4. Tag, Sonntag, der 19.7.09 St. Austell über Land´s End bis St Merryn, 255 km
Am nächsten Morgen gab es das erste home made english breakfast. Es wurde im Vergleich zum Vortage noch einer draufgesetzt. Eine unglaubliche Menge, allerdings auch sehr fettig. Nun, es war uns mittlerweile schon klar geworden, dass wir unsere Hauptmahlzeit am Morgen einnehmen und dann den Rest des Tages mit ein paar Kleinigkeiten auskommen würden. Was natürlich auch die nicht gerade billigen B&B-Preise relativiert: Man spart immerhin jeden Tag eine komplette Mahlzeit für zwei Personen.
Guten Appetit! Frühstück in St. Austell
Heute stand Land´s End auf dem Programm, die Südwestspitze Cornwalls und damit auch Großbritanniens. Zuerst erreichten wir jedoch Porthallow, ein nettes kleines Fischer-Dörfchen, dessen Zentrum das "Five Pilcherers Inn" bildete. Warum kommt einem da nur gleich Rosamunde Pilcher in den Sinn? Am Strand trafen wir eine Frankfurter Familie, die sich mit dem Auto die kleinen engen Straßen zur Küste hinuntergequält hatten und darüber etwas schimpften. Wir bestellten uns dann einen Kaffee im Inn und bekamen das erste Mal jeder einen kleinen Bodum mit frisch aufgebrühtem Kaffe. Nicht zum letzten Male übrigens. Dieses Inn hatte Atmosphäre, obwohl wir vormittags noch die einzigen Gäste waren. Eine waschechte Seemannskneipe.
Blick auf den Kanal von Porthallow aus
Sieht einladend aus …
… und war es auch innen.
Und der Kaffee war auch ganz frisch gebrüht.
Weiter ging es über Porthoustock nach The Lizard, der Südspitze einer kleinen Halbinsel. Zuvor kamen wir aber noch über einen serpentinengespickten kleinen grünen Hohlweg an einem verwunschenen Garten mit Urwaldcharakter vorbei. Das dazugehörige Haus hieß Mills. Ich habe es in Google leider nicht wieder gefunden – es ist wohl zu zugewachsen.
Dschungel in England
Lizzard Point, die Südspitze Englands
Die Südspitze erschien uns eher langweilig, also fuhren wir gleich weiter nach Westen, denn wir wollten mal das Pendant zum Mont St. Michel in der Normandie sehen – den St Michaels Mount in Cornwall. So kamen wir in das schöne Städtchen Marazion. Wir erkundeten es zu Fuß, hatten aber keine Lust, mit dem Boot von dort zum St. Michaels Mount überzusetzen – und auf die Ebbe hätten wir zu lange warten müssen. Also blieb es bei einer Besichtigung der Insel aus der Ferne.
St Michaels Mount bei Flut
Allzu dick darf man nicht sein, wenn man in diesem schmalen Haus wohnt
Marazion Town Hall, schönes Haus in …
… einem ansprechenden Städtchen
Wir kamen dann durch Penzanze, fuhren am Hafen entlang und weiter über Mousehole und St.Levan nach Land´s End. Die single track roads waren in der Mitte oft sehr schmutzig und auch nass und damit rutschig. Die beiden Fahrstreifen rechts und links waren wiederum so dicht an den Büschen, dass wir mit dem Gepäck daran streiften und auf die Mitte gedrängt wurden. Kein schönes Fahren. Dann war auch noch der Anhänger eines Traktors vor uns umgekippt. Aber durch geniales Verspannen von Seilen richtete man den wieder durch die Kraft des Traktors auf. Der Zwangsaufenthalt dauerte nicht lange und war durchaus spannend. Schon vor Land´s End wurden die Hecken niedriger und man bekam Sicht auf das Land. Die Tunnelstraßen der der Südküste lagen hinter uns. Angenehm.
