Zitat von Falcone im Beitrag #55
.... wenn du fertig bist, fange ich mit meinem Bericht von unserer diesjährigen Herbsttour an....
Na dann spute ich mich mal
Donnerstag, 20.09.2012Heute konnte schon ab 06:30 gefrühstückt werden. Das liegt daran, dass der überwiegende Teil der Gäste Handwerker sind, die das „Retortendorf“ auf die kommende Wintersaison vorbereiten.
Ich war in der Nacht schon mal wach und am Morgen auch schon so gegen 05:30. Und weil ich nicht mehr recht einschlafen konnte, habe ich dem Navi die aktuelle Tour beigebracht – da war am Vortag noch ein „Zwischenziel“, dass irgendwie geklemmt hat und wohin mich das Navi schon am Vortag immer wieder hinschicken wollte. Wo das Ziel wohl herkam? Eigentlich dachte ich, dass ich eine sehr genaue Vorbereitung getroffen hatte ….
Ca. 07:00 bin ich dann zum Frühstück. Das hatte Anleihen von einem typisch französischen Frühstück, aber es gab auch viel leckeres und frisches Obst und einen sehr leckeren Kaffee. Typisch Deutsch hab‘ ich mich ordentlich satt gegessen.
Gestartet bin ich dann ca. 08:15. Das Digi-Thermometer an der Stadtverwaltung im Dorf zeigte 4 Grad an. Mein Thermometer meinte irgendwas zwischen 8 und 10 Grad. Aber wenn ich so recht überlege, dann hat es mir an der ganzen Tour noch nie Temperaturen unter diesen 8 – 10 Grad und noch nie Temperaturen über 25 – 28 Grad angezeigt????
Von Auron aus ging es über Isola bis zu einer Abzweigung in Richtung Beuil, von wo aus ich in das „Gorges du Cians“ wollte. Ein Tal mit viel rotem Porphyr.
Auf sehr kleinen Straßen bin ich ca. 5 KM weit gekommen
„Talwärts“Da stand dann plötzlich ein Bauzaun. Die Straße ist gesperrt.
GesperrtDirekt am Bauzaun führt nach rechts eine noch kleinere Straße weiter. Aber sicherheitshalber habe ich erst mal das Navi um Rat gefragt:
Dessen Antwort auf die Frage: „Plane Straßensperre für die nächsten 5 KM“:
Ideenlos – moderne Technik halt Die gleiche Antwort bekam ich auch auf den Versuch eine 2 KM Umleitung zur Straßensperre zu planen.
So wie ich es früher und ohne Navi auch gemacht hätte, bin ich halt erst mal der nach rechts abbiegenden, kleinen Straße gefolgt.
UmfahrungDie Landschaft war wunderschön und ich war absolut alleine unterwegs. Nirgends war eine Menschenseele oder irgendwelche Dörfer zu sehen – obwohl laut dem Wegweiser an der Sperre ja bald eine Ortschaft kommen sollte. Die Straße war manchmal so, wie auf dem Bild, manchmal aber auch nur ein besserer Feldweg.
SchluchtenblickeWeil mir die Sache aber dann doch langsam etwas mulmig wurde, habe ich nach dem Bildermachen die Karte auf dem Navi mal groß gezoomt. Und siehe da:
Die Straße endet in dem angegebenen „Dorf“.
Ich bin am Ende der Welt.
Also habe ich mir die richtige Papier-Karte vorgenommen und habe mich um eine „großräumige“ Umleitung der Straßensperre bemüht. Von le Bollinette aus könnte man über Clouse vielleicht bin die Nähe von Rigaud kommen – also in die Mitte des Tals, das ich eigentlich komplett von Nord nach Süd durchfahren wollte. Aber auch diese Straße war auf der Karte nur als „kleiner, grauer Strich“ gemalt ….
Als weitere Alternative hätte ich komplett zurück gekonnt oder hätte einen großen Umweg in Kauf nehmen müssen, der mich dann fast bis nach Nizza gebracht hätte.
Ich habe mich für den „kleinen grauen Strich“ entschieden. Von Clouse zeigte dann sogar ein Wegweiser das gewünschte Ziel an – allerdings mit „kleinen Einschränkungen“.
AlternativeAber die Gewichtsbeschränkung hat mich dann doch wohl eher nicht betroffen und sogar ein wenig beruhigt. Wenn Fahrzeuge bis zu 3.5 t da lang können ….
Gute Wege – schlechte StraßenDie Straße war so, dass ich überwiegend im 2. Gang, ab und an auch mal im 3. Gang gefahren bin. Es war keine Schotter-Strecke, aber es war auch nicht viel besser. Vielmehr hatte der Weg neben vielen Frostaufbrüchen, Schlaglöchern und manchmal auch etwas Steinschlag, einen biologisch abbaubaren Straßenbelag.
Aufgebracht von unzähligen Schafen und Ziegen. Aber die Landschaft und die Ausblicke waren echt klasse.
Bergdorf – IlonseDas Wetter hat sich bewölkt, aber die Temperaturen waren immer noch ok. Die Straßenführung erforderte hohe Konzentration – viele Bilder konnte ich leider nicht machen.
