Und während Aksell seine Brain-Swatch auf den Anruf eines gespeicherten Freundes, durch die Eingabe des PERSONAL-FRIEND-Codes aktiviert, der dann die Telefon-Nummer der Liegenschaft im Odenwald anwählt, genießt Jörch den fantastischen Ausblick auf die gesamte SELLA-Gruppe........
Samstag der 28. Juni, nachmittags 16.20 h, HEID-SCHNUCKENBACH / Odenwald
Mark Scools, der 5. Nachfahre eines nord-australischen Nomadenstammes ist gerade mit dem Schließen des Gatters beschäftigt, als das Mobilteil seines etwas altertümlichen TELEKOM-Gerätes, das er immer mit sich herumträgt, einen überaus altbackenen Klingelton von sich gibt. Er, der in seinem früheren Leben als Staubsauger-Vertreter unterwegs war, ist mit 48 Jahren ausgestiegen und hat seine Hobby zum Beruf gemacht. Die Aufzucht von Schafen und die Vermarktung der daraus resultierenden Produkte, wie Lammfelle, Hammelfleisch und die Herstellung von Schafskäse sind seitdem zu seinem Lebensinhalt geworden. In der Nähe von Heid-Schnuckenbach, im Odenwald, wo er seit circa 20 Jahren etwas zurückgezogen lebt, betreibt er einen Hof mit 10 Hektar Weidefläche und 1.586 Tieren. In seinem ehemaligen Motorrad-Freundeskreis galt er zwar nicht gerade als lamm-fromm, trotzdem war aber schon damals seine Affinität zu den blökenden Paarhufern offen- sichtlich zu Tage getreten. Und so vertiefte er sukzessive die, im Laufe der Jahre gewonnenen Erkenntnisse über diese Weidetieren bis zu dem Moment, da er daraus Kapital schlagen konnte. Es gab nur eine gewisse Zäsur zu dem Zeitpunkt, als die Nachwehen der AGENDA 2010, die erst im Jahre 2018 spürbar wurden und eine drastische Verschärfung der Abgasgesetzte beinhalteten, darin gipfelten, die Ausdünstungen freilaufender Herden-tiere zu versteuern. Die damals dem deutschen Landwirtschaftsminister OLIVER TRITTIN, einem Neffen des ehemaligen Bundes-Umweltministers, vorgelegte Unterschriftenliste zur radikalen Abschaffung der "FURZ"-Steuer, wie sie im Volksmund genannt wurde und die so manchen Landwirt an den Rande des Ruins trieb, erregte bundesweites Aufsehen. Und Mark, der als der Initiator der Kampagne gegen dieses Gesetz galt, sah sich demzufolge außergewöhnlich scharfen Repressalien ausgesetzt. Daß ihm das, rein wirtschaftlich, aber nichts anhaben konnte, hatte er alleine dem Umstand zu verdanken, dass die Qualität seiner Rohprodukte als nahezu konkurrenzlos angesehen wurde. So war zum Beispiel die Lammfellstiefel-Produktion der Firma WALKERS in Pirmasens, die ihr Sortiment vor Allem an die großen Versandhäuser abgab, ohne Frage von den Lieferungen der Roh-Häute des Betriebes in Heid-Schnuckenbach seit Jahren abhängig. Und auch die, durch den kompletten Wegfall der Rinderzucht entstandene, ständig steigende Nachfrage nach Lammfleisch, Schafsmilch und speziell nach Schafskäse, hatte ihn zum schärfsten Konkurrenten der, schon längst in französischem Staatsbesitz befindlichen Käserei in ROQUEFORT werden lassen. Was zugleich aber auch nicht unerheblich zu einer politisch brisanten Zuspitzung der schwierigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Frankreich und Deutschland im Jahre 2020 maßgeblich beitrug. Da seine früheren Beziehungen zum Nachbarstaat und ganz speziell zu dessen östlichstem Randbereich von außerordentlich guter Qualität waren, was sich auch unschwer an seiner Unterschrift im Goldenen Buch der Stadt COLMAR widerspiegelte, hatte er aber auch entscheidenden Einfluss auf den positiven Ausgang der Sondierungs-Gespräche zwischen dem deutschen Bundeskanzler GUIDO WESTERWELLE und dem französischen Staatspräsident GÉRARD DEPARDIEU. Nur die Erklärung, die VOGESEN zum uneingeschränkten Naturschutz-Gebiet zu machen, trübte das Verhältnis und stellte für Mark eine extreme, psychische Belastung dar. Includierte doch dieses Verdikt unter Anderem auch das absolute Verbot des Betreibens von Fahrzeugen mit Verbrennungs-Motor, im gesamten Bereich zwischen HAGENAU im Norden und MULHOUSE im Süden und konterkarierte seine Obsession derart, dass als Folge dessen zeitweise auftretende Depressionen an der Tagesordnung waren. Diese wusste er jedoch mit seinem unerschütterlichen Optimismus elegant zu überspielen.