Das erste und letzte Haus am Ende von England – Land´s End
[url= http://de.wikipedia.org/wiki/Land%E2%80%99s_End] Land´s End [/url] ist der westlichste Punkt der Hauptinsel Großbritannien und daher auch „touristisch aufbereitet“. In Kornisch wird es Pen an Wlas genannt. In einem Gebäudekomplex findet man diverse Andenkenläden und Fressbuden. Besonders hervorgehoben wurde eine kornische Spezialität, Fudge. Weiche, wirklich gut schmeckende, weiche Sahnebonbons. An der Landspitze steht ein Hotel und man hat theoretisch einen schönen Blick nach Amerika, falls das Wetter mal gut sein sollte. Immerhin hat es nur kurz geregnet.
Der Leuchtturm vor Land´s End
Klippen vor Land´s End
Während dieser Regenphase gingen wir in ein kleines Museum (kein Eintritt!!!), in dem wir erfuhren, dass es sozusagen ein Gegenstück zu Land´s End gibt, das 1406 Kilometer entfernte John o´ Groats an der Nordostspitze Schottlands – und somit der von Land´s End am weitesten entfernte Ort auf der Britischen Insel. In dem Museum waren deswegen auch viele Bildberichte und Fotos von Reisenden zu sehen, die die Strecke zwischen diesen beiden Orten auf den merkwürdigsten Vehikeln zurückgelegt hatten, oder auch zu Fuß. Auch ein Messerschmitt war dabei – Kaimann, du wärest also zu spät.
Das Museum
Schöne Enfield im Museum, mit der Großbritannien durchquert worden war.
Auch in einem Messerschmitt wurde das schon vollbracht
In der "Windschutzscheibe" dieses Rovers konnte man sich die Strecke Land´s End – John o´Groats im Zeitraffer ansehen – allerdings fast nur Autobahn.
Da wir und erinnerten, dass wir sowieso, falls wir nicht völlig vom Regen aufgeweicht werden, eigentlich nach Schottland wollten, beschlossen wir also, das nachzumachen und auch von Land´s End nach John o´ Groats zu fahren. Natürlich nicht auf dem direkten Weg, sondern John o´ Groats einfach als Ziel in die Planung einzubauen. Eigentlich war das aber unwissentlich sowieso vorgesehen, zumindest hatte ich die Nordostspitze in meiner Routenplanung durch die Highlands bereits drin. Aber nun wurde es zur Aufgabe. Wir fuhren frech durch die Absperrungen soweit wie es ging nach Westen und machten dort Fotos von den Moppeds. Dann starteten wir.
Start am südwestlichsten (illegal) befahrbaren Punkt Englands
Und los geht´s!
Am letzten Pub Englands vorbei ging es an der Küste Cornwalls entlang nach Norden. Die Landschaft war hügelig, man hatte wieder Aussicht und die Straßen waren nicht mehr so eng. Das Fahren machte wieder Spaß. Oft kamen wir an verfallenen kleinen gemauerten Gebäuden vorbei, die einen großen, teilweise eingestürzten Schornstein hatten. Irgendwas schien hier verhüttet worden zu sein. Wir fanden aber nicht heraus, was es damit auf sich hatte, zumal wir dort auch ziemlich alleine waren und niemanden fragen konnten. Vielleicht weiß es ja hier jemand?
Typische Schornsteinruine in West Penwith
In St Ives leitete uns das Navi durch eine kleine Straße oberhalb des Ortes, so dass wir einen schönen Panoramablick über die Stadt und den Hafen serviert bekamen. Von oben schaute man in die kleinen Gärten hinter den Häusern, die meist liebevoll gepflegt und in denen oft Palmen zu sehen waren.
Park Avenue St Ives
Palmen in den Gärten an der Park Avenue
Blick über St Ives
Weiter ging es an der Küste entlang nach Norden. Langsam wurde es auch Zeit, eine Übernachtung zu suchen. In St Merryn wurden wir fündig. Das The Ivy House sah einladend aus und war mit 65 Pfund noch erschwinglich. Das Zimmer war klein, aber gemütlich und man konnte auf einem Kissen auf der breiten Fensterbank sitzen und rausschauen.
