Ich wollte Dich auch garnicht persönlich anmaulen. Es gibt aber 'ne Menge Leute, die solche Sprüche gern 'raushauen.
Das Problem ist, daß man vorher nicht weiß, was dabei 'raus kommt, am Ende , und wie man sich dabei fühlt. Sind auch viel zu viele wichtige, ungewisse Parameter dabei:
pers. Umfeld, Familie, Möglichkeiten, Lebensstandard, pers. Ehrgeiz, Interessen, Kapitalvermögen etc. etc. ...
Deswegen habe ich auch meine Sippe instruiert, richtig zu entscheiden, wenn ich es nicht mehr kann.
Sicher kennt Ihr das Gefühl direkt vor einem Eingriff. Das neutrale Zimmer, geschäftiges Treiben, die Narkose kommt gleich. Man überlegt, was wohl wäre, wenn man nicht wieder wach wird. Dann die Spritze, Lampen aus, völlig unspektakulär.
Denkt man nun weiter, ist man bisher immer wieder froh aufgewacht, die Welt war ok.
Was aber, wenn das Erwachen völlig anders wäre (wenn es dazu überhaupt käme). Der letzte Eindruck, bevor alles schwarz wurde, war vielleicht die Sekunde vor dem trümmernden Einschlag. Wie wäre dann das Erwachen? In bestimmten Fällen möchte ich das nicht erleben müssen.
Heißt „Sippe instruiert...“ Patientenverfügung? Falls nein, das ist der naheliegendste Vorgang.
Und nicht nur, weil es gegenüber KKH und ggf. Behörden einfacher ist, damit zu wedeln, auch für die Sippe, die sich im Zweifelsfall damit auseinandersetzen muss, scheint es mir eine Art Halt zu sein, wenn man seine Wünsche im Vorfeld schriftlich fixiert.
Zitat von Zephyr im Beitrag #387 Allerdings hat das für mich auch Grenzen: Wenn abzusehen ist, daß das Opfer später bleibende, vor allem schwere geistige Schäden haben wird, daß er ein maschinenabhängiges Leben haben wird , dann wünsche ich mir oft mehr Gnade. Vergl. dazu auch Schumacher oder den letzten F1 Unfaller.
Vor einigen Tagen konnte man den Medien entnehmen, dass es Herrn Schumacher wohl den Umständen entsprechend gut geht und er Fortschritte macht...
Zitat von pelegrino im Beitrag #391Ich wollte Dich auch garnicht persönlich anmaulen. Es gibt aber 'ne Menge Leute, die solche Sprüche gern 'raushauen.
Das Problem ist, daß man vorher nicht weiß, was dabei 'raus kommt, am Ende , und wie man sich dabei fühlt. Sind auch viel zu viele wichtige, ungewisse Parameter dabei:
pers. Umfeld, Familie, Möglichkeiten, Lebensstandard, pers. Ehrgeiz, Interessen, Kapitalvermögen etc. etc. ...
Ich habe vor Jahren einen Mann kennengelernt, der seine Eltern gehasst hat, weil sie ihn zu einem Leben in einem vollkommen nutzlosen Körper verflucht haben. Sie haben immer wieder darauf bestanden, dass jede medizinische Möglichkeit ausgeschöpft wird. Nach einem schweren Autounfall haben die Ärzte mehrfach gemeint, dass sie die Maschinen abstellen wollten. Er hatte schwerste innere Verletzungen und die Wirbelsäule im Nacken- und Brustbereich war regelrecht zerfetzt. Zu dem zeitpunkt als ich ihn kennengelernt habe war er bereits 10 Jahre vom Hals abwärts gelähmt, konnte selber nicht schlucken, musste also künstlich ernährt werden, keinerlei kontrolle über die Körperfunktionen (zumindest über die Reste, die noch da waren...) also Beutel und Katheter, bewegungslos bis auf Augenlidreflex und minimale Bewegung des Kiefers und der Zunge. Da seine Eltern Kohle hatten, haben sie ihm einen Computer bauen lassen, den er mit der Zunge bedienen konnte. Den Brief, den er daraufhin seinen Eltern geschrieben hat jagt mir heute noch eine Gänsehaut den Rücken runter. Er war geistig voll da. Gefangen in einem sterbenden Stück Fleisch, bewegungsunfähig und dauerkrank. Er war nicht dankbar. Er war wütend. Er war frustriert, er war sich im klaren, dass er immer so liegenbleiben wird. Er konnte sich noch nicht mal seber umbringen. Und alles nur, weil seine Mutter nicht loslassen wollte.
Er war immer noch wütend, frustriert, unglücklich und hätte sich selber umgebracht, wenn er gewusst hätte, wie.
Wir haben alle eine Patientenverfügung. Ich habe eine Kopie dieses Briefes drangeheftet und drunter geschrieben dass ich sowas nie erleben will.
Zitat Tja, aber unterm Strich freuste Dich wohl doch an dem Ergebnis der Druidenarbeit, oder
Na ja ... was für eine Frage. War aber ein verdammt langer und harter Weg, in und anch der Klinik.
