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Dieses Thema hat 72 Antworten
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 Reiseberichte / Motorradgeschichten
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Muck Offline




Beiträge: 8.522

05.05.2011 00:32
#16 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Zitat von Falcone
Dann ein bisschen Sradinien.

Nix Sradinjen! In Kerosika wart ihr!

Falcone Online




Beiträge: 113.815

05.05.2011 07:26
#17 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

3. Tag, Sonntag der 17.4.



Start in Ala
Wieder bei strahlendem Sonnenschein und nun auch schon bei 15 Grad sind wir um neun schon wieder „on the route“. An Verona vorbei, die Autobahn weiterhin meidend, trotzdem eine Weile auf vierspurigen Schnellstraßen, geht es in die Po-Ebene. Topfeben, schnurgerade Straßen, hin und wieder eine 90-Grad-Kurve zum Aufwachen oder eine Brücke über einen Kanal. In Sermide am Po machen wir Rast in einer Bar und sitzen in der Sonne, vor uns ein Cappuccino.
Ein frisierter Fiat 500 mit aufgestellter Motorhaube, röhrendem Auspuff und grauhaarigem, sichtlich Spaß habendem Fahrer kommt mehrfach vorbei. Merke: Der Italiener ist niemals zu alt, um in einem Cinquecento eine bella figura zu machen.


Strahlend blauer Himmel beim Stopp an einer Bar in Sermide

Die Querung des Po verlief recht unspektakulär, Modena wird nun mittels Schnellstraße umfahren und dann bauen sich auch schon die Berge auf, an deren Fuß Maranello liegt. Wie auf Bestellung biegt vor uns ein knallroter Ferrari in einen Kreisverkehr ein und zieht röhrend davon.


Apennin

Ein Schild erklärt uns, das wir jetzt in die Berge des Alpe Apunia hineinfahren, auch Apennin genannt. Ich habe eine wunderbar kurvenreiche Straße über den 1400 Meter hohen Passo Abetone nach Borgo de Mozzano herausgesucht. Auf dem Pass ist es mit 9 Grad zwar wieder recht frisch, so dass wir die hohen Berge und die Schneereste in diesem Skigebiet nur kurz betrachten, aber bergab in Richtung Westen wird es schnell warm, so dass wir kurz vor Borgo a Mozzano schon wieder in der Sonne vor einer Bar den Cappuccino nehmen.
Kurz danach kommen wir an der mittelalterlichen Teufelsbrücke vorbei, deren 18 Meter hoher Mittelbogen schon die Frage aufwirft, ob damalige Fuhrleute die Erbauer der Brücke nicht ziemlich verflucht haben, zumal keine Notwendigkeit für eine derart hohe und steile Brücke ersichtlich ist.


Felsen und Bach im Apennin


Blick über den Apennin vom Abetone aus


Bar bei Borgo


Teufelsbrücke Borgo

Bon Borgo aus führt uns der Weg über Lucca nach Pisa. Immer schön an der Stadtmauer entlang. Durch ein Tor erhaschen wir auch einen Blick auf das Baptisterium und den Schiefen Turm, aber angesichts der vielen Touristenbusse und Menschenmassen haben wir keine Lust, die Motorräder abzustellen (dazu unbeaufsichtigt) und Sightseeing zu betreiben, obwohl es noch recht früh am Tage ist. So erreichen wir auch den Hafen von Livorno schon um 18 Uhr. Nach ein wenig Zickzackfahrt durch das Hafengelände finden wir dann doch recht gut die Anlegestelle der Fähre nach Sardinien und erwerben die Tickets für 60 Euro pro Person und Motorrad. Eine Kabine soll zusätzliche 140 Euro kosten, wofür wir zu geizig sind.


