Die letzten Kilometer gestern Nachmittag bis zu unserem Hotel waren verkehrs-technisch der Horror. Grundsätzlich beansprucht ja jeder indische Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt für sich. Auch wenn klar ist, dass die schmale und unbefestigte Dorfstraße niemals für zwei PKW nebeneinander reicht, geschweige denn für LKW, fahren alle gleichzeitig und ultimativ in die Lücke.
Motorräder und Fußgänger stehen in der Nahrungskette bekanntlich ganz unten und werden deshalb auch gerne mal in den Graben gedrängt, es sein denn, man macht sich lautstark bemerkbar. (Merke: In Indien ist ein Fahrzeug ohne Hupe ein Totalschaden!)
Wir hatten es dann irgendwann mit Hilfe unseres sprach-gewaltigen Fahrers zum Hotel geschafft.
Heute Morgen kommen wir dagegen ganz ohne Stress los. Wir sind alle etwas aufgeregt, denn heute steht der höchste Pass unserer ganzen Reise auf dem Programm. Wir verlassen Alchi und das Tal des Indus und treffen schon bald wieder auf die Straße nach Leh welches wir kurz darauf einfach durchfahren. Direkt hinter Leh startet die Auffahrt zum Pass und es wollen sehr viele Fahrzeuge hoch. Außer Motorrädern viele Kleinbusse und etliche schwere Lkw. Und dann geht es auf unzähligen Kurven und Kehren nach oben.
Wie haben den Khardungla erreicht, einen der höchsten Pässe, den man motorisiert befahren kann. 17982 Fuß entsprechen 5.480 Meter! Alles sind begeistert oder euphorisch, die Auffahrt war bis auf kleine, schlechte Teilstrecken, super zu fahren. Man merkt zwar die dünne Luft und möchte hier oben sicher nicht übernachten aber jetzt überwiegt die Begeisterung.
Oben herrscht ziemlicher Trubel, denn der Pass ist auch bei Indern sehr beliebt. Irgendwie wie Stilfser Joch nur fast doppelt so hoch und ohne Bratwurst. 😁
Wir machen die obligatorischen "Gipfelfotos" und fahren dann auf der anderen Seite wieder runter.
Wir haben es geschafft!
Leider ist auch der Hinweis nötig, dass es sich bei den Gebetsfahnen nicht um Deko sondern um religiöse Symbole handelt.
Viele haben extra ihre Nationalflagge mitgebracht für die Erinnerungsfotos.
Man hat auch keine Scheu sich fürs Foto einfach mal auf fremde Motorräder zu setzen.
OK, ganz ohne „Bratwurst“ bzw. deren lokales Pendant geht es auch hier nicht.
In der kargen Landschaft betreiben Bauern ihr mühsames Geschäft. Die schwarzen Knubbel sind Yaks.
Wir haben unser Hotel im Nubra-Tal erreicht. Hier bleiben wir zwei Nächte, denn morgen machen wir einen Ausflug weiter ins Nubratal ohne Gepäck.
Offiziell ist heute ein Pausentag bzw. zur freien Verfügung. Da aber die Alternativen wie Pferdetour oder Kamelreiten nicht wirklich ziehen, fahren letztlich alle mit ins Nubratal, konkret zu den heißen Quellen in diesem Tal.
Der Tag startet ruhig und kühl.
Bereits gestern Abend hatten wir für die letzten Kilometer bis zum Hotel ewig gebraucht. Der Grund waren wieder einmal Bauarbeiten, die hier aber, vermutlich mangels geeigneter Umleitungsstrecken, nicht zur Sperrung der Straße führen.
Vielmehr verlässt man sich darauf, dass sich die Verkehrsströme schon irgendwie von selbst regeln. Leider mussten wir auch heute Morgen wieder über die gleiche Baustelle und somit begann unser Tag mit Stau bzw. Stopp-and-go.
Wer freiwillig stehen bleibt, hat verloren.
Unterwegs kamen wir an diesen wunderschönen Stupas vorbei, die offenbar gerade frisch bemalt waren.
Wir haben die heißen Quellen von Panamik erreicht.
Es roch ungefähr so einladend, wie es aussah.
Unterwegs hatte sich bei einer Himalayan ein Plattfuß eingeschlichen. Zunächst wurde der Reifen wieder aufgepumpt und sollte bei der Pause bei den Quellen repariert werden. Das stellte sich mangels vernünftigem Werkzeug als schwieriger dar als gedacht.
Zunächst waren unsere beiden Jungs noch ganz optimistisch.
Wenn etwas nicht klappt, kommen bald Umstehenden zur Hilfe.
Am Ende mussten die beiden doch ins nächste Dorf zu einer kleinen Werkstatt fahren. Währenddessen vertrödelten wir die Zeit mit Chai. Mahr gab es in dem „Lokal“ nicht, bzw. mehr konnten wir der Wirtin beim besten Willen nicht entlocken.
Abends dann der gleiche Stau wie gestern Abend. Selbst die Militärkolonne kam erst voran, als Offiziere in martialischem Autritt den Weg frei machten.
Wir haben den Stau hinter uns und schon kehrt wieder himmlische Ruhe ein..
Oberhalb unseres Hotel befindet sich das Kloster Diskit mit einer eindrucksvollen Buddha-Statue.
Abends beim Sonnenuntergang ein beliebter Spot auch für die jugendlichen Besucher.
Zwischenzeitlich war eine weitere Motorradgruppe junger Inder in unserem Hotel eingetroffen. Seltsamerweise machten die nach Sonnenuntergang eine Art „Licht- und Soundchek“ indem sie alle Motorräder gleichzeitig anwarfen und am Kabel zogen.
