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Dieses Thema hat 56 Antworten
und wurde 4.188 mal aufgerufen
 Reiseberichte / Motorradgeschichten
Seiten 1 | 2 | 3 | 4
Serpel Offline




Beiträge: 47.326

29.12.2013 01:00
Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Hab die Fotos von meiner Skandinavienfahrt 2008 wiedergefunden. Deshalb eine restaurierte Version des alten Berichtes (ohne Smilies).


"Bin zwar schon ein paar Tage wieder zurück, konnte mich aber noch nicht überwinden, die gesammelten Eindrücke aufzuschreiben. Bevor ich das Meiste wieder vergesse, fang ich besser mal an. Mal sehen, wie weit das Gedächtnis reicht ...

Ursprünglich wollte ich eigentlich nach Schottland, weil es mir letztes Jahr dort sehr gut gefallen hatte, aber die Wettervorhersage ließ mich kurzfristig umdisponieren. Über Norwegen sollte das Zentrum eines besonders stabilen, Hochsommer versprechenden Hochdruckgebietes sein. Also grob eine Runde über Deutschland, Dänemark, Norwegen und Schweden geplant. Es ging mir dabei hauptsächlich ums Fahren und die Natur, also blieben Kultur und derlei Firlefanz weitgehend unberücksichtigt.

Zur Intensivierung des Faktors Natur sollte es diesmal mit Zelt losgehen. Außerdem verursachen diese B&B-Aufenthalte immer ein chronisches Loch im Portemonnaie und womöglich muss man dabei noch was essen, das einem gar nicht schmeckt.

Zelt - gut und recht, aber ich hatte keins und auch keine Möglichkeit, ein solches mitsamt Innenausstattung auf dem Töff unterzubringen. Aber um ganz ehrlich zu sein - ich suchte schon lange einen Grund, meinem BMW-System-Topcase ein Brüderchen und ein Schwesterchen zur Seite zu hängen. So was Praktisches kann man immer mal gebrauchen, ein richtiger Motorradfahrer weiß das.

Also in den sauren Apfel gebissen und für ein Heidengeld bei meinem Freundlichen ein Paar neue bestellt (woher so schnell gebrauchte bekommen?). Bei Abholung noch schnell die Schlösser auf Gleichschließung umgestellt und auf zum nächsten Baumarkt, ein passendes Zelt besorgen. Aber da gab es nix, entweder zu groß oder zu billig. Fündig bin ich erst im Sportgeschäft geworden, die hatten ein vernünftiges Salewa mit geeignetem Packmaß zu noch geeigneterem Preis.

Beim kritischen Beäugen der Reifen noch einen Blick auf die Bremsbeläge geworfen: Scheiße, nicht nur der vordere Pneu ganz am Ende, auch der Bremsbelag hinten musste schnellstens gewechselt werden. Wieso kommt manchmal alles zusammen? Es ließ sich nicht ändern, nur schnell sollte es gehen und die Wucherpreise der örtlichen Reifenhändler zu zahlen war ich auch nicht bereit. Über ReifenDirekt.ch und mit tatkräftiger Unterstützung meines Rasenmäher- und Schneefräsen-Spezialisten war das Problem aber innert weniger Tage behoben.



Nur der hintere Pneu machte mir Sorgen. Etwas mehr als zur Hälfte abgefahren - 2/5 Restprofil, sagen wir mal. Zum Wegwerfen zu schade, und was mit gebrauchten Reifen passiert, die in der Garage der Wiederverwendung harren, weiß ich seit meiner Portugalfahrt. Der 50%-Reifen von damals harrt noch immer. Na ja, für 4000 legale Kilometer wird es schon noch reichen und die restlichen 1500 würde ich bis zum Gewebe noch irgendwie rausquetschen. Ich vertraute der sagenhaften Laufleistung der neuen Pilot Road II mit dem zähen Laufstreifen in der Mitte. Außerdem wollte ich durch bewusst gemütliche Fahrweise auf deutschen und dänischen Autobahnen Most und Gummi sparen.

War noch was? Ach ja, noch schnell einen Liter Öl reingekippt (Boxer brauchen Öl) und vor allem - mein einziges Reisedokument war schon seit März abgelaufen. Das sollte aber so bleiben, beschloss ich kurzerhand, denn auf diesen unsäglichen Papierkram hatte ich einfach keinen Bock. (Das kann übrigens noch Jahre dauern, bis meine Trägheit in dieser Richtung überwunden wird.)

Dann hatte ich so weit alles zusammen, und es konnte losgehen. Das Wetter war zwar nur vorübergehend schön, aber ich wollte ja im Allgäu und im Pfälzer Wald ohnehin jeweils noch ein paar Tage Rast einlegen bevor ich mich endgültig aufmachte.

Serpel Offline




Beiträge: 47.326

29.12.2013 01:15
#2 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Heute soll es losgehen. Aber erstmal nur ins Allgäu, das sind gewöhnlich nur zweieinhalb Stunden, da kann ich genausogut "außenrum" übers Unterengadin, den Arlberg-, Flexen- und Hochtannbergpass und den Bregenzerwald fahren. Diese Variante hab ich schon länger nicht mehr probiert. Ist landschaftlich ebenso reizvoll und dauert nur ne Stunde länger.

Federbasis auf die höchste Stufe gedreht und Motor gestartet - seltsam, seit einiger Zeit tönt der nicht mehr so weich und rund wie früher. Irgendein undefinierbares Nebengeräusch hat sich da eingeschlichen. Na ja, auch so ein BMW-Boxer wird älter. Er war ja erst vor 17'000 Kilometer beim großen Service, da sollte eigentlich nichts schief gehen.


