Zitat Siebzig Jahre später, in unserer relativen Freiheit und weitgehenden Sicherheit kann man dies ziemlich billig und bequem tun!
recht hast! auf der ganzen linie! den vorwurf haette man allen beteiligten schon viel frueher machen sollen, als es noch nicht so bequem war. hat aber keiner gemacht, drum muessen wir es halt jetzt machen. und wenn die unternehmen alle irgendwie in die ruestung verstrickt waren, dann ist es doch sicher kein fehler, genau hinzuschauen, wie sie zu ruestungsbetrieben geworden sind. du selbst lieferst ja gute argumente dafuer: sind sie wie die junkerswerke vielleicht gar gegen den willen des firmengruenders in die kriegsvorbereitung eingebunden worden? oder haben sie in den unmtrieben der nazis ihre chance fuer gewinnmaximierung gesehen so wie die daimlerei, die sich schon lang vor 39 beim fuehrer hoechstpersoenlich bitterst darueber beschwert hat, dass die konkurrenz von general motors den zuschlag fuer die motorisierung der ss bekommen hat? hat der betrieb sich nach dem ende der 1000 jahre offen und kritisch mit der eigenen vergangenheit auseinandergesetzt? oder verschanzt er sich bis heute hinter den argumenten, die auch du hier ins feld fuehrst ("warn doch schliesslich alle irgendwie beteiligt damals. und ausserdem muss doch jetz ma ruhe sein, 70 jahre nachem krieg!") nee. ruhe is nich, bis die nicht alle die karten auf den tisch gelegt haben und ihrer eigenen vergangenheit ins auge geschaut haben. in der wirtschaft nicht, in der politik nicht, in der gesellschaft nicht. denn mit dem verdraengen und dem vergessen beginnt die geschichtsklitterung, siehe mein gastland japan, wo politik und erziehung das land fast ausnahmslos als opfer des 2. weltkriegs praesentieren und meine schaeflein nicht die geringste ahnung von der vergangenheit ihres landes haben und sich gar furchtbar wundern, warum sie in den nachbarlaendern asiens nicht wohlgelitten sind.
Zitat von manx minx im Beitrag #79... oder verschanzt er sich bis heute hinter den argumenten, die auch du hier ins feld fuehrst ("waren doch schliesslich alle irgendwie beteiligt damals."
Dazu brauche ich nur das Beispiel meines Großvaters zu nehmen, der ein Elektro-Installationsgeschäft betrieb. Nachdem auch der letzte Geselle für den Wahnsinn seine Knochen hinhalten musste, wurden ihm zur Weiterführung seines kleinen Unternehmens zwei Zwangsarbeiter zugewiesen, ein 14jähriger(!) Pole und wenig später noch ein russischer Kriegsgefangener.
"Was soll ich denn mit denen?" (Die beiden waren der deutschen Sprache kaum bzw. gar nicht mächtig und ohne jegliche Fachkenntnisse).
"Seien Sie froh, dass Sie überhaupt jemanden bekommen!"
Die beiden haben bis zum Kriegsende bei ihm gearbeitet.
Welche Schuld oder Nichtschuld hatte nun mein Großvater? Und er war nun wahrlich kein Einzelfall. Auch und gerade in der Landwirtschaft wurde viele Kriegsgefangene eingesetzt. Die konnten in gewisser Weise noch von Glück sprechen, wenn sie nicht unter der Knute der SS in Rüstungsbetriebe kamen.
Zitat von manx minx im Beitrag #79 ... denn mit dem verdraengen und dem vergessen beginnt die geschichtsklitterung, siehe mein gastland japan, wo politik und erziehung das land fast ausnahmslos als opfer des 2. weltkriegs praesentieren und meine schaeflein nicht die geringste ahnung von der vergangenheit ihres landes haben und sich gar furchtbar wundern, warum sie in den nachbarlaendern asiens nicht wohlgelitten sind.
tja..., manxman
Man sollte es nicht so machen wie das offizielle Japan, das von einer Schuld nichts wissen will und etwa die Türkei, die den Genozid an den Armeniern 1915 bis heute leugnet.
Ein klares Bekenntnis zu den damaligen Untaten - ja! Aber das ,Nostra culpa!-Gegreine heutiger deutscher Gutmenschen geht mir derart auf die Nerven ... .
Aber eines könntest du als Japankenner einmal beantworten:
Wie wird in Japan die damalige deutsche Geschichte dargestellt? Das würde mich doch sehr interessieren!
Zitat Aber eines könntest du als Japankenner einmal beantworten:
Wie wird in Japan die damalige deutsche Geschichte dargestellt? Das würde mich doch sehr interessieren!
ganz einfach: im grossen und ganzen gar net. und das fuehrt dann zu solchen auswuechsen wie dem saubloeden kommentar des vizepremiers aso, dass die japanische regierung von den nazis einiges lernen koenne:
ein sturm der entruestung in uebersee, und meine studis (immerhin germanisten) wissen noch net einmal, wovon der depp ueberhaupt geredet hat.
vielgehoertes zitat, wenn meinen gegenuebern klar wird, dass der ami vor ihnen ein deutscher ist: "ah, deutscher" (freudestrahlend) "kennens den begriff nitschi-doku-i (zu deutsch 'die achse')? jaha, und den naechsten krieg machen wir dann ohne italien, und den gewinnen wir dann, gell? haha!"
noja, so gesehen auch ein durchaus lockerer umgang mit der eigenen vergangenheit.
aber aus echtem interesse eine rueckfrage von hier:
wenn es um das thema nazi-vergangenheit geht, faellt in der diskussion letzthin oft das schlagwort vom nostra-culpa-gegreine der heutigen gutmenschengeneration (bzw. div. variationen zu diesen begriffen). ich hab aber bislang auf meine nachfragen, wie das denn in der praxis aussieht, nie irgendwas zum anschauen bekommen koennen. kannst du mir mal einen verweis geben auf ein beispiel davon? ich wuerd mir wirklich gern ein anschauliches bild davon machen, was unter dem begriff zu verstehen ist. ganz ernsthaft.
manxman
p. s. eine frage nach der kriegsschuld deines grossvaters hattest du ja noch gestellt. mein versuch einer persoenlichen antwort dazu:
da ja das gesamte stammpersonal eingezogen wurde, war sein betrieb ganz offensichtlich nicht in der kategorie kriegswichtig. und mit den zwangszugewiesenen hat er eben so weitergewurschtelt, wie es irgend ging. ich glaub kaum, dass man ihm irgendeine verantwortung fuer das kriegsgeschehen zuschreiben kann oder die absicht, sich an dem konflikt zu bereichern. auch fuer die zeit vor kriegsausbruch gehe ich jetzt mal unbekannterweise davon aus, dass er seinen betrieb rechtschaffen und aufrecht mit seinen angestellten fuehrte. insofern ist er als unternehmer also in keiner weise zu vergleichen mit den profiteuren, die z. b. vor dem krieg die diversen ehemals juedisch gefuehrten warenhaeuser fuer ein spottgeld erwarben oder die unternehmer, die die gewinne aus ihrer als kriegswichtig eingestuften poduktion durch umlagerung in immobilien geschickt ueber den krieg retteten. und drum braucht es eben ein hinschauen, heute immer noch. um eben rechtschaffene leute wie deinen grossvater nicht ueber einen kamm zu scheren mit den sausaecken, die die lage gewieft fuer sich auszunutzen und ihre gewinne auch geschickt in die nachkriegszeit hinueberzuretten wussten.
und nicht dass hier falsche eindruecke aufkommen: solche sausaecke gabs natuerlich nicht nur in deutschland. man braucht nur mal die meinung des frueheren kantors* der synagoge in san francisco zu seinen ehemaligen polnischen landsleuten zu hoeren.
Zitat wenn es um das thema nazi-vergangenheit geht, faellt in der diskussion letzthin oft das schlagwort vom nostra-culpa-gegreine der heutigen gutmenschengeneration (bzw. div. variationen zu diesen begriffen). ich hab aber bislang auf meine nachfragen, wie das denn in der praxis aussieht, nie irgendwas zum anschauen bekommen koennen.
Das tät mich auch mal interessieren. Man könnte glauben, das würde hier auch im Fred auftauchen. Ich hab's bis jetzt noch nicht gefunden.
Ducky, Du bist halt Bayer. Euch ist doch jede politische Meinung wurscht, wenns eh so neumodisches Modezeugs ist. Parteien vergehen, Alpen bestehen. Und Floyd - Angstfrei Häkeln Kursleiter mit abgebrochenem SoziPädStudium scheinen im Worum eher selten zu sein. Die Angst sofort der männlichen Wechseljahre verdächtigt zu werden wenn man(n!) nicht in den Chor des Privatfersehens einstimmt kursiert hier wohl nicht.
.................................................. Pit (Gewinner im genetischen Roulette - meine Eltern wollten eigentlich eine Waschmaschine)
Ducky, Du bist halt Bayer. Euch ist doch jede politische Meinung wurscht, wenns eh so neumodisches Modezeugs ist. Parteien vergehen, Alpen bestehen __________________________________
die werden noch die Menschheit überleben, nicht nur die Bayern oder die Politiker. Trotzdem, ein schöner alter Strich Achter, das hat schon was. Und so einer musste nicht mal den "Dolferl" chauffieren
Das machst Du völlig richtig Duck! So ein schöner, alter Wagen ist nicht nur eine Freude fürs Auge - nein, damit zu fahren bereitet auch unendlich viel Spaß!
Und mit dem alten Daimler könntest Du ja im nächsten Jahr mal beim 4. Magdeburger Oldtimertag vorbeischauen! (24.5.14) - Der ist ja markenoffen - und alte Daimler sieht man da regelmäßig!
Zitat Hier mal ein gutes Beispiel, wie so etwas dann in die Geschichtsbücher kommt...
bravo! genau so solls sein! aufarbeitung und kritisches hinterfragen *aller* mythen, die um den krieg und die zeit davor gesponnen werden! den ganzen dreck ans tageslicht zerren, ob nun stalinistisches heroengetoese in der welt auseinandergenommen wird oder das shampooreinewaschimage der firma wella im spiegel diese woche hinterleuchtet. (und natuerlich muss man das hintergeleuchte von welt und spiegel genauso mit kritischem blick lesen. denn die kommen ja auch nicht grad wertfrei daher) und dass das erst jetzt nach 70 jahren passiert, ist zwar eine schande, aber besser spaet als gar nicht.
und was das rumgegreine von "etz lasst doch endlich mal a ruh sein mit dem alten zeug" angeht, noch zwei schmankerln vom andern end der welt:
- noch leben ein paar von den frauen, die das japanische heer gezwungen hatte, sich jeden tag zigmal von seinen mannschaftsgraden durchficken zu lassen. und einige von ihnen haben spaet, aber immerhin, ihr schamgefuehl soweit ueberwunden, dass sie oeffentlich das maul aufmachen und sagen, wie es ihnen ergangen ist. die reaktion der japanischen politik? "etz lasst doch endlich mal a ruh sein mit dem alten zeug" - noch leben ein paar von den maennern, die als kriegsgefangene in den minen der familie des derzeitigen vizepremiers aso geknechtet haben, unter bedingungen, fuer die der begriff "unmenschlich" fast noch zu nett ist. und das schoenste, die leitung der aso-minen in suedjapan hat im august '45 leider vergessen, ihren zwangsarbeiten mitzuteilen, dass japan kapituliert hat, und hat sie weitergeknechtet. vom kriegsende haben die erst wochen spaeter von den koreanischen vorarbeitern erfahren. eine entschuldigung oder bloss eine stellungnahme des vizepremiers? "etz lasst doch endlich mal a ruh sein mit dem alten zeug"
scheiss drauf, wie lang das unrecht her ist. wenn profiteure der judenenteignung nicht zur rechenschaft gezogen werden, wenn cameron sich nicht im namen seines landes vor den opfern von jallianwala bagh verneigen wuerde* und wenn es den japanischen revanchisten weiterhin moeglich ist, nanjing herunterzuspieln bzw. schlicht abzustreiten, weil mit dem alten zeug doch endlich amal a ruh sein muss, dann haben wir aus der geschichte wirklich nix gelernt.
(* er hat's, immerhin)
und - um den bogen wieder zu schliessen - wenn der daimler einen spot abnickt mit der (ja freilich spassig gemeinten) message "wenn unser wagen koennert wie er wollert, no haett er den hitler aa plattgfahrn", dann kann auch der daimler sich net hinter der phrase verstecken, dass das doch alles scho so lang her ist. aber wie der muck schon geschrieben hat, der daimler macht das ja auch gar net, denn dem ist das public exposure durch den spot viel mehr wert als die eventuelle diskussion ueber die verwicklung in die hitlerei. rumgegreint wird von anderen, vom ueblichen "mei, immer auf uns" chor.
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