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Dieses Thema hat 184 Antworten
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 Reiseberichte / Motorradgeschichten
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truwi Offline




Beiträge: 2.597

20.01.2017 20:56
#166 RE: Die Einschläge kommen näher Antworten

Danke Dieter,

ohne die beiden gekannt zu haben, bin ich berührt dank deiner bildhaften Darstellung, die sehr gern nochmal gelesen habe.
Ich habe auf beide und die vielen anderen, die nicht mehr unter uns weilen angestoßen.


T

AndreaW650 Offline



Beiträge: 4

26.01.2017 15:34
#167 RE: Meine Erste Antworten

Schöne Geschichte und Tolle Reise

Mattes-do Offline




Beiträge: 6.953

26.01.2017 16:55
#168 RE: Meine Erste Antworten

Gruß,
Mattes

Brundi Online



Beiträge: 33.310

26.01.2017 17:11
#169 RE: Meine Erste Antworten



Guck mal die Beiträge von Andrea an. Kopie und Paste.... in kleinen Variationen


Grüße
Brundi

decet Offline




Beiträge: 7.690

22.07.2021 21:22
#170 RE: der Kapitän Antworten

Diese Schnurre hat nur sehr entfernt mit Motorrädern zu tun, eigentlich nur wegen der Beteiligten, die sich im Dunstkreis des Böse-Buben-Motorradklubs aufhielten.

Da gab es einen älteren Herrn, der so um 1973 oder ’74 seinen damals schon etwas betagten Opel Kapitän P 2,6 auftankte und von irgendwo in Deutschland aufbrach, um sich mal die Alpen anzusehen. In Füssen pieselte ihm dann ein Leck im Kühler eine Pfütze auf den Hotelparkplatz, und er suchte eine Opel-Werkstatt auf, damit er seine Karosse wieder stubenrein bekäme. Der Händler bestellte ihm auch einen neuen Kühler, was ein paar Tage dauerte, baute ihn ein und wollte summa summarum um die 250 DM dafür haben. Der Herrenfahrer griff zum Scheckbuch und beglich die Rechnung, nur um dann zu erfahren, daß bei der Reparatur weitere teure Schäden zum Vorschein gekommen wären, und ob er nicht lieber einen neuen kaufen wolle, er hätte da günstige Angebote, und den alten Kapitän würde er für 250 DM in Zahlung nehmen. Das ging dem Kapitänsbesitzer denn doch ein bißchen zu weit, und er sprach: „Da schenk ich ihn ja lieber dem Wachsoldaten da drüben!“ und zeigte auf den Gebirgsjäger, der vor dem in Sichtweite der Opel-Werkstatt befindlichen Kasernentor stand.

Da das den habgierigen Händler nicht zu einer Aufstockung seines Angebotes bewog, schritt der havarierte Opelfahrer über die Straße und fragte den Gefreiten: „Wollen Sie meinen Kapitän geschenkt haben?“ - der Wehrpflichtige junge Mann fühlte sich zunächst veräppelt, aber als der Reisende die Fahrzeugpapiere in der Hand hatte und den Schlüssel dazu legte, zuckte er mit den Achseln, sagte artig: „Danke schön!“ und war jetzt (ein etwas verblüffter) Besitzer eines sehr gepflegten Luxusautos. Nach Dienstschluß erfolgte dann die Übergabe mit einem formlosen Vertrag, einer Einweisung und dem Rat, die vorsorglich im Kofferraum mitgeführten nagelneuen Stoßdämpfer einzubauen.

Der jetzt autolose Herr fuhr dann mit der Bundesbahn nach Hause und kaufte wahrscheinlich in seiner Heimatstadt ein neues Gefährt, um seine Alpenerkundung fortzuführen.