Henny am noch ziemlich leeren Fähranleger

Nun beginnt das große Warten, denn die Fähre soll erst um 22.30 Uhr ablegen. In der Hafenbar kaufen wir uns erst mal zwei Cola und als wir wieder raus kommen, steht neben den Ws auch schon eine F800 im Reisetrimm mit Alukoffern, Touratech-Zubehör und Esslinger Kennzeichen. Mit Gunter, dem Fahrer, kommen wir schnell ins Gespräch. Er war auch schon viel rumgekommen und macht jedes Jahr einige größere Touren. So kann er uns auch von Ungarn, Rumänien, der Türkei und dem Balkan berichten und wir revanchierten uns mit Erzählungen aus Australien und Amerika. So vergeht die Zeit schnell. Bald gesellten sich noch etliche andere Motorräder hinzu und wir kommen in Kontakt mit einem Paar auf F650 und F800 mit Weseler Kennzeichen, die auf dem Weg nach Sardinien sind, um ihren Sohn zu besuchen, der sich dort mit seiner Fußballmannschaft aufhält. Mit Iris und Michael gibt es auch viel zu erzählen, zumal sie die Berichte mit ihren Afrika-Erfahrungen anreichern können.


Henny und Gunter


Man beachte: Auf der Enduro links wird fest geschlafen!

Auch beobachten wir das Eintreffen eines roten Rotel-Busses, von dem wir annahmen, dass er schon längst ausgestorben sei. Wenn ich mir überlege, in diesen engen Sargkammern schlafen zu müssen, nur durch eine dünne Plastikwand vom Nachbarn getrennt und jede Lebensäußerung mitzubekommen – nein danke! Umso überraschender ist es, dass nicht junge angehende Akademiker, die in den 60er Jahren die Klientel stellten, den Bus verlassen, sondern es sind Herrschaften weit im Rentenalter. Scheinbar sind die Reisenden von damals dieser Form des Tourismus treu geblieben und zusammen mit dieser Geschäftsidee gealtert.


Die Fähre ist eingetroffen – rechts der Rotel-Bus

Und schon bald heißt es, in die Fähre einzufahren. Der riesige Pott hatte mehrere Decks und wir müssen über steile Rampen auf Deck 4 fahren. Dort werden die Motorräder einfach auf dem Seitenständer an der Seite in Nischen gestellt, spezielle Motorradplätze gibt es nicht. Ein Matrose kommt mit einer Rolle Schnur vorbei (Strick oder gar Tau wäre bei weitem geprahlt) und schneidet für jeden etwa drei Meter davon ab. Damit können wir die Motorräder „irgendwie“ festbinden. Das ist wohl eher zur Beruhigung gedacht, als dass es wirklichen Nutzen hätte. Die Helme schließen wir am Motorrad an und nehmen lediglich unsere wichtigen Habseligkeiten in den beiden Tankrucksäcken mit nach oben auf das Passagierdeck.
Wir beeilen uns etwas, um noch einen der sicherlich heiß begehrten Pullman-Sessel zum Schlafen zu ergattern.
Groß ist unsere Überraschung, als wir feststellen müssen, dass es solche überhaupt nicht gibt. Erfahrene Fährennutzer haben es sich mit Schlafsäcken und Matten in den Ecken bequem gemacht oder liegen bereits mit einer Decke und einem Kopfkissen auf einer der Bänke. Immerhin schaffen wir es auch noch, uns etwa vier Meter Bank zu sichern, auf der wir versuchen werden, etwas Schlaf zu finden. Während Henny uns etwas zu trinken besorgt, bin ich fest entschlossen, dieses Stück Bank mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Einem Motorrad fahrenden Österreicher gestatte ich gerade noch, die Nachbarbank zu beziehen.
Iris und Michael, die bereits im Voraus eine Kabine gebucht hatten, schlenderten vorbei und grinsen sich eins. Sie sagt mir, für zwei Bier könnte ich einen Kabinenplatz bekommen. Ich denke eigentlich, ich werde veräppelt und reagierte wohl ziemlich verwirrt. Dann merke ich, dass sie es ernst meinen, denn ich bekomme einen Kabinenschlüssel in die Hand gedrückt. Durch eine Fehlbuchung waren auf ihren Namen zwei Kabinen gebucht worden und eine war nun über. Und kostete nicht mal was. Das ist vielleicht ein nettes Stück Glück! Da laden wir die beiden doch gerne zu einem Bier ein. Erst zu einem Heinecken, dann zu einem sardischen Ichnusa (sprich Ickhnusa), welches wir dann auch künftig gerne trinken werden. Allzu lang wird der Abend nicht mehr, es geht auf Mitternacht zu und um 6.30 Uhr ist die Nacht schon wieder vorbei. In der Kabine werden wir vom Rumpeln des Motors mehr oder weniger gut in den Schlaf gewiegt oder besser: geschüttelt. Das Aggregat müsste dringend mal eine Ausgleichswelle spendiert bekommen. Die Matratzen sind auch arg hart. Die eingesparten 140 Euro sind wirklich eine Frechheit!