The Ivy House
Abendessen gab es dann im nicht weit entfernten „Cornish Arms“ in Form eines schönen Bieres und etwas Knabberei aus der Picknick-Tüte. Abends noch mal ein vollwertiges Essen ist einfach zu viel, wenn man schon an das nächste Frühstück denken muss.
Zitat von FalconeAm letzten Pub Englands vorbei ging es an der Küste Cornwalls entlang nach Norden. Die Landschaft war hügelig, man hatte wieder Aussicht und die Straßen waren nicht mehr so eng. Das Fahren machte wieder Spaß. Oft kamen wir an verfallenen kleinen gemauerten Gebäuden vorbei, die einen großen, teilweise eingestürzten Schornstein hatten. Irgendwas schien hier verhüttet worden zu sein. Wir fanden aber nicht heraus, was es damit auf sich hatte, zumal wir dort auch ziemlich alleine waren und niemanden fragen konnten. Vielleicht weiß es ja hier jemand? Typische Schornsteinruine in West Penwith
Ich wusste es nicht, aber wie üblich weiß es Wikipedia. Die abgebildete Hütte gehört zur Carn Galver Tin Mine. Scheint was Bekannteres zu sein - im Netz gibt’s ’ne Menge Bilder dazu ...
Im übrigen ein (wie gewohnt) phantastischer Reisebericht ...
5. Tag, Montag, der 20.7.2009 St Merryn bis Cirencester, 377 km
Der Tag startet abermals mit einem feinen British Breakfast im The Ivy House in St Merryn
Auf der weiteren Tour kamen wir durch das Bodmin Moor, das mit seiner Flachheit schon eher meinen Vorstellungen von einem Moor entsprach. Schafe und Pferde liefen frei herum. Mittendrin ein stillgelegter Flugplatz.
Flugplatz Bodmin Moor
Zurück an die Küste fuhren wir wieder über kleine Straßen durch Hügelland bis hin nach Tintagel. Leider hatte man dort die allermeisten der wirklich alten Häuser wohl schon vor längerer Zeit abgerissen und durch neuere, touristisch orientierte ersetzt – sprich: eine Kitschbude reihte sich an die nächste. Typisch für die wirklichen alten Häuser war die noch erhaltene Poststation, deren Besichtigung aber gleich wieder Eintritt kostete. Der Ort war ziemlich gut besucht und obwohl nahezu jedes Haus einen Andenkenladen und/oder Fudge-Shop beherbergte, waren diese Geschäfte voll. Natürlich gab es nur ausgewiesene, kostenpflichtige Parkplätze, und als wir auf einen davon unsere Motorräder stellten, wurden wir durch eine alte Vettel, die sicher König Artus noch persönlich gekannt hatte, barsch darauf hingewiesen, beide Motorräder auf einen Stellplatz zu stellen und dann wollte sie aber zwei Mal abkassieren. Ich wurde etwas unfreundlich. Es nervte. Trotzdem streiften wir durch den Ort, schauten in die verschiedenen Läden mal rein und stellten fest, dass auch hier, wie schon vorher öfters bemerkt, auffällig viele Modelle, Bilder und sonstige Devotionalien rund um den alten VW-Bus T1 angeboten wurden. Diese Kisten sind absolut Kult auf der Insel. Vor dem Ort Tintagel kann man eine Ruine besichtigen, die angeblich die Burg von König Artus gewesen sein soll – Tintagel Castle. Brav marschierten die Touristen dann auch in nicht endender Schlange dort hin. Wenig reizvoll. Wir tranken stattdessen einen Kaffee, probierten etwas Fudge (Spezialität der Gegend) und besichtigten dann den persönlichen Parkplatz von König Artur sowie sein Pferd.