Tankstopp in Zernez und "Erinnerungsfoto" für den Kilometerstand: 97213

Statt unangenehmer Erfahrungen bei der Einreise nach Europa habe ich auf dem Arlbergpass eine unheimliche Begegnung der dritten Art mit einer konföderierten Höllenkatze: das fängt ja gut an! Was zunächst aussieht wie ein etwas verunglückter Harley-Umbau, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als das Szenebike von Schauspielern und Sektengurus schlechthin. Mir gefällt die Starrrahmen-Panhead im Vordergrund jedoch besser. Interessant finde ich lediglich den Anschluss der Abgaskrümmer an die Schwingenrohre, die gleichzeitig als Auspuff fungieren. Die Fahrer - lokale Passheroen - würdigen mich selbstverständlich keines Blickes (deswegen hab ich auf dem Bild die Köpfe abgeschnitten, hähähä).



In solchen Momenten braucht es schon ein gerüttelt Maß an naivem Selbstbewusstsein, um mit einem solchen Möppi:



nicht vor Schamesröte im Boden zu versinken. Ich wiederhole gebetsmühlenartig: meine hat dafür ABS, meine hat dafür ABS ...

... und Koffer. Punkt. Ätsch. Ausgeschmiert.

Weiter gehts über den Flexenpass ...


Flexenpass Südrampe



... den weniger bekannten BMW-Pass ...



... das Bödele im Bregenzerwald ...



... ins Allgäu:


Blick vom Scheidegger Freibad hinüber zur Nagelfluhkette

Dort werde ich erstmal die herannahende Kaltfront aussitzen; bin zwar ein harter Hund , aber bei Regen fahr ich nicht freiwillig ...

Serpel Offline




Beiträge: 47.326

29.12.2013 01:39
#3 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Auf der Anfahrt wollte ich (wie bereits erwähnt) einfach nur Kilometer auf Autobahnen machen. Man glaubt es nicht, aber mit dem "richtigen" Töff kann auch das richtig Laune machen (da gabs doch kürzlich mal einen guten Artikel in der MOTORRAD dazu, der das genau auf den Punkt bringt). Selbstverständlich nur mit Ohrstöpsels, denn fortwährender Lärm verursacht Stress, der auf Dauer unbemerkt schwächt und ermüdet. Ganz abgesehen von der Gefahr eines dauerhaften Hörschadens. Das klingt oberlehrerhaft (ist es auch), aber so ein Tinnitus kann manchmal ganz schön nerven (spreche aus Erfahrung).

Trotz souveränem Autobahngleiten war das Sahnestück im ersten Teilstück selbstverständlich der Ausflug über die B48 von Rinnthal übers Johanniskreuz nach Hochspeyer (was vielen hier vermutlich sehr bekannt ist). Allerdings nur bei weitgehender Missachtung der bei beliebten Motorradstrecken (wie dieser) üblichen Schikanen, in erster Linie Geschwindigkeitsbegrenzungen von 70 km/h bis hinunter zu 30 km/h (in sämtlichen 10 km/h Abstufungen) und Überholverboten nahezu auf ganzer Länge. Ich spreche selbstverständlich dabei nicht von verantwortungslosem Rasen, sondern von zügigem Gleiten, was legal dort aber leider nicht mehr möglich ist.

Egal - erst in Mölschbach bekam ich den Tipp mit Norwegen, und zwar von meinem Bruder. Er ist Segelflieger und deswegen bezüglich Wetter immer auf dem Laufenden. Er hat mir die Entwicklung auf den britischen Inseln für die nächsten zwei Wochen gezeigt: Tief Albert, Tief Berthold, Tief Christian, usw. Über Norwegen dagegen starker Hochdruck, ein warmes Hochdruckgebiet in der beliebten (stabilen) Omega-Lage. Davon brauchte es nur eins, um mich ganz schnell zu überzeugen. Also die mühsam ausgearbeitete Schottland-Runde im GPS-Speicher abgelegt und provisorisch erstmal an die Nordspitze von Dänemark umgeleitet.

Obwohl fast nur Autobahn, sah TomTom eine für mich reizvolle Streckenführung am Nürburgring vorbei nach Köln hoch und dann über Bremen und Hamburg nach Dänemark vor. Prima! Diese Ecke von Deutschland war mir noch weitgehend unbekannt. "Vielleicht kann man ja mal ne Runde auf dem Nürburgring drehen", hoffte ich insgeheim.

Diese Hoffnung erwies sich jedoch als vollkommen unbegründet, denn erstens war der Ring an dem Tag (zu der Zeit) nicht für Touristen geöffnet und zweitens verließ mich ganz schnell der Mut, als ich die Profis um den Ring donnern hörte und sah. Ich hatte so was noch nie live erlebt und war überrascht, wie verkrüppelt das am TV rüberkommt. Die hätten mich dort einfach platt gewalzt und es wahrscheinlich nicht mal gemerkt.


Pflanzgarten


Sprunghügel

Auf der Suche nach einem "Kassenhäuschen" fielen mir übrigens die zahlreichen sehr gut ausgebauten und toll geschwungenen Strecken rings um den Ring auf. "Da brauchts eigentlich gar keine Nordschleife mehr", dachte ich, denn das hier war sicher fast genauso gut.


heute geschlossen

Den Kölner Dom gesehen hab ich zwar (bei der Überquerung des Rheins), Anhalten und Knipsen kam auf der Autobahn aber leider nicht in Frage. Egal, gibt ja eh schon genügend Bilder davon. Um aber doch ein wenig einen Eindruck von Land und Leuten zu bekommen, zweigte ich zwischendurch ein bisschen auf kleinere Straßen ab. Für mich immer ein Foto wert sind solche Häuser,



die es bei uns zu Hause nicht gibt, oder solche Kraftwerke,


Kraftwerk Bergkamen/Marina Rünthe


Gersteinwerk

die offenbar die Wolken für das schlechte Wetter machen und die es bei uns zu Hause ebenfalls nicht gibt. Beides sind übrigens konventionelle Wärmekraftwerke.

