Zitat von Serpel Bei mir hingegen kann man bei den meisten Bildern in der Mitte einen Strich machen, oben blau anmalen und unten grün, und mehr ist es nicht.
Gruß Serpel
Manchmal ist es schon mehr! Da gibt es nämlich in der Mitte auch noch so was dickes blaues!
Das sind aber die Ausnahmen, die die Regel bestätigen ...
Weiter geht ’s - nach Stunden mühsamen Forschens wegen ein paar Bildchen, deren Zugehörigkeit mir vollständig entfallen war.
In Buxton begehe ich den folgenschweren Fehler, das GPS auszuschalten. Es ist wie zwanghaft: Motor aus, GPS aus. Im selben Moment wird mir bewusst, dass es sich vermutlich nicht mehr einschalten lässt, weil der Batteriestrom nach einem ganzen Tag in Betrieb dazu nicht mehr ausreicht. Und tatsächlich: alles Drücken auf den Knopf nützt nichts, es ist tot für heute.
Ärgern bringt nichts, stattdessen lieber ein paar Bilder knipsen von diesem - mit sagenhaften 307 Metern über dem Meer - höchstgelegenen Markt Englands. Das Rathaus von Buxton
mit dem Marktkreuz
erlebe ich dabei zum ersten Mal in freundlich warmer und lichtdurchfluteter Abendstimmung eines wunderschönen Sommertages, an dem die Aktivitäten der Pubs schon mal nach draußen verlagert werden:
Mit der Sonne aus WNW als Orientierung sollte es doch eigentlich kein Problem sein, das geplante Ziel - Ripponden in West Yorkshire etwas weiter nördlich - auch ohne GPS und Karte zu finden. Zeit ist ja noch und Lust und Kraft zum Fahren sind auch noch reichlich vorhanden. Mit dem B&B "The Fleece" dort hatte ich nämlich beste Erfahrungen gemacht, und möchte unbedingt wieder dorthin. Tolle Lage, schöne und stilvolle Räumlichkeiten, gute Musik im Pub mit gepflegtem, aber nicht zu bürgerlichem Ambiente, und alles zu äußerst reellen Preisen, ziehen mich immer wieder dorthin. Das Problem ist nur: es gibt keine direkte Verbindung - alle Wege führen über Manchester, und von dort den richtigen Abzweig zu finden, ist ohne Karte im Grunde unmöglich.
So weit kommt es allerdings gar nicht. Bereits in Glossop - ein ganzes Stück vor Manchester - werde ich ungeduldig und biege rechts ab. Was ich in dem Moment nicht weiß: Ich befinde mich nun auf der "Snake Road", einer sehr kurvenreichen Passstraße, die in der völlig falschen Richtung und ohne Möglichkeit, unterwegs das Tal zu verlassen, über den Snake Pass nach Sheffield führt.
Dorthin möchte ich zwar eigentlich überhaupt nicht, aber Landschaft und Streckenführung sind dermaßen atemberaubend schön, dass es mir im Moment im Grunde völlig egal ist, wo ich dabei am Ende rauskomme. Kurz nach der Passhöhe finde ich Gelegenheit für diese tolle Schräglicht-Aufnahme:
Endlich in Sheffield angelangt ist klar, dass es bis Ripponden grundsätzlich nicht mehr reicht, aber in der Gegend gibt es viele ansprechende Unterkünfte, und im Barnfield House in Loxeley werde ich fündig. Zwar nicht ganz so stilvoll wie The Fleece, aber ebenfalls wirklich preiswert. In jedem Zimmer wartet ein kleiner Robin Hood zum Empfang (den man kaufen kann, was ich natürlich nicht gemacht habe ), so auch im Alan a Dale-Zimmer, das mir zugewiesen wird. Auch die Dusche entspricht dem im Werbetext versprochenen Standard, nur die Wasserzufuhr wirkt (wie so oft) etwas abgeschnürt und zugestopft:
Am nächsten Morgen beim Frühstück sucht ein nettes amerikanisch-britisches Ehepaar am Nebentisch in auffallend aufmerksamer Weise den Small-Talk, aber leider sind sie bei mir dabei an den völlig Falschen geraten. Ganz verstockt-verklemmter Hinterwäldler gebe ich wortkarg die gewünschten Auskünfte und verdünnisiere mich dann ebenso unauffällig wie prompt.