Und der Gefreite? Der hatte nämlich schon einen Fiat 600, mit dem er nicht betriebskostenmäßig überfordert war, und den Kapitän konnte er sich eigentlich nicht leisten. Also ging er unverzüglich mit der unverhofften Neuerwerbung hausieren. Sein Kamerad Werner, ebenfalls wehrpflichtig, zeigte Interesse, wollte aber nichts Bares investieren, und nach kurzem Verhandeln einigte man sich auf ein Tauschgeschäft, Zug um Zug den Kapitän gegen ein in den Fiat einzubauendes Autoradio, das der Werner noch übrig hatte. Der Werner, der war nun Mitglied im Kaufbeurer Motorradklub, und kam beim nächsten Freitagstreffen großspurig mit dem großen Opel vorgefahren, um ihn seinerseits auf den Markt zu werfen, denn auch er konnte sich (als W15) das Schiff eigentlich nicht leisten.

Solche schnöden wirtschaftlichen Erwägungen konnten allerdings meinen Bruder Jonas nicht bremsen, der kaufte dem Werner ein paar Tage später das Prachtstück ab, ich weiß nicht, um welchen Preis, aber viel kann’s nicht gewesen sein. Jedenfalls fuhr der Jonas einen Sommer und einen Winter lang den Nobelhobel spazieren, der immerhin noch eineinhalb Jahre TÜV hatte, und verkloppte ihn im Frühjahr mit sattem Gewinn an einen Türken.

Das war ein feines Auto. Ich durfte auch mal damit fahren, Luxus und Establishment pur, und schön entschleunigend. Ganz unpassend für uns Möchtegern-Rebellen.

Alkoholfreies Bier... schmeckt richtig, ist aber falsch.

tom_s Offline




Beiträge: 6.215

23.07.2021 09:15
#171 RE: der Kapitän Antworten

hypsch geschrieben..

..aber häddste den mal behalten (bzw. Deinem Bruder abgeschwatzt.
Was wäre so einer heute Wert?
Und allein das winterliche Schrauberpotenzial! - Unbezahlbar.



Gruß
Thomas

Carpe diem

decet Offline




Beiträge: 7.690

23.07.2021 10:08
#172 RE: der Kapitän Antworten

Häddste, häddsde. Ich hatte doch auch keinen Knopf Geld, und den zu konservieren, bis er was wert ist, hatte ich auch keine Garage. Is schon gut so

Aufgerufen wird für guterhaltene Exemplare auch schon mal 20 Tausend €, aber damit kommt nicht mal die Garagenmiete aus 40 Jahren rein

Alkoholfreies Bier... schmeckt richtig, ist aber falsch.

tom_s Offline




Beiträge: 6.215

23.07.2021 11:55
#173 RE: der Kapitän Antworten

Eyh, Dieter, das war ja nicht wirklich Ernst gemeint.

Das mit dem Konservieren kenne ich bzw. hätte ich gekannt.
Meine erste Karre war ein geschenkter Fiat 1500 von der Patentante. klick zum fremden Bild
Den haben auch nur noch die Zierlinien (jede Menge) und der Rost (noch mehr) zusammen gehalten.

Mal ganz abgesehen davon, dass ich den gar nicht hätte restaurieren können mangels Ahnung und Geld (Bundeswehr bzw. Student)

Irgendwie ist das ganze Geraffel irgendwann ja auch eine Belastung.
Ist also gut, wie es ist.



Gruß
Thomas

Carpe diem

gerry Offline




Beiträge: 3.991

24.07.2021 06:47
#174 RE: der Kapitän Antworten

Ja so ist das halt. Wenn man vorausschauend genug gewesen wäre und vor allem wenn man entsprechende Lagerkapazität gehabt hätte und alle sein Fahrzeuge nicht verkauft oder verschrottet hätte, ja dann ...

Wäre eine schöne Sammlung bzw. wäre eine gute Altersvorsorge gewesen.

Hätte ,hätte Motorradkette.

Gruß Gerry



zzzz

Zephyr ( gelöscht )
Beiträge:

24.07.2021 16:02
#175 RE: der Kapitän Antworten

Der Fiat 1500 ist traumhaft...


