Hi,
jetzt aber nochmal wieder der Versuch, auf Vergaser und ähnlich feuchtes zu sprechen zu kommen.
Vorab muß ich sagen, daß ich heute leider nicht so genial drauf bin, weil mich das Nächtedurcharbeiten doch mittlerweile etwas schlaucht. Ich weiß also nicht, ob das so in einem Guß alles gelingt.
Wir waren also bei dem Übergang von Leerlauf oder kleiner Teillast auf Vollgas und dem Problem bzw. der Schwierigkeit, das das Gemisch im Saugrohr eines Benzinmotors durch Klimmzüge so gemacht werden muß, daß dieser sich nicht verschluckt. (Kurze Bemerkung am Rande: auch die Einspritzsystem für Autos kennen die sog. Beschleunigungsanreicherung, ein Parameter in der Software, der aussagt, WIEVIEL mehr eingespritzt wird, wenn das Gaspedal sich WIE schnell in Richtung "auf" bewegt.
Warum kommen manche Motoren ohne aus?
Da gibts verschiedene Gründe, die auch zusammen auftreten können.
Fangen wir beim einfachsten an: der Standard 3,5 . . . sorry 3.5 HP Briggs & Stratton Motor. Wie, den kennt keiner?? Ist in jedem Rasenmäher drin und ein Beispiel für genadenlos kostenoptimierte Motorenproduktion. Das Herstellerwerk befindet sich nur wenige Kilometer Harley Davidson entfernt und ich durfte Ende der 80er mir das ganze einmal anschauen. Da fielen die Motoren hinter dem Band in die Verpackungskisten wie Legosteine. Reparieren???? Wozu, wenn ein neuer nur 78$ kostet.
Aber gut, dieser Motor hat einen Einfachvergaser ohne Leerlaufsystem und einen Drehzahlregler der sich in gewissen Grenzen verstellen läßt. Trotzdem hat das Aggregat bei Lastwechseln die gleichen Sorgen, wie ein hochfeiner, sensibler Kawasakimotor zwischen zwei Rädern. Man fackelt dort nicht lang und stellt das Ding im Teillast einfach so fett ein, daß es beim Aufreißen allemale reicht. Entsprechend unruhig läuft ein Rasenmäher dann auch, wenn er nicht belastet wird. Deutlich kann man hören, daß lange nicht jeder Arbeitstakt überhaupt zündet. "Schiett wat drup", wie der Ami sagt.
Bei Modellmotoren hat das Fettstellen im Teillast auch Tradition. Motorsägen, Stromaggregaten, alles was keinen großen Ärger machen darf und wessen Benzinkonsum nicht groß bewertet wird, wird einfach so behandelt. Selbst mein heißgeliebter Austin Mini in der Tunigstufe 1 (Nockenwelle, 45 PS) brauchte schon einen fetteren Übergang, als es zum sauberen Lauf nötig gewesen wäre.
Trotzdem gibt es aber auch Motoren, die im Teillast ganz passabel oder sogar sehr gut laufen, und die ohne Beschleunigungsanreicherung auskommen. Was´s daaaas??
So habe ich z.B. an meinen Doppeldecker, der einen Nissan Micra Motor hatte mit ursprünglich 50 PS, durch den Umbau etwas gehandicapt mit ca. 45 PS, andere Vergaser drangebaut, weil es mich unendlich genervt hat, wie schlecht die Kiste zum Leben zu erwecken war. Der Flugzeugkonstrukteur hatte an dem Ding einen BMW-Vergaser von der R60/5 und ließ dann einen Riesentrümmer von Saugrohr das Gemisch auf die vier Zylinder verteilen. Das Flugzeug hatte keinen Anlasser, weil u.a. auch dem Micra Motor die Schwungscheibe genommen war. Handanreißen war also angesagt. Aber wie?? Wenn man kräftig Choke betätigt hatte, kam zwar reichlich Sprit in dieses Monstersaugrohr, aber nicht bis in die Zylinder. Man hatte also seine liebe Not damit, bis endlich mal ein zündfähiges Gemisch entstanden war. Im Saugrohr, welches aufgrund der Sponrnradstellung auch noch schräg nach oben ging, sammelte sich dann die Brühe und schwappte hin und her, wenn man wie wild am Propeller riß.