Der Urban Rider ist (dank Adapter fürs britische Stromnetz) wieder geladen und so führt mich die bekannte Kurvenoption über weitere schöne Strecken - wie hier über die Penistone Road zwischen High Bradfield und Wigtwizzle -
schließlich nach Bowness-on-Windermere im Lake District:
Das Foto ist nix besonderes, da war (tourimäßig) so viel los, dass ich keine Lust hatte, in dem Getümmel anzuhalten und nach einem ansprechenderen Motiv zu suchen. Etwas interessanter kurz darauf der Blick von der Rayrigg Road über den Lake Windermere hinüber in die Cumbrian Mountains, wo der Hardknott Pass auf mich wartet:
Darauf bin ich schon sehr gespannt, nicht zuletzt auf Grund von Falcones Erzählungen, die da ein währschaftes fahrerisches Erlebnis versprechen.
Sehr schön Serpel, toller Bericht , weiter so! Aber wenn du weiter auf der rechten Fahrbahnseite stehst um zu fotografieren wirst du eines Tages noch von so nem Laster überrollt. Für den Fall must du auf jeden Fall eine Millisekunde vorher noch ein Foto machen.
Scheeeee! Aber was ist denn ein währschaftes Erlebnis? Mit Wirtschaft hats wohl nix zu tun ... Erzähl doch mal! An einen Schreibfehler glaub ich bei dir nicht.
"Währschaftes" ist tatsächlich kein Schreibfehler, Soulie, sondern gängiges Schweizer Deutsch und bedeutet so viel wie "bodenständig", "solid" ... und ist natürlich ironisch zu verstehen, da ich damit eher das Gegenteil, nämlich "abgehoben", "Adrenalin fördernd" ... zum Ausdruck bringen wollte.
@Andy: Den Gefallen werde ich dir selbstverständlich nicht tun. Woher weißt du außerdem, ob die betreffenden Bildchen nicht nach hinten geschossen wurden? Aber du hast recht: Auf der Penistone Road bin ich sogar ein Stück weit rechts gefahren. Bei dem "Verkehr" dort aber eigentlich kein Problem ...
Ich hab nie Probleme in England links zu fahren. Ausser wenn ich zum Hotel am ACE-Cafe in die Strasse einbiege. Jedes Jahr das gleiche. Zum Glück hat der Gegenverkehr immer aufgepasst!
Schöner Reisebericht bisher! Bin auch schon ganz gespannt darauf, wie es weiter geht. Die Ortschaften finde ich nicht ganz so interessant. Von daher hoffe ich auf mehr Landschaftsfotos. Den Wrynosse Pass fand ich fast schöner als den Hardknott Pass!
Die Passhöhe selbst gibt beim Wrynose vielleicht tatsächlich mehr her, zum Befahren ist der Hardknott allerdings ein ganz anderes Kaliber, finde ich. Ist ja auch eine ganze Nummer steiler, noch. Das mit den Landschaftsfotos lässt sich gerne machen, stehe selbst auch eher auf die von Gott erschaffenen Kulturgüter als die vom Mensch gemachten ...
Uups - wenn man aus den Alpen kommt und mit solchen Schildern nicht vertraut ist, kann man beim Anblick dieses Warntafel-Baumes schon ein wenig in Ehrfurcht erstarren. Während die meisten Alpenpässe unter 15% Steigung bleiben, sind es hier gleich doppelt so viel! Und erst noch auf sehr schmalen Wegen mit engen Kehren. Das kann ja heiter werden!