Abendtrunk mit Iris und Michael

piko Offline




Beiträge: 16.462

05.05.2011 09:01
#18 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Zitat
Umso überraschender ist es, dass nicht junge angehende Akademiker, die in den 60er Jahren die Klientel stellten, den Bus verlassen, sondern es sind Herrschaften weit im Rentenalter. Scheinbar sind die Reisenden von damals dieser Form des Tourismus treu geblieben und zusammen mit dieser Geschäftsidee gealtert.

Ich weiß was ... ich weiß was ...

Das waren bestimmt "Ost-Rentner" ... hierher sind die meisten dieser Busse nach 1990 nämlich "umgesiedelt" worden ... hast du nicht auf das Kennzeichen des Busses geachtet?! Ich kenne jedenfalls einen(Rentner) der regelmäßig mit diesem "Vietransporter" Urlaub macht ... soll billich sein, man kommt rum und die Nähe ist(bei ihm) gewollt, da die meisten Singles oder verwitwet sind.

piko

warum einfach, wenn's auch kompliziert geht

Soulie Offline




Beiträge: 29.675

05.05.2011 16:49
#19 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Schön schön, Martin!
Ich hatte immer geglaubt, dass es nur Alte sind,
die sich so eine Rotel-Bustour antun.
Die schlafen (schliefen) aber nur dann in den Nischen,
wenns kein Hotel weit und breit gab.
Und billig waren diese Reisen früher nicht.
Aber vielleicht hat sich das Konzept geändert.

Die Teufelsbrücke ist statisch absolut sauber gebaut.
Umgekehrte Seillinie. Sieht man auch nach wie vor in alten Tunnels.
Bei der Spannweite des großen Bogens ergibt sich dann die Steigung.

Grüße
Soulie

Hobby Offline




Beiträge: 42.403

05.05.2011 17:45
#20 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Zitat
Enduro links



und Enduro rechts ist ziemlich selten...

.
.
Gruß Hobby

der mit drei W-Treffen im europäischen Ausland....

srtom Online




Beiträge: 6.040

05.05.2011 20:26
#21 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Warum habt ihr das rote Museum in Maranello links liegen lassen

Falcone Online




Beiträge: 113.815

06.05.2011 07:49
#22 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Weiß nicht. Hat mich nicht wirklich interessiert. Ist nicht meine Welt.

Grüße
Falcone

Falcone Online




Beiträge: 113.815

06.05.2011 08:21
#23 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

4. Tag - Montag, der 18.4.

Nachdem uns der Lautsprecher am frühen Morgen geweckt hat, gehen wir in den großen "Ballsaal" im Bug der Fähre und beobachten die Anfahrt nach Olbia. Schräg hinter uns geht die Sonne auf. Immer wieder spannend das zentimetergenaue Wendemanöver und rückwärts einparken eines solch riesigen Pottes.


Sonnenaufgang – für die schmutzigen Scheiben der Fähre kann ich nix.

Bald hinter Olbia, in Richtung Norden fahrend, halten wir an einer Fernfahrer-Bar an und trinken Cappuccino und essen dazu Brioche, alles für wenig Geld.


Bar – gleich rechts hinter Olbia


Die Tour führt uns entlang der Costa Smeralda, benannt nach dem dort verbreiteten smaragdgrünen Meerwasser. Diesen Landstrich hatte Aga Khan in den 60er Jahren von Schafhirten abgekauft und er wird nun von den Superreichen bewohnt. Besonders ansprechend finden wir die Ferienorte nicht, höchstens ein paar Yachten in den Häfen können beeindrucken. Um dort residieren zu dürfe, muss man nicht nur reich sein, berühmt sein ist auch eine Voraussetzung. Erzählte man uns zumindest. Aber um diese Jahreszeit ist eigentlich noch "tote Hose" – man sieht kaum jemanden auf den Straßen, lediglich einige Bautrupps nehmen Reparaturen an den Gebäuden und an der Infrastruktur vor. In Porto Cervo, dem zentralen Ort der Costa Smeralda, halten wir an. Der Hafen macht auf uns den Eindruck einer von Hundertwasser gestalteten Disney-World. Die auf alt getrimmten Häuser rund um das Hafenbecken sind schon interessant und auch hübsch anzuschauen, wirken aber halt künstlich und sind nicht natürlich gewachsen.


Hafen von Porto Cervo


Yacht. Scheint dort immer zu wohnen – ist jedenfalls auch auf Google zu entdecken.


Costa Smeralda von Porto Cervo aus.

Für Interessierte: Bilder zu Porto Cervo und zur Costa Smeralda gibt es haufenweise bei "Google Bilder"



Den nächsten Halt beschert uns eine nicht mehr vorhandene Straße. Die im Navi noch angeführte Strecke war zwischenzeitlich renaturiert worden und so will es uns über einen Strand führen. Diese Gelegenheit nutzen wir für eine kleine Pause am Golfo delle Saline und schauen "Jesus-Vögeln" zu, die scheinbar auf dem Wasser laufen – zumindest hinterlassen die Strandläufer auf dem sehr flachen Wasser der Lagune dieses Bild. Auch hier sind wir alleine auf weiter Flur, die Saison hat halt noch nicht begonnen. Lediglich ein alter Setra-Bus aus den 50er Jahren mit deutschem Kennzeichen steht versteckt in den Büschen und man hört in paar Stimmen von dort.


Wasserläufer


Saline-Bucht

Das nächste Ziel ist Capo de Orso, der Kopf des Bären – eine Gesteinsformation im Norden der Insel. Obwohl wir auch hier fast die einzigen Besucher sind, kommt gleich ein diensteifriger Parkplatzwächter auf uns zu und gibt uns zu verstehen, dass wir auf den (kostenpflichtigen) Parkplatz fahren müssen, um den Fels zu bestaunen. Diesen Platz verlassen jedoch Iris und Michael gerade und berichten, dass der Fels von dieser Seite aus gar nicht wie ein Bärenkopf aussähe. Diesen Anblick habe man nur von der Straße aus, auf der wir gerade gekommen sind. Der Parkplatz-Onkel machte nun ein langes Gesicht, als wir wieder entschwinden und unser Wissen auch noch der Gruppe von den gerade ankommenden Geländemotorrädern weitergeben, die wir zuvor auf der Fähre auch schon kurz kennen gelernt hatten. Beim Wegfahren halten wir noch mal kurz auf ein Foto an – und tatsächlich, mit etwas Phantasie kann man einen Bärenkopf in dem Felsen erkennen. Dennoch unser Fazit: Deswegen dort hin fahren lohnt sich wirklich nicht.


Iris und Michael kommen uns am Parkplatz entgegen. Im Hintergrund das Massiv, hinter dem sich der Bär versteckt.


So präsentiert sich der Bär von der Straße aus …


… und so sieht man ihn auf Postkarten etc.


So kommen wir bald in Palau an und setzen uns in die Hafenbar, um dem dortigen Treiben zuzuschauen. Nicht lange nach uns fahren Iris und Michael wieder vorbei. Nach einiger Zeit kommen sie zurück, stellen auch ihre Motorräder am Kai ab und setzen sich zu uns.
Sie hatten eigentlich vor, auf die kleine vorgelagerte Insel La Maddalena überzusetzen, scheuten aber dann doch die Fährkosten von 50 Euro pro Person, die in keinem Verhältnis stehen. Damit hat sich auch für uns der schon angedachte Besuch der Insel erledigt.
Gemeinsam beobachten wir einen jungen Sarden, der seinen Vater am Mast eines Seegelbootes festbindet und ihn dann mittels einer laut quietschender Winde hinaufzieht. Dort lässt er ihn hängen. Aus lauter Langeweile beginnt der Alte dort oben an einer Lampe herumzureparieren. Er tut uns schon irgendwie leid. Ob er immer noch dort hängt?


Im Hafen von Palau


Entspannen in der Sonne mit Iris und Michael und dabei …


… zusehen, wie ein Boot raus fährt.


Nach dem Entspannen noch ein bisschen ausruhen – im Hintergrund wird der alte Mann am Mast hochgezogen, wo …


… er dann rumhängt.