Auf halber Strecke zwischen Bremen und Hamburg (bei Heidenau) wurde es dann langsam Zeit, das Zelt aufzuschlagen. Der Platz war sehr gut gewählt, der Boden eben, die Aussicht schön und die Dosenbahn weit genug entfernt. Aber wie geht das mit der selbstaufblasenden Isomatte? Irgendwie bläst sie sich nicht fest genug auf! Eine weitere Erfindung mit zweifelhafter Funktionalität. Entweder selbst noch weiter blasen oder bei geschlossenem Ventil kneten, öffnen, schließen, kneten, öffnen ... ich entschied mich für ersteres.



Trotzdem eine tolle Sache, so mit Zelt in der Natur. Zwar ein wenig hart gepolstert, aber daran gewöhnt man sich schnell, und der Erholungswert ist nicht schlechter als in so mancher Pension mit lauten Gästen und Toilettengeruch. Igitt - daran möchte ich jetzt gar nicht denken!

Bevor ichs vergesse: Nächstes Mal nehme ich eine bessere Taschenlampe mit, denn ohne Lesen funktioniert das bei mir mit dem Einschlafen nicht. Das Buch jedoch war saugut: "Das Boot" von Lothar-Günther Buchheim, natürlich noch besser als der Film.

Serpel Offline




Beiträge: 47.326

29.12.2013 02:15
#4 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Von Soulie und der Nordstammtisch-Truppe wusste ich vom mittlerweile fast 100-jährigen alten Elbtunnel. Den musste ich unbedingt fahren. Das Besondere sind die Autoaufzüge an den beiden Portalen. Dadurch konnte der eigentliche Tunnel sehr viel kürzer ausfallen als das beim neuen Elbtunnel der Fall ist. Die Unterbrechung des Verkehrsflusses war vor hundert Jahren natürlich noch kein Thema.


Südportal - nur ein einsamer Golf kommt entgegen


alter Elbtunnel - fast allein für mich


Nordportal - hier sorgen Christo und Jeanne-Claude für den Erhalt der Bausubstanz

Der Andrang war nicht besonders groß, und ich wunderte mich, dass sich der Betrieb für die paar Hansel - vornehmlich Fahrradfahrer, wie mir schien - noch lohnt. Für mich hat sich's jedoch auf alle Fälle gelohnt, und ich kann jedem Nostalgiker diese Variante zur Elbüberquerung wärmstens empfehlen. Allerdings nur mit GPS, falls keine ganz speziellen Ortskenntnisse vorhanden sind (wie bei mir). Kartenlesen ist bei dem hektischen Verkehr im Hafenbezirk auf den unübersichtlichen Straßen und Sträßchen nicht ohne weiteres möglich.

Heraus kam ich am Fischmarkt, und von dort wählte ich die "kürzeste Route", um noch etwas von Hamburg zu sehen.


Fischmarkt

Die Fahrt durch Dänemark war ziemlich langweilig und nicht sehr interessant, trotzdem der Vollständigkeit halber ein paar Bilder, die ich leider teilweise nicht mal mehr genau zuordnen kann.


Rastplätze sind überall gleich - in Dänemark vielleicht etwas ruhiger und gemütlicher als anderswo


hier war ich noch ein paar Kumpels besuchen


ein erfrischendes Bad unterwegs belebt


typisch dänische Ortschaft mit Slalomstangen für die Velo-Fraktion


Kunst am Kreisel - diese (Erd-)Kugel zeigt die vier Himmelsrichtungen an


Sallingsundbrücke über den Limfjord

Mein Plan, von Hanstholm nach Kristiansand mit der Fähre überzusetzen erwies sich als völlig naiv. Zumindest um diese Jahreszeit und ohne Reservierung. Das nette blonde skandinavische Mädchen am Schalter betrachtete mich halb belustigt, halb hilflos. Nein, da sei leider gar nichts zu machen. Es sei denn, ich wolle die Nachtfähre nehmen. Schlafen sei aber nicht vorgesehen. Danke, das war also nichts! Ohne richtigen Schlaf ist so eine nette Urlaubsfahrt kein Genuss mehr. Und nicht schlafen kann ich auch zu Hause.

Hätte ich doch besser auf meinen TomTom hören sollen. Der hatte mir nämlich die Route über Hirtshals nach Kristiansand gelegt, wo weit mehr Schiffe übersetzen. Die junge Dame konnte mir leider nicht sagen, ob dort noch Kapazitäten frei waren, meinte aber, ein Versuch sei es wert.

Also auf nach Hirtshals, aber erst am nächsten Tag, denn für diesen Umweg reichte die Zeit nicht mehr. Das Zelten in den Dünen am Meer war traumhaft schön und entschädigte immerhin ein wenig für den entstandenen Ärger.


Zelten in der Jammerbucht


Jammerbucht/Svinkloev Strand

Am nächsten Tag also neues Spiel, neues Glück. Die Anfahrt zum Terminal in Hirtshals gestaltete sich einfach, nur die tausend Leute sind für eine scheuen Bergbewohner nicht leicht zu ertragen.