Fudge-Shop in Tintagel
Natürlich gab es auch Zauberer in Tintagel …
… und auch Hexen
Das alte Postamt in Tintagel (schwierig, hier ein Foto ohne Menschen davor zu machen)
Und für Pewe ein Foto vom hübschen Garten hinter dem alten Postamt – der dort scheinbar niemanden interessierte
Kaffee und zwei Stücken Fudge (das Zeug ist teuer!)
Deerhound – farblich passend zum Haus
Auf dem Weg zu König Arturs Burg wandern die Menschenmassen, also schauen wir uns …
… den Privatparkplatz von König Artur an und …
… sein edles Ross.
Nun verließen wir Cornwall wieder, denn der Wetterbericht der BBC-News, der verblüffend genau ist, kündigte an, dass von Südwesten her eine Regenfront kommen würde und dass es aber weiter im Norden inzwischen trockener ist. Dem Regen konnten wir nicht entgehen, aber wir gaben Gas, um in Richtung Nordosten Kilometer zu machen und so zu übernachten, das der Regen nachts und am kommenden Vormittag weitgehend über uns hinweg zieht und wir dann am nächsten Tag hinter ihn gelangen. Dazu wollten wir einen Teil des kommenden Tages im National Motorcycle Museum verbringen und dort den Regen abwarten. Cornwall hat uns nicht übermäßig begeistert. Sicher hat es schöne Bereiche, die uns auch gefielen, und wenn man sich mehr Zeit nimmt, wird man noch mehr nette Küstenabschnitte entdecken und schöne Orte. Aber zum Motorradfahren weitgehend eher langweilig bis stellenweise sogar nervig.
Wir fuhren also noch ein wenig an der Küste entlang bis Bude und drehten dann ab nach Osten um auf gut ausgebauten Landstraßen schneller voran zu kommen. Der nächste Halt war in Crediton, wo ich lernte, dass das Schild „to let“ nicht bedeutet, dass nur ein i rausgefallen war und man demnach dort also nicht pinkeln sollte.
Das Fehlen eines kleinen Buchstaben ergibt einen völlig anderen Sinn
So muss es richtig aussehen
Pause in Crediton, Nähe Exeter.
Weiter ging es nach Nordosten Richtung Birmingham. Wir kamen am Haynes Museum in Yeovil vorbei, aber das hatte nur noch eine knappe Stunde geöffnet und der Eintritt war nicht gerade günstig. Also haben wir nur eine kurze Pause gemacht und die Exponate im Freigelände angeschaut.
Haynes National Motor Museum
Irgendwo hinter Cirencester, ganz kurz vor Northleach, nachdem wir ein B&B für fette 90 Pfund bereits abgelehnt hatten, fanden wir hinter einer Tankstelle schon in der Dämmerung und in einsetzendem Nebel ein hübsches kleines Häuschen mit einem schönen Zimmer in einem Anbau. Man merkte wirklich, die Frau hatte ihren Spaß daran, es den Gästen schön zu machen.
Nebel zieht auf
Unser B&B-Cottage
Unser Zimmer im Anbau
Schlafen im Himmelbett mit einem Tässchen Tee
Bewacht wurde unser Schlaf von den Perlhühnern im Garten
Zitat auf dem bild hätten sich zwei wees auch gut gemacht :
Zweifellos. Das hab ich mir auch schon bei einigen Bildern gedacht. Aber das ist je seit diesem Herbst nun anders geworden Übrigens durchaus eine Konsequenz aus dieser Sommertour.
Dem steh ich zwiespältig gegenüber. Die W ist für mich ein Motorrad, das sauber geputzt ebenso schön ist wie schmutzig hässlich. Wobei eine im Regen schmutzig gefahrene W durchaus anspruchsvollere Reinigung benötigt als andere Motorräder. Was ich damit sagen will: eine W, die bei wechselhaftem Wetter quer über die Britischen Inseln gescheucht wurde, möchte ich nicht putzen müssen.
Da hast du zweifellos Recht. Aber das Putzen ist mir (uns) halt dann doch nicht so wichtig wie das Fahren. Außerdem sieht eine ungeputzte W halt immer noch viel, viel besser aus als ein sauberer Plastikbomber.