Irgendwann vor 10 Jahren hatte ich mal eine Geschäftsidee: Eine leere, trockene Halle mit 1000 m² war ungenutzt vorhanden. Ein Auto mit etwa 4,50 Länge und 2 m Breite braucht 9 m², Wege schon mit drin. Es passen also etwa 100 Autos in die Halle.
Nun sollten billigst sonderbare Fahrzeuge am Ende ihrer Nutzungszeit billig aufgekauft werden. Also Ford Scorpio, Opel Senator, VW Santana, Ford Orion, Daihatsu, Daewoo, kurzum, alles, was dem ästhetischen Empfinden der Auromobilisten entgegengestanden hätte.
Sprit raus, kleine WD 40 Dusche, fertig.
Mindestens 20 Jahre lagern, dann mit Aufpreis verkaufen, Teile verkaufen usw. Reichen überhaupt 20 Jahre, sollten es 30 sein?

Also mal angenommen, so ein Ding wird in Konkurrenz zu Litauen oder Afrika für 1000 Euro / Stück gekauft. Investition also mindestens 100 000 Euro.

Die Halle ist in der Vermietung 2400,- / Monat wert, also rund 576 000 auf 20 Jahre, dazu Nebenkosten, gesamt also rund 700 000.
Also 7000 pro Auto, wenn nicht Feuer, Vandalismus usw den Wert gemindert hätte. Vor 10 Jahren gab es auch noch Zinsen, sagen wir mal 2 % /Jahr, also rund 500 pro Wagen auf 20 Jahre.

Der Verkaufspreis pro Fahrzeug hätte also mindestens bei 8500 liegen müssen, ohne das jegliche Arbeit bezahlt oder Gewinne erzielt worden wären.

Über Wertverluste von Geld über 20 Jahre ist dabei noch nicht ausreichend nachgedacht worden. Und wer sagt, daß Verbrenner dann noch begehrt sind ?

Vernachlässigt man hier mal den Inflationsfaktor, hätte man pro Ruine nach 20 Jahren deutlich über 10 000 Euro nach heutigem Preisgefühl erzielen müssen, um angemessen zu verdienen. Ohne Steuer, ohne Risko, auf irgendwas sitzen zu bleiben.

Würde man heute (2021) soviel Geld für ein abgewirtschaftetes, 30 - 40 Jahre altes Fahrzeug ( 20 Jahre bei Einlagerung + 20 Jahre Lager) bezahlen? Wohl eher nicht.

Dann müßten die Fahrzeuge schon als den 60ern stammen (doppelte Lagerzeit --> doppelte Kosten), also wieder nichts und zudem Generationenprojekt.


Durchgerechnet, verworfen. Aber die Idee war schön.

C4

tom_s Offline




Beiträge: 6.215

25.07.2021 12:57
#176 RE: der Kapitän Antworten

.. man kann aber auch jede romantische Idee mit Fakten killen.

Zu dem Zeitpunkt, ungefähr 1977/1978, regiert doch noch der sog. jugendliche Unverstand.
Einerseits war ich dankbar für das Geschenk der Patin (allerdings stammt diese Hälfte meiner Verwandtschaft aus Schwaben, die ja bekanntlich "nix gäbbä".) Ich wusste schon bald, warum man mir die Gurke geschenkt hatte. Der war meinem konservativen Onkel nicht mehr standesgemäß genug und war auch eben praktisch völlig durch gerostet. Sein nächster war dann "der Daimler")

Andererseits war der Fiat von der sehr rutschigen durchgehenden vorderen Sitzbank und dem kuhlen Bandtacho abgesehen, völlig uncool.
Als meine Ziellinien aufgebraucht waren, habe ich den Fiat an ein Bastlerkollektiv in Gießen verscherbelt und mir einen VW-Porsche zu gelegt. Das war dann eines der teuersten (gefühlt) Autos meiner Laufbahn. VW-Technik mit Porsche-Werkstattpreisen. (Aber das ist eine andere Geschicht.



Gruß
Thomas

Carpe diem

gerry Offline




Beiträge: 3.991

26.07.2021 07:55
#177 RE: der Kapitän Antworten

Zitat von tom_s im Beitrag #176
Zu dem Zeitpunkt, ungefähr 1977/1978, regiert doch noch der sog. jugendliche Unverstand.


