könntest Du die Karten der Route ein bißchen größer machen, daß man auch die Orte lesen kann?
Moin, wahrscheinlich kommt die Frage jedesmal, wenn Falcone einen seiner tollen Reiseberichte einstellt: Schon mal daran gedacht, die Berichte als pdf (für die Ewigkeit" zum Downloaden anzubieten? Man kann ja nicht immer gleich nächste Woche aufbrechen und schaut sich so einen Bericht auch später mal wieder gerne an. Leider verschwinden aber nach einiger Zeit manche Bilder. (Habe eben mal in den 2007er USA-Berciht rein geschaut, da fehlen mittlerweile einige.)
So ohne Bilder geht doch viel verloren. Nur mal so als Anregung, falls Du in den nächsten Winter-Wochen mal nix zu tun weißt.
Zitat von Falcone im Beitrag #166als wir damals bei minus 36 Grad nachts das Motoröl mit in die Hütte nahmen und morgens das erwärmte Öl zurück in die Motoren füllten, damit wir nicht einfach auf den Kickstartern verhungert sind. Lang, lang ist´s her …
Bei minus 36 Grad fährt doch niemand mehr Motorrad - selbst die ganz harten Wintergespannfahrer nicht!
Zitat von Brundi im Beitrag #178Bei minus 36 Grad fährt doch niemand mehr Motorrad - selbst die ganz harten Wintergespannfahrer nicht!
Monika, Du darfst ja nicht vergessen, daß die -36° Nachts waren. Wenn Tagsüber die Sonne schien ist die Temperatur auch schon mal auf -20° gestiegen. Das ging dann schon ganz gut.
Interessant war auch zu sehen das das Öl, bei ein paar Leuten die meinten es nicht nötig zu haben abends das warme Öl abzulassen, wie Honig am Peilstab hing. Da half nur noch den Primuskocher auspacken und den Motor von unten anwärmen.
Das eine Jahr als ich mal dabei war hat es so ein Weltmeister fertiggebracht das abgelassene Öl nicht nur warmzumachen sondern hat es mehr oder weniger aufgekocht und dieses heiße Öl mit einem Schwung in den minus 30° kalten Motor zu kippen. Es zischte nur kurz, das Motorgehäuse machte knack und der gute Mann konnte den Abschleppdienst wegen eines Risses im Motorgehäuse bestellen. Der Spott und die Häme war auf jeden Fall nicht ganz ohne.
Aber wie Martin schon meinte: Lang, lang ist's her.