Terminal der Color Line-Reederei in Hirtshals

Der jungen Dame am Schalter war es sichtlich peinlich, aber sie konnte es auch nicht ändern. Nein, nach Kristiansand sei leider gar nichts mehr frei. Auch nicht nachts. Ich müsse halt wirklich reservieren. Es tue ihr wirklich außerordentlich leid.


da steht sie nun, während alle anderen sich auf den Weg machen


die SuperSpeed1 - ein ganz neues Schiff der Color Line, das 27 Knoten macht

Da fährt sie hin, und ich wäre wirklich gerne mitgefahren, muss ich sagen.

Serpel Offline




Beiträge: 47.326

29.12.2013 12:19
#5 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Aaalso - weiter geht's. Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, die SuperSpeed1 nach Kristiansand war abgefahren, und ich wartete mit meinem Ticket nach Larvik auf den Einlass zur SuperSpeed2. Die Verbindung von Dänemark zu diesem Ort nahe Oslo scheint weniger gefragt, und ich hatte in sofern Glück, als ich die SuperSpeed1 ohnehin nicht mehr erreicht hätte. Der Check-in nach Larvik ging dagegen völlig reibungslos. Obwohl Norwegen ja bekanntlich kein EU-Mitglied ist, interessierte sich niemand für meinen abgelaufenen Reisepass und die Wartezeit war praktisch null.

Außerdem lernte ich einen sehr netten Aargauer kennen, der mit seiner ZX-12R eine ähnliche Strecke wie ich hinter sich hatte. Die Kawa war noch eine der ersten Serie, zu erkennen an den Strichlein bis 340 km/h auf dem Tacho. Er wollte in Larvik Kollegen besuchen, und wir verkürzten uns die Überfahrt mit (sehr interessanten) Benzingesprächen. Motorradfahrer sind schon ein sehr sympathisches Völkchen.

Weil diese SuperSpeed-Schiffe mächtig Eindruck auf uns machten, brachte Mirko per SMS, mit Hilfe seiner Frau und diese via Internet die wichtigsten Daten so schnell mal in Erfahrung. Das Ding sah nämlich aus wie gerade eben erst vom Stapel gelaufen. Und tatsächlich, das Schiff war fast neu.

Beachtlich vor allem die Höchstgeschwindigkeit, die wir mit GPS maßen: mehr als 50 Kilometer pro Stunde! Auch wenn mich Heiko jetzt nicht verstehen wird, aber ich würde die Überfahrt jederzeit und immer wieder auf diesen Schiffen machen, so gut hat es mir gefallen. Auch die Leute waren sehr angenehm, skandinavisch unkompliziert halt. Einfach zum Wohlfühlen!


Das Passagierdeck der SuperSpeed2 ist höher als die Häuser von Hirtshals


doch noch geschafft


Schiff im Neuzustand


beeindruckende Wirbelschleppe - oder wie rührt man am effektivsten Quallensuppe um


Kinder vertreiben sich die Zeit mit Verstecken spielen


Larvik taucht auf

Ich hätte die Reise jederzeit mit Mirko fortgesetzt, leider wurde er jedoch in Larvik von seinen Kollegen empfangen und somit dort quasi "stationiert".

Jetzt hieß es erst mal einen Bankautomaten finden und schleunigst den Tank auffüllen. Das hatte ich in Dänemark aus zwei Gründen nicht mehr gemacht. Erstens wollte ich noch etwas Bargeld für die Rückfahrt behalten und zweitens waren mir bei der Anfahrt nach Hirtshals einige norwegische Wagen aufgefallen, die es verdächtig eilig hatten. Klares Indiz: wenn ich die Fähre noch erwischen wollte, wäre es vermutlich keine gute Idee gewesen, noch Zeit mit Tanken z' vrblödterle (Schweizerisch für Zeit vergeuden).

Im GPS-Zeitalter ist so was ja gar kein Problem mehr, aber: was hab ich geschwitzt! Lange Zeit hab ich mich gesträubt, das Futter aus der Jacke herauszutrennen (es ist immer ne ziemliche Pfriemelei, das wieder reinzukriegen), aber nach dem Tanken war es so weit. Das Futter war nicht nur feucht ...

Dann musste erst mal Kriegsrat gehalten werden, wie es weitergehen soll. Meine Route war ja erneut ziemlich empfindlich durcheinander geraten. Eigentlich wollte ich ja zuerst mal genüsslich Süd-Südnorwegen erkunden. Jetzt aber hatte ich die Wahl: erst mal an der Küste entlang "zurück" nach Kristiansand und weiter wie vorgesehen oder gleich weiter Richtung Bergen, um der "Umleitung" über Larvik nachträglich einen Sinn zu geben. Ich entschied mich für letzteres, auch um wegen der drohenden Reifenglatze Kilometer zu sparen.


Drückende Hitze bei der Ankunft in Norwegen

Die erste Etappe in Norwegen führte wegen der fortgeschrittenen Zeit nur noch bis zum Seljordsvatn, einem der unzähligen wunderschönen Seen dort, wo ich direkt am Ufer das Zelt aufschlug und noch eine ausgedehnte Runde im wunderbar warmen und glasklaren Wasser schwamm. Ganz wohl war mir dabei aber nicht, denn die Wassertiefe im See konnte eindeutig nicht mehr "gestanden" werden.



