was ich am Motorrad mag, ist die relative Einfachheit. Mit dem Lenker wird das Vorderrad eingeschlagen, sichtbar, fühlbar, fertig. Beim Auto weiß ich gar nicht mehr wirklich, was eigentlich alles passiert, wenn ich am Lenkrad drehe. Und bei den ganz modernen Autos weiß ichs schon gar nicht mehr. Mein Auto hat ja gottseidank keine Servolenkung.
Der Versuch, ein Motorrad sicherer zu machen, ist ja an sich nicht strafbar, aber es liegt in der Natur dieser zweirädrigen Fortbewegungsart, daß sie - Zitat Rechtsprechung - gefahrgeeignet ist. Man wird also trotz aller Technik immer aufpassen müssen.
Mal gerade nebenbei eine Bemerkung zum ABS.
Das System kommt aus dem Flugzeugbau und wurde schon bald nach dem Aufkommen der Düsenmaschinen erfolgreich eingesetzt. Zu der Zeit für man im Auto noch ohne Anschnallgurt und der Opel Kapitän hatte im Lenkrad dieses schöne Rüsselsheimer Wappen, was mit einer spitz zulaufenden Achteckpyramide aus Gießharz bedeckt war. Beim Lenkrad drehen glitzerte dies alles in der Sonne. Beim Unfall bohrte sich die Pyramide im Zweifel gleich in den Herzbeutel des Verunfallten.
Aber zurück zum Flugzeug. Das gelandete schnell rollende Flugzeug war nicht mehr so leicht zum Stehen zu bekommen, wie die noch zum Teil aktuellen Propellermaschinen. Schubumkehr wurde zwar auch schon ein wenig getüftelt, war aber noch längst nicht so effektiv wie heute. Die meisten Flugzeuge mußten halt sehen, daß sie bald nach dem Aufsetzen effektiv bremsten.
Das blöde an der Sache ist, daß zum einen der Jet noch so leicht ist, daß die Abschätzung der besten Bremskraft nicht mal so eben aus dem Gefühl heraus erfolgen kann, und daß zum andern die Fahrwerke dieser Monster alles andere als Formel 1 tauglich sind. Die Lenkbarkeit beim Schleudern hält sich dermaßen was von in Grenzen, daß es dazu wirklich nicht kommen sollte.
So wurde das Antiskid erfunden, was heißt erfunden, entwickelt. Hier hat man auf ein wirklich drängendes Problem ein Lösung gesucht.
Später, als die Elektronik kleiner wurde und die Feinmechanik billiger, haben Autowerke sich der Sache als schickes Detail angenommen. Bezeichnenderweise wurden erst nur die großen damit ausgerüstet, die, die eigentlich von ihrer Natur her nicht so bremsintensiv oder draufgängerisch gefahren wurden.
Versicherungen, die erstmal für solche Autos einen Bonus gaben, zogen den bald wieder zurück, weil das Schadensaufkommen leider nicht für ABS sprach. Der Autofahrer am Stammtisch wußte natürlich alles über das ABS. Es stand ja genug in den Zeitschriften. Jeder mußte sich erstmal dran gewöhnen, jeder wolltes, weil es jeder wollte. Die Fälle, wo wirklich mal jemand danach gelechzt hatte "wär das schön, so eine Vorrichtung zu haben" sind die Ausnahme - ich will nicht sagen, daß es sie nicht gegeben hat.
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So und nun los auf den Kunden! Es wird einfach mal alles so eingebaut, mit dem man Spielen kann. Nintendo DS für die Mitfahrerin unter 10 Jahre (vielleicht mit Bildeinbledung in den Helm), Unterhaltungselektronik, Navi, ABS und was sonst noch so.
Der Anteil der fahrfremden Ausrüstung hat sich jedenfalls drastisch erhöht. Die Diskussionen über diese Zutaten klingen häufig ganz ähnlich. ABS wird dann in einem Atemzug mit irgendwas anderem elektronischen genannt.
Das ist für mich nicht mehr primär Sicherheitsdenken. Das kommt mir vor wie einfach Hi-Tech, weiter nichts.
Zitat von WännäIch denke und empfinde da anders. Die W hat in der Regel eine Scheibe. Wenn sie zwei hat, dient eine zum Bremsen durch Reibung und die andere zum Bremsen durch Luftwiderstand ( der war jetzt gut, gell?). Es reicht bereits sehr wenig Fahrerfahrung aus, um diese Vorderbremse so zu bedienen, daß sie nicht blockiert.
