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 W650/W800 Technik Bereich
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Serpel Offline




Beiträge: 47.403

28.11.2009 10:18
#31 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Ja, Wännä, sind das nun die richtigen Kurven, oder möchtest Du mich nicht enttäuschen und sagst deswegen nix?

Egal. Fassen wir mal zusammen:

Einzylinder und (echter) Paralleltwin besitzen Massenkräfte 1. und 2. Ordnung, für realistische Schubstangenverhältnisse nahezu keine Massenkräfte höherer Ordnung und prinzipiell keine Massenmomente. Massenkräfte 1. Ordnung schwingen mit KW-Frequenz, Massenkräfte 2. Ordnung mit doppelter KW-Frequenz.

Das Verhältnis der Schwingungsamplituden von Massenkraft 1. und 2. Ordnung ist (erstaunlicherweise) gerade das Schubstangenverhältnis. (Für SV=3.4 z. B. ist die 1. Ordnung genau 3.4 mal so stark ausgeprägt wie die 2. Ordnung, und für seehr lange Pleuel verschwindet die 2. Ordnung.)

Die Massenkräfte 1. Ordnung können durch den Einbau einer AW vollständig eliminiert werden, falls diese gegensinnig zur KW und mit gleicher Drehzahl wie diese rotiert. Dabei sorgt die KW durch Überwuchten (als de facto zweite AW) auch dafür, dass Horizontalschwingungen vermieden werden können. Dies ist genau dann der Fall, wenn KW und AW jeweils 50% der durch die oszillierenden Massen verursachten Unwucht ausgleichen.
Massenkräfte 2. Ordnung werden dabei nicht beeinflusst (bleiben also unverändert hoch).

Durch die Verwendung von nur einer AW entsteht jedoch ein Massenmoment (1. Ordnung), dessen Amplitude proportional zum Abstand von AW zu KW ist, so dass die AW also möglichst nah bei der KW eingebaut werden sollte.

(Fortsetzung folgt)

Serpel Offline




Beiträge: 47.403

28.11.2009 23:04
#32 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Möchte man dieses Massenmoment vermeiden, so werden zwei AW benötigt. Und zwar wird die eine AW im Prinzip "halbiert" und die KW zwischen die beiden "Hälften" genommen. Beide Hälften übernehmen dann jeweils 25% des Ausgleichs für die oszillierenden Massen, und die Überwuchtung der KW nach wie vor die anderen 50%. Beide AW drehen natürlich gleichsinnig, aber immer noch gegensinnig zur KW. Durch diese Anordnung entstehen zwei Massenmomente, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig neutralisieren, also nach außen nicht in Erscheinung treten.

Mit zwei AW bekommt man jedoch noch eine andere Möglichkeit, die Massenkräfte 1. Ordnung zu eliminieren, ohne sich dabei Massenmomente einzuhandeln. Dazu wird die KW nicht überwuchtet sondern nur regulär ausgewuchtet, so dass die Hüpfschwingung der oszillierenden Massen nicht durch die KW beeinflusst wird. Eine solche Schwingung kann zwar nicht mit einer Welle ausgeglichen (sondern nur deformiert) werden - wie wir gesehen haben -, mit zwei AW jedoch ist das gar kein Problem:

Werden diese zueinander gegenläufig aber gleichphasig installiert, so produzieren sie genau den gleichen translatorischen Schwingungstyp wie die oszillierenden Massen. Bei entsprechender Unwucht der AW (jew. 50%) und gegenphasiger (bzgl. des Kolbens) und zur Zylinderachse symmetrischer Einbaulage werden die freien Massenkräfte 1. Ordnung damit ebenfalls zu 100% "gelöscht", ohne irgendwelche Massenmomente entstehen zu lassen.

Nach genau demselben Prinzip (mit zwei zueinander gegenläufigen AW) können aber auch die Massenkräfte 2. Ordnung eliminiert werden. Einzige Änderung: die AW müssen dazu mit doppelter KW-Frequenz drehen. Sonst bleibt alles bei der zuletzt beschriebenen Situation.