Super Reisebericht!!! Tolle Bilder, wie immer mit nem Augenzwinkern kommentiert. Da kann man schon mal das Schlafengehen völlig vergessen!!! Eine Stunde und mehrere Whiskys, nachdem ich mit dem Lesen angefangen habe, kennt meine Begeisterung keine Grenzen !!! Mehr davon!!!!
Schotte
_______________________________________________________________ Lieber ne gesunde Verdorbenheit, wie ne verdorbene Gesundheit!
Heute zwei Tage, der 6. und 7. Tag, weil der 6.Tag im Grunde völlig "abgesoffen" war und der Bericht deswegen sehr kurz ausfällt.
6. Tag, Dienstag, der 21.7.09 Nothleach bis Selby/York, 271 km
Hier noch bei den Cerealien, der Hauptgang des Breakfast kommt noch
Leider regnete es beim Aufwachen am nächsten morgen kontinuierlich, wie angekündigt. Nach dem Frühstück, zu dem wir uns Zeit ließen, gab es eine kleine Regenlücke, die wir zum Bepacken der Motorräder nutzten und dann kam es schon wieder nass von oben. Der Regen wurde auf unserem Weg nach Birmingham immer stärker. Noch 80 Kilometer bis zum Motorradmuseum zeigte das Navi an. Also los und durch. Die Straße war gut ausgebaut und so gab es keine Probleme. Die Klamotten hielten dicht. Äußerlich nass wie die Pudel kamen wir im Museum am späten Vormittag an. Unsere Klamotten konnten wir dort in einem Nebenraum zum Trocknen aufhängen und dann gaben wir uns die nächsten Stunden den über 800 ausschließlich britischen (!) Motorrädern hin. Einerseits hochinteressant, erschlägt einen die Masse andererseits jedoch förmlich. Dazu kommt, dass es keine erkennbare Ordnung gibt – weder nach Marken noch nach Epochen sind die Maschinen geordnet, gedanklich muss man also laufend hin und her springen. Lediglich die Sport- und Rennmaschinen haben eine eigene Halle. Hier besteht heftiger Verbesserungsbedarf! Nach einem Durchgang setzte sich Falconette in den Eingangsbereich und ich marschierte noch mal los. Und tatsächlich, beim zweiten Durchgang sieht man wieder Maschinen, die einem vorher gar nicht aufgefallen waren, so einige interessante Prototypen, die einfach zwischen anderen Motorrädern standen. Hier im Reisebericht werde ich jetzt keine Motorradfotos einstellen, wer will kann sich auf der Website des Museums informieren. Eventuell mache ich auch mal einen eigenen Bilderfred dazu auf.
Nach einem kleinen Imbiss in der Museumskantine hatte tatsächlich der Regen genau entsprechend Wetterbericht aufgehört und wir konnten einigermaßen trocken weiterfahren. Durch die Midlands wollten wir aber weiterhin zügig durchkommen, so dass wir wieder gut ausgebaute Landstraßen wählten. In der Nähe von York suchten wir uns eine Übernachtung. Es war schon spät, leichter Regen hatte wieder eingesetzt und so nahmen wir ein recht charakterloses Hotel einer Kette direkt an der Straße, mit 65 Euro auch durchaus preislich im Rahmen und die Zimmer regelrecht luxuriös. In dem hauseigenen, an einen Schnellimbiss erinnernden Restaurant haben wir gespeist, denn das kam den Tag über zu kurz. Die lange, kalte Fahrt über fast 300 km und die zurückgelegten Kilometer im Museum hatten hungrig gemacht. Es gab Homemade Cottage Pie, Prime Beef Mince cooked with Root Vegetables and Peas in tasty Onion Gravy, topped with creamy mash in its own individual dish and served with fresh saisonal vegetables and mashed potatoes. Bei uns heißt das gleiche Gericht Hackfleisch mit Erbsen, Karotten und Kartoffelpü.