Zum Einschlafen gab es wie üblich ein weiteres Kapitel im "Boot".


idyllischer Platz mit Privatsee zum Zelten

Serpel Offline




Beiträge: 47.326

29.12.2013 13:21
#6 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Am nächsten Morgen ging es dann gerade so weiter. Statt duschen ein schöner erfrischender Schwumm im See ist für mich der ideale Tagesbeginn. Zelt Auf- und Abbauen ist schon längst zur Routine geworden und wird als Gymnastik betrachtet. Gegessen hab ich während der ganzen Fahrt übrigens kaum was, nur getrunken. Pro Tag zwei Liter Obstsaft, denn ohne Flüssigkeit geht's nicht und auf dem Töff braucht man nicht viel. Schließlich arbeitet ja der Motor, nicht der Pilot. Das vereinfacht die Sache ganz erheblich. Und billiger ist's obendrein. So bleibt mehr Zeit zum Fahren, und deswegen bin ich ja schließlich hier. (Damit kein falscher Eindruck entsteht: ich ernähre mich sonst ganz normal - muss man heute ja dazu sagen.)

Was steht heute eigentlich auf dem Programm? Ja, richtig, erstmal die E134 rüber nach Odda.



Dabei kommt man an schönen Kirchen vorbei



und genießt herrliche Ausblicke:



Dieses Motiv hat Skoki übrigens auf seiner Norwegen-Tour ebenfalls aufgenommen. Verblüffende Ähnlichkeit! Der Schnee ist inzwischen weiter geschmolzen, aber sonst nahezu das gleiche Bild. Aufgenommen ist das übrigens am Westportal dieses Tunnels, wo man die ehemalige Passstraße erkennen kann:



Tipp: Vor Tunneleinfahrten in Norwegen generell auf Abzweigungen zu den alten Passstraßen achten. Diese sind meist noch befahrbar und speziell für Urlauber natürlich besonders attraktiv. Wegen der Tunnelunterfahrungen ist man dort darüber hinaus meist fast allein unterwegs.

Hier z. B. hatte ich die Abfahrt verpasst, und bin extra zurückgefahren. Und es hatte sich mal wieder gelohnt:


Umfahrung vom Haukelitunnelen

Auf den großzügig angelegten Tankstellenplätzen kam fast ein wenig Staaten-Feeling auf. Speziell hier mit diesem schönen Mustang:





Und dazu ein Pfund "Moreller" (Kirschen) verdrücken, das hatte was. Die gabs auch sonst immer wieder mal am Straßenrand.



Der Verkäufer war ein Schlitzohr - probieren durfte man die dunklen Süßen aus der einen Schale, bekommen hat man die helleren Sauren in einer anderen Schale. Auf Nachfrage konnte er plötzlich kein Englisch mehr.

Hier nun endlich die erste Stabkirche, und zwar in Röldal:



Ich wollte zwar eigentlich keine Kultur bringen, aber die Stabkirchen haben's mir wirklich angetan. Allein diese schiffsähnlichen Holzkonstruktionen sind eine Reise wert.

Ich finde das Bild deswegen besonders gelungen, weil es die Bezeichnung der Kirchen erklärt. Man sieht hier nämlich - wie bei jeder Kirche dieser Art - einen großen, dicken Stab, der symbolhaft von den Erbauern in den Boden gerammt wurde. Diese Stäbe wurden von den Trollen auf ihren ausgedehnten Wanderungen in den Bergen verloren (oder liegengelassen) und gelten der Urbevölkerung seit jeher als heilig. Gelang es, von den Trollen unbemerkt einen solchen Stab ins Tal zu bringen, wurde er verehrt wie ein Heiligtum und sollte Schutz geben vor den bösen Berggeistern. Natürlich noch zu heidnischer Zeit.

Die halbgeöffnete Tür lud zum Besuch ein. Und tatsächlich saß dahinter ein weiteres blondes, blauäugiges Mädchen, das mir im Tausch gegen einen bedruckten Schein der norwegischen Nationalbank eine deutschsprachige Broschüre mit wesentlichen Erläuterungen zu diesem Holzbau in die Hand drückte, nicht ohne den Hinweis, dass Fotografieren in der Kirche strengstens untersagt sei. Ich weiß nicht, warum sie das extra erwähnte, wahrscheinlich hat sie meine schlechten Gedanken erraten.



Einen Vorteil hat es ja, Heide zu sein - als Christ würde ich jetzt zur Hölle fahren.
Das Fotografieren in der Kirche hat außerordentlich viel Spaß gemacht. Wahrscheinlich, weil ich völlig ungestört war.

Das Kreuz muss sehr wertvoll sein, es ist aus dem zwölften Jahrhundert original erhalten geblieben.



Wie nennt man sowas bei einer Stabkirche? Chorumgang?



Das Kirchensilber:

Soulie Offline




Beiträge: 29.411

29.12.2013 14:48
#7 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Schöööön!
Noch'n Gedicht, ähh - Bericht!

Zitat
Ganz wohl war mir dabei aber nicht, denn die Wassertiefe im See konnte eindeutig nicht mehr "gestanden" werden.


Dann taugt der Gardasee nicht zum Schwimmen für dich, Stephan!
Der ist so viele Meter tief, wie es Tage im Jahr hat.
Ich find's Klasse! Keine Grundberührung, Sandbänke oder ähnliches,
wenn man einmal unterwegs ist. Egal wie / womit.

Weitermachen!

Serpel Offline




Beiträge: 47.326

29.12.2013 18:01
#8 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Danke, Christian!

Hatte gerade mit meinem Bruder über meine verloren geglaubten Norwegen-Bilder gesprochen, als er meinte, ich habe ihm damals den ganzen Schwung geschickt und er habe sie alle auf der externen Festplatte gesichert. Das war eine schöne Überraschung!