Aber Hallo.
Ich kann mich erinnern, das ich in dieser Zeit mal billig einen Mercedes "geschossen" hatte. Einen 250 SE Coupe Automatik.
Geiles Auto, viel PS (für damalige Verhältnisse unfassbare 150PS). Und erst die Beschleunigung, wenn Du am Berg den "Kickdown" betätigt hast.

Aber leider, leider. Den Tacho hätte man auch ausbauen können - allein an der Tankanzeige konnte ich ablesen wie schnell ich unterwegs war.

Gruß Gerry



zzzz

Zephyr ( gelöscht )
Beiträge:

26.07.2021 09:23
#178 RE: der Kapitän Antworten

Bei meinem 123er 250 Automatic war das einfach: Über 100 zeigte die ersten zwei Ziffern der Tachoanzeige den Verbrauch an: 130 =13 Liter, 150 = 15, 180 = 18 Liter.

C4

decet Offline




Beiträge: 7.690

23.10.2024 20:46
#179 Nostalgie, entschleunigt Antworten

Vor 50 Jahren in München studieren war nicht so einfach, wie man heute vielleicht glauben möchte. Neben den harten akademischen Anforderungen des Studentenlebens hatte man es mit mancherlei anderen harten Anforderungen zu tun, die im Wesentlichen der Befriedigung unbefriedigter sozialer Bedürfnisse dienten.

Ein solcher Befriedigungsakt bestand für die Kaufbeurer Freunde aus gelegentlichen Pilgerfahrten zum Karg-Bräustüberl in Murnau, wo der Jonas seinen Wehrdienst abgeleistet hatte. Nicht im Bräustüberl, jedenfalls nicht ausschließlich. Das Stüberl gehörte zur Murnauer Weizenbierbrauerei und zeichnete sich aus durch Ausschank des Weizenbiers vom Faß, und durch kompetente Bedienungen. Erwähnt werden soll auch, daß die dort servierten Brathendl sensationell waren. Und so stieg alle paar Monate eine kleine Truppe wechselnder Zusammensetzung in den mattschwarzen 190er Diesel (nachdem ein Promillechauffeur ausgelost worden war, der mußte sich auf den Genuß von Brathendl mit Apfelschorle beschränken), und nagelte auf der A95 Richtung Staffelsee. Leider war diese Tradition - nach der Zerstreuung der Kaufbeurer Studienfreunde in alle Winde - in Vergessenheit geraten. So ist das Leben eben.

Die Jahre gingen wohl ein und aus, die Haare gingen uns auch aus, mindestens aber wurden sie grau. Sehr gelegentlich traf man sich. Beispielsweise zum sechzigsten hatte der Manni ein großes Fest geschmissen, wo man gut aß, trank, Musik aus den Siebzigern hörte, und bescheiden über seine Karriere sprach. Das Gespräch war dann auch mal aufs Motorradfahren gekommen, und der Manni hatte irgendwie gesagt, daß er bei seiner R69S noch mal bei gehen müßte, die wär im Augenblick nicht fahrbereit - beim Manni konnte man allerdings nicht sicher sein, ob es nur Fliegendreck auf dem Scheinwerferglas war, der das Mopped unfahrbar machte. Sei's drum.

Jedenfalls merkten der Jonas und ich, daß - auch nach vielen Jahren der Mobilität in Dosen - der Moppedbazillus im Manni noch nicht völlig ausgerottet war, und so beschlossen wir, ihm zu einem seiner nächsten Geburtstage ein bißchen Nostalgie zu schenken. Wir machten einen Plan.

An einem frühjahrlichen Geburtstagsmorgen (es war glaub ich erst der über- oder überübernächste) übergab der Jonas dem Jubilar einen Umschlag, in dem eine Karte steckte mit der Inschrift "Gutschein für 1 x Karg Bräu" Als der Manni das gelesen hatte und ein bißchen dumm schaute, ergänzte der Jonas: "Mit Übernachten, damit wir's nicht bei einem Weizen bewenden lassen müssen. Im Zelt natürlich. Und mit dem Motorrad." Der Manni wollte gerade loslegen, daß er ja erst die Ess noch fahrbereit machen müßte, da sagte der Jonas ganz schnell "Du kannst auch im Beiwagen mitfahren." Denn beim Jonas in der Garage stand - und steht noch - ein fahrbereites Ducati 900 SD Gespann, und damit waren alle Einwände mit einem Schlag vom Tisch.

