Zitat Ich hätte euch gerne noch ein Stück über den Maloja ins Bergell und an den Comersee begleitet;
Unterwegs gab es eine Situation, da dachte ich, du würdest das tatsächlich tun. Das Navi hatte uns ja in Richtung Norden aus Zuoz heraus auf die Umgehungsstraße geleitet und so dauerte es eine Weile, bis wir wieder aus St. Moriz raus waren , zumal ich auch noch durch den Ort selbst fuhr. Bei Silvaplan stand eine Scrambler am Straßenrand und der Fahrer winkte uns zu. Das Kennzeichen konnte ich nicht erkennen und vermutete schon, dass du das bist. Ich hab erst mal etwas langsam getan, aber die Scrambler kam nicht. Als es dann aber am Maloya die Serpentinen runter ging, war sie auf einmal hinter uns. Henny meinte noch, "Jetzt musst du aber kein rennen anfangen!", denn wir nahmen nun schon an, dass du das bist. Aber als ich - natürlich - Gas gab und die Scrambler trotzdem die langsam bleibende Henny nicht überholte, ja sogar zurückfiel, bekam ich dann Zweifel. Und als wir bei den Bergsteigern anhielten, fuhr die Scrambler vorbei - und hatte ein italienisches Kennzeichen.
Aber in Italien sieht man den Scrambler noch relativ oft. Dann aber immer nur als Schickimicki-Fahrzeug für eitle Zeitgenossen. Wirklich fahren tut damit kaum mal einer. Und grüßen noch viel weniger. Dass mich mal ein Italiener zuerst gegrüßt hätte, kann ich an den Finger einer Hand abzählen. (Oder ich seh ’s immer nicht, weil die beim Grüßen meistens nur den kleinen Finger vom Lenker nehmen. )
Mögen die keinen BMW? Wir sind oft gegrüßt worden. Bei Entgegenkommenden weiß ich ja die Nationalität nicht, aber die uns Überholenden grüßten häufig mit dem lässig ausgestreckten Bein. Wahrscheinlich flößt so eine bepackte W gehörig Ehrfurcht ein
Wunderschön geht die Sonne über der gegenüberliegenden Bergkette auf. Ein braves, kleines Frühstück. Wir sind die einzigen Gäste des Hauses.
Sonnenaufgang am Comer See
Das Hotel in der Morgensonne
Um 9.30 Uhr sind wir schon wieder auf der Piste, es ist mit 11 Grad noch recht frisch. Ich hab dem Navi leider nur Lugano als nächstes Ziel eingegeben, was leider dazu führt, dass wir bald vom schönen Ufer des Comer Sees weg in einen langen Tunnel hinein geleitet werden. Überhaupt folgen noch weitere Tunnel, so dass wir nicht übermäßig viel von der Landschaft zwischen Comer und Luganer See haben. Ich hätte mir etwas mehr Mühe mit der Tourplanung geben sollen.
Still ruht der See. Hier ist es noch der Comer See und …
… hier ist es dann schon der Luganer See, wobei …
… das Foto trügt, denn in der Nachsaison wird überall heftig gebaut – nix mit Stille.
Die südliche Vegetation, und das direkt an den Alpen, lässt etwas neidisch werden.
Wir schlängeln uns durch die verworrenen Straßen von Lugano und den dichten Verkehr, streifen bald den Nordzipfel des Lago Maggiore und machen in Giubiasco eine Kaffee-Pause:
Da wir die nächste Übernachtung in der Schweiz haben werden, hole ich mir am Automaten 200 Franken, denn auch in der Schweiz ist es nicht immer überall möglich, mit Karte zu zahlen – und außerdem sehen die Wirtsleute außerhalb der Saison auch gerne mal Bargeld. Die Bank bekommt gerade ihre tägliche Post und ich bewundere das moderne Elektro-Dreirad mit Anhänger des Postboten:
In Bellinzona biegen wir nach Nordosten ab und nehmen den San Bernardino in Angriff. Über den Pass führt auch eine Autobahn, so dass die sich wunderbar durch die Landschaft windende alte Landstraße nahezu verkehrsfrei ist – und dabei im gutem Zustand. Na ja, bis auf Ausnahmen:
Schnell wird es wieder alpin und durch die Inversionswetterlage ist es oben auf dem Pass mindestens genauso warm wie unten im Tal.
Zwei Brücken für die Autobahn und …
… entsprechende Warnschilder für die LKW.
Wunderschön schlängeln sich die Serpentinen den Pass hinauf und ich finde, dass der San Bernardino (2065m) einer der feinsten Pässe ist, aber wohl kein rechtes Image hat. Die Auffahrt ist landschaftlich schön und man kann die Serpentinen flott fahren, denn die Strecke ist fast überall gut einsichtig, dazu wechseln sich die unterschiedlichen Kurvenradien immer wieder ab. Nicht so spektakulär steil wie der Stelvio, aber viel abwechslungsreicher und in gewisser Weise daher auch anspruchsvoller. Den Pass hatten wir wieder mal ganz für uns alleine. Leider war das Hospiz schon geschlossen. So setzten wir uns in die Sonne und genossen eine ganze Weile Wärme und Ausblick. Ich suchte "meine" Steinfigur von meinem letzten Besuch, fand sie aber nicht wieder. In der ganzen Zeit, in der wir uns dort aufhielten, kam nicht ein einziges anderes Motorrad vorbei. Vielleicht fühle ich mich hier auch deswegen so wohl, weil der Pass früher Mons Avium hieß, also Vogelsberg.