TalwärtsUnd auch wenn ich in einer wenig bewohnten Gegend war – es gab‘ auch hier ein normales Leben. Soweit das in dieser steinigen Gegend möglich ist.
Überrascht war ich z.B. von einem Friedhof mit „Hochgräbern“. Aber wenn ich mir dann den Boden in dieser Gegend angesehen habe, kam es mir dann aber doch auch wieder verständlich vor.
In dieser felsigen Gegend ist es sicher schwer, verstorbene Menschen „unter die Erde“ zu bringen. Warum also die Verstorbenen nicht in Hochgräbern beerdigen?
(Das Bild dazu ist nicht gezoomt)
Friedhof – FontasseUnd dann habe ich noch zwei Ikonen der französischen Automobilindustrie gesehen – beide in einem sehr guten Zustand. Scheinbar ist das Thema „Winter und Salz“ in dieser Gegend kein Thema .
EnteR4Der Zustand der Straßen besserte sich, als ich in „stärker bewohnten“ Gegenden gekommen bin und auch das Wetter schien sich bessern zu wollen.
Irre AbfahrtWas schon mir schon aufgefallen ist: große Flächen der Felsen werden bereits rot – so wie ich es in einigen Berichten im Vorfeld meiner Tour gelesen hatte.
Porphyr-AussichtDer Himmel zog sich dann aber leider immer weiter zu und als ich endlich im Tal „Gorges du Cians“ angekommen bin, habe ich schon feste mit Regen gerechnet. Aber das Wetter hat gehalten.
Die Ansichten und die roten Felsen sind wirklich sehenswert.
Porphyr-SchluchtLange Zeit verlief die Straße und ein kleiner Bach direkt in einem schmalen Tal aus rotem Porphyr. Eine wirklich sehr schöne Gegend.
Porphyr-Schlucht-IIVon Beuil aus bin ich auf direktem Weg nach Guillaumes. Das zweite Tal – Goreges du Dalius – habe ich gar nicht mehr in Angriff genommen, obwohl man hier angeblich nicht am Talboden, sondern in den Bergen fährt und somit das Tal wunderbar von oben anschauen kann. Ich bin direkt nach Saint-Martin-d’Entraunes gefahren. Dieses Stück gehört wieder zur Route des Grandes Alpes. Und auf diesem Weg habe ich den Col de Valberg passiert. Das Wetter hatte sich wider Erwarten wieder richtig gut gemacht.
BerganfahrtWas absolut auffällig ist: an der Route des Grandes Alpes ist das Zimmerangebot an B+B-Pensionen und von denen mit dem braunen Kaminfeuer auf grünem Kreis, wesentlich größer, als in den Gegenden, wo ich in den letzten Tagen war.
In Saint-Martin-d’Entrains habe ich die Route des Grandes Alpes wieder verlassen, bin also nicht zum Col de la Cayolle, sondern habe mich für die weniger bekannten Pässe Col de Champs und Col d’Allos entschieden, die mich dann aber auch wieder nach Barcelonette bringen sollten.
Und was soll ich sagen: die beiden letzten Pässe haben die wenigen Beschreibungen, die ich im Vorfeld zu ihnen finden konnte, absolut getoppt. Keine Pässe für Speedy’s und auch wirklich keine Pässe für Berg-Neulinge.
Unbekannt?Die Straßenqualität, die Befestigungen an den Rändern – auf diesen beiden Pässen habe ich so ziemlich alles vorgefunden, was ich bisher von meinen Touren kannte. Von Top bis Flop, von Hui bis Pfui.
Kleine StraßenVom Col du Champs habe ich leider kein Pass-Bild. Aber ich weiß, dass der Straßenzustand für die Gänge 2 und 3, öfter auch 1 und ganz selten 4 gut war.
Die Landschaft ist aber auffallend anders. Karg begrünte Flächen und Pinienwälder gibt es noch in großer Höhe.
„hohes Grün“Und das wird scheinbar auch zur freien Vieh-Haltung genutzt. Als ich ziemlich genau am höchsten Punkt des Passes stand, konnte ich weiter unten auf dem Weg eine größere Vieh-Herde sehen und ich dachte so bei mir: hoffentlich biegen die noch irgendwo ab.
AlmaufgangAber diesen Gefallen haben mir die Rindviecher nicht getan und wir trafen uns auf dem Weg - ich natürlich auf der wenig befestigten Talseite.
ViehwegZwei Jung-Rinder spielten mit mir das Spiel „wer hat Angst vor dem schwarzen Hans“ und sind in entgegengesetzter Richtung der Herde vor mir „geflohen“. Und je näher ich ihnen gekommen bin, desto weiter haben sich die beiden von ihrer Herde entfernt. Also habe ich den Motor ausgemacht und angehalten – in der Hoffnung, dass die beiden dann an mir vorbei in Richtung ihrer Herde gehen würden. Leider hatte ich mich da geirrt.