Um gleich mal mit einem Vorurteil aufzuräumen: Mince ist weder Katzenbraten noch Pfefferminz (wie hierzulande ja immer wieder kolportiert wird), sondern schlicht und ergreifend Gehacktes.
Auf jeden Fall hat es gut geschmeckt.
The Wishing Well in Selby, Nähe York
Im Zimmer gab es sowohl Computeranschluss als auch TV, so dass wir uns über die Wettersituation gut informieren konnten (und auch über die Schweine-Flöhe) und daraufhin beschlossen, am nächsten morgen nicht an die Ost- sondern an die Westküste über die Yorkshire Dales in den Lake District zu fahren. Das schönere Wetter würden wir eher dort finden.
7. Tag, Mittwoch, der 22.7.09 Selby bis Gretna Green, 362 km
Das Frühstück im Hotel war zwar wie gewohnt viel, aber nicht so toll in der Qualität. Auf ausnahmsweise trockenen Straßen starteten wir dann auch bald. In der Nähe von Harrogate kamen wir an netten weißen Kugeln vorbei, die sich gut in der Landschaft machten. Manche Leute haben so was ja in klein und bunt im Garten.
Kugelpilze der Air Force bei Harrogate
Die weite Hügellandschaft der Yorkshire Dales hat uns gut gefallen. Gut ausgebaute aber auch schmale, jedoch immer sanft schwingende, verkehrsarme Straßen und schöner Fernblick. So macht das Fahren Spaß.
Yorkshire Dales, nicht spektakulär aber schön
An einem zum Imbiss ausgebauten Truck machten wir halt und hatten offensichtlich einen Motorradfahrertreffpunkt erwischt. Vormittags war hier zwar nix los, aber am Wochenende traf man sich hier um dann das umliegende Motorradrevier unsicher zu machen.
Imbiss-Truck in den Yorkshire Dales
Zeitungsausschnitte an der Wand zeugten von regem Motorradfahrer-Besuch
Die Ausstattung war sehr „zweckmäßig“, der Kaffee mit 60 Pence sehr günstig.
Steve war auch schon da
Über Kendal und Windermere kommend waren wir unversehens schon in den Cumbrian Mountains, besser bekannt als Lake District . In Ambleside hatten wir und kurz verfahren und gerieten nach einem Wendemanöver über einen Platz unbemerkt verkehrt herum in eine Einbahnstraße. Aber englische Autofahrer sind sehr höflich und rücksichtsvoll, hupten kurz aber machten und Platz oder hielten gar an. Unsere Kennzeichen konnten sie ja gar nicht sehen. Wie wäre das in Deutschland gewesen … In Ambleside bogen wir nach Westen an die Küste ab, hatten wir doch gehört, dass es in Ravenglass gute Fish´n´chips geben soll. Außerdem sah die Straße auf der Karte vielversprechend aus, kurvig und zwei Pässe waren erwähnt. Wobei englische Pässe eher so mit der Überquerung einer Mittelgebirgsanhöhe vergleichbar sind.
Unterwegs rasteten wir mal an einem hübschen Bachlauf und genossen die Landschaft.
Ein Bachlauf lud zur Rast an …
… einem Bauernhof ein
Blick auf die Berge und …
… genießen der ungestörten Ruhe.
Nun wand sich die Straße langsam höher und nach einem Abzweig wurde sie auch deutlich enger: wieder mal eine single track road. Interessant war dieses Schild:
Die Auffahrt auf den Wrynose Pass mit 1280 ft war dann auch teilweise recht steil, aber schön und mit tollen Ausblicken. Aber irgendwie extrem erschien uns die Auffahrt nicht. Ob 30 englische Prozent nicht dreißig deutschen Prozent entsprechen?
Blick von Wrynose Pass
Oben war dann auch auf einem Schild zu sehen, dass die eben erklommene Auffahrt „nur“ 25% gehabt hat. Schummler!
Also weiter nach Westen zum Hardknott Pass.