Man stelle sich vor: Um einem Einzylinder sämtliche Massenkräfte abzugewöhnen ohne sich irgendwelche Massenmomente einzuhandeln sind zwei Paare von AW nötig.
Die einen drehen mit KW-Drehzahl, die anderen doppelt so schnell. Dann ist aber wirklich Ruhe ...

... oder man installiert stattdessen einen Wippschwengel à la BMW F 800, der eliminiert nämlich gleichzeitig die Massenkräfte beider Ordnungen, weil er selbst ja auch ein Schubkurbelgetriebe darstellt.

Serpels Weltformel: 1 BMW-Wippschwengel = 4 herkömmliche Ausgleichswellen

(Fortsetzung folgt)

Wännä Offline




Beiträge: 17.488

29.11.2009 09:59
#33 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Moin Serpel,

ich habe zu Deiner letzten Aussage ganz erhebliche Zweifel - ist aber nur so ein Gefühl aus dem Bauch heraus. Als Mathematiker tauge ich nicht so viel.

Beim Vierzylinder lassen sich mit den beiden Ausgleichswellen die (bleiben wir mal ruhig bei dem ulkigen Namen) Hüpfschwingungen des Kurbeltriebes im gewissen Grade kompensieren bzw. "vermitteln", weil bei jeder halben Umdrehung zwei Kolben im oberen Totpunkt stärkeren Beschleunigungen ausgesetzt sind, als die beiden Partner im unteren Totpunkt. Drehen sich nun zwei leichte Ausgleichswellen mit der doppelten Drehzahl, so können sie - richtig angeordnet und dimensioniert - genau diesem Hüpfpunkt entgegenwirken. Aber schon eine Viertelumdrehung der KW wird es haarig. Dann sind die beiden kleinen Ausgleichswellen (ich sag mal: Ausgleichswellen zweiter Ordnung) mit ihren Unwuchten nach oben gerichtet und erzeugen ihrerseits eine Hüpfschwingung, die meiner Ansicht nach nicht von dem Kurbeltrieb des Vierzylinders in dieser Phase ausgeglichen werden kann. Ich sehe in dem Schubstangenantrieb einfach keinen doppeltfrequentigen Sinus, lasse mich aber gerne von Dir belehren.

So wirken aus meiner Sicht die beiden Wellen zweiter Ordnung auch nur durchschnittlich kompensatorisch und nicht geometrisch korrekt. Es gab früher (80er Jahre) mal einen Japaner, ich denke es war ein Nissan, weiß es aber nicht mehr, bei dem sie die beiden Wellen heftig beworben haben. Der Nachbar eines Klassenkameraden meines Bruders hatte so ein Auto und schwärmte davon. Du rätst nicht, was dieser Mann von Beruf war: Physiker . Es gab keine Vergleich MIT/OHNE. Man hätte sich mal die Arbeit machen sollen, und beide Wellen ausbauen. Gefahren bin ich in diesem Auto nie. Ich stelle mir vor, die Vibrationen sind etwa so, wie bei einem "unverdrehten" V8 der italienischen Rennpferd-Wagenschmiede mit dem gewerkschaftlich angehauchten Namen.

- - - - -

Nun aber zum Einzylinder oder Zweizylinder-Parralleltwin: Dort gibt es die Hüpfschwingungen jede halbe Umdrehung nicht. Ich überlagere also mit zwei zusätzlichen Wellen eine doppeltfrequentige Sinusschwingung, die sich aus dem Kurbeltrieb nicht ableitet. Auf welchen Wert soll ich da auswuchten ?? Wenn ich die Kräfte im oberen Totpunkt genau überlagere, habe ich im unteren Totpunkt das Problem, daß alle fünf Wellen mit ihren Gewichten nach oben zeigen, während der Kolben gerade durch seine Beschleunigungs"delle" durchgeht.


