Tja, was die Dampfer so ausblasen, das nennt man nicht Feinstaub! Seltsam, dass sich darüber noch niemand aufregt. Schweröl halt ... Bewohner von Hafenstädten sind nicht unbedingt zu beneiden. Aber das ist ein anderes Thema.
Der Tag beginnt mit einem guten und reichhaltigen Buffet im Hotel, in dem eine Gruppe junger Geschäftsleute abgestiegen war, überwiegend recht schick gekleidete Damen. Alle verhalten sich ziemlich gekünstelt. So bekommen wir die Gelegenheit, zu beobachten, wie man ein Croissant mit Messer und Gabel speist. Wir verlassen Sassari in Richtung Nordwesten, die ersten Kilometer auf einer Schnellstraße um dann nach Norden bis an die Küste abzuschwenken. Bald erreichen wir Porto Torres und fahren in den Hafen. Wir stellen die Motorräder ab und schlendern über das Hafengelände, schauen und den Torre an und sehen Schiffen zu, wie sie ein und auslaufe. Auch eine große Fähre geht von hier ab.
Im Hafen von Porto Torres
Der Torre von Porto Torres
Porto Torres
Hier sind noch Fischer an der Arbeit und …
… statt Möven sieht man eher grauschwarze Krähen.
Von hier aus fahren wir weiter auf eine Landzunge zum nordwestlichsten Zipfel der Insel, dem Capo Falcone. Klar, dass wir das nicht auslassen können. Ich liebe es, wenn etwas nach mir benannt wird!
Am Capo Falcone
Fast schon kitschig, diese Farben
High-Speed-Surfer
Beeindruckend ist das Wasser, dessen Farbe zwischen tiefblau und hellblau wechselt, dazu der blaue Himmel, das grüne Buschwerk und lila blühende Stauden – ein farbenprächtiger Anblick. Auf dem Wasser ist ein einsamer Skate-Surver unterwegs, der mit enormem Tempo über das Wasser prescht. Am Capo Falcone gibt es kleinere Ferienhaussiedlungen, die aber um diese Jahreszeit noch völlig verwaist sind. Wir werden von einem älteren Ehepaar aufgrund unserer Motorräder angesprochen. Es stellt sich heraus, dass sie zu einer Gruppe von Rheinländern gehören, die mit Ryanair eine Woche Sardinien gebucht haben und sich auf einer Busrundfahrt befinden. De Mann lässt es sich nicht nehmen, ein Foto von uns zu machen. Den auf einer Anhöhe stehenden Torre Falcone können wir mit den Motorrädern nicht erreichen – aber in Bild genügt ja auch
Urlaubsfoto
Torre Falcone
In dem kleinen Fischerdorf Stintino setzen wir uns in die Bar am Hafen und schauen dem Treiben zu. Innerhalb einer Stunde haben es fünf wichtige Herren geschafft, einen vierachsigen Kranwagen etwa fünf Meter weit zu bewegen und seinen Kranarm ein paar Grad auszuschwenken. Das ganze unter gestenreichen und wortgewaltigen Diskussionen und natürlich begleitet durch viel Motorengeräusch. Danach war man mit sich zufrieden und ging zu einem Espresso.
Auf der Terrasse der Hafenbar in Stintino …
… hat man einen schönen Überblick übe den kleinen Hafen.
Wandmalerei im Hafen von Stintino
Zuerst einmal auf der gleichen Straße zurück fahrend, verließen wir die Landzunge mit dem Capo Falcone in Richtung Süden. Die Straßen waren zwar nicht mehr ganz so schön wie am Tag zuvor, führten aber zum Teil immer noch sehr kurvenreich über Hügel und Berge. Da aber auch immer wieder schnurgerade Abschnitte dazwischen sind, kommen wir recht flott voran und erreichen bald die Stadt Alghero, in der wir aber nur zum Tanken kurz halten. Hier verlassen wir wieder die Küste und fahren rein in die Berge bis Villanova. Hinter Villanova fällt uns ein Ort auf, der hoch oben auf einem Felsen thront und der wiederum vom Lago die Tomo regelrecht eingefasst ist: Monte Teleone Auf diese schier uneinnehmbare Festung führt nur ein steile, enge Serpentinenstraße, die allerdings wohl erst vor kurzem gebaut wurde. An manchen Stellen ist noch die alte Straße zu erkennen, die sicher nicht ganz ohne in ihrer Bewältigung gewesen wäre. Das Dörfchen ist sehr propper, sauber und überall neu angelegte Gassen. Auf dem Gipfel ist eine großzügige Sportanlage mit Tennisplatz und Schwimmbad gerade am entstehen. EU-Fördermittel? Aber es ist Mittagszeit und der Ort ist wie ausgestorben. Wir stellen die Motorräder ganz oben auf dem Gipfel ab und suchen einen Platz zum rasten. Jedoch brennt die Sonne so erbarmungslos und Schatten finden wir auch keinen, dass wir uns entschließen, das Dorf wieder zu verlassen.
Blick auf Monte Teleone – man die Serpentinenstraße erkennen, die auf den Berg hinauf führt
Frei laufende Schweine suchen Schatten in der Mittagshitze – wir auch.
Blick auf den Stausee Lago die Tomo
Wir schwenken ab nach Norden und erreichen über wieder mal wunderbar kurvige Sträßlein den Ort Ittiri. Dort, mittlerweile ist die Zeit der Siesta vorüber, kaufen wir in einem Tante-Emma-Laden ein: Wein, Wurst, Käse – alles aus der Region.
Weiter fahren wir Richtung Süden und machen dann eine Rast an einem durch ein schattiges Tal plätschernden Bach und probieren unsere Einkäufe, allerdings unter Verzicht auf eine Weinprobe.
Picknick und …
… anschließende Siesta
Ausgeruht kommen wir wieder durch Villanova und haben damit unsere Schleife durch das Bergland östlich von Alghero beendet. Nach einer Übernachtung wollen wir in Bosa Ausschau halten, denn eines haben wir inzwischen schon gelernt: Es ist keineswegs in der Vorsaison möglich, wie uns immer wieder erzählt wurde, überall eine Übernachtung zu finden. Nicht, weil die Hotels noch nicht alle geöffnet hätten, sondern schlicht deswegen, weil es in den Bergen so gut wie keine touristische Infrastruktur gibt – nicht einmal die größeren Dörfer bieten eine Übernachtungsmöglichkeit. Zum Übernachten muss man also immer wieder an die Küste oder in die Städte. Das bringt unsere Reiseplanung ein klein wenig durcheinander.
Auf dem Weg nach Bosa biegen wir noch in einen Feldweg ab, um uns eine steinzeitliche Siedlung und einen Nuraghe anzuschauen – aber auch hier wieder mitten im Nichts ein gebührenpflichtiger Parkplatz. Da der Nuraghe nicht mal in Sichtweite ist, also auch erst noch erwandert werden muss, setzten wir unsere Fahrt fort.
Vor einer Steinzeit-Siedlung …
… schläft ein „Wachhund“ fest im Gras.
Gegen halb sieben treffen wir in Bosa ein und finden schnell das Hotel Royal, das, wie wir finden, vom Namen her doch ganz gut zu uns passt.
Blick auf den Rückwärtigen Hotelparkplatz
Bald machen wir uns zu Fuß auf den Weg in die Altstadt. Womit wir gar nicht gerechnet hatten, dass wir auf einmal dazu quasi gezwungen wurden, zu prozessieren. Erst fällt uns nur ein Polizist in Paradeuniform auf, der mitten auf einer kleinen Kreuzung den spärlichen Verkehr regelt. Dann sehen wir sie aus der Seitenstraße kommen: Weiß-rot gekleidete Herren, auf den Schulter tragen sie Jesus-Statuen, die die Stationen seines Leidensweges darstellen. Dazu eine große Menge Gläubiger, die ununterbrochen Gebete murmeln. Wir sind in eine Osterprozession geraten und gehen eine Weile mit. Es hat etwas befremdliches, ja fast schon gespenstiges.
Prozession in Bosa
Piazza in Bosa
Wir sind ganz froh, die Prozession am nächsten Platz verlassen zu können, als sie sich vor einer Kirche aufbaut. Auf unserem weiteren Weg erschrickt uns ein wildes Schwein in einem Hauseingang. Aber es erfüllt seinen Zweck: In dem dazugehörigen Geschäft erstehe ich einen Sardinien-Aufkleber für die Koffer.
Hochgefährliches Kundenfänger-Schwein.
Wir gehen über die Piazza und in ein paar Seitenstraßen und noch zu einer kleinen Piazza – aber nirgendwo gibt es ein Restaurant. Lediglich die Bar an der großen Piazza läd uns ein, dort erst mal ein Bier zu trinken und zu beraten, wo man was zu Essen bekommen könnte. Henny findet alsbald heraus, dass man dort auch eine einfache Pizza bestellen kann, was wir auch tun. Noch ein Ichnusa und dazu die Pizza mit Tomatensauce – mehr brauchte es ja gar nicht. Wir sitzen sehr zufrieden in der Abendsonne und schauen dem Treiben auf der Piazza zu, welches nach dem Verschwinden der Prozession wieder seinen normalen Gang aufgenommen hat. Dabei fällt uns auf, dass die auch in Italien stattgefundene Abwrackprämienaktion scheinbar nicht allzu große Spuren hinterlassen hat. Sardinien ist jedenfalls Panda-Land, gefolgt von Seicento in allen Farben Und auch noch den guten alten Nuova Cinquecento gibt es in bemerkenswerter Anzahl. Ich muss mir jedenfalls keine Sorge machen, dass der Nachschub an Pandas sobald versiegen könnte.
Am nächsten Morgen sitzen wir zusammen mit einer großen Gruppe halbwüchsiger Kinder im Frühstücksraum, die sich wohl in einer Freizeit befinden, jedenfalls sind am Nachbartisch fünf Betreuer auszumachen. Von Bosa aus starten wir südöstlich ins Landesinnere und haben von nun ab fast zweieinhalb Stunden Freude nur am Fahren durch dieses abwechslungsreiche Bergland. Verschiedene Landschaften und verschiedene Vegetationen wechseln sich ab, teilweise wähnt man sich in deutschen Mittelgebirgen, dann dominieren Opuntien die Vegetation, gefolgt von Korkeichenhainen oder in wechselnden Farben blühenden Stauden und Blumen. Man kann wirklich sagen: Der Frühling in Sardinen ist abwechslungsreich und einfach schön. So passieren wir Cuglieri, Santu Lussurgiu, Abbasania und halten irgendwann an einer kleinen Tankstelle, wo wir auf der Terrasse einer Bar in der Sonne einen Cappuccino trinken.
Landschaft, …
… Wandgemälde in einem Dorf und …
… wieder Landschaft bis …
… zu einer Cappuccino-Pause in der Sonne an einer Tankstelle.
Weiter geht die Fahrt nun in Richtung Süden, die kurvenreichen Straßen durch Hügel und Berge erfreuen uns weiterhin. Hinter Guspini wird es noch mal sehr kurvig und dann kommen wir auch schon ans Meer. Wir fahren raus zum Capo Pécora, das letzte Stück über Sandwege. Dort genießen wir eine Weile den Blick auf das Meer.
Bleibt eigentlich nur, noch ein paar Bilder einzustellen, die vielleicht einen Eindruck von der Landschaft vermitteln können:
Picknickpause unter …
… vierbeiniger Beobachtung.
Mal wieder Meerblick an der Westküste
Anfahrt zum Capo Pecora
Am Capo Pecora
Fahrspuren gibt es genug, mehr oder weniger tief versandet.
Die benachbarte Bucht im Süden
Weitblick – da müsste doch irgendwo Mallorca sein!
Capo Pecora
Rückweg und …
… wieder in die Küsten-Berge
Über eine wunderbar kurvige Küstenstraße mit immer wieder tollen Ausblicken schlängeln wir uns bergauf und bergab durch bis Gonnesa. Um nicht wieder in einer Stadt übernachten zu müssen, versuchen wir es erst mal in Portoscuso – sollten wir dort nichts finden, können wir immer noch nach Iglesias ausweichen. Aber wir haben Glück: Direkt am Hafen landen wir im Hotel ….. Es gibt Standardzimmer und Zimmer „Vistamare“, Aufpreis sieben Euro. Henny besteht auf Vistamare. Und so haben wir ein Zimmer mit Blick über den Hafen.
Unser Hotel. Quadratisch, praktisch, gut. Das offene Fenster neben dem Überholverbotsschild ist unser „Meerblick“ auf den ...
... Hafen von Portoscuso
Diese idyllische Werft ist sicher günstig zu haben
Fetter Wehrturm in Hafennähe
Blick von der Mole zurück nach Portoscuso
Wir wandern hinaus zu Mole und bis an deren Ende. Offensichtlich wird hier auch noch aktiv Fischfang betrieben. Der ganze Ort wirkt aber ziemlich ausgestorben. Es ist halt noch keine Saison. Touristen fehlen fast völlig. Hin und wieder sieht man ein paar wenige Einheimische ihren Beschäftigungen nachgehen. Zurück im Hafen müssen wir wieder mal feststellen, dass Restaurants dünn gesäht sind. In einer Bar stärken wir uns erst mal bei einem Ichnusa um dann einem Wegweiser zu einem Restaurant zu folgen. Der ist für Autofahrer aufgestellt und dem Hin und Her der Einbahnstraßen folgend wandern wir eine ganze Zeit durch den Ort, bis wir am sehr schön gelegenen Restaurant angekommen sind. Aber es hat noch geschlossen. Wir schauen uns den kitschpostkartentauglichen Sonnenuntergang an und wandern dann weiter, dem nächsten Schild folgend. So kommen wir endlich zu einer Pizzeria. Schön frisch im Holzkohle-Grundofen gebacken und nach heimischer Art belegt, schmeckte sie ganz besonders gut. Belegt mit dunkelbraunrotem, fettfreiem Schinken von freilaufenden Schweinen, Parmesan und mit frischem Rucola. Wunderbar! Es scheint sich so langsam abzuzeichnen, dass wir wohl auf einer Pizza-Tour gelandet sind. Der Rückweg zum Hotel, auf dem wir nun keinen Wegweisern mehr folgen mussten, war erfreulich kurz.
Ichnusa in der Abendsonne.
„Geflügeltes“ am Straßenrand
Postkarten-Sonnenuntergang
Schön, es gibt Flaschen in Falconette-Size und Falcone-Size während …
… der Bäcker fleißig ist.
Als Belohnung für den langen Anmarsch eine wunderbare Pizza
Das Frühstücksbuffet ist sparsam und ausschließlich süß. Wir sind die einzigen Gäste im großen Speisesaal, der auf den Sommertourismus zugeschnitten ist. Leider ist auch die Sonne verschwunden, die gestern Abend noch so schön am wolkenlosen Himmel unterging. Der Himmel ist grau. Es weht eine steife Brise. Einen Abstecher zur Isola di Sant Antioco sparen wir uns daher und fahren erst mal an Carbonia vorbei ins Land, um dann weiter südlich wieder an die Küste zu kommen. Der Wind ist teilweise sehr heftig und erschwert das Fahren ungemein. Auch der Genuss der an sich sehr reizvollen Küstenstraße wird dadurch merklich geschmälert. In einigen Buchten herrscht zwar fast windstille, kommen wir aber wieder weiter nach draußen oder schraubt sich die Straße höher, sind wir kräftigen Böen ausgesetzt.
Wolkig und stark windig
Ein alter Turm trotzt dem Wind
Wolken und Wind
Nur ein kurzer, ungemütlicher Halt für ein Foto.
Nach den sonnigen Tagen ein wahres Kontrastprogramm
So umrunden wir die Südspitze und kommen an Pula und Sarroch vorbei, ohne Lust zu verspüren, mal einen Halt einzulegen. Auch wird die Landschaft und mit ihr die Straßenführung immer langweiliger, bis letztere dann im Einzugsgebiet von Cagliari völlig eintönig wird. Interessant wird noch mal die Fahrt entlang der Küste, fast auf Meereshöhe und direkt am Wasser. Der Wind bläst uns von der Seite her an, wir fahren auch geradeaus in leichter Schräglage und die Gischt überzieht die Motorräder gleichmäßig mit einem Salzwassernebel. Es ist spannend zu beobachten, wie die Spiegelarme und die Stellschrauben der Gaszüge nach einer halben Stunde unzählige Rostpickel aufweisen. Auch müssen wir mangels Sicht die Visiere zwischendurch zwei Mal vom Salz befreien. Auf schnurgeraden Land- oder auch Schnellstraßen umfahren wir Cagliari. Interessant ist eine Eigenart sardischer Verkehrsreglung, bei der gut ausgebaut gerade Straßen nahezu grundsätzlich auf 50 km/h begrenzt sind und meist eine doppelte durchgehende Linie aufweisen, während die kurvenreichen Bergstraßen das Überholen fast immer erlauben und es keine Geschwindigkeitsbeschränkung gibt, außer der generell in ganz Italien vorgegebenen von 90 km/h. Natürlich hält sich keiner an die 50 km/h, aber es wird auch selten schneller als 70 gefahren. Vermutlich wird das entweder toleriert oder man glaubt so, die durchaus vorhandenen Polizeikontrollen rechtzeitig sehen zu können. Wir passen uns an und uns rutscht jedes Mal das Herz in die Hose, wenn wir die Polizei wieder vor uns am Straßenrand stehen sehen, werden aber erstaunlicherweise nie rausgewunken. Hinter Cagliari geraten wir auf ein Stück neu gebaute Straße, die mein Routenplaner noch nicht kannte und kommen erst bei Geremeas wieder an die Küste. Der Küstenstraße folgen wir um die Südostspitze und dann geht es wieder nach Norden. Der Wind weht hier nicht mehr ganz so heftig. An einem Kreisverkehr in den Bergen machen wir halt und kehren in einer Bar ein. Es gibt zwei Fladenbrote mit Schafskäse und Rukola, dazu zwei Cola. In der Bar herrscht ein reges Kommen und Gehen, baci hier und baci dort, aber alles nur Herren.
Kleine Bar am Kreisverkehr
Fladenbrote mit Käse und Rucola
In Villapuzu werden wir wieder von einer Polizeikontrolle ignoriert. Die schicken Carabinierie mit ihrem nicht minder schicken Alfa winken uns lässig durch – und so kehren wir in einem kleinen Café ein, um dort den weiteren Verlauf der Tour zu besprechen. Da das Wetter nicht wirklich zum Verweilen im Freien einlädt, sind wir schneller und weiter voran gekommen, als geplant. Wir beschließen, die nächste Etappe anzugehen, aber nicht bis an das durchaus erreichbare Etappenziel zu gehen, sondern vorher nach Osten an die Küste abzubiegen, denn nach unseren bisherigen Erfahrungen haben wir nur in den Küstenstädten die Chance, eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden.
Vor dem Café in Villapuzu hätten wir lieber in der Sonne gesessen, aber wir wärmen und drinnen auf.
Gesagt, getan – wir brechen wider auf in Richtung Westen. Bei Punta Pardu biegen wir von der an sich schon sehr schönen und kurvigen Straße ab und fahren eine steile Straße nach Villasalto hinauf, die man wirklich empfehlen kann. Überhaupt ist die Strecke von dort über Escalaplano und Nurri ebenso kurvenreich wie traumhaft. Der Straßenbelag ist von erster Güte und die Kurven wechseln sich in ihren Radien so ab, dass auch die Fahrer schnellerer Motorräder auf die Kosten kommen, solange sie die Geschwindigkeitsbeschränkung zu ignorieren bereit sind. Der Wind hat deutlich nachgelassen und mit Sonne wären wir wunschlos glücklich gewesen.
Wunderbar bergige Landschaft mit …
… toller Straßenführung
Bei Sadali biegen wir nach Osten ab in Richtung Lanusei und Tortoli. Die 198 wird jetzt wieder deutlich steiler und die Kurven werden enger, dazu wechselt der Belag häufig, ist aber meist gut. Es ist spätnachmittag und es ist die Zeit der Herdentriebe. Man tut gut daran, vor unübersichtlichen Kurven das Tempo zu reduzieren, denn unversehens findet man sich zwischen Ziegen, Schafen oder auch Kühen wieder. Manchmal ist in der Nähe ein gelangweilter vollbärtiger Hirte zu beobachten, oftmals kennen die Tiere aber ihre Wege wohl alleine, lediglich ein oder zwei Hunde begleiten sie und treiben sie auch schon mal von der Straße. Jahrtausende alte Traditionen offensichtlich.
Man muss immer auf der Hut sein, denn …
… vierbeiniger Verkehr kann hinter jeder Biegung lauern.
Die Landschaft wird immer schroffer und …
… die Kurven werden immer zahlreicher.
Wir kommen über Pässe, die 1000 Meter erreichen und je mehr wir uns der Ostküste nähern, wird es windiger und vor allem kälter. Eine Zeit lang werden wir von einer Truppe von Enduros verfolgt, die aber keine Chance haben uns zu überholen. Irgendwann sind sie dann verschwunden und bei uns lässt die Konzentration nach. Wir kommen an einer an den Hang geschmiegten Geisterstadt vorbei. Lauter Häuser ohne Dächer. Leider versäume ich, ein paar Fotos zu machen und zu einem Halt haben wir auch keine Lust mehr – wir wollen gerne bald ein Zimmer haben. So erreichen wir Lanusei, tanken dort noch mal, nehmen aber das einzige Hotel am Platz nicht. Es hat keine Abstellmöglichkeit für die Motorrädern, die wir einfach auf den engen Straßen hätten stehen lassen müssen. Nach Tortoli ist es nicht mehr weit, das schaffen wir auch noch. Also noch ein paar Serpentinen runter ins Tal und über ein letzets gerades Stück laufen wir in Tortoli ein. 431 Kilometer liegen an diesem Tag hinter uns! Gleich zum Ortsanfang weist uns ein Schild auf ein Hotel hin, das wir auch bald finden. Es hat aber (noch?) geschlossen. Also weiter nach Arbatax. Da sehen wir gleich an einer Tankstelle ein recht hübsches kleines Hotel; das Hotel India. Zimmer gibt es auch noch. Kein Wunder, teilen wir uns doch das gesamte Hotel mit einem jungen Paar aus Österreich.
Hotel India in Tortoli
Wir beziehen ein wirklich schönes Zimmer mit Balkon und machen uns dann zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Die Modegeschäfte und die vielen Eisdielen zeigen an, dass hier im Sommer viel los sein muss. Inzwischen ist es auch schon nach acht Uhr und so langsam schläft alles ein. Es ist aber warm genug, der Wind ist verschwunden und so sitzen wir an der Straße und essen – Pizza. Was sonst. Dazu Ichnusa. Und morgen geht es dann wieder in die Berge.
Wieder mal ein sehr schöner Bericht und einen Photographen hattet Ihr auch dabei, wie praktisch. Mal 'ne Frage, was sind das für Hosen, die Ihr da beim Moped fahren anhabt?
Zitat von MaggiMal 'ne Frage, was sind das für Hosen, die Ihr da beim Moped fahren anhabt?
Ich schätze diese verstärkten "Motorrad-Jeans" ... und dann muß ich mich dem Maggi noch anschließen ... sehr schöner Bericht, wobei ich jetzt weiß wo ich auch (nochmal) hin muß ... tolle Landschaft und ich schätze wenig Verkehr?!
Das sind die Mopped-Jeans von Louis, Kevlar verstärkt und mit Protektoren. Sehr angenehm zu tragen. Um die Jahreszeit ist da wohl - im Gegensatz zum Sommer - wirklich noch sehr wenig Verkehr. Vor allem im Landesinneren ist kaum was los auf den Straßen. Der Photograph wurde kostenlos von Canon mitgeliefert
Wir wachen auf und das Fahrgeräusch der Autos hat sich verändert. Die Straße ist nass. Ein Landregen hat über nacht eingesetzt und macht es unmöglich, die nahen Berge zu sehen. Wir nehmen in der Bar des kleinen Hotels erst mal ein kleines Frühstück, bestehend aus belegten Brötchen und Brioche, Kaffee und Saft und beraten uns. Leider gibt es keinen Internetzugang, um die Wetterentwicklung abschätzen zu können. Wir bitten unsere Tochter per SMS, uns das zu erwartende Wetter mitzuteilen. Die Nachricht macht uns etwas mutlos: Dauerregen über der ganzen Insel. Wir beschließen, eine zweite Nacht dran zu hängen und einfach einen Tag lang faul zu sein. Ich mache mich dran, den Reisebericht zu schreiben und die Fotos zu sortieren. Im Bad gibt es einen Heizkörper zum Wäsche trocknen, also wird Rei in der Tube ausgepackt und die Wäsche gewaschen. Da es den ganzen Tag ununterbrochen und unverändert regnet, verlassen wir nicht mal das Hotel und ernähren uns aus den Dingen, die wir für ein Picknick schon eingekauft hatten. Vor allem die Flasche guten Rotweines war sehr angenehm. So sparen wir auch noch Geld: Ohne die Ausgaben für Benzin und Barbesuche und Abendessen haben wir das Geld für das Hotel fast wieder raus.
Motorräder im Regen
Was nützt frischer Sprit bei diesem Wetter?
Die Polizei kehrt auf einen Espresso ein. Schickes Auto.
Schon mal Bilder sichern und den Reisebericht anfangen.
Gegen Morgen wurde ich mal wach und der Regen hatte aufgehört. Aber als wir aufstehen, regnete es wieder, als ob nichts gewesen wäre. Nun sinkt die Laune doch etwas. Wir schauen uns die Wetterprognosen in der Zeitung an und sehen, dass wir eine Chance haben, wenn wir die Seite der Insel wechseln. Es regnet zwar im Süden im Raum Cagliari auch noch, im Norden sowieso, aber im Westen soll es lediglich bewölkt sein. Da wir feststellen, dass der Regen lange nicht mehr so stark wie den ganzen gestrigen Tag ist, machten wir uns fertig zum Aufbruch nach Süden und weiter nach Westen.
Zu den Motorädern hat sich ein Roller hinzugesellt
Als wir so weit sind, die Moppeds, die treu die ganze Zeit im Regen auf uns gewartet haben, zu beladen, gießt es wieder wie aus Kübeln. Wir beschließen, noch eine Stunde zu warten. Aber nach dieser Stunde müssen wir uns widerwillig dazu entscheiden, eine weitere Nacht dranzuhängen. Es fällt uns sehr schwer, aber im Regen ins Ungewisse zu fahren und auch nicht abschätzen zu können, ob wir in einem Zimmer landen, das eine Heizung hat, wo wir unsere Klamotten trockenen können (was im Süden ohnehin unwahrscheinlich ist), lässt die Vernunft siegen und wir bleiben. Aber morgen – morgen wird es wieder trocken sein. Wir glauben ganz fest daran.
Henny schreibt ihre Sardinien-Eindrücke ins Reisetagebuch, die ich hier mal wiedergebe: Gestern habe ich endlich herausgefunden, welche Pflanze so süß und charakteristisch riecht – es sind die Blüten der Orangenbäume. Ich kenne den Duft aus Teneriffa. Manche blühen, manche tragen Früchte. Sie stehen vereinzelt in Vorgärten, in größeren Gruppen in Gärten oder in Plantagen. Ebenso Zitronenbäume. Im Süden Sardiniens sind wir etwa auf der Höhe von Napoli, im Norden auf der Höhe von Rom. Die Vegetation ist sehr grün und üppig. Es gibt wohl kaum eine Stelle im Land, wo es keine Hügel und Berge gibt. Das Erscheinungsbild der Landschaft ist sehr unterschiedlich. Mal fühlen wir uns wie in Hessen, leicht hügelig, kurvenreiche Strecken – mal wie in Schottland mit seinen aufgeschichteten Mauern beidseitig der Straße – dann wieder ist es alpin mit gigantischen Felsen, besonders auch an der Küste, die im Süden teilweise rot leuchten. Dann öffnet sich wieder der Blick zum vor uns liegenden Meer, dessen Farbe von dunkelblau bis in türkisfarbenes Schwimmbadgrün wechselt. Viele einladende, menschenleere Sandstrände und verwinkelte, farbenfrohe Ortschaften. Je weiter im Landesinneren, desto ursprünglicher sind sie. Wir werden zur Kenntnis genommen. Die Senioren sitzen auf Bänken in Reih und Glied, Frauen sind eher geschäftig. Die Häuser sind teilweise in typischem, natürlichen grau-braun gehalten, teilweise leuchten sie in Farben, die in Deutschland für Kopfschütteln sorgen würden. Hier wirken sie einfach nur passend. In Touristenstädten sind die Häuser meist vom Baustil her gut in die Landschaft eingegliedert, ihre Farben sind zwar an die typischen Farben angelehnt, teilweise jedoch greller, insgesamt aber sehr ansprechend mit orange-gelb, brombeerrot und terrakotta. Die Bergstrecken sind wirklich zum Schwindeligfahren, eine Kurve nach de anderen, selten mal auch nur 100 Meter geradeaus. Die Fahrt auf den Punta Ballestrieri hatte mindestens 30 Tornanti – mit der W kein Problem (Anm.: Laut Google-Maps sind es 40) Die steile Auffahrt zu dem Ort Monte Teleone war allerdings für mich schwieriger. Überall unterwegs sind kleine Schafherden, manchmal von Hirten gehütet, manchmal nur von Hunden bewacht. Oft halten sich Hunde auf der Straße auf, wirken aber sehr sicher im Umgang mit dem Verkehr. Einmal lief eine kleine Herde auf der Straße vor uns. Herde und Hund bleiben stehen, checkten aufmerksam die Lage. Motorräder – keine Gefahr, also trieb der Hund die Herde weiter von der Straße herunter. Auch Ziegenherden waren oft am Straßenrand unterwegs. Auch hier keine Gefahr, sie haben wohl Erfahrung mit vorbeifahrenden Vehikeln. Beeindruckend auch das Angebot in den Supermärkten an Fisch, Obst und Gemüse und an heimischem Wein. Pizzen, die mit unseren nicht vergleichbar sind, Cappuccino, Espresso und Chocolata – das können sie wirklich gut, die Italiener! Sehr gut auch das Eis in leckeren Variationen, jedoch ist es recht teuer. So kommen wir dazu, davon zu träumen, mal für zwei Monate, am besten April und Mai, in Sardinien zu leben, eine Wohnung zu nehmen und mit zwei Betas Touren in abgelegene Winkel zu machen, uns mit all den sardischen Spezialitäten zu versorgen und auch ein bisschen italienisch zu lernen. Und immer in Gesellschaft von den vielen Schweinen, die auf großen Weiden mit ihren Jungen faul herumliegen oder von den kleinen bespielt werden. Manchmal passt ein wachsamer Hund auf sie auf. Diese Bilder prägen sich ein.
Nachmittags gibt es eine Regenlücke. Wir gehen zu Fuß in den Ort und erkunden ihn ein wenig, essen ein Eis (eine Kugel für 1,60 Euro!), gehen dann noch in eine Bar und trinken einen Kaffee. Dort stellen wir fest, dass es zum Strand auch „nur“ zwei Kilometer sind und machen uns auf den Weg. Dabei zeigt es sich, dass Fußgänger wohl nicht vorgesehen sind, denn es gibt keine Gehsteige und es zeigt sich, dass es einen dominanten Architekten am Ort zu geben scheint, denn viele Häuser gleichen sich sehr im Stil. Durchaus hübsch und zur Gegend passend. Unser Hotel scheint vom selben Büro entworfen worden zu sein. Leider taucht der Strand nicht da auf, wo wir ihn vermuteten, dafür fängt es aber wieder an, leicht zu regnen, so dass wir zurück zum Hotel gehen. Im Zimmer gibt es dann noch etwas Brot mit Wurst und Käse und Wein aus unserem noch schnell getätigten Einkauf aus dem angrenzenden Supermarkt.
Unser Hotel im Regen
Auf unserem Spaziergang kommen wir am „Käsehaus“ vorbei und …
… an einer merkwürdigen Statue, hübsche …
… bunte Häuser mit …
… südlicher Vegetation umgeben, in der …
… Architektur sich sehr ähnelnd.
DS in einer Seitenstraße, aber …
… Henny nimmt dann doch lieber etwas, das zur Kleidung passt.
Zum Trost bekomme ich eine schöne Schachtel getrockneter Früchte während …