Wenn dann der Motor irgendwann doch mal kam, herrschten nach zwei Umdrehungen große Geschwindigkeiten und ein ziemlicher Unterdruck in diesem Rohr und der ganz Kram schwappte in den Motor. Meistens erwischte es den hintersten Zylinder, der dann erstmal nicht mehr mitmachte. Ein Graus! War der Motor erstmal warm gelaufen, dann ging das ganz gut. Dann nämlich blieb der Sprit als Dampf in der Schwebe und fiel nicht als Tropfenansammlung im Saugrohr aus.
Dieser kurze Abschweif zeigt, was passiert beim Gasgeben. Eben noch war Benzindampfgemisch im Saugrohr bei Drücken von - sagen wir mal - 0,5 bar absolut, was so gemütlichem Teillastverkehr entspricht. Dann plötzlich steigt der Druck derart, daß der Benzindampf bei den Bedingungen einfach auskondensiert und die Atmosphäre drumrum an Brennstoff verarmt. Dabei kann der Sprit durchaus noch bis in den Brennraum gelangen, aber die Kerze funkt dann evtl. vergeblich in einer Zone verarmten Gemisches vor sich hin und der Motor bleibt weg.
Somit erster Punkt an Falcone, bei sehr kurzen Saugrohren besteht die Gefahr weniger. Es gibt dann weniger Volumen zwischen Vergaser und Brennraum, in dem irgendwas passieren kann. Absolut immun ist übrigens die Benzindirekteinspritzung gegen so etwas. Ich bin ncoh nie mit sowas gefahren, aber man hört Gutes darüber sagen.
Also was mach ich mit meinem Doppeldecker? Ein Nachbar hatte noch die Vergaserbatterie von einer Honda 400four und gab sie mir für 100 DM. Die Honda hatte 40 PS bei 400ccm, mein Micra Motor 1200ccm, da dachte ich, er wird sich das Zeug schon ansaugen, was er braucht. Es folgte eine längere Phase des Umbaus. Die Vergaserabstände mußten vergrößert werden. Die klapprige Synchronisiereinrichtung wurde komplett entfernt und der Gaszug auf eine gemeinsame Drehwelle gehängt. Dann das ganze dran gepappt, wobei die Vergaser praktisch direkt vor den Einlaßventilen saßen. Bei warmen Motor konnte ausfallender oder nicht gut zerstäubter Treibstoff also nur in dem warmen Zylinderkopfbreich landen und mußte dort sofort verdampfen (sorry: verdunsten).
Endlich war es fertig und wir, mein Bruder und ich, gingen dran, die Kiste anzuwerfen. Einen echten Propeller wollte ich unterm Dachboden nicht montieren, da wären die Ziegel weggeflogen. Also mußte ein Dummy her.
Es war unglaublich, wie gut der Motor ansprang. Sofort und willig! Eine Gasannahme wie ein Rennwagen. Verschlucken?? kein Problem. Im Leerlauf das Gemisch einzustellen war einfach und der Motor extrem tolerant gegen falsches Gemisch. Selbst bei echter Magerstellung kam er mit ganz kurzem Zögern sicher aufs Gas. Leute, das war toll! Ihr glaubt nicht, wie wichtig es ist, wenn man nach längerem Gleitflug mit etwas ausgekühlter Maschine zur Landung ansetzt und dann plötzlich durchstarten muß. Dann muß der Motor kommen und wenn er keinen Anlasser hat, erst recht. Einmal Verschlucken heißt: der Löffel steht! Da hängt keine rollende Masse hinter, die die Kurbelwelle noch 20 m weiter dreht.
Also kurz, wenn man einen rel. gutmütigen Motor (PKW) mit Vergasern ausrüstet, die kleiner sind, als es seiner eigentlichen Leistung entspricht, dann hat man gute Karten, ohne großen Aufwand eine gute Gassannahme zu erzielen. In meinem Fall haben die 45 PS absolut ausgereicht, das zählten ganz andere Qualitäten.
Der Unterdruck im Saugrohr bricht in diesen Fällen einfach nicht vollständig zusammen, weil dazu der Vergaser gar nicht groß genug ist.