Ich muß ehrlicherweise sagen, daß ich Deine tollen Diagramme nicht so lesen kann, wie Du vielleicht glaubst. Ich halte es für dringend geraten, daß ich mich mal auf den langen Weg in die Schweiz mache und gründlich darüber aufgeklärt werde. Vielleicht können wir in dem Zuge ja noch eine Ausgleichswelle für einen Dreizylinder erschaffen. Ich werde den Motor mal zur Anschauung mitbringen .


Enttäuscht war ich damals bei Deinen ersten Beiträgen über die Unwucht eines V-Motors. Immerhin bin ich immer noch an meinem Kellerkind am basteln und hätte darüber gern noch mehr gewußt. Logisch erscheint mir, daß der V ähnliche Schwingungsstärken erzeugt, wie ein Vierzylinder, weil eben die Sinuslinie des Kolbenweges so verbogen ist, daß die Kurbelwelle allein die Schwingungen nicht ausgleichen kann. Ich habe aber noch nie von einem V mit Ausgleichswelle gehört. Vielleicht gibt es sowas? (Doch, halt! Der Ford 12 m mit seinem halben V8 hatte sowas !!)

Jedenfalls soll in meinem V-Motor eine Welle unterhalb der Kurbelwelle gegenläufig drehen, die sowohl die Einpritzanlage, als auch die zahlreichen Ölpumpen antreibt, bzw. darstellt. Diese Welle könnte ich sehr einfach mit Unwucht vesehen und den V4 damit vielleicht noch etwas ruhiger machen.


Sodele, ein interessanter Beitrag für den Sonntag-Vormittag. Einfach herrlich dieses Forum . Danke Serpel


Gruß

Wännä

Serpel Offline




Beiträge: 47.403

29.11.2009 13:07
#34 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Ich gehe Deinen Beitrag Punkt für Punkt durch, Wännä.

In Antwort auf:
ich habe zu Deiner letzten Aussage ganz erhebliche Zweifel - ist aber nur so ein Gefühl aus dem Bauch heraus.

Das liegt vermutlich daran, dass Du Dir nicht vorstellen kannst, wie die reale Beschleunigungskurve eines Schubkurbelgetriebes durch Überlagerung von nur zwei reinen Sinus/Kosinus-Schwingungen entsteht:

In Antwort auf:
Ich sehe in dem Schubstangenantrieb einfach keinen doppeltfrequentigen Sinus, lasse mich aber gerne von Dir belehren.

In Antwort auf:
Ich überlagere also mit zwei zusätzlichen Wellen eine doppeltfrequentige Sinusschwingung, die sich aus dem Kurbeltrieb nicht ableitet.

Mathematisch ist das aber tatsächlich der Fall. Wie wir auf Seite 1 dieses Freds bereits gesehen haben, stimmt die unten gezeichnete violette (Näherungs-)Kurve mit der exakten Kurve für die Beschleunigung der oszillierenden Massen seehr genau überein (jedenfalls für realistische Schubstangenverhältnisse und insbesondere für SV=3.4, so wie hier). Diese violette Kurve geht aber prinzipiell durch (additive) Überlagerung von zwei reinen Kosinus-Schwingungen hervor, wovon die rote gegenüber der blauen stets die doppelte Frequenz aufweist. Für SV=3.4 sieht das so aus:



Somit ist klar: Die Beschleunigungskurve der oszillierenden Masse eines Schubkurbelgetriebes besitzt nur die Grundfrequenz und die erste Oktave als "Oberton", jedoch keine weiteren (nachweisbaren) Oberschwingungen.

Das ist der zentrale Punkt der ganzen Geschichte und beantwortet nun Deine weiteren Fragen:

In Antwort auf:
So wirken aus meiner Sicht die beiden Wellen zweiter Ordnung auch nur durchschnittlich kompensatorisch und nicht geometrisch korrekt.

Sie wirken eben doch geometrisch korrekt. Mit KW-Frequenz drehende AW kompensieren die blaue Kurve, und doppelt so schnell drehende AW die rote. Und zwar unabhängig voneinander und jeweils vollständig - nicht näherungsweise.

