Zitataber am hungertuch braucht man nicht zu nagen
Das stimmt. Aber auch hier gilt zu berücksichtigen, dass es da ganz nette Unterschiede gibt. Auf der einen Seite die reichen Säcke wie unser Oberstudienrat und auf der anderen die Real- und Grundschullehrer, von denen die Mehrzahl auch noch Frauen sind und auf die unwirtschaftliche Idee kamen, eigene Kinder zu bekommen und dann für deren Erziehung auch noch eine Auszeit zu nehmen.
Aber man sieht, hier gibt es sehr viele Facetten und Sichtweisen. Und wie sagt ein chinesisches Sprichwort: Das Gras im Garten des Anderen ist immer grüner!
.. ganz zu schweigen von den Lehrer/innen, die man als nicht Beamte nach Ende des Schuljahres kündigt, damit sie währendd er Ferien vom Arbeitsamt bezahlt werden um sie nach den Ferien wieder einzustellen. (NRW)
Zitatals handwerker hat man - wenn man sauber rechnet - jeden monat je nach betriebsgröße vertragliche verpflichtungen über einige tausend bis einige zehntausend euro zu bedienen. ohne dass auch nur ein euro in essen, kleidung, urlaub, kino etc. fließt.
wobei es natürlich auch noch darauf ankommt ob man eine Werkstatt inkl. 5-6 Werkzeugmaschinen usw. zu bezahlen hat
oder sich die gesamte technische Ausrüstung in einem kleinen Kastenwagen unterbringen lässt !
Ich finde immer die Unterschiede bei den Werkstätten recht interessant: bei einer freien Werkstatt bezahlte ich in MUC so an die 60-70€ brutto, während mir die Halunken bei W damals um die 130€ abnahmen...... wie erklärt sich solch Differenz? Das ich bei VW einen schönen Wartesaal mit Heitschriften und einem kostenlosen Kaffee bekomme?
eine gute bekannte hatte eine zeitlang einen vw-händlervertrag. vw (und sicherlich die anderen marken ebenfalls) verpflichten ihre autorisierten werkstätten / händler zu allerlei kostenpflichtigem, z. b. regelmäßige mechanikerschulungen, kauf der originalen auslesesoftware samt geräten, gestaltung der verkaufsräume etc. diese kosten sind sehr bemerkenswert für die werkstätten und müssen irgendwo wieder eingefahren werden. insofern ist der höhere stundensatz bei den vertragswerkstätten eigentlich ganz einfach zu erklären.
wenn ich mir an dieser stelle eine eher grundsätzliche nebenbemerkung erlauben darf: schaut euch bitte mal unvoreingenommen um und nehmt "die rahmenbedingungen" zur kenntnis. höchstwertig anmutende verkaufsräume, nette bedienstete, die einem für die wartezeit einen kaffee anbieten, monitore, auf denen in endschlossschleife werbefilmchen zur marke laufen, aber auch: eines der besten gesundheitssysteme der welt, lohnfortzahlung im krankheitsfall, eine funktionierende verwaltung, öffentlich rechtlichen rundfunk mit diversen landesanstalten, handwerkskammern mit eigener presseabteilung, fußballstars mit markenschuhen und eigentümlichen appetit auf goldene schnitzel, etc. etc. etc.
all die sichtbaren und weniger oder gar nicht sichtbaren annehmlichkeiten (oder im falle von manch bürokratischem akt auch unannehmlichkeiten) des alltagslebens werden ja nicht umsonst erbracht. und klar, eine vertragswerkstatt ruft höhere kurse auf, dafür hat man aber auch (im idealfall) gut geschulte mechaniker, die sich des autos annehmen. aber all das muss bezahlt werden, und es wird bezahlt. und zwar von den konsumenten, steuerzahlern, beitragszahlern .. also uns.
Genau die gibt es ja leider nicht mehr. Ein Mechatroniker liest Fehlerspeicher aus und wechselt das Bauteil oder die Bauteile, in der Hoffnung, dass der Fehler dann weg ist. Ist jedoch statt dem im Fehlerspeicher benannten Bauteil z.B. nur ein Kabel dahin gebrochen, ist er ratlos und es wird sehr, sehr teuer, obwohl es im Grunde "eine Lüsterklemme getan hätte". Und die auf Verdacht gewechselten, völlig intakten Bauteile zahlt der Kunde obendrein. Wirklich gute Mechaniker sehen darin sicherlich keine Erfüllung und machen sich selbstständig. Und damit sind wir wieder bei dem, was Ducky oben beschreibt: Besser und billiger bedient wird man bei den kleinen freien Werkstätten.
Wenn ich die beiden freien Werkstätten betrachte, zu denen ich im Bedarfsfall mein Auto bzw. Motorrad bringe, so fällt eines sofort auf:
Beim Motorradspezi (Zwei-Mann-Betrieb) steht ein kleiner schlichter Tresen mit im Werkstatt- raum, bei Autospezi ist die Annahme zwar räumlich getrennt, dafür aber mit Omas Wohn- zimmerschrank darin, als Vitrine für allerlei Skurrilitäten genutzt. Biedes wäre bei einer Vertragswerkstatt undenkbar.
Es sind eben keine Glaspaläste, die streng nach den Hersteller-Richtlinien aufbereitet sind. Bei mancher Marke werden sogar die Fliesen im Werkstattbereich vorgeschrieben. Was hat der Kunde davon? Er muss es nur mit bezahlen.
