odyssee fahrerlaubnis oder wie der fisch zum motorrad kam
motorradfahren war im taunus immer ganz selbstverständlich, dass dabei jährlich verluste entstanden - auch. als sozia, damals noch ohne helmpflicht, zur not auch mit kurzer hose und badelatschen zum see. meine eltern verboten mir das motorradfahren strikt, daher bekam ich auch keinen helm.
später dann nen günstiges moped ergattert, mit dem ich immerhin 70 km.h bei konstantem vollgas schaffte. ein fahrrad mit motor sozusagen. meine lebensqualität stieg. das täglich mit schwung überfahrene stoppschild war eines tages, zur erhöhung des schwierigkeitgrades, rundum mit rollsplitt angereichert, sodass ich erleben konnte wie wichtig es ist, in solchen unkontrollierbaren momenten, sofort alles loszulassen und ich vor dem stoppschild mit splittern in den händen liegenblieb. das moped rutschte über die kreuzung zur anderen strassenseite, vom bordstein gestoppt. nix passiert, die hände brannten, moped aufgehoben und weiter. nach ein paar monaten war schluss damit, das moped geklaut. na ja. auch nicht schlimm - ohne führerschein war mir sowieso nie ganz wohl dabei.
als es dann mit 18 darum ging den führerschein - leider geistig immer mit dem auto verbunden - zu machen, gab´s viele andere wichtige dinge für mich und autofahren wollte ich doch gar nicht. hatten sie mir ja auch schon auf ´nem capri und käfer beigebracht. nee, da war keine motivation. auch der in aussicht gestellte karmann ghia zog nicht. also wurde ich rennrad- bei- bahn- und busfahrerin. drei jahrzehnte lang. bis mir dann, nach einem wohnungswechsel, die leichte steigung auf dem heimweg abends wenn ich müde war manchmal richtig lästig wurde. während ich meine disziplin und mein durchhaltevermögen dabei übte, träumte ich davon wie schön es sein könnte wie die anderen auch einen motor zu haben - o.k. - in deinem alter - etwas komfortabler - erstmal kleine brötchen - schwalbe oder roller, vielleicht - was darf man denn ohne führerschein überhaupt - eigentlich nichts. nichts, was mit einem schnellen fahrrad und etwas kondition auch geht . . . vor allem frei von allen regeln.
aber die sache war noch nicht ganz vom tisch, sondern ruhte. bis ich einen kollegen traf, der gerade erst in indien ein halbes jahr ohne führerschein mit ner enfield unterwegs war und davon schwärmte. also - geht doch. nur, was sollte ich in indien? aber ein führerschein wäre natürlich schön. die samen schlummerten noch ein wenig weiter, bis ein motorradfahrender freund mich freundlich ermunterte: „mach ihn doch einfach, ich kann mir das bei dir gut vorstellen und ich kenn auch einen guten fahrlehrer in potsdam.“ das war im winter und hat gezündet. klar. einfach machen. warum auch nicht. wer oder was hindert mich eigentlich daran . . . dachte ich so - ohne meine mitmenschen dabei zu berücksichtigen. mein entschluss war gefasst und jetzt musste es natürlich schnell gehen. so schnell wie möglich und nichts sollte mich mehr aufhalten. also hin zur fahrschule, ferienkurs. nur motorrad ?? rollende augen. theorie - zeitraubende pflichterfüllung. gelernt habe ich am computer, jeden tag drei fragebögen bis kein fehler mehr da war.und dann noch der berg formalitäten. papiere, nachweise, photo´s, sehtest, brille besorgen, erstehilfekurs mit zehn irritierten pickeligen achtzehnjährigen jungs, die alle scharf auf´n auto waren. nichts blieb mir erspart.