In Antwort auf:
Nun aber zum Einzylinder oder Zweizylinder-Parralleltwin: Dort gibt es die Hüpfschwingungen jede halbe Umdrehung nicht. Ich überlagere also mit zwei zusätzlichen Wellen eine doppeltfrequentige Sinusschwingung, die sich aus dem Kurbeltrieb nicht ableitet. Auf welchen Wert soll ich da auswuchten ?? Wenn ich die Kräfte im oberen Totpunkt genau überlagere, habe ich im unteren Totpunkt das Problem, daß alle fünf Wellen mit ihren Gewichten nach oben zeigen, während der Kolben gerade durch seine Beschleunigungs"delle" durchgeht.

Auch und gerade hier gibt es die doppelfrequenten Hüpfschwingungen (rote Kurve). Die Unwucht der langsam drehenden AW richtet sich ausschließlich nach der blauen Kurve, die der schnell drehenden ausschließlich nach der roten. Im oberen Totpunkt weisen die Gewichte aller AW nach unten, im unteren Totpunkt weisen nur die Gewichte der langsamen AW nach oben, die der schnellen bereits wieder nach unten.

(Fortsetzung folgt)

Serpel Offline




Beiträge: 47.403

29.11.2009 14:23
#35 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

In Antwort auf:
Enttäuscht war ich damals bei Deinen ersten Beiträgen über die Unwucht eines V-Motors. Immerhin bin ich immer noch an meinem Kellerkind am basteln und hätte darüber gern noch mehr gewußt. Logisch erscheint mir, daß der V ähnliche Schwingungsstärken erzeugt, wie ein Vierzylinder, weil eben die Sinuslinie des Kolbenweges so verbogen ist, daß die Kurbelwelle allein die Schwingungen nicht ausgleichen kann.

Das ist nun eine andere Baustelle mit exakt dem gleichen Hintergrund. Durch die Erweiterung des Problems ins Zweidimensionale wird zwar die Mathematik etwas aufwändiger, das Ergebnis jedoch bleibt im Prinzip das gleiche. Die "Unwucht" - das sind jedenfalls die Massenkräfte 2. Ordnung, so viel gleich mal vorneweg!

Bei der Darstellung des tatsächlichen Massenkraftverlaufs des 90°-V2 (wieder violett) hab ich der einfacheren Formeln wegen den Motor um 45° im Uhrzeigersinn gekippt und anschließend einfach das Bild wieder zurückgedreht:



Die beiden V-förmig zueinander laufenden Kolben (einer auf der x-Achse, der andere auf der y-Achse) produzieren natürlich wieder Massenkräfte ausschließlich 1. und 2. Ordnung. Da die (blaue) Kurve, die die 1. Ordnung darstellt, ein Kreis ist und mit KW-Orientierung durchlaufen wird, kann sie durch einen entsprechend überhöhten Wuchtgrad der KW vollständig ausgeglichen werden. Das also ist der große Pluspunkt des 90°-V2, denn ein (echter) Paralleltwin kann das ja nicht!

Die freien Massenkräfte 2. Ordnung (rot), die den Motor unter dem Tank mit doppelter KW-Frequenz horizontal nach links und rechts ausschwingen lassen, können aber auch beim V2 nicht durch entsprechen Wuchtgrad der KW ausgeglichen werden. Wollte man diese Massenkräfte ebenfalls eliminieren, bräuchte es wieder extra Vorkehrungen wie z. B. ein mit doppelter KW-Frequenz gegenläufig zueinander rotierendes AW-Paar.

Massenmomente besitzt ein (echter) 90°-V2 wegen des vernachlässigbar geringen Abstands der beiden Pleuelaugen auf dem gemeinsamen Hubzapfen kaum (ein weiterer Vorteil dieses Motoren-Layouts).

