Zitat vom Rainer: Das interessiert mich doch etwas mehr im Detail.
So, mein lieber!
Jetzt erkläre ich das mal, dass du das auch verstehst!!! (Bitte beachten: Dies war ein Spaß!)
Vorab: Ich bin kein Fahrwerksspezialist, dafür ist mein Popo zuständig und der flüstert mir immer Dinge ein... Deine Grafik habe ich bewundert, bin aber nur bedingt in der Lage, daraus Schlüsse zu ziehen, um deine Argumentation auch nur in die Nähe des Wankens zu bringen. Meine "Weisheit" ziehe ich aus Erfahrungen im wahrsten Sinne.
Ich habe bisher bei den verschiedensten Motorrädern die Gabelfedern ausgetauscht. Bei älteren Motorrädern habe ich im gleichen Zug das Gabelöl gewechselt und zwar immer nach den Vorgaben des Federherstellers. Bei neuen oder fast neuen Motorrädern habe ich mir das gespart.
Beobachtet habe ich, dass die Gabel feinfühliger anspricht. Da ich den Ölstand in der Gabel vor dem Tausch nicht nachgemessen habe, kann natürlich eine Differenz zwischen vorher und nachher nicht ausgeschlossen werden. Manchmal unterscheiden sich die Vorgaben des Federherstellers durchaus von den Vorgaben des Motorrad- herstellers. Ebenso verhält es sich mit der verwendeten Viskosität des Öls. Bei der Gelegenheit ergibt sich die Frage: Verändert sich nach jahrelangem Gepansche die Viskosität im geschlossenen System Motorradgabel? Das würde ja auch einiges erklären.
Weiter habe ich beobachtet, dass speziell im Falle der Zephyren die Front mit den neuen Federn weniger eintaucht als vorher. Ich denke, dies steht nicht in Zusammenhang mit der Progressivität der Federn, sondern mit einer höheren Federrate, oder?
Schließlich das Thema Durchschlagen der Gabel. Nehmen wir wieder die arme Zephyr mit ihren Originalfedern als negatives Beispiel. Die Gabel schlägt selbst beim kurzen Anreißen der Bremse schon durch. Nach dem Einbau der anderen Federn muss man schon heftiger am Kabel ziehen, um den gleichen Effekt zu erzielen. Spätestens jetzt stellt sich die Frage, was man erreichen möchte. Will man das Durchschlagen total verhindern? Dann hast du sicherlich Recht damit, dass dies nicht ohne weitere Veränderungen möglich ist. Aber darum geht es mir ja gar nicht. Ich möchte lediglich, ein Fahrwerk, welches hinten und vorne möglichst synchron arbeitet, was weder bei der W noch bei der Zephyr im Serienzustand der Fall ist. Und dabei haben mir Wirth-Federn bisher eigentlich immer geholfen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mir nie darüber Gedanken gemacht habe, warum!
Ich hänge mich deshalb etwas tiefer in die Thematik rein, weil mich die in der Werbung beschriebene Wunderwirkung der "progressiven Gabelfedern" zur Aufklärung anregt. Was der Wechsel von einer linearen zu einer progressiven Feder bewirkt, kannst Du sehr schön in meiner Graphik erkennen. Der Verlauf der linearen Feder ist bis zum Ende durchgezogen und die progressive Feder knickt ab etwa 80mm Eintauchtiefe leicht nach oben ab. Das bringt am Ende gerade mal 100N. Um das Aufschlagen zu verhindern, müsste die Feder aber mindestens 400N!! Zusatzkraft bringen, das ist technisch aber nicht möglich. Da hilft nur die komprimierte Luft!!!
Du hast es ja auch beschrieben, meistens werden bei einem Wechsel der Federn das Gabelöl (Viskosität) und die Füllhöhe (Luftpolster) verändert. Das ist übrigens der wesentliche Grund für die gefühlte Verbesserung bei Ansprechverhalten und verzögertem Eintauchen.
Es stellt sich am Ende natürlich die Frage: Warum die Feder wechseln, wenn man allein durch den Wechsel des Öls (Viskosität) und der Optimierung der Füllhöhe auch sein Ziel erreicht? Aber so ist halt das Geschäft mit dem Zubehör und ein bisschen Illusion gehört einfach dazu. "Ich habe progressive Federn" klingen halt besser als "ich habe das Gabelöl gewechselt und etwas mehr eingefüllt".
