irgendwie scheint es überhaupt noch nicht Frühling werden zu wollen. Der Schnee, die Kälte und das Salz draußen, halten sich echt hartnäckig. Na gut, ist ja auch erst der 21. Januar. Deshalb noch eine Geschichte aus einer schöneren Zeit. Einer Zeit, als die Nächte noch kurz, die Tage lang, die Luft so richtig warm und die Straße schön trocken war.
Es war der Sommer 2006. Meine Freunde (BMW F 800 und BMW R 80 G/S) und ich machten eine schöne drei Tages Motorradtour durch die Alpen Richtung Gardasee.
Die Anfahrt führte gleich über das monumentale Hannttennjoch. Da ich mit meiner kleinen 500er natürlich ganz genau wusste, wo ich in der Kradhirarchie hingehöre und weil ich nicht gleich auf den ersten paar Kilometer Österreich, einen Strafzettel kassieren wollte, habe ich auf der Anfahrt durch das Namlostal, die "großen" Motorräder gleich mal überholen lassen. Und das haben die auch gleich getan. Suzuki 1200er Bandits und große, neue GSen. Auf jeden Fall war nix unter 1000cm³ dabei. Richtige Männer auf richtigen Motorrädern. Ich wollte am Pass ja niemanden im Weg stehen.
Dann endlich die ersten Kehren. Und was musste ich zu meiner großen Verwundereung bemerken? Die ganzen, also wirklich alle, die mich vorher so herrenfahrerisch überholt hatten, fuhren jetzt irgendwie plan- und konzeptlos, das straßenbauerisch wunderschön gemachte Hannttennjoch, vor mir her. Blöderweise waren sich die Herrschaften aber zu schade, meine Freunde und mich einfach vorbei zu winken. Obwohl es und theoretisch möglich gewesen wäre, ihnen in jeder Kehre das Rücklicht kaputt zu fahren.
Die haben es dann natürlich auf den kurzen Geraden zwischen den engen Kehren probiert, ihre überlegene Motorleistung auszuspielen. Aber irgendwie kommt es am Pass ja nicht unbedingt auf die Motorleistung an, sondern eben auch, auf was? Genau - auf schmale Reifen. Tja, und die hat nun mal die gute alte VT 500 sn. Hinten 120er und vorne 100er. Wie beim Fahrrad. Und so habe ich dann doch noch mit ein bisschen Courage, ordentlich Drehzahl und auf der letzten Rille vor der Kurve bremsen, die Herrenfahrer überholt.
Und in dieser Art ging es dann über die wunderschönsten und wildesten Pässe. Timmelsjoch, Penserjoch, Jaufenpass und noch welche, deren Namen mir grad nicht einfallen wollen. Das war toll, das 1000er verblasen. Ich kam mir vor wie Kenny Roberts (eine Motorradrennfahrer aus früheren Zeiten) und schaute voller Hochmut und Verachtung auf die gerade gedemütigten Big Bike Fahrer herab.
Da haben die so große, starke und moderne Motorräder und müssen die dann fast durch die Kurven schieben. Ein Wunder, daß keiner umgefallen ist. Wiso nimmt keiner denen das Motorrad, das sie offensichtlich so überfordert, einfach weg und gibt denen ne kleine Maschine, mit der sie vielleicht auch sowas wie Fahrspaß haben?
Am nächsten Tag stand der Mangenpass und das Kaiserjägersträßchen auf dem Plan. Um durch die Kehren zu kommen, muß man fast rangieren. Am Fuße des Manghenpasses hörte ich schon aus der Ferne sattes 4-Zylinder-gebrumme. Na ja, die wird man oben am Pass beim Gipfelfoto vielleicht vorbeischleichen sehen. Und flott gings weiter den Manghenpass hoch. Ein paar Kehren später hatte ich schon den ersten rückspiegelfüllenden Scheinwerfer im Rückspiegel. Und bevor ich zwei Gänge runterschalten konnte, um dem mal ordentlich davon zu fahren, war er auch schon an mir vorbei. Eine Honda CB 1300 mit Sozia hintendrauf! Kaum hatte ich einmal geschluckt, waren auch seine Freunde, Suzuki Bandit 1200, Yamaha XJ 1300 und noch mal ne 1300er Honda (lauter fette, schwere Motorräder) auch schon an mir vorbei. Aber hoppala!
Na ja, hinterherfahren und sie ordenlich durch die Kehren jagen macht ja auch viel mehr Spaß, als vornedrauß gejagt zu werden. Genau!! Aber glaubt mir - nach zwei Kehren waren die einfach weg. Und wer den Mangehnpass kennt, weiß was es bedeutet, da so richtig schnell zu fahren. Kehren zum rangieren im ersten Gang, und zwischen den Kehren keine 30 Meter gerade. Die Fahrbahn so schmal und am Rand ein Abhang, aus dem einem der Tod kalt entgegen grinst.
Meine Motorradhirarchie und mein Weltbild vom richtigen Motorradfahrer war wieder zurecht gerückt. Endlich, nach hunderten von Kilometern durch die Alpen habe ich Motorradfahrer getroffen, die es verstanden, ihr Motorrad artgerecht zu bewegen. Und mich von meinem, zugegeben erst einen Tag alten Größenwahn, wieder auf den harten Boden der Tatsachen zu holen.
Wir sind dann noch hunderte Kilometer völlig entspannt durch die Alpen gecruist. Wir wussten, dass wir gut sind, aber es gibt auch noch welche, die mit dem richtigen Motorrad auch fahren könne. Und so muß es auch sein.
Für mich habe ich folgedes gelernt: erstmal nicht ehrfürchtig Platz machen, wenn man einen im Rückspiegel erblickt. Kann er fahren, kommt er auch an mir vorbei.
Zitat Für mich habe ich folgedes gelernt: erstmal nicht ehrfürchtig Platz machen, wenn man einen im Rückspiegel erblickt. Kann er fahren, kommt er auch an mir vorbei.
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. Der Schnee, die Kälte und das Salz draußen, halten sich echt hartnäckig. Na gut, ist ja auch erst der 21. Januar. Deshalb noch eine Geschichte aus einer schöneren Zeit. Einer Zeit, als die Nächte noch kurz, die Tage lang, die Luft so richtig warm und die Straße schön trocken war. 
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