Einzig das erneute Ansinnen des Naturschutzbundes und der Hessischen Landesregierung, den Wolf im Odenwald wieder heimisch zu machen, bereitete ihm schon weit schlimmeres Kopfzerbrechen. War ihm doch die äußerst brisante Konstellation zwischen diesem Raub-tier und den domestizierten Wolle-Spendern bis in alle Einzelheiten bewusst. Dieses Bewusstsein verschaffte ihm ein eigenartig-flaues gefühl im Verdauungs-Trakt. Und mit diesem flauen Gefühl im Magen lief Mark schon den ganzen Tag umher, als er den Klingel-ton vernahm und auf die grüne Taste mit dem "HÖRER ABHEBEN"-Symbol drückt um sich zu melden: "Hallo, hier Scools." --- "Hallo, hier Jagger" erwidert Aksell erheitert. "Seit wann meldest du dich denn mit dem Nachnamen ?" wundert der sich. "Ja weiß ich denn, dass gerade du jetzt anrufst ??? Könnte ja auch irgendein Fuzzy aus der Textil- oder Schuh-Branche sein, man weiß ja nie. Und du weißt doch auch, dass ich noch so ein vorsinntflutliches Telefon ohne so ein Bildübertragungs-Display habe", erklärt er nebenbei. "Was gibt’s denn ?" will er von Aksell wissen. "Ja, ob du’s glaubst oder nich, aber Jörch is grade bei mir zu Besuch, und er will wissen, ob Paolo eigentlich noch die Reise-Leitung macht. Du weißt doch noch, die Touren damals, durch die Vogesen, den Odenwald, den Thüringer Wald und so. Dat war doch immer sein Job." -– "Ja, ich denke schon, habe schon länger nichts mehr von ihm gehört. Aber soweit ich weiß, ist er schon wieder aus dem Urlaub zurück, wie ich aus dem Forum erfahren konnte. Ich habe dort so einen kleinen Bericht über’s "Motorradwandern auf den Seychellen" von ihm gelesen. Mal seh’n vielleicht kommt er morgen mal wieder zum KORNSAND," spekuliert Mark, "ich denke, dass ich auch dort hin fahre. Mal seh’n. Du Aksell, sei mir nicht böse, aber ich habe im Moment wirklich viel um die Ohren und ich muss sehen, dass ich mir die verbleibende Freizeit gut einteile. Also lass’ uns morgen Abend noch mal telefonieren und sag’ dem GURU, wie wir ihn damals immer genannt haben, noch einen schönen Gruss."—- "Jau, werd ich machen, Mark. Also denn: mach et jut, bis die Tage. Und hau rein, wie schnell is nix getan", verabschiedet sich Aksell mit seinem uralten Slogan. Und während Scools bereits schon wieder in seinem Haus angelangt ist und auf die rote "HÖRER AUFLEGEN"-Taste drückt, schaut er auf seinen Kalender, um festzustellen, dass er am morgigen Tag tatsächlich noch garnichts Besonderes vor hatte.
Und das Wetter versprach sehr freundlich zu werden..............
-------------------------------------------------- Die Spatzen von den Dächern pfeifen: "S'wird Frühling, lasst die Nippel schleifen!"
Und das Wetter versprach sehr freundlich zu werden ..............