führerscheinstelle: „da kommen sie her mit ihrem alten führerschein . . .“ woas ? hab gar keinen - den will ich doch machen. „in ihrem alter? und auch noch offen?“ ja, mal wenigsten ein vorteil und die prüfung ist doch die gleiche. bis dahin verlief noch alles fast reibungslos und dann sollte es losgehen. endlich. erste praktische stunde. hochmotiviert, mit spannung und vorfreude scharrte ich schon ein paar tage mit den hufen, konnte es gar nicht abwarten. darauf folgte die abrupte ernüchterung - der empfohlene fahrlehrer gab meine stunde an den kollegen ab mit dem ich nie nicht freiwillig gefahren wäre und statt mit der schicken yamaha gings mit ner alten 125er klappakiste los zum übungsplatz. ohne mir das geringste anmerken zu lassen, habe ich wütend kochend und enttäuscht meine erste übungsstunde, mehr schlecht als recht, über mich ergehen lassen. eine stunde zum abgewöhnen. ohjeohje, so wird das nichts, das war jetzt ganz klar, so habe ich das nicht gewollt. irgendwas lief schief. mein versuch der klärung lief darauf hinaus, mich auf doof gegen die wand laufen zu lassen oder die schule zu wechseln. allen, alle unannehmlichkeiten vermeidend, entschied ich mich zähneknirschend zum wechsel. bloss wohin ? es sollte ja schnell gehen, mein ganzer zeitplan kam völlig durcheinander. jetzt war ich vorsichtiger, telefonierte die fahrschulen ab und quetschte alle wichtigen informationen raus. nach drei tagen hatte ich den ersten fahrlehrer am telefon der mir kooperativ erschien und alle meine fragen beantworten konnte. zwanzig minuten später unterschrieb ich, nach augenscheinnahme des lehrers und hondasitzprobe, die anmeldung. erneuter papierkrieg mit der zum glück unkomplizierten sachbearbeiterin bei der sächsischen führerscheinstelle, die restlichen theoretischen sollstunden erfüllt und ab zur prüfung, bevor ich wieder alles vergesse. null punkte. siehste - geht doch. wieder rollende augen. der prüfer: „nur motorrad ? ich wette in spätestens 5 jahren, machen sie den autoführerschein. das ist doch viel komfortabler.“ ich halte dagegen - nee, nee, da bin ich seit jahrzehnten resistent und wenn dann doch lieber taxifahren, das ist am komfortabelsten und flüchte bevor ich in eine grundsatzdiskussion verwickelt werde.
mit meinem zweiten fahrlehrer hatte ich dann wesentlich mehr glück. nagelneue, leichtfüssige honda cbf 600, die verkleidung störte mich anfangs etwas und ich fühlte mich wie münchhausen auf der kanonenkugel. ich habe versucht das gefühl auszuhalten und wünschte inbrünstig, dass es sich mit der zeit legen möge. er lässt mich in ruhe und eine menge ausprobieren. massenkräfte lerne ich als erstes kennen, aus der hand gerutschte kupplung ohne sturz - sein gesicht dabei werde ich nie vergessen, abs zum klackern bringen und wie´n echter proll das motorrad im zweiten gang auf 10.000 umdrehungen ziehen. für mich alles sehr spannend und auch amüsant. da hatte ich spass. er quält mich mit den grundfahrübungen, ist stolz dass ich keine hütchen umfahre, brüllt mich an, ob ich mich umbringen will und manchmal vor freude wenn ich was richtig mache, erzählt mir keinen scheiss. mir wird dieses kleine männchen im ohr sicherlich irgendwann mal fehlen, denke ich. ich revanchiere mich indem ich ab und zu, an prägnanten punkten der stadt, den blinker mit der hupe verwechsel und sich alle köpfe gleichzeitig nach uns umdrehen. das ist ihm peinlich. weil ich eine gute fahrschülerin sein will beschliesse ich nicht mehr alle ampeln bei gelb mit etwas gas zu überfahren und ordnungsgemäss an der haltelinie zu stoppen. das muss gehen. während ich das erste mal an einer riesenkreuzung beherzt in die bremse greife, kracht es kurz darauf hinten an meinem motorrad ganz blöd. was war das ? das ding schlenkert fürchterlich. puuh. damit hatte ich ja jetzt nicht gerechnet und als ich endlich dort stand wo ich wollte, drehe ich mich erbost um. welcher depp fährt mir da hinten drauf ? tja - dieses mal hatte mein lehrer beschlossen sich nicht von mir von ´ner roten ampel abhängen zu lassen und hing zum beschleunigen direkt an mir dran . . . danach haben wir erst mal sehr lange geschwiegen.
zeitgleich habe ich mich natürlich auch mit der wahl des von mir gewünschten motorrads beschäftigt. nur was ? also informationen und tips von den profis sammeln und technische daten vergleichen. honda cb 500 wäre schön. aber ohne mit einem mechaniker verheiratet zu sein? völlig hoffnungslos. zuverlässig und problemlos sollte es werden, hatte ich schon am fahrrad keinen finger krumm gemacht. ein schlichtes alltagsfahrzeug. also nix altes. die hohen scheiden auch aus, maximale sitzhöhe 80 zentimeter. enfield, sportster, xt 500, monster, estrella, bonneville - black edition, gefällt mir am besten, da beisse ich mich fest. alles theoretisch.
wie ein bär ziehe ich die kreise immer enger um meine beute. jeder tip wird geprüft. dann kommt noch der tip kawasaki w. noch nie gehört und ich kenne so vieles nicht. eigentlich wusste ich ja schon was ich wollte. trotzdem nochmal schauen, schadet vielleicht nicht und zu meiner überraschung ne echte alternative. bei mobile finde ich eine. unwiderstehlich grün. 600 km entfernt. probefahrt unmöglich ohne schein. nach drei tagen wache ich morgens auf und weiss was ich will. no risk no fun. ich ruf den besitzer an und sag ihm dass ich das moped nehme und er sich gedulden soll weil ich noch das „transportproblem“ lösen muss. wir einigen uns unkonventionell. juh.juuh - die prinzessin hat sich eine königswelle spendiert und ist überglücklich. mein erstes moped. das erste zählt nicht.