Und wieder - unten die neue Straßenführung durchs Tunnel, oben drüber der alte Pass:



Diesmal hat sich's besonders gelohnt, da mit Blick auf den Folgefonna, den drittgrößten Gletscher Norwegens. (Was hat mich Wikipedia genervt, denn unter dem sonst gebräuchlichen Namen "Folgefonn" findet sich dort nichts.)

Zuerst mit BMW (damit keiner auf die Idee kommt, das Bild sei aus den Tiefen des www "geliehen"),



dann ohne und ein bisschen heran gezoomt:



Ich kann mich noch genau erinnern: es war dieser Pass, wo mich die ABS-Kontrollleuchte geärgert hat. Bei der ersten Serpentine hab ich den Motor abgewürgt (die sind aber auch verdammt eng dort), wegen der prekären Lage sofort wieder gestartet (also ohne das BMW-Startritual genau zu befolgen), woraufhin sich das rote Blinklicht massiv beschwerte. Gott sei Dank ging's bergauf, denn mit bremsen war nix mehr. Nee, ist natürlich nur Scheiß - die BMW lief eimampfrei - bisher.

Sogar vom Satellit aus gesehen macht der Gletscher mächtig Eindruck (der Reißnagel - dort steh ich gerade):



Auf der anderen Seite ging's noch spektakulärer bergab. Die E134 schnappt kurz frische Luft, ehe sie wieder in den Berg eintaucht, die Passstraße quält sich rechts am See vorbei. Die beiden Straßen haben auf dem Bildausschnitt entgegen dem Anschein also keine Verbindung.



Im Vorbeifahren an eben diesem kleinen See geknipst:



Der nächste Wasserfall auf der Strecke - der Laatefossen an der 13 kurz vor Odda - ist weitaus größer und bekannter (deswegen aber nicht schöner), und wird gern als Motiv genommen. Der Typ auf dem Bild arbeitet übrigens bereits mit dem neuesten BMW-System-Teleskop-Photo-Ständer, einer genialen BMW-Neuentwicklung, die mit ihren zahlreichen sehr kurzen Gliedern dafür sorgt, dass das Teil in den nicht minder genialen BMW-System-Koffern Platz findet (allerdings nur bei der LT - natürlich).



Da kann man nur hoffen, dass es im Winter nicht auch so spritzt:



Schließlich Odda - Ferienidylle Kaiser Wilhelms und vieler anderer europäischer Potentaten und markante Zwischenstation auf dem Weg nach Norden:



Der Baustil ist eher zweckmäßig als ästhetisch mit den über die Hauskante reichenden Fenstern und den horizontal genagelten Brettern. Nämlich clever: da Hausfassaden in der Regel von unten her anfangen zu gammeln, müssen hier nur einzelne Bretter gewechselt werden, während bei senkrechter Anordnung alle Bretter gleichermaßen betroffen sind.

Serpel Offline




Beiträge: 47.326

29.12.2013 18:50
#9 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Der Tag hatte so wunderschön angefangen, dass ich nicht im Entferntesten auf die Idee kam, es könnte der schwärzeste der ganzen Reise werden. Noch war es aber nicht so weit.

Weil ich die einmal eingeschlagene Richtung immer gern beibehalte, ging es immer weiter nach Nordwesten, zunächst durch den neuerbauten Folgefonntunnel, der erst 2001 für den Verkehr freigegeben worden war und auf gut elf Kilometern Länge den bereits erwähnten gleichnamigen Gletscher unterquert. Er ist damit der drittlängste Tunnel Norwegens.



Auf den ganzen elf Kilometern kam mir vielleicht ein Auto entgegen, und auch auf der anderen Seite durch Sundal am Maurangsfjord, einem Seitenarm des Hardangerfjord, war ich fast allein unterwegs.



Vielleicht ist dort während der Wintermonate mehr los!?



Wie dem auch sei, ich hatte natürlich keinen Grund mich zu beschweren und konnte die Fahrt zwischen Wasser und Fels doppelt genießen. Vorbei am Furebergfossen (Foss heißt zu deutsch Wasserfall - die Endung 'en' ist der bestimmte Artikel)



durch Abschnitte, die nur einspurig befahrbar und daher mit Ampeln geregelt waren



zum Löfallstrand, wo gerade die Fähre über den Hardangerfjord nach Gjermundshamn anlegte:



Bei schönem Wetter setzt sich das obligatorische Weiß dieser Wasserfahrzeuge sehr stimmungsvoll vom intensiven Blau des Himmels ab:



Hier ist es mir (als wenig ambitioniertem Knipser) sogar gelungen, ein wenig Glitzer des Wassers einzufangen:



Aber hier ist irgendwas schiefgelaufen:



Nach kurzem Landaufenthalt ging's in Venjaneset (Nese: Nase - Nes: Landspitze) erneut aufs Wasser



- hier die Nasenspitze -



über den Fusafjord



nach Hatvik:



(Unnötig zu erwähnen, dass das vorletzte mein Lieblingsbild ist! )

Hier nahm das Unglück seinen Lauf als ich kurz vor Bergen aus den Augenwinkeln einen alten Cadillac am (linken) Straßenrand bemerkte. Rückspiegel, blinken, bremsen, rechts ran - das war alles eins. In alter Gewohnheit rechten Fuß raus, entgegen der Gewohnheit den Kopf nach links zum Objekt der Begierde gedreht. Genau das war der Fehler, denn der Platz war abschüssig und mein Fuß zu kurz (bei den Schwaben fängt der Fuß bei der Hüfte an). Das hab ich leider erst bemerkt als es bereits zu spät war. Also stemmen, stemmen, stähähämmmmmen ...