Sonntag der 29. Juni 2025, mittags 12.35 h, KORNSAND / Südhessen
Es ist 5 Uhr 48 als Mark durch das penetrante Gezwitscher einer Spatzen-Truppe und die ersten, über die Odenwaldhügel gleitenden Sonnenstrahlen des längsten Tages im Jahr wachgeküsst wird. Dass die Fahrt zum KORNSAND, der eine ganze Ecke von seiner Liegenschaft entfernt war, weit mehr als 2 Stunden in Anspruch nehmen würde ließ ihn so früh aufstehen, und dass er heute seit langem einmal wieder zu dem Treffpunkt am Rhein-ufer fahren würde, stand außer Frage. Nachdem Mark in aller Ruhe ein ausgiebiges Frühstück zu sich genommen hatte, sammelte er plötzlich hastig seine Mopped-Klamotten, um sich für den ausgiebigen Ritt mit seiner brandneuen Triumph ROCKET VI startklar zu machen. Dieses absolute Monster des Motorradbaus, mit 6 Zylindern in V-Form und 3598 ccm Hubraum, war der legitime Nachfolger der erstmals 2004 vorgestellten, neuen Typenreihe. Seine W 1600 aus dem Baujahr 2018 hatte er zwar immer noch, aber der auserkorene Treff mit seinen Geistes-brüdern in der Nähe von Oppenheim schien der willkommene Anlass zu sein, das beste Pferd im Stall endlich einmal auszuführen und von den dort Anwesenden bestaunen zu lassen. Und so macht er sich gegen 8.45 h auf den Weg durch den, mittlerweile zur Weideland-schaft verkommenen Odenwald, dessen Baumbestand im Laufe der letzten 10 Jahre doch sehr gelitten hatte. Alleine nach Bütikofers Begradigungs-Gesetz von 2015 mussten weit mehr Buchen und Fichten gerodet werden, als im halben Jahrhundert zuvor. Dieser Zustand ermöglichte zwar ein äußerst zügiges Vorankommen auf der nur noch leicht geschwungenen Strecke, aber die vielerorts installierten laser-gesteuerten, automatischen Geschwindigkeits-Überwachungssysteme verhinderten dies vehement und ließen ihn, so gesehen, die ausgeprägte Kurvenunwilligkeit seines Boliden selbstredend verschmerzen. Von einer echten Schräglage, wie in alten Zeiten, konnte auch gar keine Rede mehr sein und er dachte mit Wehmut an die Tage zurück, da er seine alte Moto Guzzi LE MANS II bis an die Haftgrenze ihrer Reifen nach links und rechts abwinkelte. Der daraus resultierende, deftige Anstieg des Adrenalinspiegels war ihm seit langer Zeit fremd geworden. Und so fuhr der mittlerweile 61-jährige mit ruhiger Gashand seinem 92 km entfernten Ziel gelassen entgegen.
Ein reges Treiben empfängt ihn am Kornsand, als er gegen 11 Uhr 45 dort aufschlägt. Paolo und ein paar weitere der alten Recken aus vergangenen Tagen waren bereits vor Ort und mit ihnen eine Vielzahl von meist grauen Eminenzen, die all sonntäglich hier ihre Oldtimer zur Schau stellten. Man war unter sich und die Benzingespräche bei Kaffee und Currywurst waren schon in vollem Gange, als Mark seine schwergewichtige Triumph am Fuße der Jahrhunderte alten Platane parkt und ihm der vermeintliche Reiseleiter schon frohlockend entgegenkommt.
Paolo Stollani, der als jüngster Spross einer italienischen Zigeuner-Sippe, deren Vorfahren aus der Türkei geflüchtet waren und in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts über die Tschechoslowakei nach Deutschland kamen, war schon in jungen Jahren als Wandervogel verschrien. Als 15-järiger Pennäler, der gerade die Leder-Kniebundhosen abgelegt und seine ersten pubertären Mädchengeschichten hinter sich gebracht hatte, bog er dann endgültig auf die Zweirad-Wanderschiene ab. Die noch motor-lose Zeit überbrückte er mit zahllosen Fahrrad-Touren, um sich dann im samenspringenden Alter von 18 Lenzen ganz dem Motorrad-Wandern zu widmen. Diese Phobie sollte fortan seinen Lebensweg begleiten, um dann nach vielen Jahren der Enthaltsamkeit vom Motorradfahren und der Gründung einer Familie, am Ende des letzten Jahrtausends in der Selbsternennung zum Reiseleiter zu münden. Denn genau das, Touren und Treffen im Rahmen einer Interessensgruppe von Gleichgesinnten zu organisieren, war seine große Leidenschaft.
Dass man ihn per se auch noch zum Jugendwart erklärte, sah er nicht unbedingt als Belastung. Konnte der mittlerweile 74-jährige doch auf diese Weise die Erfahrungen, welche er während seines langen Lebens gewonnen hatte, an die Jüngeren weitergeben und dadurch auch den Küken in der Gruppe mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und die ihm auferlegte Verantwortung nahm er durchaus ernst, auch wenn die Jugendarbeit nicht unbedingt seine Domäne war.