Zitat Am Ende freut sich wohl jeder Überlebende. Allerdings hat das für mich auch Grenzen: Wenn abzusehen ist, daß das Opfer später bleibende
Na ja, bleibende Schäden gabs leider ... und nicht zu knapp. Und seit dem Frühjahr eine bislang andauernde und ziemlich frustrierende Verschlechterung. Aber: man kann sich das eben nicht aussuchen.
Und was gäbes denn auch für ne Alternative?
Schotte
_______________________________________________________________ Lieber ne gesunde Verdorbenheit, wie ne verdorbene Gesundheit!
Zitat ...gefangen in einem sterbenden Stück Fleisch...
Ja, das ist übel, und sowas möchte ich auch nicht erleben, bzw. entscheiden müssen. Wenn so ein Schicksal einen mir nahestehenden Menschen treffen würde, und ich hätte eine Entscheidungsgewalt, dann würde ich mich da schon betroffenenorientiert mit auseinandersetzen .
Das ist aber auch ein recht extremes Beispiel, möchte ich mal sagen - dazwischen gibt es noch eine ganze Palette an Schicksalen, die ganz unterschiedlich sein können.
Ich habe einen Kumpel, der hatte mit 42 einen heftigen Schlaganfall, und er ist seit dem halbseitig links gelähmt. Für den hat sich sein ganzes Leben total geändert, er kann ganz viele Dinge nicht mehr machen, die früher selbstverständlich waren. Früher war der sehr lebenslustig, und er hat auch sehr viel praktisch gearbeitet/handwerklich gebastelt - das geht heute nur noch stark eingeschränkt.
Trotzdem hat er sich mit seinem sehr starken Ehrgeiz wieder nach vorn gearbeitet: nachdem er anfangs nichtmal mehr allein sitzen konnte, ohne umzufallen, kann er nach intensiver Rehabilitation mit Hilfsmitteln wieder selber gehen, und sogar Autofahren. Er ist auch wieder in seinem alten Job voll am arbeiten, und es geht ihm zumindest materiell nicht schlecht. Sein ganzes Leben hat sich stark verändert, aber er hat sich an die Möglichkeiten angepaßt, soweit das möglich war. Er hat sich auch selbst verändert, weil so ein Schicksalsschlag einfach ganz andere Prioritäten im Leben setzt, und das ist auch so ein Knackpunkt - da kommen ganz viele Menschen, ich meine so Freunde und Bekannte von früher, nicht mit klar, und die bleiben irgendwann in großer Zahl irgendwann weg (manche sehr schnell, andere später), und im Alter schließt man normalerweise auch nicht mehr so viele neue Freundschaften.
Er hat sich lange Zeit schwarz geärgert, weil sein Schlagananfall vorhersehbar war, und er hätte frühzeitig was dagegen tun können - hat er aber nicht, weil es viele Dinge gab, die seinerzeit anscheinend wichtiger waren (und jetzt total unwichtig geworden sind). Er hat sich aber mit den Gegebenheiten abgefunden, bzw. sie akzeptiert und nach vorn geschaut, um das Beste aus allen ihm gegebenen Möglichkeiten zu machen. Heute ist er nicht verbittert, sondern lebt ein (zwar stark verändertes), aber durchaus positives Leben.
Das gelingt sicherlich nicht jedem, ist aber durchaus eine Möglichkeit, mit einem anscheinend schlimmen Schicksal klarzukommen. Ob mir das so gelänge, weiß ich nicht - ich würde es aber auf alle Fälle versuchen, glaube ich.
PS: Patientenverfügung und Pflegevorsorgeerkläreung hatten meine verstorbene, erste Frau und ich auf Gegenseitigkeit, war sicherlich nicht verkehrt - hab' ich aber letztendlich garnicht gebraucht. Ein Testament hatten wir nicht, aber das wäre besser gewesen, wenn wir eins gehabt hätten. Letztendlich ärgere ich mich ein bichen, daß ich nach ihrem Tod keins "gefunden" habe, aber what shall's - soo schlimm war es nun auch wieder nicht. Kann ich aber trotzdem jedem nur zu raten, sich zu Lebzeiten schlau zu machen .
Vor über 12 Jahren starb meine Frau an Krebs. Sie war „austherapiert“. Ob es damals schon eine Patientenverfügung gab, weiß ich nicht mehr. Zum Schluss lag sie in Regensburg im Krankenhaus auf einer der ersten Palliativstationen. Mit dem Professor, der die Station leitete, haben wir beide (!) vereinbart, dass keine lebensverlängernden (maschinellen) Maßnahmen ergriffen würden. Vor dem letzten Krankenhausaufenthalt kam noch ein Notar, um ein Testament zu verfassen. Da unsere Kinder elf bzw. dreizehn Jahre alt waren, war das besonders wichtig, da sonst für die minderjährigen Kinder vom zuständigen Amtsgericht ein Vormund eingesetzt wird, der dann alle die Kinder betreffenden Entscheidungen trifft und einbezogen werden muss! (z. B. Schulbesuch, Verkauf von Immobilien, bauliche Veränderungen am eigenen Besitz u.ä.). Hanns
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Na ja, den Teil des Fotos, wo der depperte Kerl einen hölzernen Zapfhahn in die Säule schlug, haben sie abgeschnitten. Und dafür hat es dann die alte Zwodaggder-Zapfe auch getan, die wahr eh schon ausgemustert.