Die beiden muhten „Mama, wir wollen zu euch“ und die Mutter muhte von oben „schleicht euch und kommt endlich her“. Die Herde stockte, aber die beiden rührten sich nicht.
Ganz langsam habe ich das Mopp’s in ihre Richtung rollen lassen und als ich knapp vor ihnen war …..
>>>>Klatsch<<<<<
JungviehDie beiden haben ihren ganzen Mut zusammen genommen und sind an mir vorbei in Richtung Herde galoppiert. Ich konnte weiterfahren.
An diesem Pass gibt es keine in oder unter der Straße eingebauten Wasserableitungen vom Berg. Hier sind sie einfach als Rinne in den Asphalt gefräst und Bremsspuren zeigen, dass so mancher Motorradfahrer damit nicht gerechnet hat. Langsames, materialschonendes durchfahren ist wirklich empfehlenswert.
RinneIn Colmars sieht man dann diese tolle Festung von Ludwig, dem XIV – und angeblich soll es eine tolle Altstadt geben
ColmarsIch habe es aber vorgezogen in Richtung Col d‘ Allos zu fahren. Dieser ist mit einer sehr schmalen Straße in der Literatur beschrieben und nach gut ausgebauter Anfahrt ist es wirklich so, dass zwei Möpp’se sich gerade noch fahrend entgegen kommen können. Sobald ein Auto oder WoMo dabei ist, ist es besser, wenn mindestens einer der Beteiligten anhält.
StreckeMir sind auf dieser Strecke drei Riesen-WoMos entgegen gekommen Ich war glücklicherweise immer auf der Bergseite ….
Talabsperrungen gibt es nur wenige. Aber was es in Frankreich zu Hauf‘ gibt, sind diese Riesen-Ski-Orte, die im Sommer unbewohnt sind. Auch auf der Anfahrt zum Col d‘ Allos habe ich wieder ein solches gesehen.
Geisterdorf – das … wievielste?Wenn im Winter der Schnee seinen „Mantel des Schweigens“ und die Dunkelheit über diese Dörfer legt, mag das Ganze ja nett ausschauen – aber jetzt im Sommer hat es mich doch sehr irritiert.
Oben am Pass habe ich meine „Apfelpause“ gemacht, bevor es über viele Kilometer und Kurven wieder ins Tal nach Barcelonette ging.
Mini-WEine wahnsinnig schöne Abfahrt.
AbfahrtMein Weg sollte über Barcelonnette zum Col de Pontis führen. Und die Strecke bot so allerhand für’s Auge und Gemüt.
BrückeKurz vor dem Lac de Serre-Poncon habe ich einige Fahrer des Volvo-Fan-Club aus den Niederlanden getroffen und einen kurzen Plausch mit ihnen gehalten. 35 Fahrzeuge sind wohl im Club und die, die ich gesehen habe – die waren echt sehr schön gemacht.
NL-VolvoNatürlich interessierten sich die Holländer auch für die W und eine Frage war:
Ist sie wirklich alt oder „nur ein Retro“?
Ich wollte schon anfangen und den beiden die Sache mit dem Original (W650) und dem Plagiat (Triumph Bonni) erklären - habe mich dann aber zur einfachen Antwort durchgerungen:
Sie ist aus dem letzten Jahrtausend :-)
Auch wenn ich sonst den einen oder anderen Spaß mit den gelben Nummernschilder mache, muss ich sagen: heute die Holländer waren echt nett.
Weiter ging meine Fahrt und aus den Bergen konnte ich schon den einen oder anderen Blick auf den Lac de Serre-Poncon werfen.
Lac de Serre-PonconAuf dem Weg zum Col de Pontis habe ich die Strecke entlang des Seeufers wieder verlassen.
Lac de Serre-PonconAber auch auf dieser Strecke hat man immer wieder tolle Ausblicke auf diesen tollen See und auch die bekannte „See-Kirche“ konnte ich sehen.
Lac de Serre-Poncon mit See-KircheGenau wie die tollen Brücken über den See.
Lac de Serre-Poncon mit BrückeAuch auf dieser Strecke zum Col de Pontis sollte man einige Erfahrungen mit super-engen Turnarounds auf zum Teil unbefestigten Strecken – zum Teil auch wieder mit Steinschlag – haben.
Anfahrt zum Col de PontisVon Embrun aus bin ich dann sehr entspannt über die N94 bis nach Briancon gefahren und am Anfang hatte ich auf dieser gut ausgebauten Straße echt Probleme:
Ich wusste schon gar nicht mehr, wie man gerade aus und im 5. Gang fahren soll….
LandschaftAuch auf diesem Stück meiner Tour war die Landschaft sehr schön anzuschauen.
Nach dem Abendbrot werde ich mich mal um die morgige Strecke kümmern. Vor dem Hintergrund des das Profil des Hinterreifens bisher wesentlich mehr gelitten hat, als ich das geplant hatte, werde ich die Tour über Alpe de Huez morgen vermutlich streichen. Ich hoffe, dass das Hinterrad noch bis nach Hause hält.
Am Abend ist es ziemlich windig geworden. Hoffentlich hält das Wetter ….
Die heutige Tour: