Ich habe in einer MZ-Betriebsanleitung folgenden interessanten Text gefunden:
3.2. Hinweise zur Fahrtechnik
Gespannfahren ist etwas ganz anderes als die Benutzung eines Solomotorrades.
Das Solomotorrad wird durch seitliche Schwerpunktverlagerung in die Kurve "gelegt" oder "gedrückt", das Gespann als Zweispurfahrzeug nur gelenkt! Beide Lenkarten sind so grundverschieden in ihren Auswirkungen, daß sich der Gespann-Neuling nicht sofort in den dichtesten Verkehr begeben sollte. Das gilt auch für erfahrene Solomotorradfahrer!
Auf einem freien Platz, wo Sie keinen Schaden anrichten können, wird das Kurvenfahren so lange geübt, bis Ihnen das Fahrverhalten des Gespannes in Kurven so geläufig ist, daß Sie auch im Gefahrenmoment richtig reagieren. Dazu werden einige Rechts- und Linkskurven markiert, wie das bei Geschicklichkeitsfahrten üblich ist.
Bei diesen "Slalomfahrten" keine Angst vor dem Hochkommen des Seitenwagens. Wenn Sie nicht erschrecken und nicht falsch reagieren, geht er auch wieder runter!
Üben Sie das Fahren mit dem "dritten Bein in der Luft", denn nicht theoretisches Wissen und Optimismus schützt Sie vor Unfällen, sondern Fahrroutine durch intensives Training und vernünftige Fahrweise!
Folgende Grundregeln sind beim Kurvenfahren zu beachten:
1. Bei Linkskurven im Kurveneinlauf Gas wegnehmen
Der Seitenwagen will, bedingt durch die Masseträgheit, weiterlaufen. Das links eingeschlagene Vorderrad zwingt ihn um das Motorrad herumzulaufen. Leichtes Abbremsen im Scheitelpunkt der Kurve unterstützt diesen Vorgang. Nicht "übersteuern" und das Gespann in die Kurve reißen. Das kostet Reifen und bringt Kippgefahr!
2. Bei Rechtskurven vor der Kurve mit der Geschwindigkeit etwas zurückgehen und im Kurveneinlauf wieder zügig Gas geben.
Auch hier macht sich die Massenträgheit wieder bemerkbar. Wenn das Fahrzeug beschleunigt wird, bleibt der Seitenwagen etwas zurück. Das Motorrad will gewissermaßen um den Seitenwagen herumlaufen. Diesen Impuls müssen Sie ausnutzen und in Rechtskurven "Gas stehen lassen". Aber dabei immer eine gewisse Reserve behalten, denn wenn der Seitenwagen doch hochkommt (Straßenunebenheiten, zu hohe Geschwindigkeit), geht er nur durch zusätzliches Beschleunigen und Verlagern des Oberkörpers nach rechts - zum Seitenwagen hin - wieder herunter.*
Falsch reagieren bedeutet meist schon Unfall! Lassen Sie es als Gespann-Neuling in Rechtskurven nicht auf eine "Notbremsung" ankommen!
Achtung! Was für ein Solomotorrad eine Notwendigkeit ist, hat erst recht für den Gespannbetrieb Gültigkeit: immer die Vorderradbremse mit benutzen.
*) ... war mir neu und ist(mittlerweile) theoretisch klar, aber wie bekommt man das umgesetzt? Ich glaube ich wär da nach 30jahren Solomotorradfahren zu blöd für ...
Zitat von pikoAber dabei immer eine gewisse Reserve behalten, denn wenn der Seitenwagen doch hochkommt (Straßenunebenheiten, zu hohe Geschwindigkeit), geht er nur durch zusätzliches Beschleunigen und Verlagern des Oberkörpers nach rechts - zum Seitenwagen hin - wieder herunter.*
Das ist ja schon einige Male im Forum diskutiert worden. Und die erfahrenen Gespannfahrer hier berichten, dass das Käse sei. Das einzige, was helfe, sei Aufmachen und Bremsen.
Zitat Das Solomotorrad wird durch seitliche Schwerpunktverlagerung in die Kurve "gelegt" oder "gedrückt",
Mann, mann, vermutlich wusste man es Anfang der 60er nicht besser, denn du zitierst ja aus dem Gespann-Heftchen aus den frühen 60er Jahren, das mit dem Seitenwagen zur ES250/2 herausgegeben wurde.
Zitat geht er nur durch zusätzliches Beschleunigen und Verlagern des Oberkörpers nach rechts - zum Seitenwagen hin - wieder herunter.*
Das ist natürlich Stuss und man weiß es heute einfach besser. Leider taucht das wegen dieser alten Schriften immer wieder mal auf. Ich hab so was auch noch in der Fahrschule mitgeteilt bekommen, wie auch, dass man einen sich aufschaukelnden Anhänger durch Gasgeben stabilisieren muss.
Wenn der Seitenwagen hochkommt, einfach Gas weg oder kurz auf die Bremse.
Zitat von FalconeMann, mann, vermutlich wusste man es Anfang der 60er nicht besser, denn du zitierst ja aus dem Gespann-Heftchen aus den frühen 60er Jahren, das mit dem Seitenwagen zur ES250/2 herausgegeben wurde.
Nein, der Text stammt aus dem "aktuellen" Velorex-Gespann-Handbuch von 1995 ...
Ich muss noch mal was zu schreiben , weil du sagt, es sei dir theoretisch klar. Versuche dir mal vorzustellen, ein Seitenwagen hebt in der Rechtskurve ab. Der Schwerpunkt ist hoch und das Gespann strebt somit nach außen oder, falls du die gedachte Kurve beibehälst, kippt um, weil sich der Schwerpunkt ja noch weiter nach links verlagert. Legst du dich jetzt zu Seitenwagen hin, so die Theorie, verlagerst du den Schwerpunkt wieder nach rechts über den Seitenwagen und der müsste wieder runterkommen. Falsch gedacht, denn du stützt dich bei der Einleitung der Gewichtsverlagerung am Motorrad ab, also machst du eine ruckartige Bewegung, die unten auf die Fußraste drückt - spätestens in dem Moment geht der Seitenwagen richtig hoch und zwar bevor du dein Gewicht über ihn bringen kannst. Die haben das Richtige damals beobachtet, aber die falschen Schlüsse gezogen. Richtig ist nämlich, dass du das Gewicht deines Körpers bereits vor der Kurve über de Seitenwagen bringst und dann während der ganzen Rechtskurve leicht beschleunigst. So bleibt der Seitenwagen unten und das Motorrad läuft tatsächlich gewissermaßen um ihn herum. Kommt er aber erst mal hoch, kann ihn der erfahrene Gespannfahrer zwar noch in der Balance halten, aber normalerweise musst du, wie Serpel schreibt, entweder den Radius öffnen oder die Geschwindigkeit verringern - also die Energie rausnehmen. Meist macht man einfach beides: Etwas vom Gas und leicht den Radius öffnen.
Ne, Piko, der Text stammt wortwörtlich aus dem Gespann-Leitfaden von Stoye der ab 1967 den MZ-Seitenwagen und MZ-Gespannen beigegeben wurde. Und die haben den Inhalt auch nicht "erfunden" Abgeschrieben wird so was ja gerne.
Zitat von FalconeWenn der Seitenwagen hochkommt, einfach Gas weg oder kurz auf die Bremse.
Nach dem Text und meiner Logik hätte ich vermutet, daß der SW dann noch mehr steigt ... also nicht(?!) ... auch gut. Ich glaube, ich muß das doch mal probieren ... das macht mich jetzt echt neugierig ...
Wie gesagt, wortwörtlich übernommen von MZ aus einer Schrift von 1967. Das Peinliche ist, das ein Blick in irgendeine aktuelle Gespannliteratur die Leutchen 1995 schon hätte eines besseren belehren können! Da war das Thema schon nicht mehr strittig.
Kleine Geschichte am Rande... Gleich nach der Wende, hat sich der 18-20 jährige Bruder eines Kumpels von mir, ein MZ ETZ Gespann gekauft. Er hatte das Ding nicht mal eine Woche. Seinen besten Freund abgeholt und sind dann die schönste Landstraße, die wir hier haben, gefahren. In einer Linkskurve sind sie dann von ihrer Fahrbahn abgekommen, in den Gegenverkehr. Dort frontal in einen LKW. Der Grund des Unfalles, konnte nie geklärt werden. Es konnte nicht mal mehr festgestellt werden, wer von den beiden gefahren ist.
Ich kann mir eigentlich nur vorstellen, dass ein Reifen geplatzt ist, oder das sie viel zu schnell waren, und vorne über den Beiwagen abgenickt sind, und dadurch die Fahrlinie verrissen haben.