jetzt standen wieder mehrere möglichkeiten offen: meinem bruder hätte es eine grosse freude bereitet mir das ding abzuholen und mit ner schönen tour zu bringen, transportfirma oder ich hätte es bald selbst abholen können. mit oder ohne schein und das war mir das allerliebste. nach tagelangem schweigen darüber, erwähnte ich meine überlegungen dann mal in der fahrstunde. mein lehrer schaltete sofort und bot mir an die noch ausstehenden zwölf pflichtstunden mit diesem ausflug zu verbrazzeln. sehr gute idee - schilder besorgen (in berlin wird gerade flächendeckend gestreikt und die zulassungsstelle ist ihre eigene geschichte wert) und dann zur sommersonnenwende zusammen auf der honda mit vollgas dort hingezischt und mit beiden mopeds wieder zurück. ein langer - echt aufregender tag. im positiven. auf der hinfahrt den tank mit 210 km.h leergefahren, moped zur tankstelle geschoben, dabei hat er wieder mit dem rauchen angefangen, der arme und eine wunderschöne bsa gesehen. auf dem rückweg unser streit warum ich wie ne schnecke fahre (ich wollte mich in 10er schritten langsam steigern) und ob ich nicht weiss wie hoch die richtgeschwindigkeit auf der bahn ist - von meinem vorsichtigen rantasten an gelesene shimmys und pendeln bei der w wusste er nicht viel, meine probefahrt mit einem unbekannten moped. und als ich danach zornig 150 km.h fuhr ist er wieder nicht glücklich.
wir sind angekommen, fast wie in einem traum. ich war fertig und erfüllt. aber der traum war noch nicht zu ende. jetzt stand mein schönes moped endlich vor meiner türe, ich war stolz wie bolle, konnte es noch nicht wirklich richtig glauben und mein prüfungstermin vier wochen weit weg in der zukunft. grrhh. das ist folter. echte folter. in dieser wichtigen zeit musste ich täglich meine eignung ein kraftfahrzeug zu führen passiv unter beweis stellen, konnte in ruhe die ummeldung vornehmen und eine neue batterie einbauen. alles andere wäre unsinn gewesen so kurz vorm ziel.
jetzt nur noch die prüfung. diese letzte klitzekleine hürde. vier wochen zwangspause. also nochmal zwei fahrstunden vorher. im anschluss letzte vorbereitungen „haste die prüfungsgebühr überwiesen?“ überwiesen ? nee, wieso ? geb ich dem prüfer in bar, morgen früh. hahaha. damit ging das chaos gleich wieder los, also nochmal 2 stunden vor der prüfung schnell quer durch die stadt fahren, gebühren blechen. rollende augen an der kasse wieder inbegriffen. macht nichts, bin ich ja gewohnt auf meiner odyssee. danach eiligst zur fahrschule (die u.bahn fährt heute aber besonders langsam) und dann auf dem platz mit grundfahrübungen die zeit vertreiben bis der prüfer kommt. aufgeregt bin ich schon und fahre soo langsam um die ecke, dass ich zum ersten mal einfach umfalle und dabei den bremshebel verbiege. suuper. zum glück war der prüfer noch nicht da, sonst hätte ich direkt einpacken können. ohjeohje - wie wird das bloss enden. dann taucht er auf und ich bekomme von meinem fahrlehrer die ansage „duu hast´n glück - das ist der netteste prüfer den es gibt. wenn ´de das verkakkst . . . so ne chance kriegste niiee wieder . . .“ na toll - darauf musste ich erst mal eine rauchen. diesmal rollt mein lehrer die augen. der rest war nicht mehr wild. slalom, bremsen und dann los. ein paar unbefahrene strassen rechts vor links und raus aus der stadt, kleine landpartie ohne besondere vorkommnisse. da hatte ich schon ein echt fettes grinsen unterm helm als wir so lässig durch die felder fuhren. ich glaub es nicht - meine prüfung. und was hat er mir nicht vorher alles so geduldig beigebracht . . .
hinterher, als ich dann mit meiner führerscheinkarte so völlig unwirklich in der hand dastand schrie er mich ein letztes mal an „mit diiir ist immer alles ganz anders, so eine prüfung habe ich in achtzehn jahren nicht einmal erlebt“
das war der anfang.
be.
fast die erste hälfte der probezeit rum und 9000 auf der uhr.
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