... und ganz weich ablegen. Sofort Killschalter drehen und Zündung aus. Aber was ist das? Da läuft ja munter Benzin aus! Und die heiße Maschine mittendrin! Jetzt heißt es, schnell handeln. Ich hätte nicht gedacht, wie schwer 275 Kilogramm sein können: allein hatte ich in der Kürze der Zeit nicht den Hauch einer Chance, das Ding wieder hochzubekommen.

Aber glücklicherweise naht bereits Hilfe: ein junges Paar hat mein Missgeschick bemerkt und ein Stück weiter unten geparkt. Aber das dauert, das dauert ... die lassen sich Zeit und spazieren ganz gemütlich den Buckel hoch. Das Gefährliche ist ja nicht der Benzin selbst, sondern das sind die Dämpfe. Und die umschmeicheln mittlerweile immer konzentrierter den heißen Motor, den glühend heißen Katalysator ...

Kurz und gut, wir haben's noch rechtzeitig geschafft, die Maschine steht wieder. Die Dankbarkeit stand mir glaube ich ins Gesicht geschrieben, und die zwei hatten für heute ihr gutes Werk getan. Mag sein, dass der eine oder andere jetzt lächelt, aber mir war bei der ganzen Aktion nicht mehr wohl.



Dazu drei Dinge:
1. Die Tankentlüftung scheint mir ein Konstruktionsfehler.
2. Außer einem kleinen Kratzer im Zylinderkopfdeckel hatte ich keinen Schaden zu beklagen (Vorteil Boxer!).
3. Ich habe mir fest vorgenommen, das Aufrichten der Maschine mal zu üben. Da gibt's ja diverse Tricks, wie man das mit dem Rücken zur Maschine selbst bewerkstelligen kann (wird aber auch höchste Zeit!).

Damit das höchst überflüssige Gartenfest am Ende nicht ganz umsonst war, mussten jetzt aber noch Bilder vom Cadillac her. Und zwar von vorn



von hinten



von schräg von vorn



und mit Blick aufs Interieur:



Das Knipsen hatte eine kontemplative Komponente, und es ging gemütlich weiter durch Bergen Richtung Voss.



Kurz nach dieser Brücke da dann das nächste Malheur.


Osteröybroen über den Sörfjorden

Wie heißt es so schön? Ein Unglück kommt selten allein. Zum ersten Mal in der Geschichte des Boxers leuchtete unvermittelt während der Fahrt ein rotes Lämpchen in der Cockpit-Steuerzentrale auf: die Ladestrom-Kontrollleuchte. Auaaa - scheiße, das kann ich jetzt gar nicht brauchen! Und dazu am Sonntag Abend! Aber der Motor läuft mit Batteriestrom munter weiter als ob nichts wäre. Also Licht aus (es war noch taghell!) und erst mal ignorieren. Auf dem Weg zum nächsten Campingplatz haben mir vermutlich ein Dutzend besorgte Norweger per Lichthupe signalisiert, dass sie mich nicht sehen können.

Was konnte das denn nun schon wieder sein? Zunächst erinnerte ich mich an einen Spanien-Urlaub vor zwanzig Jahren, als die Kohlen in der Lima meines alten Volvo den Geist aufgegeben hatten, dann aber fiel es mir plötzlich ein: der Keilriemen (Poly-V-Riemen) hätte spätestens bei 60'000 km gewechselt werden müssen. Hat das mein freundlicher Schneefräsen und Rasenmäher-Spezialist gemacht? Wohl eher nicht - woher sollte er das auch wissen? Und ich hatte mir vor dem Urlaub noch fest vorgenommen, ihn danach zu fragen, dummerweise dann aber vergessen.

Genau - das wird's sein: der Poly-V-Riemen ist am Arsch! Diese Erkenntnis beruhigte mich ungemein, und ich steuerte plangemäß Flatlandsmo Camping an:



Dort baute ich zuerst das Zelt auf und anschließend den Riemen aus. Und tatsächlich - er war nicht mehr am Stück:



Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, wie er überhaupt so lange durchhalten konnte, so wie der aussah. Beruhigend allerdings zu wissen, woher das ungewohnte Laufgeräusch des Motors gekommen war.

Die obligatorische Bettlektüre wurde an diesem Abend für einmal ausgesetzt. Stattdessen grübelte ich, wie ich in dieser gottverlassenen Einsamkeit so schnell mal einen passenden Keilriemen herkriegen sollte. Und fragte mich, warum ich nicht zurück nach Bergen gefahren war ...

ziro Offline



Beiträge: 6.705

29.12.2013 19:54
#10 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Ja und? Wie gehts weiter??? Wo hast Du den neuen Riemen herbekommen?

Schöne Fotos, Serpel!!!

Falcone Offline




Beiträge: 112.430

29.12.2013 19:57
#11 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Diese BMWs sind halt dauernd kaputt oder fallen um.
Ich würde mir so ein Ding nicht kaufen

Grüße
Falcone

Serpel Offline




Beiträge: 47.326

29.12.2013 20:07
#12 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Zitat von ziro im Beitrag #10
Ja und? Wie gehts weiter??? Wo hast Du den neuen Riemen herbekommen?

Gar nicht. Für die Rückfahrt hab ich einen zuverlässigen Japaner gekauft.

Gruß
Serpel

solmsbachtaucher Offline




Beiträge: 1.100

29.12.2013 21:08
#13 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Diese "Riemen" halten ca.200000KM,bei Griffheizung,Sitzheizung,

Soziussitzheizung nur 30% .Den letzten Riemen habe ich bei 60000KM gewechselt,

sah noch aus wie der Neue.