Abfahrt nach Westen zum Hardknott Pass, dessen Höhe man hinten schon erkennt.
Das Tal war einsam und wunderschön. Bei Cockley Beck teilte sich die Straße noch mal. Wir fuhren über die Brücke nach rechts und hatten auch schon den nächsten Aufstieg im Blick.
Nun das sah ja eher nicht so spektakulär aus, da kann man bestimmt flott ´rauf flitzen. Ich freute mich schon. Aber dann kam der Hammer. Was aus der Entfernung eher mild aussah, entpuppte sich als eine enge Straße, die auf einmal extrem steil wurde, darin Kurven, die in sich noch mal steil anstiegen und man deswegen immer einen Moment lang nicht sehen konnte, wohin man fährt. Also nix mit Weitblick auf die Straße und Planung des Kurvenradius. Mir war klar, wenn das Motorrad hier zum Stehen kommt, kann man es kaum noch halten, geschweige denn aufrichten, falls es kippen sollte. Ich rief nur ins Micro: „Henny, ersten Gang und gleichmäßig Gas. Geh nicht vom Gas bis du oben bist!“. Irgendwie haben wir es geschafft. Ich hab immer nur gedacht: „Hoffentlich kommt keiner, hoffentlich kommt keiner!“ Gegenverkehr wäre die Katastrophe gewesen, auch wenn man bergauf Vorfahrt hat. Oben hielten wir erst mal an, ziemlich blass im Gesicht. So gibt es auch leider keine Fotos oben vom Pass. Wir haben es einfach vergessen. Die Höhe des Passes ist übrigens lediglich 393 Meter. Uns graute schon vor der Abfahrt, denn die war ebenfalls so steil, dass man sie von oben kaum sah. Das vertrackte ist halt, dass nicht, wie in den Alpen üblich, die Straße in Serpentinen quer in den Berg gehauen worden war, sondern sie sich in leichten Kurven steil bergab stürzte. In zwei dieser Kurven floss auch noch ein Bach über die Straße. Es war so steil, dass ich arge Probleme hatte, die Suzuki zu halten, die Füße rutschten einfach nach vorne weg. Adrenalin pur! Aber auch Falconette schaffte es. Irgendwie. Später malten wir uns aus, was passiert, wenn eine vielleicht auch noch mit zwei Personen besetzter großer Tourer wie eine Gold Wing sich da hin verirrt. Die haben doch eigentlich keine Chance. Zu Hause in Wiki war dann zu lesen, dass der Pass mit bis zu 33% die steilste Straße in England ist und in einem Bericht wird er als „treacherous“ bezeichnet. Für wahr! Die steilste Straße der Welt in Neuseeland soll angeblich „nur“ 35% haben (Quelle Guinnes).
Aber mit der W würde ich den Pass gerne noch mal angehen.
Wahrscheinlich noch unter dem Eindruck des Erlebten verpassen wir die Abfahrt nach Ravenglass und landen in Seascale, einem Küstenort zum abgewöhnen. Zur Hässlichkeit und Langeweile kam auch noch ziemlicher Wind hinzu. In einem kleinen Laden kauften wir ein wenig ein und machten, dass wir weiter kamen.
Seascale Downtown
Weckt Sehnsucht – Pier mit Blick nach Amerika in Seascale
Weiter ging es auf kleinen Sträßchen am Nationalpark entlang nach Cockermouth und dann das Buttermere-Tal hinauf. Ein schönes Tal mit Seen, wo es selbst bei tief hängenden Wolken Spaß machte, entlang zu fahren
Buttermere-Tal
Buttermere-Tal
In Buttermere gibt es eine kleine Kneipe und B&B, vor dem auch deutsche Motorräder standen. Wir hätten hier sicher mal nach einem Zimmer gefragt, wenn es nicht noch viel zu früh gewesen wäre.
