Mein Töchterchen ist happy - sie hat gerade angefangen, Bewerbungen zu schreiben und schon bei der zweiten hat es geklappt: Sie kann eine Pharmazie/Chemie-Ausbildung an der Uni Marburg anfangen.
Obwohl mir ja lieber gewesen wäre, sie wäre mal ein bisschen weiter in die Welt hinaus gekommen. Aber ist schon ok so. Eine Sorge weniger.
Ach du Sch... : Dir ist hoffentlich klar, das solche Menschen dort völlig verdorben und versaut werden (ich meine jetzt: für die Arbeitswelt) ? Die meinen hinterher immer, so wie dort, an solch' einer Anstalt, würde überall gearbeitet ... naja - viel Glück !
"Wenn man sich nicht an die Spielregeln hält, macht es keinen Spaß!" Loriot
Zitat ...komischerweise auch zuerst an dich gedacht...
Die Ausbildung an so einer alten Uni wie Marburg wird schon ganz O.K. sein, denke ich. Macht bestimmt mehr Spaß als in einer Firma, wo man doch eher immer die selben Dinge macht, und ist vermutlich breiter gestreut. Nicht zu vergessen das Uni-Flair: da gibt's immer 'ne Menge interessanter Leute und Einrichtungen (Werkstätten, Bibliotheken, Mensa ). Ich sag' mal: Glückwunsch!
Zitat ...denk mal lieber an Marina...soll Dein unschuldiges Kind so werden wie sie...
Och, also mir ist da spontan eine wesentlich schlimmere Personalie als Beispiel eingefallen ...
"Wenn man sich nicht an die Spielregeln hält, macht es keinen Spaß!" Loriot
Bei mir wars übrigens auch die erste Bewerbung die angenommen wurde (insgesamt hab ich 5 geschrieben) Nur dieses elendige warten war nen Graus :) - aber jetzt ist alles gut
-------------------------------------------------------- You talk of over throwing power with violence as your tool You speak of liberation and when the people rule Well ain't it people rule right now, what difference would there be? Just another set of bigots with their rifle-sights on me (Crass - Bloody Revolution)
man vergißt sowas schnell, aber ich erzähl mal kurz von mir:
1985: Wännä iss mitm Studibumm featich, Note: gut
Ok, Studium hat ein bißchen länger gedauert, als nötig gewesen wäre. Hätt ichs optimieren können, dann hätt ich auch 1984 fertig sein können - aber egal.
Dann ging die Bewerberei los. Internet, PC, kein Thema . . . Telefonieren, sich informieren, hinfahren und gucken (was machen die überhaupt) Die Kommilitonen lassen ihre Bewerbungsschreiben 20-fach kopieren und schicken an jeden, der ihnen einfällt.
Ich bewerbe mich 12 mal und habe immerhin 10 Einladungen zum Gespräch. Das war ein guter Schnitt und hatte seinen Grund darin, daß ich mich vorher sehr genau informiert habe und quasi "auf den Punkt" beworben hab. Meine Möchtegernhabenwoll-Stelle in der nahen Raffinerie (Schnaps für Autos ) war unerreichbar. Der Laden entließ gerade 500 Leute und hatte zudem sein Alkoholprogramm gestoppt.
Dann ging das Warten los, aber nicht Wochen, sondern Monate. 1985 war eine gaaanz schlechte Zeit. Die Schuld wurde auf alles geschoben, was sich nicht wehren konnte. Japanische Autos, die den Deutschen die Arbeit wegnehmen (aber nebenbei so schön fahren und auch so preiswert sind, daß der deutsche Kunde sie gerne nimmt), die Steinkohle, das Geldgrab der Nation war mal wieder schwer in der Diskussion. Ingenieure waren Neger, die eigentlich nur den ganzen Betrieb aufhielten, weil sie zwar excellent rechnen konnten, aber nicht in der Einheit DM usw. usw.
Diese Zeit ist maßgeblich die Ursache mit, daß es heute keiner mehr machen will und gute Techniker mittlerweile knapp sind.
Ich hatte Schulden. Arbeitslosengeld gibts nicht, wenn Du noch nix gemacht hast. Meine Mama bürgte für mich (bis 5000 DM). Ich hatte weder Auto, noch Motorrad, nichtmal Telefon. Meine Wohnung hatte 14 Quadratmeter incl. Toilette und Kochschrank. Das einzige elektrische Signal von der Außenwelt war meine Türklingel, die allerdings häufig klingelte (Ooch, gehnwer mal ebn beim Wännä vorbaaeei). Beim Einkaufen stand in erster Linie die finanzielle Optimierung im Vordergrund. . . . und die Schulden wuchsen immer weiter. Man merkt irgendwann den Blick der Bänker, wenn man wieder mal eine Barauszahlung bestellt. Sie gucken dann immer, wieviel noch drin ist.
Ausland, willste nach Argentinien für soundsoviel? Da kannste Erfahrung sammeln und hast schon mal was ! Scheiße! Da kommste nicht mehr weg, wennde dich einmal entschlossen hast. Niemand will in High-Tech Germany einen Ingenieur mit Auslandserfahrung in solchen Ländern. Die wollten ja von uns lernen und nicht umgekehrt.
Südafrika, da kriegt jeder n Job, der lesen und schreiben kann !? Na, ich weiß nicht, hamm die auch Mädels?
Kurzum, ich wollte eigentlich nicht weg. Und ich war ja von Industrie umgeben, für die passend studiert hatte.
Nach 7 Monaten war ich weich: ok, dann doch Ausland, ist doch schon alles egal.
Dann bekam ich ein Telegramm (Telefon hatte ich ja nicht) von einer Firma aus Remagen, also nicht weit weg. Ich rannte zur Telefonzelle, um Bescheid zu sagen, lieh mir sofort den Käfer meines Freundes und brauste hin. Von außen ein unscheinbares Gebäude, wie kriege ich jetzt Infos?
Ich habe sie dann gekriegt in Form eines englischsprachigen Prospektes, habe jeden Buchstaben gelesen, habe den Umschlag (auf dem ein Fließbild einer Großkälteanlage künstlerisch geschickt abgedruckt war) abgezeichnet und mit Kommilitonen jeden Furz darauf versucht, zu ergründen. Bis ich das Gespräch hatte, war ich schon ein halber Gastankerbauer.
Das Gespräch lief ganz gut, die Krawatte saß eng . Bei aller Not aber dachte ich noch: "hier würds mir wirklich gefallen!"
Ich bekam die zweite Einladung und hatte nicht nur nachgedacht, sondern auch kräftig gerechnet. Meinen zukünftigen Abteilungsleiter gleich so tief ins technische Gespräch verwickelt (doch doch, das kann ich ), daß sein Chef Einhalt gebot und sagte: "noch sind Sie hier kein Mitarbeiter!"
Ich bekam den Job, ich glaube, ich habe geheult.
Als ich anfing, stand ich mit zwei Anfängern zusammen auf der Matte. Uns wurde klipp und klar gesagt: "Wir haben drei eingestellt, können aber nur zwei gebrauchen, also strengt Euch an!" Entsprechend war dann auch die Atmosphäre. Am Ende der Probezeit ging allerdings einer freiwillig, sodaß wir anderen zwei bleiben konnten.
Das Benzin kostete damals 1,46 DM. Es gab ein Anfangsgehalt von 3500 DM. Bis ich mal schuldenfrei war und mir eine Waschmaschine kaufen konnte, hat es einige Zeit gedauert.
Wie gesagt, man vergißt sowas schnell, aber früher war nicht alles besser.