In Antwort auf:
Ich muß ehrlicherweise sagen, daß ich Deine tollen Diagramme nicht so lesen kann, wie Du vielleicht glaubst. Ich halte es für dringend geraten, daß ich mich mal auf den langen Weg in die Schweiz mache und gründlich darüber aufgeklärt werde. Vielleicht können wir in dem Zuge ja noch eine Ausgleichswelle für einen Dreizylinder erschaffen. Ich werde den Motor mal zur Anschauung mitbringen.

Ich würde mich sehr geehrt fühlen und mich auch sehr freuen.

(Fortsetzung folgt)

Wännä Offline




Beiträge: 17.488

29.11.2009 16:24
#36 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

In Antwort auf:
habe ich im unteren Totpunkt das Problem, daß alle fünf Wellen mit ihren Gewichten nach oben zeigen, während der Kolben gerade durch seine Beschleunigungs"delle" durchgeht.


Hallo Serpel,

das war jetzt allerdings ein ganz blöder von mir . Ich hätt vielleicht den Elsässer gestern abend im Kühlschrank stehen lassen sollen - oder besser noch im Regal.

Durch die doppelte Drehzahl zeigen klarerweise die Gewichte der Ausgleichsausgleichswellen nicht nach oben, sondern nach unten => und kompensieren damit die Delle in der Kolbenbeschleunigung.

Nun ist mir auch die doppelte Frequenz völlig klar: das hin- und hergehend Pleuel erzeugt mit der doppelten Frequenz eine überlagerte Hubbewegung des Kolbens. Was ich noch nicht klar habe, Dir aber gerne glauben möchte, ist, daß die Übertragung dieser Bewegung durch das schräg anlenkende Pleuel auch wirklich einfach nur den Cosinus überträgt. Vom Verständnis her müßte das doch irgendwann schiefgehen, weil doch beim Schubstangenverhältnis 1:1 die Beschleunigung am unteren Ende gegen unendlich geht. Also wie gesagt: so ganz habe ich es noch nicht.

Werde gleich beim Küchenwandspachteln darüber nachdenken. Vielleicht ergeben sich ja auch aus der Geometrie meiner Arme mit Ellbogengelenk als Pleuellager neue Erkenntnisse. Ich muß nämlich fleißig den Spachtel hin- und herschieben - und das ganz ohne Massenausgleich

Wenn das aber stimmt mit der exakten Kompensation, bekommen ich nun auch eine Ahnung davon, warum ab einer bestimmten Zylinderzahl plötzlich alle Schwingungen ausgeglichen sind und nicht allmählich.


Also bauen wir den ultimativen Einzylinder: mit 4 Ausgleichswellen und Gegenlaufschwungmasse zur Kompensation des Ungleichförmigkeitsgrades. Wir blicken also mit Kurbelwelle auf insgesamt 6 Wellen !!!! Für den, wers mag, vielleicht noch ne Königswelle gratis hinzu, dann haben wir mehr Zahnräder für den Motor, als für das Getriebe

Dann brauchen wir natürlich noch Gegennocken, die die Massenkräfte der zu öffnenden Ventile kompensieren. Das stell ich mir technisch sehr einfach vor. Wird nur schwierig, den Kunden diese "Hütchen" zu verkaufen, die aus dem Zylinderkopf rausschauen.

Und für (bzw. gegen) die Geräusche des gesammelten Räderwerks brauchen wir logischerweise noch eine kräftige, digital gesteuerte Antischall-Anlage. Mit etwas Glück wird man noch erkennen können, daß es sich um einen Einzylinder handelt.


Gruß

Wännä

(wegen Besuch schreib ich mal ne PM)

Serpel Offline




Beiträge: 47.403

29.11.2009 20:50
#37 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Zu Deinem Einwand, Wännä:

In Antwort auf:
Nun ist mir auch die doppelte Frequenz völlig klar: das hin- und hergehend Pleuel erzeugt mit der doppelten Frequenz eine überlagerte Hubbewegung des Kolbens. Was ich noch nicht klar habe, Dir aber gerne glauben möchte, ist, daß die Übertragung dieser Bewegung durch das schräg anlenkende Pleuel auch wirklich einfach nur den Cosinus überträgt. Vom Verständnis her müßte das doch irgendwann schiefgehen, weil doch beim Schubstangenverhältnis 1:1 die Beschleunigung am unteren Ende gegen unendlich geht. Also wie gesagt: so ganz habe ich es noch nicht.