"Hallo Paolo, wie geht’s dir ?" empfängt Mark seinen Kumpanen aus früheren Zeiten. "Na ja, es geht so" erwidert der mittlerweile doch schon stark Grauhaarige mit einem etwas leidvollen Unterton. "Du weißt doch sicher, dass mein Gehör im Laufe der Jahre immer schlechter geworden ist. Und damit hat man dann so seine Probleme. Aber die Technik ist Gott sei Dank ja mittlerweile so weit fortgeschritten, dass ich mir nun letzten Monat endlich das langersehnte BSE-Gerät kaufen konnte, was es mir ermöglicht nicht nur gut zu hören, sondern auch meine langgepflegte Hass-Liebe zu Handys, mit denen ich immer so meine Probleme hatte, zu überbrücken."—- "Moment mal, was bedeutet denn BSE ?" will Mark sogleich wissen. "BSE steht für Bluetooth-Super-Extension, weißt du. Das ist ein Implantat, das seitlich über dem Gehörgang in den Schädel eingesetzt wird und seine Impulse dann unmittelbar an den Hörnerv weitergibt. Und das garantiert nämlich nicht nur die störungsfreie Übertragung aller akustischen Signale, sondern es ist auch auf geniale Weise mit einer Handy-Funktion kombiniert die es mir über die Bedienung von meiner BRAIN-SWATCH aus erlaubt, mich in alle möglichen intergalaktischen Netzwerke einzuwählen und natürlich auch telefonieren zu können" erklärt Paolo ausführlich. "Na das bedeutet doch aber auch, dass du damit dann ganz gut leben kannst, oder ?" erkundigt sich Mark. "Ja schon, einzig die Bedienungsanleitung der BRAIN-SWATCH, mit ihren 598 Seiten, ist halt schon ein schweres Pfund", gibt Paolo zu bedenken. "Da musste ich denn schon mal eine Woche Urlaub nehmen, um die durch zu arbeiten !" Mark lächelt in sich hinein und fragt weiter: "Und sonst, motorrad-mässig ist alles im Lot ? Wie ich sehe, hast du immer noch das komische WALTRAUD-Schild und den Sitzbank-Riemen an deiner 850er dran!" -— "Ja logo, hast du denn was anderes erwartet ? Das habe ich logischerweise von meiner ersten Maschine auf die W 850 adaptiert, als ich sie 2008 angeschafft habe. Dafür habe ich meine zweite W 850, die ich mir 4 Jahre später zugelegt habe, in absolutem Original-Zustand belassen !" entgegnet Paolo stolz. "Und die fahre ich natürlich auch heute noch. Aber nur bei absolut schönem Wetter und auch nur recht selten!"-- "Ja und was ist aus deiner alten W 650 geworden ?" fragt Mark alsbald. "Die habe ich mit 128 000 km auf dem Tacho vor 15 Jahren auf der VETERAMA verkauft, als mir einer ein wirklich gutes Angebot gemacht hat, weißt du."-- "Ja, die gute alte 650er, die war halt noch die Schönste von allen W-Modellen, die es bisher gab. Und vor Allem auch eine Zweizylinder. Und wo wir überall damit rumgebrettert sind. Heute habe ich gar keine Zeit mehr dafür, weil mich die Schafzucht derart in Anspruch nimmt, dass nur mal so ein gelegentlicher Kornsand-Treff drin ist. Und da die Tour durch die Vogesen sowieso nicht mehr möglich ist, bleibt halt dann nur noch das Jahrestreffen für mich übrig," philosophiert Mark. "Tja, Zeit habe ich als Rentner zwar in rauen Mengen" sagt Paolo, "und die Planung der Touren macht mir auch immer noch großen Spaß. Aber selbst mitfahren kann ich auch kaum noch. Vor Allem wenn es größere Strecken sind. Dazu ist meine Konstitution nicht mehr so richtig ausreichend. Man müsste halt noch mal 50 sein", träumt Paolo so vor sich hin. - Mark nickt zustimmend.-
Und so hängen, sie mit verklärtem Blick, gemeinsam den guten, alten Zeiten nach und erzählen mit glänzenden Augen von dem Hochglanz-Prospekt, der vor 26 Jahren zum ersten mal den Motor der gerade neu erschienenen W 650 mit seinen mattschimmernden Aluminium - Seitenteilen in Großaufnahme zeigte und dessen völlig unerwartetes, technisches Super-Highlight diese chrom-glänzende Königs-Welle war.
Und während ihre strahlenden Gesichter ........
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Soeben meldet die Redaktion, daß die Mopped-Soap "EXHAUST" in die Sommerpause geht und, soweit es das Budget zulässt, fortgesetzt wird. Wir bitten daher die geneigten Zuhörer von Beileids-Bekundungen Abstand zu nehmen. Etwaig benötigte Gefässe zum Auffangen von Tränen werden aber gegen ein kleines Entgeld (das als Spende an den V.N.B. Verein Not-leidender Biker e.V. weitergereicht wird) per e-mail zugeschickt.
Die Presse-Stelle. gez. Prof.Dr.kal.auer. PAUL E. MANN. -------------------------------------------------- Die Spatzen von den Dächern pfeifen: "S'wird Frühling, lasst die Nippel schleifen!" --------------------------------------------------