Und noch ein letzter... ... http://www.eintracht.de/forum/list.php?thread=10897454
Offener Brief an die Herren Weiss-Bollandt und Moog
Frankfurt/M. den 24. Mai 2005
Sehr geehrter Herr Weiss-Bollandt,
sehr geehrter Herr Moog,
nicht nur die Art und Weise der sonntäglichen Polizeieinsätze im Frankfurter Waldstadion und im Stadtteil Sachsenhausen, sondern auch den peinlichen Versuch Ihrer Rechtfertigung vor versammelter Frankfurter Presse am gestrigen Tag empfinden wir als ungeheuerlich und eines Rechtsstaates unwürdig.
Zu allererst war es wohl der von Herrn Moog initiierte und vollkommen sinnfreie Aufmarsch von 200 Polizisten im Innenraum des Stadions, der einen „leicht bitteren Beigeschmack zum Aufstieg der Eintracht“ unter wohl allen Besuchern des Spiels aufkommen ließ. Die fachliche Inkompetenz, die aus dieser völlig unerklärbaren Provokation und Eskalation spricht, geht offenkundig mit einem fortschreitenden Gedächtnisschwund des Einsatzleiters einher: Jedenfalls war beim Aufstieg der Frankfurter Eintracht im Jahr 2003 – unter weit unübersichtlicheren baulichen Bedingungen kein Polizeiaufmarsch nötig – um die begeisterten Fans vom Betreten des Spielfelds im Waldstadion abzuhalten. Verantwortlicher Einsatzleiter im Waldstadion waren damals Sie, Herr Moog – wenn uns nicht alles täuscht!
So haben Sie in der Euphorie um die vielen neuen Spielsachen der sog. „Commerzbank-Arena“ (Video-Totalüberwachungsanlage, Modernes Sicherheits-gefängnis) wohl mittlerweile auch vergessen, dass Fussball-Fans keine „Verbrecher bis zum Beweis des Gegenteils“ sind, die man provozieren, bei Bedarf verprügeln und mit Tränengas einnebeln kann, sondern mündige Bürger, die sehr wohl selbst in der Lage sind, zu entscheiden, wie ein Sportereignis angemessen zu feiern ist.
Nur am Rande sei erwähnt, dass Ihre Aussage, „die Tore am Zaun zwischen Spielfeld und Block seien keine Fluchttore“, nur einmal mehr zeigt, dass Sie – bar jeglichen Fachwissens - als Polizeiverantwortlicher für die Spiele der Eintracht vollkommen ungeeignet und eine Gefahr für die Allgemeinheit sind. Praktisch jeder Fussball-Interessierte weiß, dass solche Fluchttore seit dem Unglück im Brüsseler Heysel-Stadion von 1985 in den Sicherheitsbestimmungen für alle Bundesliga-Stadien mit gutem Grund Pflicht sind. So verhält es sich seit dieser Zeit also auch mit unseren Toren, es sei denn, Sie wollen unserem Stadion drei Wochen vor Beginn des Confederations-Cups die WM-Tauglichkeit absprechen.
Wie wenig Ihnen die Sicherheit und Gesundheit der Besucher wert ist, zeigt aber auch Ihre Maßnahme, zur „Evakuierung“ eines einzelnen Ordners (!) in einen vollbesetzten Block mit Reizgas zu sprühen und die Menschenmenge mit Schlagstöcken zu attackieren*. Es ist nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn durch diese Maßnahme eine Panik in diesem Block ausgelöst worden wäre, zumal es - aus Ihrer Sicht - noch nicht einmal Fluchttore gibt!
Wenn Sie am gestrigen Tag den Einsatz der Polizei im weiteren Verlauf der Nacht auf den 23. Mai unter das Motto „Wir durften Sachsenhausen nicht den gewalttätigen Fans überlassen - “ stellen, sollten Sie nicht hinzuzufügen vergessen, „ – deshalb haben wir gewalttätige Polizisten dorthin geschickt“. Ihre Darstellung, die eintreffende Polizei sei in Alt-Sachsenhausen von gewaltbereiten Ultras und Fans angegriffen worden, begegnet mit Blick auf die Wahrnehmungen der vor Ort befindlichen Augenzeugen – unter ihnen immerhin ein TV-Kamera-Team – erheblichen Zweifeln. So hat sich – außerhalb der Polizei bisher kein Zeuge gefunden, der einen Angriff von Fans beobachtet hat. Vielmehr sprechen alle vor Ort befindlichen Augenzeugen einhellig von einem überzogenen Vorgehen der Polizei, die ihrerseits als erste attackiert habe. Selbst wenn es zutrifft, dass ein Polizeifahrzeug beschädigt wurde, stellt sich eine Reihe von Fragen:
Die Frage, warum Alt-Sachsenhausen stundenlang hermetisch abgeriegelt wurde, warum Unbeteiligte mit maulkorblosen Hunden durch die Gassen der Altstadt gejagt wurden, warum Reizgas an öffentlichen Orten mit großem Publikumsverkehr eingesetzt wurde, warum die mit 9 (neun!) Gästen besetzte Gaststätte „Klapper 33“ um 5 Uhr morgens mit einem Einsatzkommando gestürmt wurde etc. etc..
Sie haben für diese Fragen gestern keine befriedigenden Antworten geliefert, sondern Allgemeinplätze bemüht. Was uns Ihre – unbelegten - Aussagen, dass Frankfurt Deutschlands größte Ultra-Szene besitze und die Gewaltbereitschaft steige, im Zusammenhang mit dem Fehlverhalten der Frankfurter Polizei sagen sollen, erschließt sich uns nicht. Jedenfalls ist zu konstatieren, dass die Gewaltbereitschaft der Frankfurter Polizei ein unerträgliches Ausmaß angenommen hat, das einer umfassenden Überprüfung unterzogen werden muss.
Wir wollen Ihnen nicht unterstellen, dass das polizeiliche Vorgehen am Sonntag ein „Training“ für die Fußball-WM 2006 war. Wir wollen Ihnen auch nicht unterstellen, dass Sie – wie es in anderen Städten geschieht – die Fußballfans gezielt provoziert haben, um so den Vorwand für Polizeiaktionen und Stadionverbote zu produzieren. Aber wir unterstellen Ihnen, Herr Moog, dass Sie bei Ihrer Arbeit jedes Maß verloren haben und Ihnen die Anforderungen und die Verantwortung Ihres Amtes nicht bewusst sind. Einen konstruktiven Dialog zwischen Ihnen und den Fans der Frankfurter Eintracht, den wir als Fanabteilung immer gefördert und betrieben haben, wird es deshalb nicht mehr geben können. Ziehen Sie die einzig „verhältnismäßige und erforderliche“ Konsequenz, Herr Moog, und stellen Sie Ihr Amt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand der Fan- und
Förderabteilung von Eintracht Frankfurt e. V.
Guido Derckum - Klaus Walter - Jörg Strehler - Dirk Reinmann