@Krozinger: Wie viel würdest denn du dafür geben? Fünf Jahre? Oder zehn?
Da war ich stehen geblieben:
Zitat von Serpel im Beitrag #28… als die Ellbogen und Hüftknochen langsam Kontakt mit dem harten Asphalt aufnahmen.
Am nächsten Morgen ging’s entsprechend schlecht ausgeschlafen zuerst unter die Dusche, dann gab’s Kaffee und Croissant, und schließlich zur Fahrerbesprechung. Natürlich nur auf Französisch, so dass ich kein Wort verstand. Auf persönliche Nachfrage wurden mir die drei wichtigsten Dinge mitgeteilt:
1. Aus der Box immer nur ganz rechts auf dem abgetrennten Fahrtreifen raus fahren und diesen keinesfalls vorzeitig queren. 2. Gelbe Flaggen bedeuten Gefahr, langsam fahren und Überholverbot. 3. Rote Flaggen heißen Rennabbruch, wurden de facto aber nur fürs Anzeigen der letzten Runde verwendet.
Dafür hatte der Veranstalter zuvor eine geschlagene halbe Stunde Französisch gelabert? Oder hatte man vergessen, mir noch andere wesentliche Dinge mitzuteilen?
Ja, denn was die rot/gelb-gestreiften Flaggen bedeuteten, wurde mir erst im Zusammenhang mit auffrischender Feuchtigkeit klar. Immer, wenn der Niesel in Regen überging, wurden diese geschwenkt, und dann war erhöhte Rutschgefahr auf der Strecke.
Aber der Reihe nach: Am Freitagmorgen war noch trocken und die Strecke warm. Das Problem war nur - ich war seit einem halben Jahr nicht mehr Motorrad gefahren und entsprechend unsicher unterwegs. Ständig wollte ich mehr, als ich eigentlich noch konnte und ständig leuchtete diese mistige DTC-Leuchte im Cockpit auf. Verdammt, das war doch auf der Straße nie so!?
Also Tempo gedrosselt und die Sache laaangsam angehen lassen. Erst mal abchecken, wie viel die erste lange Rechtskurve ("Double Droite de Villeroy") verträgt, wenn man sie gemächlich angeht: 100? Kein Problem! 110? Geht immer noch! 120? Verdammt - bei gleichmäßiger Fahrt haftet der Gummi viel zuverlässiger und kündigt sich der Grenzbereich berechenbarer an. Am Ende hab ich 140 drauf, und erst jetzt spüre ich den Gummi langsam kommen. Dann die S-Kurve "des Sabeliers", die von Vielen zu weit außen angeschnitten wird. Fährt man sie auf gerader Linie ganz innen an, kann man nahezu geradlinig durch die Doppelkurve durch pfeilen und hat am Ende immer noch genügend Spielraum für die "Gauche da la Bretelle". Erst sehr spät wird mir klar, dass sich diese Links am Ausgang öffnet, so dass man hier nicht nur heftiger raus beschleunigen, sondern auch ein bisschen mutiger anbremsen kann. Hier werde ich im Verlauf der Veranstaltung denn auch mehrmals überholt. Außerdem liegen mir Linkskurven nicht so …
Hab gerade Nachricht von der Versicherung bekommen: Die Vollkasko übernimmt den gesamten Schaden und zahlt - abzüglich Selbstbehalt - den Neupreis des Wagens aus. So ne Versicherung ist ne tolle Sache. (Wenn ich daran denke, dass mich der Filialleiter förmlich zum Abschluss der Vollkasko überreden musste … )
Der Versicherungsfritze kannte deinen Fahrstil nicht! Sonst hätte er dich gar nicht erst versichert. Klingt aber so, als zahltest du die nächste Pizza!
"Die BMW vollstreckt dort alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist."
Geht das schon wieder los? Da schreibt der Pittbull-Besitzer mit stolzgeschwelleter Brust im Meerschweinchen-Forum wieder, wieviel Hackfleich sein Tier am Tag vertilgt.
Tach Serpel, und wie ist es Dir sonst so ergangen?
Zitat von Serpel im Beitrag #61Außerdem liegen mir Linkskurven nicht so …
Ja, daran muss ich in DP noch arbeiten, obwohl der zuverlässige M7 RR nach wenigen Runden beidseitig bis zur Kante runter ist. Davon hatte ich früher immer geträumt!
Auf der Rennstrecke überhaupt kein Problem, quasi nebenher-Begleiterscheinung. Hat hier jeder, und niemand findet das eine Erwähnung wert. Schließlich geht es nur um die Rundenzeit. Und diese hängt viel mehr von der Linienwahl, der Traute beim Kurvenreinbremsen und beim Hahnaufziehen ab als von der maximalen Schräglage. Die maximale Schräglage wird mit so leistungsstarken 1000ern ohnehin oft nur kurz im Scheitelpunkt erreicht, weil zuvor heftig verzögert und danach bereits wieder ebenso heftig beschleunigt wird.