Es gibt keine einfache geometrische Überlegung, die das klären könnte. Wie bereits geschrieben, handelt es sich um eine Näherung, die für realistische Schubstangenverhältnisse sehr gute Werte liefert. Die Näherung beruht dabei auf einer einfachen Taylor-Entwicklung (nicht Fourier, wie ich zuerst geschrieben habe).

Die wesentlichen Schritte dazu der Reihe nach:

Zunächst hab ich mal (mit einem primitiven Malprogramm aus dem Netz) ein Schubkurbelgetriebe symbolisch dargestellt. Dabei bezeichnen µ den KW-Drehwinkel, r die KW-Kröpfung, p die Pleuellänge, g den "Hub 1. Ordnung", h den "Hub 2. Ordnung" und q die "Höhe" in diesem Dreieck.



Offensichtlich gelten: g = r cos(µ), q = r sin(µ) und daher

h = sqrt(p^2 - q^2) = sqrt(p^2 - r^2*sin(µ)^2)

Die Idee ist nun, diese Funktion geeignet nach Taylor zu entwickeln. Da sin(µ)^2 nur Werte von 0 bis 1 annehmen kann, ist es sicher nicht verkehrt, diesen Term (z. B. durch x) zu substituieren und die Entwicklung an der Stelle x=0 vorzunehmen.

Tun wir dies, so erhalten wir der Reihe nach

h(x) = sqrt(p^2 - r^2*x),

h(0) = p,

h'(x)=-0.5 r^2 / sqrt(p^2 - r^2*x)

und h'(0) = -0.5 r^2/p.

Somit liefert Taylor

h(x) = h(0) + h'(0)*x = p - 0.5r^2/p*x + Glieder höherer Ordnung (die aber fast Null sind und daher vernachlässigt werden können)

Unter Berücksichtigung der Additionstheoreme für den doppelten Winkel (sin(µ)^2 = (1-cos(2µ))/2) erhält man schließlich durch Rücksubstitution in sehr guter Näherung

h(µ) = p - r^2/(4p)*(1-cos(2µ))

Bezeichnet nun ß = p/r das Schubstangenverhältnis und w die Winkelgeschwindigkeit der KW, so ist µ = w*t, und wir erhalten daraus wiederum durch zweimaliges Ableiten nach der Zeit t die Beschleunigung 2. Ordnung zu

a_2(t) = h''(t) = -rw^2/ß * cos(2wt)

Die Beschleunigung 1. Ordnung ist dagegen sehr schnell berechnet:

a_1(t) = g''(t) = -rw^2 * cos(wt)

Somit ist die gesamte Massenkraft der oszillierenden Massen beim Schubkurbelgetriebe in sehr guter Näherung proportional zu

f(t) = cos(wt) + 1/ß*cos(2wt),

einer (additiven) Überlagerung aus zwei reinen Kosinus-Schwingungen mit Frequenzverhältnis 1 : 2 und Amplitudenverhältnis ß also!

Viel Spaß beim Nachvollziehen!

Gruß
Serpel

Soulie Offline




Beiträge: 29.428

29.11.2009 22:09
#38 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Na, da waren aber deine Kurven wewsentlich schöner, lieber Serpel!
Das ist mir jetzt zu linear / eckig!

Ciao!
Soulie

Wännä Offline




Beiträge: 17.488

29.11.2009 22:34
#39 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

In Antwort auf:
Glieder höherer Ordnung (die aber fast Null sind und daher vernachlässigt werden können)


Jaja, die Glieder höherer Ordnung.