Der war schon echt gut - aber:
Für mich war Motorradfahren auf Grund der allseits bekannten Gefahren lange Zeit ein Tabu. Ich hab damals aus Prinzip den Fahrausweis nur fürs Auto gemacht, um ja nie der Versuchung zu erliegen aufs Motorrad zu steigen. Vor acht Jahren ist es dann aber doch passiert, und ich musste schnell einsehen, dass es beim Grundsatz "nur mal ab und zu fahren und wenn, dann gaanz, gaanz vorsichtig" nicht lange blieb. Nach kurzer Zeit hatte ich natürlich "alles im Griff" und war immer recht flott unterwegs. Bis zu der Bodenwelle, die die viel zu hart gefederte Gabel der seligen Monster zum Schlagen veranlasste. Die Maschine hätte sich sehr wahrscheinlich wieder stabilisiert, wenn ich nicht reflexartig den Bremshebel bis zum Anschlag gezogen hätte. Das blockierende Vorderrad jedoch gab der ins Schlingern gekommenen Maschine den Rest. Sturz und Gleitflug in die Leitplanken, der Albtraum! Was hatte ich für ein Glück, dass sich die Maschine dazwischenschob - bis auf einen arg gequetschten Ischiasnerv war ich völlig unversehrt geblieben. Das Motorrad aber sah schlimm aus: das Vorderrad wie mit einem Beil in zwei Teile gespalten und der Motor aus dem Rahmen gerissen, aber immerhin - er lief (besser: röchelte) noch. Wegen der Schmerzen konnte ich nicht mehr aufstehen und musste zum Fahrbahnrand kriechen.
Muss ich jetzt noch extra betonen: "Motorrad bitte nur noch mit ABS"?
Gruss Stephan
Ihr dürft über die "W mit den zwei Buchstaben" gerne spotten, so viel und so lange ihr wollt, aber beim ABS versteh ich keinen Spass!
das ist in der Tat ein traumatisches Erlebnis. Gut, daß es doch noch so rel. glimpflich abgegangen ist, sonst hätten wir ja einen Kabbelmann weniger.
Ich habe übrigens auch meinen allerersten Unfall mit einer BMW ohne ABS gemacht. Als Vierzehnjähriger bin ich mit der R25/3 meiner Schwester auf den elterlichen Anwesen rumgebraust. Ohne Helm und mit dem jüngeren Bruder hinten drauf. Wenn wir von hinten ums Haus fuhren und dann auf der Wiese richtig Gas gaben, konnten wir ca. 45 km/h erreichen. Das war schon was!
Eines Tages spazierte am Grundstück eine Familie mit Hündchen und wirklich hübscher Tochter vorbei, wobei letztgenanntere zu uns hinschaute. Das spornte mich an, erstmal so richtig zu beschleunigen. Leider war dann die Wiese zuende und der Zaun rückte näher. Ich griff in die Vorderbremse, die Trommel blockierte auf dem weichen Rasen, die Maschine legte sich nach rechts weg, der Bruder (Judo-Ausbildung) sauste mit einer gekonnte Judorolle davon und die rechte Fußraste bohrte sich in den Rasen. Gottseidank war sie nicht klappbar, sodaß sie das Motorrad noch vor dem Zaun effektiv zu Stehen gebracht hat. Wir wären vielleicht sonst durch den Zaun gegangen und hätten die Sonntagsspazierer noch verletzt.
Ich selbst wurde vorwärts über die Kiste geschoben und streifte mit dem Bein den links abgehenden Auspuff. Die Narbe habe ich heute noch. Die Fußraste wurde in der Werkstatt mit einem großen Hammer wieder gerichtet. Mein Vater, der zufällig auf der Terasse stand, blieb absolut cool und zeigte meinen Fahrfehler auf
Möglicherweise habe ich damals das ABS in die rechte Hand bekommen. Ich weiß es nicht. ich bin aber später auch noch mal im Schritttempo gestürzt, weil ich das Vorderrad überbremst habe. Da war das ABS wohl gerade ausgeschaltet.
Ich hatte ein Erlebnis ganz anderer Art: Ich hielt mich als Vielundschonlangefahrer auch für einen guten Bremser. Ein Profi forderte mich mal heraus. Wir starten gleichzeitig auf einem Platz und bremsten gleichzeitig bei einer Markierung - ich war sehr stolz auf meine Bremsleistung, immer kurz vor dem Blockieren, wie ich meinte. Aber der "Kollege" stand leider zwei Moppedlängen hinter mir schon. Das gab mir zu denken. Auch wenn ich kein Mopped mit ABS besitze, ich befürworte es.
Grüße Falcone Ton-Up Boys Hessia - und Schwarzfahrer!
Nehmen wir an, das waren "nur" 5 m, dann hattest du noch eine Restgeschwindigkeit von mehr als 30 km/h, als der Profi schon stand! (Eine Verzögerung von mindestens 7 m/s^2 traue ich dir nämlich zu!)
Ja, so was hatte der mir auch gesagt! Seit dem übe ich mit jedem modernen Motorrad Vollbremsungen bis zum kurzen Blockieren des Vorderrades. Grüße Falcone Ton-Up Boys Hessia - und Schwarzfahrer!
