Als ich am vergangenen Wochenende in Braunschweig bei einem alten Freund übernachtete, kamen wir auch auf frühere gemeinsame Erlebnisse zu sprechen. „Kannst du dich noch an die Geschichte von dem „Bombenmotorrad“ erinnern?“ Ja, natürlich, das war schon irgendwie irre. Im Nachbarhaus meines damaligen Domizils (Fasanenstraße – für unsere Braunschweiger) geriet man in Streit über eine vorhandene oder nicht vorhandene Baugenehmigung einer Gartenlaube, die genau an der Grundstücksgrenze stand. Immerhin stand sie dort seit den 30er Jahren, woraus der Besitzer Gewohnheitsrechte ableitete. Da es aber tatsächlich keine Genehmigung gab, musste die Hütte dann doch abgerissen werden. Eines Mittags kam ich von der Uni nach Hause und fand nur noch einen Bretterhaufen an Nachbars Zaun vor. Aus dem Bretterhaufen lugte aber ein Rohrgepäckträger an einem Schutzblech hervor, was nur zu einem alten Motorrad gehören konnte. Da ich mich mit dem Besitzer des Hauses gut verstand, ging ich mal rüber, um nachzufragen. Die halbe Lebensgeschichte bekam ich zu hören, unter anderem, dass er in der Vorkriegszeit begeisterter Motorradfahrer war und sich kurz vor dem Krieg noch ein tolles Gespann geleistet habe. Mit Kriegsausbruch hatte es das Motorrad versteckt. Allerdings ist das Gebäude von einer Bombe getroffen worden, wobei der Seitenwagen völlig zerstört wurde. Am Motorrad war jedoch nur das obere Rahmenrohr unter dem Sattel verbogen. So brachte er es nach dem Krieg in die Gartenlaube, wo es seit dem stand. Gefahren ist er es nie wieder. Wir sind uns für 400,- DM handelseinig geworden, da er merkte, dass ich genau wusste, um welche Rarität es sich hier handelte. Meine Finanzen waren damit aber mehr als erschöpft gewesen. Zusammen mit meinem Freund gruben wir das Motorrad aus den Brettern des Schuppens aus. Es war nach vierzig Jahren Standzeit zwar mit Flugrost überzogen, aber sonst von guter Substanz und komplett bis auf Vergaser und Seitenbleche. Der Motor war fest. Nun, ich traute mir die Restaurierung nicht so recht zu und das Geld fehlte mir obendrein – daher ging die Maschine ein paar Monate später in den Besitz eines Oldtimersammlers über. Heute könnte ich mich dafür in den Allerwertesten beißen! Dieser Geschichte erinnerten wir uns und ich bedauerte, dass es davon kein Foto gab. „Nö,“ sagte mein Freund, „eins gibt es davon. Der Nachbar hat mich damals damit fotografiert und mir das Bild später gegeben. Ich hab das noch!“
Und das möchte ich euch nicht vorenthalten. Hier ist es:
Um welches Motorrad handelt es sich hier? Und für den, der schon ganz dicht dran ist: Es ist tatsächlich die seltene kopfgesteuerte Version!
Grüße Falcone
Mit 8 kannte ich alle Fragen, mit 18 kannte ich alle Antworten - und dann fing ich an zu denken!
Schöne Story, falcone! Keine Ahnung... Ich wollte bloß einen Gruß loswerden. Als ehemaliger Braunschweiger Student. Meine Jahre in der Adolfstraße hab ich noch in guter Erinnerung. Meine Mitbewohner schraubten damals permanent an alten BMWs rum. Ich war von dem Zweiradbazillus damals noch nicht befallen...
Aber Ursuleyka, siehst Du denn den KETTENKASTEN nicht ??
Paule, der noch nachdenkt.....
PS. Beim Fahrer, da bin ich mir alledings ganz sicher: Das ist der Stief-Zwillings-Bruder vom Reinhold M. ____________________________________________ --- One fine day we'll find her: The everlasting Long and winding Road. --- ____________________________________________
Es ist eine Victoria KR 9 Fahrmeister, die "flüsternde Reisemaschine". 500 ccm Zweizylinder, kopfgesteuert, 1936 bis 1938. Es wurden nur 800 Exemplare gebaut, überlebt hat kaum eines.
Hier ein leider etwas beschädigtes altes Werksfoto:
Grüße Falcone
Mit 8 kannte ich alle Fragen, mit 18 kannte ich alle Antworten - und dann fing ich an zu denken!
schwierig. Von dem Motorrad gibts so gut wie keine Bilder. Ich war am rumrätseln ob es vielleicht eine Ardie sei, aber es gab doch zu viele Abweichungen.
Ich sehe es ein - andererseits war es vor dem Krieg das Top-Modell von Victoria. Hätten mehr überlebt, wäre es wahrscheinlich bekannter. Und es war halt eine wahre Begebenheit ...
Zur Entspannung dieses Modell, das tatsächlich eine für Sport-Motorräder sehr bekannte Marke auf den Markt gebracht hat:
Welche Marke ist das? Das Motorrad ist so serienmäßig ausgeliefert worden.
Grüße Falcone
Mit 8 kannte ich alle Fragen, mit 18 kannte ich alle Antworten - und dann fing ich an zu denken!
wunderbar, einfach wunderbar. ein hervorragendes beispiel für das unnachahmliche stilempfinden der tifosi. diese proportionen, diese eleganz, ich bin völlig begeistert, völlig begeister! mehr davon!