Nach etwas Dösen in der Sonne (die Nacht auf der Fähre ist wohl doch noch nicht ganz überwunden) schwenken wir nach Süden ab, wo als nächstes Ziel ein Nuraghe ansteht. Dies sind Wehr- und Kultbauten der Urbewohner der Insel, von denen es recht viele gibt und die etwa zwischen 3000 und 4000 Jahre alt sind.


Nuraghe

Die Straße ist sehr schmal und geht in eine Sand- und Schotterpiste über. Aber am Nuraghe selbst gibt es natürlich einen kostenpflichtigen Parkplatz und touristische Infrastruktur, die uns schnell wieder von hier vertreibt.
Zum Glück sollte dies die letzte touristisch „verdorbene“ Station sein – von jetzt ab kommen wir auf sehr einsame Straßen in die sardischen Berge. Die eigentliche Sardininen-Reise hat begonnen.


Noch ist die Straße ins Land gerade, aber schon schmal, …


… aber immer mehr interessante Felsformationen in der bergigen Landschaft begleiten uns

Die Kurven nehmen immer mehr zu, die Landschaft wird wildromantisch und ziemlich einsam. Immer wieder begegnen wir den Schienen einer Schmalspurbahn, die auf uns den Eindruck machte, dass nicht mehr genutzt wird. So gibt es zum Beispiel keine Schranken, sondern verrostete Gatter, die wie Tore über die Straße geschlossen werden müssen. Wie wir aber später erfahren, ist die Strecke nicht stillgelegt, obwohl die rostigen Schienen darauf hin deuteten. Eine Fahrt auf dieser Strecke ist sicher eine Attraktion, nicht nur für Eisenbahnfreunde.

Unsere nächste Rast machen wir in der Altstadt von Tempio Pausania, gerade rechtzeitig, bevor ab 13 Uhr alles in die Siesta verfällt. Eine Tatsache, auf die wir und schnell einstellen müssen – denn dann geht bis 16 Uhr gar nichts mehr. Alle Geschäfte haben geschlossen, auch die Tankstellen. Bei letzteren bekommt man aber meist trotzdem noch Benzin, denn so gut wie alle haben inzwischen Kartenautomaten aufgestellt, die auch Geldscheine nehmen – allerdings wiederum meist nur das Geld und nicht die Karte. Mir ist es jedenfalls auf der gesamten Insel nicht ein einziges Mal gelungen, Benzin mit der Eurocard zu bezahlen. Schnell achten wir drauf, immer Zwanzig- und Fünf-Euro-Scheine in Reserve zu haben, denn je nach zurückgelegten Kilometern kann man damit die beiden Tanks immer recht passend füllen. Das Benzin kostet etwa so viel wie bei uns.


Pause in Pausania

Das Verlassen von Tempio Pausania wird uns nicht ganz einfach gemacht. Viele Enge Gassen, fast alle sind Einbahnstraßen und steile Auf- und Abfahrten bringen unsere Orientierung durcheinander und der Wunsch des Navi und die Gegebenheiten sind nicht immer Deckungsgleich. So kommen wir auch noch am Bahnhof vorbei. Züge sehen wir keine, ganz ausgestorben scheint er aber auch nicht zu sein. Die beiden verrosteten Dampfloks waren aber sicher schon lange nicht mehr in Betrieb.


Loks in Tempio Pausania

Bald biegt eine kleine Straße nach links ab und führt uns einen steilen Berg hinauf. Schon lange sahen wir die vielen Sendemasten auf einer Bergspitze. Es ist der Punta Balestrieri, mit 1.362 m die höchste Erhebung der Gallura im Limbara-Massiv. Das Sträßlein muss sich vor den schwierigsten Alpenpässen nicht verstecken. Steil und eng führen Serpentinen den Hang hinauf, teilweise findet sich nicht mal ein gerades Stück zwischen den Tornanti. Unermüdlich krabbeln die Ws die Steigung rauf. Schilder weisen darauf hin, dass besonderes Fahrkönnen angebracht ist. Der Weg führt ganz bis hoch auf den Gipfel. Lediglich die letzten Meter werden durch ein Tor versperrt, das zwar geöffnet ist, aber die Zufahrt zu einem Militärgelände darstellt und durch Kameras und einen böse blickenden und auch knurrenden Schäferhund bewacht ist. Es ist zwar keine Menschenseele zu sehen, aber wir lassen die Motorräder trotzdem davor stehen und schauen uns zu Fuß ein wenig um. Der Antennenwald hat was futuristisches, die archaischen Steinformationen stehen in krassem Gegensatz dazu. Etliche Anhäufungen von riesigen Steinen umgeben uns, durch Verwitterungen nicht schroff und hart geformt, sondern weich und rund – fast könnte man meinen, Henry Moore hätte sich hier ausgetobt. Dazu ist es hier oben völlig ruhig, bis auf einen Generator, der in regelmäßigen Abständen anspringt und den man aber bald schon nicht mehr wahrnimmt. Leider ist es ein wenig diesig, und so wird der an sich wohl grenzenlose Blick in die Ferne vom Dach Sardiniens etwas getrübt.
Erstaunt sind wir, dass wir wirklich ganz alleine sind. Niemand sonst scheint sich die Mühe zu machen, auf diesen Gipfel hinauf zu fahren.


Hier ein Bild aus Google vom Punta Balestrieri - ich selbst habe versäumt, eines vor der Auffahrt zu machen


Auf dem Gipfel


Die Motorräder vor dem Militärgelände


Der Weg hoch zum Gipfel


Fantastischer Blick über die Insel


Skurrile Felshaufen, die …


… aus der Nähe wie moderne Skulpturen aussehen.



In der Fortsetzung der Fahrt wird es immer kurviger. Die zwar schmale, aber sich meistens in gutem Zustand befindliche Straße kennt keine gerade Stücke, ein regelrechter Kurventanz erfordert zwar volle Aufmerksamkeit, macht aber wirklich gute Laune. Kurven bis zum schwindelig werden. Rechts und links sind Weiden, eingefasst durch Steinmäuerchen, die teilweise an Schottland erinnern. Kleine Schafherden, aber auch ein paar Kühe und auch Schweine sind zu sehen. Anhalten ist, auch wie in Schottland schwierig, weil es keinen Raum zwischen den Mauern und der Straße gibt. Unter einer Eiche im Bereich einer Einfahrt finden wir dann ein Plätzchen, knapp ausreichend für beide Motorräder und uns. So können wir uns ein wenig von den Kurven erholen. Ich nicke ein, an den Baumstamm gelehnt, ganz so, wie es auch die sardischen Hirten tun.


Pause unter Korkeiche

So eine Korkeiche ist schon ganz interessant. Ihre Rinde wird, wenn sie etwa 5cm dick ist, abgeschält. Der nackte Baum darunter ist dann erst mal dunkelrot und wird später schwarz. Die Rinde wächst wieder nach, so dass nach etwa 10 Jahren wieder geschält werden kann.
In seinem Leben kann so ein Baum daher bis zu 200 kg Kork liefern. Das ist eine ganze Menge.
Die rissige dicke Rinde wird von allerlei Getier bewohnt, vorwiegend Ameisen. Eine Pause an einer Korkeiche kann also heftiges Kribbeln in den Klamotten nach sich ziehen!



Geschälte Korkeiche


Nach einer kleinen Weile nehmen wir die Fahrt wider auf und kommen nach wenigen hundert Metern an den recht großen Lago del Coghinas. Tja, da hatten wir unsere Pause etwas zu früh gemacht, hier wäre es noch schöner gewesen und Platz ohne Ende gab es auch. Egal, nun fahren wir weiter, über eine Brücke über den Ostrand des Sees und bald darauf an Oschiri westlich vorbei. Weiter geht es südlich bis San Nicola, von wo aus wir wieder nach Nordwesten abschwenken und nun eine Ebene queren, in der vereinzelte Höfe stehen, teilweise recht malerisch auf Felsen, teilweise flach in die Ebene geschmiegt. Auch ein Nuraghe sehen wir, der nicht touristisch erschlossen scheint, finden aber keinen Weg dorthin. Wir wollen auch nicht allzu viel Zeit verlieren, denn wir müssen noch vor dem Abend einen größeren Ort mit Möglichkeit zur Übernachtung finden.


Brücke über Lago del Coghinas


Die ersten Schweine. Zwar nicht wirklich eingezäunt, aber auch nicht wirklich wild.


Einsamer Bauernhof, schön gelegen.


Auch schön und einsam gelegen: Ein Nuraghe.


Nach einem weiten Tal liegt Nulvi vor uns.