Der Zweizylinder FIAT 500 hat auch nur einen Einfachvergaser. Er ist auch einfach so ausgelegt, daß er seine 18 PS so erreicht. Sein vierzylindriger, größerer Bruder kam auch mit einem süßen Simpelvergaser aus. Der 850er Fiat (ein schönes Auto, nur Rost) hatte auch keine Beschleunigerpumpe, wobei ich bekennen muß, daß ich dessen Technik nicht so ganz genau kenne.
Diese Motoren lassen sich durch die Montage eines größeren Vergasers oder durch "Aufbohren" leicht zu mehr Leistung bringen. Man erreicht dann aber auch schnell den Punkt, wo das Verschlucken einsezt und das eben aus den bereits beschriebenen Gründen.
Hand in Hand mit den kleinen Vergasern wenig hochgezüchteter Motoren geht auch noch deren Gasdynamik. Sie verdient in einigen Fällen nicht mal diese Bezeichnung. Es ist fast eine Gasstatik, d.h., der Motor funktioniert so, wie im Schülerlexikon: 1.Takt ansaugen, 2.Takt verdichten, 3. Takt verbrennen, 4. Takt ausstoßen . . . Ob nun Vollgas oder Leerlauf, ob nun die Zündung überhaupt an ist oder nicht, ob nun der Vergaser auf ist oder zu. Die Saugvorgänge sind nahezu immer gleich. Der Vergaser ist wie ein Wasserhahn, dreht man ihn auf, kommt viel, macht man ihn zu, kommt wenig. Fertig!
Solche Motoren sind einfach unempfindlich gegen stark schwankende Saugdrücke. Sie saugen mit dem bißchen, was sie können, am Rohr und reagieren auch sofort darauf, wenn der Querschnitt größer wird.
Ganz anders dagegen die Motoren mit höheren Literleistungen. Sie sind in der extremen Ausprägung eher oszillierende Strömungsmaschinen, die sämtliche Effekte in den Kanälen nutzen, um die Aufladung zu verbessern.
Beim Motorradviertakter muß man sich das etwa so vorstellen. 1. Der Kolben geht runter, es gibt Unterdruck im Zylinder, das Gemisch folgt, der Kolben ist viel zu schnell für die träge Gasmasse, also bleibt das Ventil viel länger auf, als es dem unteren Totpunkt entspricht. Das Gas strömt noch so lange weiter rein, bis der Druck in etwa gleich ist, dann schließt das Ventil (im Optimumpunkt), während im Brennraum bereits verdichtet wird, drückt die Gassäule aber weiter auf den Einlaß und kehrt schließlich um. Das Gemisch strömt rückwärts ! Hä? Will Wännä uns vakohln? Nein, man sieht sogar die Tropfen bei sog. Rennvergasern. Bei Zweitaktern hat man immer auch den Luftfilter verölt. Das typische Ansauggeräusch eines Motors käme in der Lautstärke gar nicht zustande, wenn einfach nur kontinuierlich ein Luftstom durchblasen würde.
Im Idealfall kehrt das Gemisch jetzt nach kurzer Pause wieder um und marschiert auf das Einlaßventil zu, welches gerade just in diesem Moment wieder öffnet . Es muß aber nicht schon gleich bei der ersten Schwingung passieren. Es darf auch die zweite oder dritte sein. Schaut Euch die Drehmomentverläufe von kleinen 50ern an mit 6,25 PS damals in der guten alten Zeit. Besonders typisch hatte es der Zündapp oder auch der Yamaha Motor. Bei genau der Hälfte der Drehzahl des höchsten Drehmomentes gab es einen kleineren Buckel, der sich zum normalen Anfahren eignete. Dann kam ein dickes Loch und dann gings richtig ab.
Diese Gasschwingungen brauchen ihre Zeit, um sich richtig aufzubauen. Ist der Vergaser zu, dann tut sich da nicht viel, weil der Motor nicht so weit gefüllt wird, daß er zurückstaut. Wird der Vergaser weiter geöffnet kommen diese Effekte immer stärker zum Tragen, brauchen aber auch so 4 bis 5 Umdrehungen, bis die schwingende Gassäule mal steht.
Im Motorenjargon heißt dieser Vorgang übersteuern. Die Steuerzeiten sind also so bemessen, daß der Motor durchaus einen Teil seines Gemisches wieder "ausatmet", weil er dadurch in der Gesamtbilanz letzlich mehr reinkriegt.