Schokoladenseite.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Den Segen seiner Allerliebsten hatten wir vorher eingeholt, denn ohne den hätten wir's nicht gemacht. Aber trotz ihrer Angst um den Manni wußte sie, daß man ab und zu nicht nein sagen darf, wenn's um eine Herzensangelegenheit geht. Da Bou mou dou wos da Bou dou mou, wie's der Oberpfälzer so schön formuliert. Das weiß übrigens nicht jede Frau, aber lassen wir das.

Das Datum war noch offen, aber wir fanden ein gutes Wochenende im späten Frühling, und nach letzten Ermahnungen, ihren Guten wieder heil zurückzubringen, faltete sich der Manni ins komfortable Beiboot, und wir waren unterwegs.

Vom Mannis Wohnsitz nach Murnau ist es nicht weit, schlappe 80 km, aber man muß ja nicht die Direttissima wählen, unsere Ortskenntnis erlaubte es, eine gut doppelt so lange Route zu nehmen, denn bei dieser Unternehmung war der Weg das Ziel.

Ganz lässig ging's dahin, das Voralpenland ermangelt nicht der Genußstraßen, wir nahmen uns auch die Zeit, mal kurz die Fahrzeuge zu tauschen. Der Jonas wußte ja, daß ich einige Jahre auch Gespann gefahren war, wenn auch keins mit Schub. Ich machte auch keine Mätzchen, sondern ließ die Fuhre brav mit ganz wenig Gas dahinrollen, die 900er ist ja eine ernstzunehmende Schubmaschine und kein Spielzeug. Nach kurzer Zeit tauschten wir aber wieder zurück, und der Jonas meckerte ein bißchen über die Contis auf der W - sowas ist ja Geschmackssache.

Unterwegs verloren wir uns dann irgendwann mal, bei einer Ampeleinmündung trennte uns die zu kurze Grünphase, und dahinter verfehlte ich eine Abzweigung. Aber das war wurscht, Treffpunkt war der Campingplatz in Murnau, und den fand ich dann schon. Er war allerdings ziemlich voll, und der Scheffe wollte uns eigentlich gar nicht mehr reinlassen, aber als er unsere winzigen Zelte sah, und daß unsere Fahrzeuge in irgendwelchen ansonsten nicht nutzbaren Eckchen Platz fanden, ließ er uns die Nachtquartiere aufbauen. Bezahlen mußten wir ja die volle Gebühr, da wollte der Könich des Zeltplatzes mal nicht so sein.

Ich war ein bißchen aus der Übung mit dem Zelt, aber irgendwie stand das Ding dann doch. Jonas und Manni hatten ein Zweierzelt, konnten's besser, waren auch zu zweit beim Aufbauen, und guckten leicht spöttlich zu, wie ich mich doof anstellte. Spaß muß sein.

Langsam dämmerte ein wunderschöner Abend, und wir machten uns auf den halbstündigen Fußmarsch zum Bräustüberl. Das hatten wir bei der Planung nicht bedacht, daß ein noch so sorgfältig angelegter Rausch dann auf dem langen Rückweg an der frischen Luft wieder verdunsten könnte - aber es gibt Schlimmeres. Zum Beispiel, wenn das Bräustüberl Ruhetag gehabt hätte. Hatte es aber freundlicherweise nicht.