Und genau daran fehlt es mir nach so vielen Monaten Winterpause. Noch dazu bei dem Wetter, wo man nie weiß, ob die Strecke tatsächlich so trocken ist, wie sie aussieht oder sogar trockener ist als sie aussieht. Denn es nieselt immer wieder und ich bin ziemlich aus der Übung.
Die raffinierteste Kurve ist die "Parabolique", um die der Kurs erst 1975 erweitert wurde. Sie wird von den meisten extrem stark hinterschnitten, was nach meiner Einschätzung eher Nachteile bringt. Denn auf der kurzen Linie ist man auf der Bremse deutlich schneller und hat beim Rausbeschleunigen den Buckel hoch nach links trotzdem jede Menge Platz. Irgendwie ist das "meine" Kurve an diesen zwei Tagen. Im letzten Durchgang überhole ich hier fünf Maschinen gleichzeitig. Vermutlich sind das aber Streckenneulinge oder sie sind auf der Aufwärmrunde.
Mit der "Courbe des Gorgeolles" werde ich aber irgendwie nicht richtig warm. Diese Doppellinks mit den zwei scharfen Knicks ist in einem Bogen zu nehmen und verlangt nach präzisem Einlenkpunkt, sonst drohen Lenk- und Stützgaskorrekturen. Ich bin hier prinzipiell zu langsam, fahre aus Schiss den zu engen Radius und komme bei der "Virage de la Combe" beinah im Gras neben der Bahn an.
Also sofort den Hahn gespannt, um den drohenden Zeitverlust zu flickschustern. Das kurze gerade Stück vor der letzten großen Kurve des Rings kann ich auch nicht richtig nutzen, denn einmal zu heftig am Kabel gezogen, und man schießt buchstäblich übers Ziel hinaus, fährt auf der "Courbe de Pouas" viel zu weit nach links in den rutschigen oder zumindest unsicheren Bereich der Fahrbahn und kommt auf dieser ebenso schnellen wie wunderschönen Kurve nicht mehr richtig in Schwung.
Normalerweise stehen 170 oder so am Kurvenausgang auf dem Tacho, und diese werden auch benötigt als Ausgangsbasis für das finale Beschleunigungsmanöver auf die sauschnelle Zielgerade hinaus. Hier hänge ich mehrmals andere Maschinen ab, die entweder nicht genug Leistung haben oder aber auf dem ansteigenden ersten Stück der Geraden mit steigender Front und Lenkerschlagen zu kämpfen haben. Auch ich komme hier mehrmals im Vierten nicht richtig in die Puschen, weil die Front sofort in die Höhe geht, egal wie vorsichtig ich am Kabel ziehe. Also kurzerhand bereits bei 200 in den Fünften gesteppt und voll aufgezogen. Okay - diesmal reicht’s nicht für 270, aber gut 260 stehen trotzdem auf der Uhr. Meistens komme ich hier auf gut 270, und 280 wären zu schaffen.
Wie irrsinnig schnell das ist, höre ich bereits bei der Pause im Zelt, wenn andere fahren, und sehe ich im Filmausschnitt, den ich anfangs eingestellt habe. Seltsamerweise ist das Motorrad bei der Geschwindigkeit ultrastabil (viel stabiler als ein Automobil) und vermittelt absolute Sicherheit. Einzig das Bremsmanöver am Ende der Geraden ist respekt- bis furchteinflössend. Hier habe ich keinen falschen Ehrgeiz und bringe die rechte Hand bereits einige zig Meter eher in Habachtstellung als eigentlich nötig. Einmal mit dem Handschuh für wenige Zehntelsekunden hängen geblieben und schon geht’s ab ins Kiesbett. Möchte ich der nigelnagelneuen RR nicht zumuten …
Die Verarbeitung der Unfallfolgen und deines Fahrausweisentzuges zeigen eindeutig posttraumatische Belastungsstörungen.
Immerhin schient es, dass der dem Strassenverkehr vorläufig nicht mehr zuzumutende Fahrer einen passenderen Ort für seine sich wiederholenden Ersatzhandlungen gefunden hat.
Das finde ich gut.
Fondue
Kenne einen R1-Fahrer, der geht auch immer auf die Rennstrecke, find ich gut. Wie kann man dort eigentlich fahren ohne Ausweis? Vielleicht hast die Abhandlung darüber ja nicht verstanden auf französisch bei der Einführung...
ZitatWie kann man dort eigentlich fahren ohne Ausweis?
Selbstverständlich ist das Fahren ohne Führerschein dort streng verboten. Aber Serpel hat ja einen Führerschein, er hat ihn nur zur Zeit an die eidgenössische Obrigkeit verliehen. Dass man das nicht darf, davon steht nichts in den Rennstreckenregularien.