Vielleicht helfen die Kommentare ein bisschen, das Produkt "Federgabel" besser zu verstehen. Danke noch mal für die Diskussion.
Zitat von fourfeverZur Verdeutlichung habe ich mir mal die Kräfte in einer klassischen Federgabel ausgerechnet und als Grafik dargestellt .
Woher hast du denn die Werte?
Der progressive Teil der gleichnamigen Federn befindet sich doch nicht(wie dargestellt) im "oberen" Bereich sondern umgekehrt ... im unteren "sensiblen" Arbeitsbereich der Gabelfedern ... das erlaubt dann eine insgesamt höhere(durchschlagverhindernde?!) Federrate ohne Verlust der gewünschten "Sensibilität" und des Ansprechverhaltens.
Die Werte habe ich aus Messungen mit einem geeigneten Kraft-Weg-Messprüfstand. Die progressiven Federn, wie sie bei Federgabeln verwendet werden, haben bis 60-70% des maximalen Eintauchweges eine niedrige Federrate (etwa so weich wie die Originalfeder). Wird die Feder weiter zusammengedrückt, gehen alle Windungen mit engem Windungsabstand auf Block und es "federn" nur noch die Windungen mit dem weiten Windungsabstand. Da die Zahl der federnden Windungen jetzt geringer ist, ist die Federrate in diesen Einfederbereich (in meinem Beispiel ab ca. 80mm aufwärts) deutlich höher. Durch diesen Trick mit den engen Windungen nehmen die Rückstellkräfte bei tiefem Eintauchen progressiv zu. Aufgrund der einschränkenden Vorgaben wie Federgesamtlänge, Federdurchmesser und eine unveränderte Gleichgewichtslage (K0-Lage) ist die Progression relativ gering. Aus diesem Grund empfehlen ja die Hersteller der progressiven Federn auch gleich neues Gebelöl oder das darauf "genau abgestimmte" Gabelöl zu kaufen und nach Vorschrift einzufüllen. Der Grund ist leicht nachzuvollziehen: man würde sonst kaum einen Effekt spüren.
Ist die Anfangsfederrate bekannt (kann man leicht selbst mit Gewichten messen) kann man die Federrate im harten, progressiven Kennlinienbereich sehr leicht nur aus den Windungszahlen mit engem und weiten Windungsabstand ausrechnen. Bei Bedarf stelle ich die Formel in das Forum.
Die Grafik in der Anlage zeigt den Verlauf einer typischen progressiven Feder (blaue Farbe).
Gruß Rainer
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Federgabel.pdf
Heute sind die progressiven Federn angekommen. Vorab ein paar Zahlen:
Die Federn sind glatte 8 cm (Zentimeter! = 80 Milimeter) länger als die Originalen. Dementsprechend sind die Distanzhülsen 8 cm kürzer.
Die Gabel steht im unbelasteten Zustand glatte 7 mm höher. Gemessen habe ich zwischen Staubkappe Oberkante und Gabelbrücke Unterkante.
Ich habe das alte Öl drinne gelassen und nur den Stand in den Rohren nachgemessen. Erstaunlicherweise waren links ca. 3 mm weniger Füllhöhe als rechts. Ich bin ja kein Erbsenzähler, aber ab Werk sollte das schon identisch sein. Ach ja, die Gabel ist dicht!
Jetzt warten wir mal ab, was der Fahrversuch bringt...
Auf den Fahrversuch bin ich auch gespannt. Wenn die Gabel unbelastet 7mm höher steht bzw. weiter ausfährt, dann ist die neue Gabelfeder etwas stärker vorgespannt. Da die größere Baulänge durch die kürzere Hülse vollständig kompensiert wird, kann die höhere Vorspannung nur durch eine höhere Basis-Federrate (im Einfederbereich bis zum Progressionsknick)entstehen. Damit dürfte die Gabel in der Gleichgewichtslage mit Fahrer bei Geradeausfahrt mit konstanter Geschwindigkeit deutlich weniger eingetaucht sein.
Vorteil: der verbleibende Eintauchweg bis zum Anschlag ist länger und die Gabelfedern bauen beim Eintauchen eine höhere Kraft auf, die in Verbindung mit der am Ende einsetzenden Progression unter Umständen ausreichen kann, das Aufschlagen abzufangen. Nachteil dieser Einstellung ist allerdings, dass in diesem Fall, der Ausfederweg bis zum Zuganschlag kürzer ist. Das dürfte aber das kleinere Übel sein, da der Zuganschlag oft durch eine Zuganschlagsfeder gebremst oder hydraulisch gedämpft wird.