Wandmalerei in Nulvi


Hinter Chiramonti geht es wieder in die Berge und der Kurventanz beginnt aufs neue. Über Martis, Nulvi und Osilo windet sich die Straße. Hinter Pirastreddu biegen wir links ab und kürzen die Strecke etwas. Wir werden müde, der Tag geht langsam zu Ende und wir wollen jetzt nach Sassari, um eine Übernachtung zu finden. Dies gelingt uns auch bald in Stadtmitte im Hotel Van Goch. Wir machen uns zu Fuß auf, die Stadt zu erkunden und auch, um etwas zu essen. Diese Bemühung wird jedoch nachhaltig konterkariert, es gibt zwar einige Bars, aber wir finden einfach kein Restaurant. Entweder sind wir einfach im falschen Viertel gelandet oder in der Stadtmitte geht man abends nicht zum Essen. Dann landen wir in einer recht ansprechenden Spaghetteria. Doch die dort auf der Karte aufgerufenen Preise für einen Teller Spaghetti (andere Speisen gibt es tatsächlich nicht), lassen uns wieder aufstehen und das Lokal verlassen. Wenige Meter weiter gab es noch einen Chinesen, wo wir für wenig Geld das weltweit einheitliche Mahl dieser Lokale einnehmen konnten. Da weiß man doch, was man hat. Und hier werden wir auch an die italienische Besonderheit erinnert, dass man erst mal für nichts zu bezahlen hat, sozusagen einen Eintritt, der sich "Coperti" nennt und sich zwischen ein und zwei Euro pro Person bewegt. Diese Besonderheit hatten sich die Chinesen natürlich auch gleich zu Eigen gemacht.
Sassari hat jedenfalls keinen bleiben Eindruck hinterlassen, eine, wie wir finden, recht charakterlose Stadt.

Grüße
Falcone

piko Offline




Beiträge: 16.462

06.05.2011 09:30
#24 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Zitat von Falcone

Sonnenaufgang – für die schmutzigen Scheiben der Fähre kann ich nix



Spitzenbild! ... gerade wegen der schmutzig-schmierigen Scheibe! ... hat schon fast was von einem Gemälde ...

piko

warum einfach, wenn's auch kompliziert geht

Soulie Offline




Beiträge: 29.675

06.05.2011 09:34
#25 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Hach, wie schön!
Ich meine jetzt nicht die schmutzige Scheibe.
In so einem Nuraghe hab ich mal gepennt.
Nicht besonders gut allerdings.
Klasse Reisebericht, Martin!

Gruß
Soulie

CHEstrella Offline




Beiträge: 11.682

06.05.2011 10:01
#26 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Dieser Bericht baut mich wieder auf.
Danke dafür.


Der CHEstrella

viva la vida

Nisiboy Offline




Beiträge: 5.695

06.05.2011 11:55
#27 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Meine positive Kritik kriegt ihr erst, wenn Ihr wieder zuhause seid.

Grüße aus dem Norden

Nisiboy

gerry Offline




Beiträge: 3.997

06.05.2011 13:29
#28 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Zitat von Falcone
[b]
Sonnenaufgang – für die schmutzigen Scheiben der Fähre kann ich nix.



Du sollst ja auch nicht auf die Scheibe scharf stellen sondern auf die Landschaft.

Gruß Gerry



zzzz

nobbi Offline



Beiträge: 3.598

06.05.2011 14:51
#29 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Automatic

ALLES WIRD GUT!

BO NZ 4
BO ZN 4

Nisiboy Offline




Beiträge: 5.695

06.05.2011 15:23
#30 RE: Falcones Reisen: Sardinien/Korsika 2011, maiale e porcs Antworten

Zitat von nobbi
Automatic



Glaub ich nicht. Das ist doch gerade der Reiz an dem Bild, dass es eben nicht der 100.000ste Sonnenuntergang ist, der auf Sardinien genau so aussieht wie auf Malle. Sondern der sanfte Spiegeleffekt der Durchsichtigkeit ist es, der uns, dem Betrachter, den Spiegel vorhält. Allein schon, dass wir darüber reden, hätte ein pimpf-normales SU-Bild sicher nicht bewirkt. Ist schon ein ganz raffinierter Künstler, der Falcone.

Grüße aus dem Norden

Nisiboy

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