In Antwort auf:Ein Profi forderte mich mal heraus.
was habt ihr da genau gemacht ??? gleiches Moped gleiche Reifen ein mit ABS und einer ohne ??? das wäre mal interessant.... natürlich viele Versuche plus Fahrerwechsel ! . . Gruß Hobby
Je älter ich werde um so schneller war ich früher...
Ne, Hobby, das war mehr so mal aus Jux. Und keinesfalls "streng wissenschaftlich". Ich hatte damals noch die Cagiva V-Raptor und mein Bekannter eine Suzi TL1000, mit der er auch mehr fuhr als ich mit meiner. Und für mich war es ja auch das erste starke, moderne Mopped. Und wir haben es auch nur ein Mal probiert. Ganz ernst zu nehmen ist das daher nicht. Trotzdem hätte ich ihm nicht zugetraut, dass er so deutlich besser bremst. Inzwischen habe ich da aber - glaube ich - auch schon aufgeholt
rüße Falcone Ton-Up Boys Hessia - und Schwarzfahrer!
damit keine Mißverständnisse aufkommen. Von mir aus soll jeder sich Bremsen dran schrauben, wie er will. Nur bin ich dann traurig, wenn es die Produkte gar nicht mehr ohne gibt. Und ich werde ängstlich, wenn ich höre, was auch mit versagender Technik alles so passieren kann.
Wir haben solche Vollbremsübungen früher auch gemacht. Allerdings (fast) immer gleich auch ingenieurstudentenmäßig mit ausgeliehenem Equipment von der Hochschule. Bremsverzögerungen von <10 m/s² sind in der Tat möglich. Die Spitze im Langsambereich machte damals mein Freund mit 110 km/h und 46 Metern Bremsweg. Das sind 10,15 m/s² gemittelter Wert. Warmer Vorderreifen mit Gilsterhobel bearbeitet. Seine Suzi stellte sich auf den letzten Metern aufs Vorderrad . Der Ernst Leverkus Tip, das Hinterrad einfach nur voll zu blockieren um die gesamte Dosierung auf das Vorderrad richten zu können, wurde beherzigt. Wir haben aber mit ungebremstem Hinterrad keine weltbewegende Änderung feststellen können.
Wir haben auch ermittelt, daß eine BMW R75/5 bereits beim Gaswegnehmen aus 170 km/h mit ca. 3 m/s verzögert und eine 900er Kawa bei 220 mit über 4 m/s². Beim Aufrichten des Fahrers konnte dieser Wert auf fast 5 m/s² gesteigert werden, ohne daß die Bremse angefaßt wurde. Eine Tatsache, die mich später immer ganz schnell davon abbrachte, mit Volldampf vor schnellen Limousinen herzufahren. Wenn dann nämlich mal was ist, können die gar nicht bremsen mit ihrer Tonnage. Sogar die Anbringung eines Bremslichtschalters an den Gasgriff ist schon überlegt worden, scheiterte aber an den üblichen Dingen.
Es ist kein großes Problem, eine schnelle Maschine bei hohen Geschwindigkeiten blitzartig wieder langsam zu machen. Ob mit oder ohne ABS. Die Unterschiede werden doch ziemlich klein.
Ich meine aber, daß die Anpassung des Fahrers immer sein muß und wer sich entscheidet, auf nasser Straße zu fahren, muß halt längere Bremswege einplanen, mit oder ohne ABS. Wir müssen auch ständig lenken auf dem Motorrad, sonst fallen wir um. Eine Elektronik gibt es (bisher) dafür nicht. Also was solls? Ich befürworte es nicht, bin aber auch nicht dagegen. Ich möchte aber auch Einfachstgeräte fahren dürfen, ohne daß ich gleich einen Verstoß gegen die StVZO begehe.
Was die W-Bremse angeht, wollte ich nur zum Ausdruck bringen, daß sie nicht das Prädikat "giftig" verdient.
In Antwort auf:Es ist kein großes Problem, eine schnelle Maschine bei hohen Geschwindigkeiten blitzartig wieder langsam zu machen. Ob mit oder ohne ABS. Die Unterschiede werden doch ziemlich klein.
Na Wännä, bei allem Respekt, aber das sehe ich anders.
In Antwort auf:schön das du ...eingesehen hast das die bremskraftverstärkung ein irrweg ist ...
An den BKV glaube ich nach wie vor, wie sonst sollten Bremsassistenten und andere Dinge, die im Pkw selbstverständlich sind, am Mopped funktionieren??
Was mich interessiert, aber noch nicht diskutiert wurde: wie sieht es mit HinterradABS in Kurven aus? Sind die heutigen Regelintevalle schon so feinfühlig, dass es funzt? In der aktuellen Motorrad ist ein Bericht über Yamahas diesjährige GP Maschine, den muss ich noch studieren, wenn ich wieder aus den Fängen des "Altweiberkränzchen" anlässlich des Ehrentages meiner besseren Hälft entlassen bin