Ich gehe davon aus, dass die neuen Federn ein strafferes Fahrverhalten vermitteln und beim Fahrer gut ankommen. Den Effekt hätte man allerdings auch durch 20-30mm mehr Gabelöl erreichen können, ohne dass sich dabei die K0-Lage wesentlich verändert.
Noch eine Bemerkung zu dem 3mm Unterschied Gabelölfüllhöhe. Diese geringe Differenz spürt man nicht, da bei durchschlagenden Gabeln sowieso meistens zu wenig Gabelöl in den Standrohren ist. Ich habe zur Anschauung mal eine Grafik eingestellt, die zeigt, wie stark die Luft vom ausgefahrenen Zustand zum eingefahrenen Zustand zusammengepresst wird. Das Einstellluftpolster ist in Beispiel 150mm.
Wenn ich folgende Daten bekomme: Federaussendurchmesser, Gesamtzahl der tragenden Windungen und Drahtdurchmesser (sehr genau!!), dann rechne ich gerne mal die Federrate der alten linearen Feder aus.
Viel Erfolg bei der Testfahrt.
Gruß Rainer
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Durch die neuen Federn ist die Gabel straffer geworden. Ob sich das Ansprechverhalten wesentlich verbessert hat, mag ich momentan noch nicht bestätigen.
Durch die straffere Gabel ist das Fahrwerk nun harmonischer geworden, aber halt nicht in Richtung Komfort.
Da die Front durch die Federn etwas höher gekommen ist, habe ich die Gabel ca. 5 mm durchgesteckt. Außerdem habe ich die Federbeine etwas stärker vorgespannt.
Das ist der Stand von heute - gefahren bin ich so noch nicht!
Latürnich! Von Anfang an (nur die Erstinspektion fand beim Händler statt).
Zitat oder kann man das bei Guzzi etwas entspannter sehen?
Ja, ich denke schon.
So irgendwo zwischen 7500 und 10.000 Kilometer hab ich das gemacht, wenn es mir in den Zeitplan passte. Leichte Ventilspielkorrekturen waren jedes mal nötig, war aber nicht in einem kritischen Bereich. Ölkontrolle zwischen durch nicht vergessen. Meine Guzzen brauchen beide etwas Öl, nicht viel, aber bei dem Mini-Ölvolumen muss man da ein Auge drauf haben. Getriebe und Kardan-Öl hab ich er bei etwas über 20.000 gewechselt. Das sollte eigentlich auch kein Problem sein.
Und noch 'ne Frage an Falcone, den Kleinguzzispezialisten:
Hast Du an deiner Breva eine Scheibe? Diese kleine rauchfarbene? Wenn ja, wie bist du mit der zufrieden?
Meine Breva hatte ab Werk ja keine mehr und der Vorbesitzer hat so einen riesigen Flatschen Lexan von Guzzi drangehauen. Erstens störten mich die Verwirbelungen und zweitens sah es an der Breva sch... aus, hat mich an die Schutzschilde vom Raumschiff Enterprise erinnert
Die rauchfarbene war ja serienmäßig dran. Ich hatte sie mal abgebaut und Falconette hat prompt gemeckert, weil sie wirklich etwas Winddruck wegnimmt. Also kam sie wieder dran. Im Moment ist sie gerade mal wieder ab. Ich finde sie nicht gerade schön, ist aber recht dezent, passt zum Stil des Motorrades und bringt ein bisschen was. Verwirbelungen erzeugt sie zumindest nicht.
Ich will in den nächsten Tagen die IKONs montieren und gleichzeitig einen neuen Hinterreifen aufziehen. Jetzt habe ich noch nie bei einer Guzzi das Hinterrad ausgebaut. In der BA steht: "Bitte wenden Sie sich an Ihren Moto-Guzzi-Partner!" Im Werkstatthandbuch von Stein-Dinse ist das Thema gar nicht behandelt. Ist es zu kompliziert, um es in der BA beschreiben zu können oder so banal, dass das WHB überhaupt nichts dazu schreibt?
Auch auf die Gefahr hin, dass ihr mich für blöd haltet: Was muss ich beachten?