Komisch, Serpel, ich saß gerade auf dem einzigen Sitz im kleinsten Raum des Hauses und denk noch mal so vor mich hin, da kommt mir in den Sinn, daß die Sinuskurve als Taylor-Reihe ja ziemlich einfach aussieht und daß die Gleichung des rechtwinkeligen Dreiecks dort sich evtl. harmonisch einfügt (wobei eben die Glieder höherer Ordnung nur ein wenig weiter weggeschoben werden)

Tja, denke ich, vielleicht steckt sowas dahinter. Zu dumm auch, daß ich nur ein höchstens durchschnittlicher Mathematiker bin. Und dann gehe ich an den Rechner und lese Deinen Beitrag. Könnte Gedankenübertragung gewesen sein ?? Allerdings nicht mit Lichtgeschwindigkeit, weil ca. eine Stunde dazwischen liegt.

Somit haben wir also doch nur eine Näherung, aber immerhin. Auf zu neuen Taten! Wo ist der fünfwellige Einzylinder?

BTW: Hast Du Dir mal einen Gegenkolbenmotor Schwingungstechnisch betrachtet?

Und dann noch was. Ist Dir der "Kurbelschlaufenmotor" ein Begriff? Wenn nicht, gib dieses Wort mal in Google. Nicht uninteressant, das ganze, wenn auch aus meiner Sicht nicht zukunftsfähig.


Gruß

Wännä

w-paolo Offline




Beiträge: 25.138

29.11.2009 23:11
#40 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Mann Serpel, DAS sind doch keine Kurven mehr............................................................................

Paule.

Es gibt nur einen Jahrhundert-Reifen !

Serpel Offline




Beiträge: 47.403

29.11.2009 23:15
#41 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Lieber Wännä,

jetzt verunsicherst Du mich aber ein wenig. Davon abgesehen, dass ich bereits auf Seite 1 ausdrücklich von einer Näherung geschrieben habe, besitzt diese Näherung nur Vorteile, keinen einzigen Nachteil:

1. Sie ist im Rahmen der Messgenauigkeit nicht von der exakten Formel zu unterscheiden.

2. Sie ist etwa um den Faktor 1000 kürzer, kleiner und handlicher als das Originalmonster.

3. Sie lässt die geniale Interpretation der Überlagerung von Grund- und Oberschwingung mit doppelter Frequenz zu.

4. Sie zeigt eindrücklich, dass bei realistischen Schubkurbeltrieben keine messbaren Massenkräfte 3. und höherer Ordnung auftreten.

5. Sie klärt gleichzeitig, dass das Amplituden-Verhältnis von Grund- zu Oberschwingung dem Schubstangenverhältnis entspricht.

Ferner möchte ich festgehalten haben:

6. Nicht der Sinus wird in eine Taylorreihe entwickelt (wie oben ausgeführt). Das war gerade die Schwierigkeit, die mich längere Zeit aufgehalten hat.

7. Mir kommen auf diesen unbequemen, brettharten Sitzen mit den Löchern in der Mitte auch immer die besten Ideen.

Lieben Gruß, Serpel

Wännä Offline




Beiträge: 17.488

30.11.2009 12:15
#42 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

In Antwort auf:
6. Nicht der Sinus wird in eine Taylorreihe entwickelt (wie oben ausgeführt). Das war gerade die Schwierigkeit, die mich längere Zeit aufgehalten hat.


Nein,

so war das auch nicht gemeint. Für mich ist Sinus halt alles, was irgendwie rumschwingt. Mein Klavier macht auch keine Sinus-töne, trotzdem nehm ich das Wort. Und der Cosinus ist für mich nur ein verschobener Sinus. Reihenentwicklung beherrsche ich gar nicht, ich hätte Dich darum gebeten.

Der Gedanke war, die Weg/Weg-Funktion des Hubs zweiter Ordnung zu bilden, also rechtwinkliges Dreieck a²+b²=c² so aufzulösen, daß die Querbewegung des Pleuellagers den einen Schenkel bildet, das Pleuel die Hüpfotinuse und die Pleuellänge minus dem anderen Schenkel eben unsere gesuchte Weg-Zeit Funktion. Das ganze dann durch Serpels Hirn gedreht und ne Reihe draus gemacht - so dachte ich mir das.