Aber Geduld! Erst mal geht es über Single Track Roads durch die typisch britischen Steinschluchten - bei denen sich die heutigen Bewohner der Insel vermutlich fragen, warum ihre Vorfahren beim Aufschichten denn verdammt noch mal nicht ein bisschen mehr Platz gelassen haben - gemütlich durch malerische Landschaften
und vorbei an idyllisch gelegenen Gehöften:
Und dann ist man plötzlich mitten drin im Anstieg zum Wrynose Pass. Ganz schön steil geht es bergauf, wenn auch keine besondere Herausforderung für Motorrad und Fahrer:
Da er mit 393 Meter nicht eben sehr hoch ausfällt, ist man schneller auf der Passhöhe als manch einer erwartet hätte () und ’ne Menge los ist dort oben auch, aber mit entsprechender Wahl des Bildausschnitts kann man all die parkierenden Wagen und wandernden Leute hinter Kurven, Klippen und Kuppen verschwinden lassen. Hier der Blick zurück:
Vielleicht steht deswegen so ein Haufen Autos rum, weil hier ein ziemlich breiter und viel begangener Wanderweg startet, den die Leute möglicherweise als Ausgangspunkt für eine "Besteigung" des Scafell Pike (978 m), Englands höchsten Berg, nutzen. Dieser befindet sich etwas mehr als 5 Kilometer nordwestlich von hier:
In westlicher Richtung geht ’s weiter,
den Pass wieder runter ins Duddon Valley, wo uns diese Kollegin meines fahrbaren Untersatzes buchstäblich über den Weg läuft:
Sie scheinen sich aber nicht zu kennen, deswegen geht ’s gleich weiter bis zu diesem Schild da:
Jetzt gilt ’s - jetzt wird ’s ernst, also in den Zweiten runter schalten und immer mit Zug an Kabel und Kardan rum ums Eck und hoch den Berg. Obwohl es in der Gesamtübersicht ja nicht so wild aussieht, jedenfalls nicht die Ostrampe:
Und mehr ist es auch gar nicht, nach den paar Kehren - die übrigens gar nicht so eng sind, nur steil - ist man schon oben. Oben auf dem Hardknott Pass.
Er ist mit 393 m auf den Meter genau gleich hoch wie der Wrynose Pass, aber irgendwie ist viel weniger los hier, scheint mir. Die Passhöhe ist auch so unspektakulär, dass man schnell mal drüber fährt, ohne gleich zu merken, dass es das bereits war und man sich auf der Westrampe hinunter ins Eskdale befindet:
Aber der Blick hinüber und hinunter zeigt, dass ich bereits eine Parkbucht zu weit gefahren bin und der kegelförmige Steinhaufen im Hintergrund die eigentliche Passhöhe markiert:
Allein schon aus diesem Grund muss ich umkehren, um das "Passerlebnis" noch einmal - diesmal bewusst - zu genießen, vielmehr noch aber reizt mich ein zweiter Turn, denn der Pass ist so kurz, dass man gar nix davon mitbekommt, wenn man nur einmal fährt.
Beim Zurückfahren fällt mein Blick auf die Westrampe des Wrynose und ich denke, das gibt ein recht interessantes Bild:
Da ich jetzt bereits etwas lockerer bin (man hat gesehen, dass es nicht so heiß gegessen wird wie gekocht) versuche ich auch, die extreme Steigung dieses Passes im Bild einzufangen:
Es ist so steil, dass das Motorrad während des Fotografierens im eingelegten ersten Gang mehrere Male über den Kompressionspunkt springt und unter mir davon zu hoppeln droht.
Erstaunlich wenig verwackelt und nicht sehr schief für diese Verhältnisse ist dieses Bild gelungen, das ich einhändig unter nicht altersgemäßen Verrenkungen nach hinten aufgenommen habe:
Ich glaube aber, man kann schon ein bisschen erkennen, wie steil es da in Wirklichkeit hoch geht.
Unten angekommen, heißt es umdrehen und - nochmaaal, yeah! Diesmal abwarten, bis die Rampe frei ist und dann aber mit richtig Schmackes ...
Ich fürchte nur ein wenig um den Antriebsstrang, denn auf den teils extremen Bodenwellen verliert das Hinterrad oftmals den Kontakt zur Fahrbahn, wobei jedes Mal ein harter Schlag durchs Gebälk geht. Aber eine BMW muss das abkönnen ...