So, da sind wir jetz auch schon ganz nah dran. Das Gemisch entsteht nicht durch einmaligen Durchlauf der Luft durch den Vergaser, sondern die Luft wird hin und her gerissen. Es wird also ein fetteres Gemisch erzeugt, als es im statischen Fall eintreten würde.
Früher war man schnell dabei, die Steuerzeiten eines Motors zu verlängern, um ihm höhrere Leistung einzuhauchen. Gerade die schlitzgesteuerten Zweitakter hatten große Defizite, weil konstruktionsbedingt der Einlaß immer nur ganz kurz auf sein konnte. In den Rennen sind die Viertaktmaschinen früher den Zweitakter auf und davon gefahren. Man hat also die Schlitze tiefer angesetzt und die Steuerzeiten verlängert, was leicht dazu führen konnte, daß der langsam laufende Motor unter Vollgas tatsächlich abgesoffen ist. Das war dann wirklich zu fett!! Das Gemisch wurde durch den offenen, aber doch noch rel. kleinen Vergaser hin und her und hin und her bewegt und kriegt bei jedem Mal wieder etwas Flüssigkeit mit. Man hörte noch ein kurzes Röcheln im Vergaser und dann stand der Apparat. Viertakter hat es wohl auch gegeben, bei denen das passieren konnte. Meines Wissens mußte man bei den Borgward Autos auch darauf achtgeben. Der Grund war immer der gleiche.
YAMAHA hat mit den schlitzgesteuerten Zweitaktern es recht gut hinbekommen damals, der "Ersaufeffekt" mit dem "Verschluckeffekt" so zu überlagen, daß am Ende wieder ein gutes Gemisch dabei rauskam. Der Druck im Saugrohr fiel zwar stark ab beim Aufmachen, aber dafür wurde die Säule auch stärker hin und her bewegt. Eine DS7 oder R5F kam eigentlich von ganz unten raus für die Verhältnisse recht gut mit. Die neueren RDs dagegen mit ihrer Membransteuerung bleiben schlagartig weg, wenn man bei 1500/min den Hahn aufmacht.
Die Engländer haben es mit ihren Maschinen auch so gemacht. Lange Steuerzeiten und relativ kleine Vergaser. Die Triumph Tiger hatte sogar nur einen für beide Zylinder. Da war also immer was in Bewegung. En zusätzlicher Trick bzw. eine Gegebenheit sind noch kleine Einlaßventile, die das Gemisch noch mal kräftig verwirbeln. Ein Umstand, der bei Vierventilern gar nicht mehr so gut klappen will, weswegen ja auch einige Hersteller dieser Technik wieder den Rücken zugewendet haben. Eine alte Bonneville mit vier Ventilen? Undenkbar! Da muß es in den Kanälen richtig zischen, sonst kommt man ohne Käfervergaser einfach nicht aus.
Honda hatte mal eine kleine Maschine im Programm, die sogar zwei der vier Ventile im unteren Drehbereich abschaltete. Das hatte den gleichen Grund. Unter 80 bis 100 m/s Strömungsgeschwindigkeit wird das einfach nichts mit sauberer Verwirbelung. Der Motor ist überfüttert und bekommt schlechtes Abgas, obwohl das Gemisch von der Zündfähigkeit eher zu mager steht.
Das ist auch der Grund, warum konventionelle Motoren mit Gas in der Regel bessere Abgaswerte haben. Der Brennstoff selbst trägt daran keine Schuld. Ich bin übrigens sicher, daß eine Gas-W auch noch ein Tick besser laufen würde. Ich spüre das einfach, daß der Motor zu brav ist in seiner Auslegung und längst nicht alles nutzt, was ihm bei diesen großen Querschnitten möglich wäre.
Soweit erstmal zur Gasdynamik der Einlaßseite. Das ist längst noch nicht alles. Der ganze Motor von Luftfilter bis zum Auspuffende ist ein einziges schwingendes System. Je nach Literleistung mehr oder weniger stark ausgeprägt.
Für heute qualmt erstmal die Tastatur. Bei Interesse gehts irgendwann weiter mit dem Zusammenspiel von Auspuff und Einlaß. Jeder Motor hat das, nicht nur die Zweitakter.
Viele Grüße
Wännä
P.S.: im Studium haben wir sogar Fotos gemacht von den Tropfen im Einlaßkanal. Warum sie durchaus auch erwünscht sein können, erfahrt ihr nach der nächsten Maus