Wir fanden einen Tisch, nicht in der Schwemme, sondern draußen, wurden alsbald von der zuständigen Bedienung erspäht, und bekamen innerhalb weniger Minuten die ersten Weizen kredenzt. Die Kellnerin war so flink und gedächtnisstark wie die vor 40 Jahren, und anscheinend, obwohl eine fesche Frau um die 50, nicht von der Art wie Ringsgwandls Arme Oide Bedienung. Freundlich, flott und flirtresistent. Wir bestellten aber keine Hendl wie zu Studentenzeiten, damals mußte es billig sein, aber die Speisenkarte des Bräustüberls hat für Zecher, die dem Studiumsknausern entwachsen sind, auch eine nach oben (beinahe) offene Skala. Man lebt nur einmal, und wer weiß, wie lange noch.

Kein noch so ausgepichter Hopfen-und-Malz-Jünger hätte sich mit größerer Kunstfertigkeit beschickern können, als wir drei es an diesem lauen Frühlingsabend vollbrachten, und kurz vor der Sperrstunde ließen wir uns noch 3 Obstler samt der eigentlich recht moderaten Rechnung bringen, ein ordentliches Trinkgeld kam drauf, dann machten wir uns auf den Rückmarsch zum Campingplatz am See.

Was wir auf dem Weg so quatschten, weiß ich nicht mehr, nur daß wir viel lachten, und die kunstvoll gestrickten Räuscherl einigermaßen unversehrt bis zu unseren Zelten retten konnten.

In aller Ruhe meine Weizen-Narkose restlos auszuschlafen, war mir allerdings nicht vergönnt, denn etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang fingen die kleinen Schwalbenküken in den zwei Nestern am Haus der Campingplatzverwaltung an, nach Futter zu plärren, und das kaum 10 Meter von meinem Zelt entfernt. Damit war die Nacht für mich vorbei, und nach ein paar vergeblichen Versuchen, bei dem Lärm wieder einzuschlafen, zog ich die Stiefel an und machte mißmutig einen Spaziergang zum See, wo ich außer Hörweite der Schwalbenbrut ein Ruhebänkchen fand, auf dem ich in den Sonnenaufgang hineindösen konnte.

Die beiden anderen waren anscheinend keine so leichten Schläfer, die tauchten erst so um halb acht aus dem Zelt auf, und dann kauften wir uns in der kleinen Restauration des Campingplatzes einen Kaffee und Butterbrezen, was mich wieder ein bißchen mit der lauten Welt versöhnte. Der Platzchef laberte uns noch ein Gespräch über unsere schönen Motorräder an die Backe, das läßt man sich an einem so entspannten Morgen schon gefallen. Kater hatten wir alle drei keinen, was für die Qualität des Karg Weizens und unser umsichtiges Vorgehen beim Konsum desselben spricht.

Na dann. Ganz gemütlich bauten wir ab, packten auf, und lenkten unsere Räder Richtung heim, aber ohne Eile, mustergültig entschleunigt. Am frühen Nachmittag lieferten wir unseren kostbaren Passagier wieder bei der Susanne ab, und weil wir ihn so sorgfältig transportiert hatten, bekamen wir - ganz unerwartet - eine Luxus-Brotzeit serviert, die noch einmal mindestens eine Kerbe höher lag als das an sich exzellente Essen beim Karg. Na gut, die Susanne ist Wirtin und Köchin eines Feinschmeckerlokals, aber wir hätten den Manni auch ohne das behandelt wie ein rohes Ei (was nicht bedeutet, ihn in die Pfanne zu hauen).

Das war eine gute Aktion, mittlerweile auch schon wieder 8 Jahre her. Nachzutragen wäre noch, daß der Manni die Ess nicht mehr in Betrieb genommen hat. Sie ist jetzt als Dauerleihgabe beim Rudolf, der sie mit geringem Aufwand reanimierte, viel hat nicht gefehlt, sie war schließlich lange Zeit in der Obhut des sehr pingeligen Manni gewesen.

Alkoholfreies Bier... schmeckt richtig, ist aber falsch.

tom_s Offline




Beiträge: 6.215

23.10.2024 21:39
#180 RE: Nostalgische Entschleunigung Antworten

Wurde mal wieder Zeit für einen Decet-Text, hybsch geschrieben.

Tja, wir werden alle älter, zum Glück.
Wer nicht, hats hinter sich, nicht schön, vermutlich.



Gruß
Thomas


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