Die Westrampe des Hardknott Passes sieht auf den ersten Blick gemäßigter aus als die Ostrampe,
aber der Schein trügt, da hat ’s auch ein paar heikle Stellen drin. So heikel, dass dieses Paar hier gerade vor wenigen Minuten gestürzt ist:
Der Fahrer kommt gerade zurück, seine Frau abholen, die total abgelöscht und ziemlich am Ende ihrer Kräfte auf seinen Beistand angewiesen scheint. Das Motorrad hat er eben zwei Kehren weiter unten abgestellt.
Die frischen Spuren im Asphalt lassen erahnen, was da ungefähr passiert sein könnte:
Aufkeimendes Mitleid kann ich rasch unterdrücken, da die Situation bereits geklärt scheint. Das rote Auto wartet unten, um die beiden mitzunehmen. (Wie sich später raustellen wird, nehmen sie nur die Frau mit, das Motorrad und der Mann sind noch fahrtüchtig.)
Etwas weiter unten vor den letzten paar heiklen Kehren dann dieser schöne Blick ins idyllische Eskdale. Nun bereits fast auf Augenhöhe:
Unten angekommen beschließe ich rein schon aus Symmetriegründen, auch die Westrampe des Hardknott noch einmal unter die Räder zu nehmen. Diesmal ein bisschen gemäßigter, da mir das Missgeschick der beiden doch ein wenig in die Glieder gefahren ist:
Und mit diesem letzten Bild (von der Westrampe) verabschieden wir uns von diesem ebenso spannenden wie kurzweiligen Intermezzo auf den steilsten, schmalsten und kurvigsten Hochgebirgsstraßen, die England zu bieten hat:
Zitat von Serpeldas ich einhändig unter nicht altersgemäßen Verrenkungen nach hinten aufgenommen habe:
Mutig dieser Einsatz, und dann auch noch einhändig! Dafür sind wir dir auf Ewig dankbar und hoffen natürlich, dass bei den Verrenkungen nichts zu Schaden gekommen ist!
Das Foto war den Einsatz auf jeden Fall wert!!
Zitat von Serpel wobei jedes Mal ein harter Schlag durchs Gebälk geht. Aber eine BMW muss das abkönnen ...
Nur die BMW? Bei der hätte ich vorausgesetzt, dass die das abkann ...
Zitat von BrundiNur die BMW? Bei der hätte ich vorausgesetzt, dass die das ab kann ...
Ja, bei anderen Motorrädern ist das natürlich so eine Sache ...
Zitat von BrundiMutig dieser Einsatz, und dann auch noch einhändig! Dafür sind wir dir auf Ewig dankbar und hoffen natürlich, dass bei den Verrenkungen nichts zu Schaden gekommen ist!
Mir würde es schon reichen, wenn du mir dankbar bist, Monika. So anspruchsvoll bin ich ja gar nicht ...
Zitat von SerpelJa, bei anderen Motorrädern ist das natürlich so eine Sache ...
Ich machte mir nur Sorgen um dein "Gebälk", weil in deinem Alter ... aber lassen wir das Geplänkel!
Zitat von SerpelMir würde es schon reichen, wenn du mir dankbar bist, Monika.
so wichtig täte ich mich nie nicht niemals nehmen
Aber gut: Stephan, ich bin dir dankbar (wenn auch vielleicht nicht bis in alle Ewigkeit )
Schöner Bericht bis hierher. Gibt es mehr Bilder?
Ich frag mich, was es manchmal für einen merkwürdigen Rotstich auf einigen Aufnahmen gibt? Außerdem bin ich gespannt, wie auf den weiteren Bildern die Lichtverhältnis sind. Ist dir mal aufgefallen, wie sich das bei deinen Bildern verändert?
Zitat Am nächsten Morgen beim Frühstück sucht ein nettes amerikanisch-britisches Ehepaar am Nebentisch in auffallend aufmerksamer Weise den Small-Talk, aber leider sind sie bei mir dabei an den völlig Falschen geraten. Ganz verstockt-verklemmter Hinterwäldler gebe ich wortkarg die gewünschten Auskünfte und verdünnisiere mich dann ebenso unauffällig wie prompt.
... kommt mir bekannt vor!
piko, der gerade morgens auch gern seine ruhe hat ...