Gruß Klaus

Muck Online




Beiträge: 8.385

29.12.2013 21:14
#14 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Ich glaub ja auch, dass so eine BMW insgesamt eine Fehlkonstruktion is. Die bauen beschtimmpt solche Tankdeckel, damit das Ding ned auffallt an der Maschinka.

Serpel Offline




Beiträge: 47.326

30.12.2013 11:04
#15 RE: Skandinavien (restaurierter Bericht) Antworten

Zitat
Du hättest nicht grübeln, sonder baggern sollen - nämlich eine nette Norwegerin mit Nylonstrümpfen an.


So - nachdem ich also sämtliche Norwegerinnen auf dem Zeltplatz erfolglos um ihre Unterwäsche angegangen war (die tragen im Sommer anscheinend keine), fasste ich den Entschluss, es doch besser beim Fachmann zu versuchen. Vom norwegischen Abschleppdienst in Voss wusste ich aber inzwischen, dass die nächste BMW-Vertretung in Bergen war.


Von der Osteröy Brücke (B) nach Bergen (C) zurück wäre deutlich kürzer gewesen als zum Flatlandsmo Camping (A) ...

Zufälligerweise befand sich jedoch in unmittelbarer Nähe zum Zeltplatz eine Honda Vertretung. Zwar nur für Autos, aber immerhin. Möglicherweise sind die Riemen inzwischen ja einheitlich genormt, wer weiß? In Zeiten eines geeinten Europa würde mich das nicht überraschen!

Nach den üblichen Vorkehrungen am nächsten Morgen machte ich mich um neun also auf den Weg.



Und was soll ich sagen - die nette, unkomplizierte Art der Nordländer war mal wieder komplett umwerfend: Der Honda-Mann sah sich nur kurz den Möbius-Riemen an, notierte die Nummer "4 PK 611", und nach dem zweiten kurzen Anruf konnte ich bereits aufatmen. Das Original Conti-Ersatzteil aus Bergen sei bereits unterwegs. Gibt's das? Er lächelte leicht verlegen und meinte, ich solle einfach gleich nach der Mittagspause wiederkommen, dann sei das Teil ganz bestimmt da!

Also mit gemischten Gefühlen (ich hab mit Autofritzen schon zu oft schlechte Erfahrungen gemacht und traute dem Frieden nicht) zurück zum Zelt, alles zusammengepackt und die Wartezeit mit der verpassten Lektüre vom Vortag und ausgedehnten Runden auf dem herrlichen See verkürzt.



Ich konnte es immer noch kaum glauben, aber pünktlich um halb zwei lag der Poly-V-Riemen auf der Ladentheke, und ein strahlender Wikinger stand dahinter. Ich hätte ihn am liebsten umarmt, aber da war ja die Theke dazwischen. Nur - einbauen könne er mir das Teil leider nicht, die Werkstatt sei zur Zeit leider völlig ausgelastet. Aber er habe ein lauschiges Plätzchen im Halbschatten, wo ich selbst mein Glück versuchen könne. Das kam mir recht, denn ich war im "Boot" gerade an der Stelle angekommen, wo die Deutschen mehrere Schiffe der Tommies versenkt hatten und von daher in Sieger-Laune.

Ich hatte alles, was man braucht: das Ersatzteil, jede Menge Werkzeug, das Motorrad natürlich, aber absolut keinen Plan, in welcher Reihenfolge ich was und wie abbauen sollte, um den neuen viel zu kurzen Riemen über die Scheiben zu würgen. (Der Einbau des neuen ist natürlich um ein Vielfaches aufwändiger als das Rauszupfen der sterblichen Überreste des alten.)

Zuerst musste mal die blaue Plastik-Verschalung mitsamt den Verbindungselementen, die hinter den Krümmern verlaufen weg, das war sicher. So konnte ich die Abdeckplatte des Lima-Antriebs hinter dem Telelever nach schräg unten rausziehen ohne die Krümmer abzubauen.



Jetzt war klar, wie's weitergeht. Einfach die drei Befestigungsschrauben der Lima lösen, selbige nach unten schieben, neuen Riemen aufsetzen und wieder spannen.


obere Riemenscheibe/die obere der drei Befestigungsschrauben ist nicht auf dem Bild


untere Riemenscheibe

Spannen - klar, muss sein, aber wie?
BMW sorgt natürlich vor. An der rechten Befestigungsschraube erkennt man hinten eine Zahnstange, wo die Lima durch einfaches Drehen des eingreifenden Zahnrads rauf und runter geschoben kann (oberes Bild). Also hochgewürgt, bis sich der Keilriemen nur noch um ca. 90° verdrillen lässt, schnell festgezogen, und die ganze Chose rückwärts wieder zusammengeschraubt. Einfache Sache das, wenn man erst mal weiß, wie's geht.

Gekostet hat mich die ganze Aktion gerade mal 150 norwegische Kronen, das sind umgerechnet etwa 19 Euro. Ich hatte mit deutlich mehr gerechnet und war natürlich sehr erleichtert, die Angelegenheit so schnell, unkompliziert und preiswert wieder in Ordnung gebracht zu haben. (Übrigens hatte ich noch ziemlich Glück, denn hinter der unteren Riemenscheibe sitzt der recht empfindliche Hallgeber, und der kann durch einen zerfetzten Poly-V-Riemen schon mal Schaden nehmen und dadurch zum Totalausfall führen.)

Aber jetzt war ja alles wieder in Ordnung, und ich machte mich noch am selben Tag auf nach Norden Richtung Sognefjord.

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