Bach am Weg zum Honister-Pass
Auffahrt zum Honister-Pass
Honister-Pass, 356 m, auch bis zu 25% Steigung, aber relativ einfach zu fahren, wenn da nicht in dem engen Tal ein sehr starker Fallwind gewesen wäre, der die Fahrt äußerst beschwerlich gestaltete. Die Motorräder wurden regelrecht gebeutelt und Falconette beschwerte sich heftig. Oben auf dem Pass machten wir auch keinen Halt, wir hatten die Schnauze voll. Das Bild ist daher ergoogelt, denn ich hab nicht mehr fotografiert.
Hier waren wir jetzt schon wieder in sehr abgelegenen Gegenden angekommen. Möglicherweise ist der Besitz eines Hubschraubers hier gar nicht so verkehrt, wenn die umliegenden Pässe im Winter oft gesperrt sind, wie zu erfahren war.
Hubschrauber für alle Fälle
Über Keswick auf kleinen Straßen nach Bothel, dort dann auf einer gut ausgebauten Straße bis Carlisle, denn es war nun schon spät geworden und wir wollten gerne die nächste Nacht in Gretna Green verbringen.
So. Das eigentliche Ziel der Reise ist erreicht! Schottland, wir sind da!
Das erste Haus in Schottland – scheinbar braucht´s das für Touristen
Das „Must“.
Und die berühmte Hochzeitsschmiede in Gretna Green
Na, da muss man doch ein Foto machen!
Hof der Schmiede in Gretna Green, jetzt abends ganz verlassen.
Falconette unter dem Hochzeitsbogen
Trotz eindeutiger Hinweise in Form zweier Skulpturen wird hier noch fleißig geheiratet.
Skulptur „verheirateter Mann“
Skulptur „verheiratete Frau“
Hier war leider schon geschlossen.
Unser B&B in Gretna Green
An der Türe des von uns ausgeguckten B&B empfing uns ein großer kräftiger Mann mit Zahnlücken und bat uns mit lauter Stimme sehr freundlich ins Haus. Zu verstehen war er kaum. Falconette war überzeugt, dass es sich um einen Türken handelt, aber es war nichts weiter als ein waschechter Schotte und er sprach „scots“. Das Zimmer war das letzte freie, klein aber gemütlich (oben rechts), denn das Haus war ausgebucht. Glück gehabt. Entgegen der üblichen Gepflogenheiten in privaten B&B wurde uns ein Abendessen angeboten. Wir nahmen gerne an. Die Motorräder kamen hinters Haus und damit wir die Koffer nicht ums Haus schleppen mussten durften wir durch den Hintereingang durch die kleine Küche, in der der Chef selber im Chaos brutzelte. Das versprach ja spannend zu werden. Er schaute sich die Motorräder genau an und stellte viele Fragen. Er habe alle Führerscheine außer für Motorrad, bedauerte er und er sei oft als Aushilfstrucker unterwegs, auch in Germany. Wo bei er Germany nicht wie „Dschöhrmeni“ aus sprach sondern eher wie „Kerchmanni“. Dann fragte er, was wir essen möchten und nannte uns die Auswahl. Viel verstanden wir nicht, aber ich hörte Haggis raus. Ah! Das musste ich doch nun endlich und unbedingt mal probieren! Er bekam leuchtende Augen, als ich mich dafür interessierte, meinte, dass es viele nicht mögen und empfahl Haggis in Whisky gebraten auf Toast mit Beilagen. Hört sich gut an. Falconette wählte Liver with Onions. Mal sehen. Zum Abendessen hatte er Wein im Haus. Wir hatten aber mehr Lust auf Bier. Dann holt euch doch welches gegenüber im Geschäft, meinte er. Drollig. Na ja, wir hatten ja sogar welches dabei. Haggis, eine gebratene Scheibe einer Wurst aus den Innereien (Herz, Leber, Lunge, Niere, verlängert mit Hafermehl und Zwiebeln) des gleichnamigen Tieres schmeckt übrigens sehr gut und ist verwand mit unserem Saumagen. So endete unser erster Abend in Schottland zur vollsten Zufriedenheit, die netteste Übernachtung bisher.