Einsames Hospiz, leider schon geschlossen
Wärme tanken am Ufer des Sees
Ausblicke:
Und weiter geht es durch Graubünden in Richtung Thusis
Bald darauf machen wir eine Rast in Splügen und bestellen uns – mal wieder - zwei leckere Apfelstrudel, die wir in der Sonne verzehren. Auf der Straße erhöht sich in der Zeit die Dichte der Tuttelbären. Als es ans Bezahlen ging, staunen wir über den Preis: Umgerechnet 28 Euro kosten die beiden Apfelstrudel mit zwei Capuccino! Oha!
Rast in Splügen
Teurer Strudel und …
… Tuttelbären.
Als ich gerade wieder beim Aufsetzen des Helms bin, kommt doch über die Brücke eine Vespa. Fahrer mit Jethelm und Parka, Hosen mit Bügelfalten, Halbschuhe - die Vespa im vollen Ornat mit zahlreichen Scheinwerfern und ganzen Spiegelbäumen rechts und links. Ein waschechter Mod mitten in Graubünden! Mir blieb die Spucke weg. Für ein Foto reichte es aber leider nicht. Möge er eine schöne Klippe finden.
Hinter Zillis erreichen wir die Viamala, eine wildromantische Schlucht, die vom Hinterrhein tief in das Gestein eingegraben wurde. Da auch hier nur sehr wenig los ist, machen wir eine Pause und geben auch die fünf Franken aus, um runter in die Tiefen der Schlucht klettern zu dürfen, was durchaus recht spannend ist. Durch die dämmerigen Lichtverhältnisse ist das Fotografieren gar nicht so leicht. Man kann sich anhand der Infotafeln vorstellen, wie schwierig es früher war, durch diese Schlucht zu kommen, die angeblich schon seit dem 15. Jahrhundert vor Christus genutzt wurde. Erstaunlich auch, wie man es zudem schaffte, schon zur Römerzeit hier Fahrwege durch zu bauen.
Ein paar Fotos von der Viamala:
Ankunft auf dem Parkplatz und …
… erstes Peilen der Lage.
Wollen wir da wirklich mal runter?
Los geht´s!
Und weiter!
Interessante Erosionsformen (ein Strudeltopf!) und …
… und bedrückende Aus- bzw. Einblicke erwarten uns. Es hat schon etwas gruseliges.
Wir verlassen die Viamala durch einen kleinen Tunnel in Richtung Norden. In Thusis biegen wir nach rechts ab und fahren über Tiefencastel und das Landwassertal in den Prättigau bis Küblis im Tal der Landquart.
In Tiefencastel halten wir an, weil mich dieses rätroromanische Schild interessiert – oder war es doch mehr der Schilderständer?
Und da ich sofort von den Fahrzeugen auf der anderen Straßenseite abgelenkt wurde, weiß ich leider bis heute nicht, was diese Aufschrift bedeutet.
Guzzi Ercole und Aermacchi Motocarro Diesel
Solyto
Genau diesen kleinen Solyto kannte ich schon von früher, da war er mal frisch restauriert und stand wie neu da. Jetzt sieht er schon eher wieder traurig aus.
Gleich hinter Thusis fallen uns zwei identisch grellbunte Motorräder auf, die eine Weile hinter uns bleiben. Polizei? Ja. Irgendwie ein komisches Gefühl, obwohl wir gewiss nicht zu schnell waren. Der eine überholt uns dann auch bald, aber der andere bleibt hinter uns. Sie fahren immer punktgenau die vorgeschriebene Geschwindigkeit, was wir durch unsere kalibrierten Tachos genau prüfen können. Auf kurvenreichen Streckenabschnitten ist man mit den erlaubten 80 km/h manchmal schon arg schnell unterwegs, was uns aber nicht abhält, am vorderen kleben zu bleiben – mit dem korrekten Abstand natürlich. Da fällt der hintere manchmal etwas zurück und hat dann alle Mühe, wieder aufzuschließen, da auch er ja die erlaubten 80 nicht überschreitet. So fahren wir in dieser Formation bis Davos, wo uns der zweite vor einer Ampel dann überholt und freundlich grüßt. Er ist noch ziemlich jung. In Klosters trennen sich unsere Wege, ohne dass das rote "Folgen bitte" im Heck der Motorräder aufleuchtet. Die Tour zu viert mit den beiden Gendarmerie-Tuttelbären war zwar nett, aber doch etwas stressig. Schade, dass es keine Gelegenheit für ein Foto gab.
In Küblis folgen wir einem Wegweiser zu einem netten Landgasthof, der aber leider Ruhetag hat – aber gleich neben an das Gasthaus Krone hat geöffnet, also nehmen wir doch das. Und bekommen ein nettes Abend-Menu mit Suppe, Salat, Geschnetzeltes mit Nudeln und Spinat – und das sogar recht günstig.
Zitat von Falcone im Beitrag #38In Tiefencastel halten wir an, weil mich dieses rätroromanische Schild interessiert – oder war es doch mehr der Schilderständer?
Und da ich sofort von den Fahrzeugen auf der anderen Straßenseite abgelenkt wurde, weiß ich leider bis heute nicht, was diese Aufschrift bedeutet.
Ist ein bisschen schwierig, weil das ein anderes Idiom ist als bei uns im Engadin. Meine Kinder sind sich aber ziemlich sicher, dass es in etwa bedeutet: "Derjenige, der langsam macht, bleibt gesund." Passt nur irgendwie nicht zum flotten Hörnchen auf dem Board. Könnte aber so zu lösen sein, dass der Croissant die Verbindung zur Bäckerei dahinter herstellt (ist das Signet der Bäckerei Stgier in Tiefencastel) und der Spruch die Fahrweise mit der Ercole (mit der die Leckereien ausgefahren wurden?) persifliert.