Außerdem beziehen beide genannten Betriebe Teile wie Filter oder auch Anlasser usw. oft von den eigentlichen Herstellern und geben die Preisvorteile zum Teil an die Kunden weiter.
Zudem sagte mir einmal ein Markenschrauber, dass sein Arbeitgeber von jeder geleisteten Arbeitsstunde einen gewissen Prozentsatz an den Hersteller/Importeur zu zahlen habe.
Warum soll ich das alles mitbezahlen?
Ich bleibe bei den beiden kleinen Werkstätten. Dort werde ich freundlich bedient, gut beraten und bin beim Bezahlen der Rechnung nicht dem Herzkasper nahe.
Zitat von martin58 im Beitrag #126eine gute bekannte hatte eine zeitlang einen vw-händlervertrag. vw (und sicherlich die anderen marken ebenfalls) verpflichten ihre autorisierten werkstätten / händler zu allerlei kostenpflichtigem, z. b. regelmäßige mechanikerschulungen, kauf der originalen auslesesoftware samt geräten, gestaltung der verkaufsräume etc. diese kosten sind sehr bemerkenswert für die werkstätten und müssen irgendwo wieder eingefahren werden. insofern ist der höhere stundensatz bei den vertragswerkstätten eigentlich ganz einfach zu erklären.
Das ist die Erklärung, warum diese Werkstätten das nehmen müssen, nicht aber, warum die Kundschaft bereit ist, das zu zahlen.
ein nicht ganz unwesentlicher hinweis, mein lieber ;-) natürlich hat das viel mit psychologie zu tun, also markenimage und werbung. es gibt aber sicher auch den einen oder anderen, der dem hinterhofkrauter nicht zutraut, an seinem neuwertigem markenfahrzeug zu schrauben.
aber so ist der mensch: für in china gefertigte plastikhandies mit ökologisch fragwürdig produzierten li-ionen batterien oder motorrädern aus thailand, denen ein britischer markenname aufgebappt wird, oder auch turnschuhen aus billiglohnländern oder plastikklamotten aus fernost, oder, oder, oder, wird die börse gern gezückt, wenn das produktimage stimmt.
Also ich würde mein Auto sofort in Thailand reparieren lassen. Die können noch was, reparieren richtig und sind dazu preiswert. Und frittierte Heuschrecken gibt es noch als Snack dazu!
ZitatDas ist die Erklärung, warum diese Werkstätten das nehmen müssen, nicht aber, warum die Kundschaft bereit ist, das zu zahlen.
Ein Grund könnte sein, weil dem Kunden suggeriert wird, daß er sich Nachteile einhandelt, wenn er sein Auto nicht bei der Vertragswerkstatt reparieren lässt, z.B. Verlust der Mobilitätsgarantie, etc.
-- Blog Ich springe hoch, ich springe weit, warum auch nicht, ich hab' ja Zeit. Frei nach H.E.
ZitatAlso ich würde mein Auto sofort in Thailand reparieren lassen. Die können noch was, reparieren richtig und sind dazu preiswert. Und frittierte Heuschrecken gibt es noch als Snack dazu!
Zitat von martin58 im Beitrag #117 ... aus dieser perspektive erscheint es durchaus passend, im zusammenhang mit der beamtenpension von "stattlich" zu sprechen. man könnte auch "ansehnlich" oder "gesichert" schreiben. (ich habe gerade mal gegoogelt nach lehrergehalt und beamtenpension. "fürstlich" würde ich für übertrieben halten, aber am hungertuch braucht man nicht zu nagen).
Der Staat sorgt nicht so schlecht für seine verbeamteten Diener im Ruhestand. Auch für diejenigen, die vorzeitig nicht mehr können oder einer längeren Krankheit an Körper, Geist oder Seele erliegen. Mir sind einige Menschen bekannt, die von dieser warmen Weste getragen werden und sich im Nachhinein über sie freuen, selbst wenn die Freude darüber zu Arbeitszeiten nicht immer so groß war und teils der Frust über die ausgeübte Tätigkeit sie überwog.
die details dazu sind bestimmt interessant und sie werden ja auch immer mal wieder kontrovers diskutiert. ob das nun verdient ist oder nicht, spielt für mich bei meiner argumentation keine rolle. mir war daran gelegen aufzuzeigen, dass die ökonomischen / sozialen / etc. bedingungen, die sich aus dem berufsfeld ergeben (wie z. b. bei beamten eine geregelte alterssicherung in einer höhe, die die gefahr der altersarmut ausschließt) mit der zeit auswirkungen auf seine haltungen, einstellungen und verhaltensweisen haben. der franzose spricht da auch von einer deformation professionelle (ich kann kein französisch ..).
weiterhin bin ich (als soziologe) der auffassung, dass diese effekte sich kollektiv zeigen, also sozusagen jeder angehörige einer berufsgruppe diesen effekten ausgesetzt ist und darauf (je nach charakter individuell unterschiedlich ausgeprägt) reagiert.
um auf den ursprünglichen anlass dieses threads zu sprechen zu kommen: ich vertrete die these, dass die zugehörigkeit zu einer akademisch ausgebildeten berufsgruppe mit weltweit hoher reputation ("der deutsche ingenenieur") in kombination mit einem unbefristeten arbeitsvertrag bei einem international agierenden technologiekonzern mit gutem einkommen sowie einer über dem durchschnitt liegenden arbeitsbelastung die wahrscheinlichkeit erhöht, sich als einem "normalen" handwerker überlegen zu fühlen und diese haltung auch vergleichsweise deutlich zu zeigen.