Was ich nicht verstehe, ist . . . . halt, jetzt hab ichs grad kapiert


Gruß

Wännä

Wännä Offline




Beiträge: 17.488

30.11.2009 18:14
#43 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Hallo Serpel,

nochmal ich.

Du bist ein absoluter Schatz

Seit Deinen Ausführungen sehe ich nicht nur die Motoren, nein, mein ganzes Leben mit anderen Augen.

Überall sehe ich nur noch rotierende Ausgleichswellen zweiter Ordnung - freilich müßten diese ja ganz schön auf Drehzahlen kommen, mal so eben 15.000/min oder so . . . was hängen wir da noch dran, damit es noch einem anderen Zweck dienen kann? Vielleicht ein Ladegebläse, das würde passen von der Drehzahl her.

- - - -

Aber nun mußt Du mir doch noch mal helfen im Verständnis: ich will jetzt gedanklich den V-Motor entrappeln. Dazu bräuchte ich ja dann 4 Wellen der höheren Ordnung, die sich paarweise gegensinnig drehen und somit insgesamt wieder eine vollständige Unwucht bilden (Du merkst schon, worauf ich hinaus will? ) . Somit müßte doch mit einer einzigen, entsprechend 45° gedrehten Welle Ruhe sein im Karton - right ? Oder kapitaler Gedankenfehler

Freilich müßten es dann doch wieder zwei werden, weil sie hinter und vor der Kurbelwelle - i.e. in der Achsflucht sein müßten, damit es genau stimmt. Aber das kann man vielleicht vermitteln.

Sag was dazu . . . . Gott der Kolbendynamik!


Gruß

Wännä

(dessen Leben seit heute eine andere Bahn nimmt )

Falcone Offline




Beiträge: 112.565

30.11.2009 18:38
#44 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

Sehr spannend, auch wenn ich spätestens bei den Formeln nicht mehr folgen kann.

Aber wenn ich mir vorstelle, Guzzi hätte den V-Motor "entrappelt, dann hätte ich keinen Guzzi, ganz gewiss nicht.
Die hohe Kunst des Motorradmotenbaus ist es wohl, dass der Motor noch Lebensäußerungen hat, ohne lästig zu werden.
Bei der W ist das gelungen, bei der Triumph gefällt es mir nicht, bei der BMW (Twin) auch nicht.

Bin gespannt, worauf Serpel nun noch hinaus will.

Grüße
Falcone

scm Offline



Beiträge: 56

30.11.2009 20:34
#45 RE: Massenausgleich im Kurbeltrieb/Ausgleichswellen Antworten

@ Wännä:

Wenn du erlaubst helf ich mal dem Serpel, der hier ja schon viel Arbeit investiert hat:
Bei einem (90°) V2-Motor mit optimalem Wuchtfaktor (d.h. das Gegengewicht an der Kurbel-
welle gleicht nicht nur die rotierenden Massen aus sondern auch jeweils 50% der oszil-
lierenden) verläuft der Vektor der freien Massenkräfte zweiter Ordnung auf einer
Geraden, die senkrecht zur Winkelhalbierenden der Zylinder verläuft. Ihre Amplitude ist
Wurzel 2 mal so groß wie die eines einzelnen Zylinders.
Ausgleichen könnte man sie mit zwei entgegengesetzt mit doppelter Kurbelwellendrehzahl
laufenden Ausgleichswellen, die man, um keine zusätzlichen Momente 2. Ordnung zu erzeugen,
in jeweils gleichem Abstand von der Kurbelwelle auf der Zylinderwinkelhalbierenden anord-
nen kann (d.h. eine im V, eine darunter). Vier Wellen gingen natürlich auch, würden aber
keinen weiteren Vorteil bringen, eine würde nicht wirklich helfen, sondern könnte höchstens
den auf einer Geraden verlaufenden Vektor auf eine Kreisbahn umlenken.

Viele Grüße
Sven

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