Hallo Tom, hast Du nicht noch ein paar Bilder von den Stupas? So aus halber Höhe mit der Drohne aufgenommen? Oder schnell mal da hinten den Berg hoch und knipsen. Spässle. Jedenfalls gefällt mir dieses Aufnahme besonders gut. Gruß Klaus
Gestern Abend sind noch diverse Kleinbusse und eine größere Gruppe Motorräder angekommen. Das Hotel dürfte fast voll sein. Die Motorradfahrer haben abends dann noch etwas Party mit Lagerfeuer gemacht, um Mitternacht erst aber Schluss.
Heute stehen 160km an, allerdings die Hälfte davon Offroad, was immer das genau heißen mag.
Erst Mal frühstücken und dann losfahren, bevor die Straßenbauarbeiten wieder einen Stau produzieren.
Langsam neigt sich die Reise dem Ende zu. Gestern war mit dem Khardungla der höchste Punkt der Reise, quasi das „Highlight“, erreicht, was soll jetzt noch kommen? Da können wir noch nicht wissen, dass uns heute die mit Abstand anspruchsvollste Etappe bevorsteht.
Wir verlassen Diskit und fahren im Tal des Shyok-River langsam aber stetig bergauf. Heute steht kein Pass auf dem Programm aber unser Ziel liegt auf über 4.200m Hohe, das wird unsere höchst-gelegen Übernachtung auf dieser Reise.
Es waren schon zwei Wasserdurchfahrten, aber die hier ist die bislang härteste. Die Idee mit Füße hoch irgendwas zu verhindern, habe ich bereits bei der zweiten aufgegeben. Hier geht es wirklich nur darum, nicht umzufallen. An diesen Stellen herrscht ziemlicher Trubel, weniger, weil man sehen will wie die anderen absaufen, sondern weil sich hier die Motorradfahrer gegenseitig helfen. Wenn einer hängen bleibt oder gar umkippt, laufen anderen mit Schuhen oder Stiefeln durch das Wasser, um ihm zu helfen.
Dass die Straße hier regelmäßig quasi „im Fluss“ verläuft hatten wir nicht erwartet.
Die zahlreichen Minibusse und Pickups fuhren natürlich mit Schmackes durch das Wasser, man will seinen Gästen ja was bieten. Aber auch so ein SUV kann bei zu viel Wasser liegen bleiben, dann ist es mit schieben schwierig.
An der krassen Wasserdurchfahrt (siehe Bild 1) hatte einer meiner Mitfahrer seine Himalayan ins Wasser geworfen. Meistens sprangen die umgefallenen Moppeds bald wieder an, er hatte sie aber so gründlich getaucht, dass da nichts mehr ging. (https://www.instagram.com/reel/C2e3ayLvi...g_web_copy_link) Man achte auf den Scheinwerfer.
An diesem kleinen Gasthaus im Nirgendwo war daher nicht nur Essen und Trinken sondern Stiefel entleeren und Socken trocknen angesagt.
Nach der 5. Oder 6. Wasserdurchfahrt haben wir aufgehört zu zählen. Zudem ging es von Mal zu Mal besser, da diese Durchfahrten eigentlich nur Abflüsse für Schmelzwasser der Gletscher sind und über befestigte Straßenabschnitte liefen. Trotzdem war die Kraft des Wassers enorm, man musste also schon beherzt durch fahren.
Wir haben unser Tagesziel fast erreicht, da hinten lugt der Pangong See hervor.
Unser zweites Luxus-Zeltlager in Spangmik auf 4.300 m Höhe.
Naja, es ist immer noch Indien und die sind ja berühmt für ihre phantasievollen Verkabelungen. Auf den ersten Bildern sieht man gut, dass die Stromleitung, ich vermeide das Wort Hochspannungsleitung, im Wasser verläuft, zumindest temporär.
Ich habe das Bild am Bildschirm maximal vergrößert, das scheint wirklich eine Art Adapter/Stecker zu sein und das Kabel verschwindet im Wasser. Da es uns aber keine gewischt hat, scheint da keine Spannung drauf zu sein. Es gab dort keine Verbraucher, die man hätte anschließen können, evtl. ist es von einer Baustelle übrig geblieben?
Man merkt hier im Zeltlager auf 4.200m schon die Höhe, trotzdem habe ich überraschend gut geschlafen. Das Zelt ist offenbar für deutlich tiefere Temperaturen gedacht, denn es gibt wahre Berge von dicken Daunenbetten und Wolldecken. Da es nur stundenweise Strom gab, reichte es gestern für ein leckeres Abendessen im Hüttenstil aber danach war es mit Akkuladen oder Licht vorbei. So konnte man die sagenhaft ruhige Natur nebst sensationellem Sternenhimmel genießen. (Mangels Akku leider keine Fotos)
Heute Morgen dann Frühstück und aufrödeln zur letzten Etappe nach Leh.
Nachdem die Wasser-Himalayan gestern nicht mehr zum Leben zu erwecken war, hätte uns heute Morgen eigentlich ein Motorrad gefehlt. Unser Guide wollte seine Maschine an unseren "Taucher" weiter geben und sich von einem Bekannten eine andere Maschine leihen.
Offenbar war die gestrige Wasserschlacht für einen von uns aber doch zu heftig und er beschloss, allerdings mit etwas anderer Begründung, heute im Begleitwagen mitzufahren und „die Landschaft zu genießen“. So passte es dann doch wieder mit den Motorrädern.
Abfahrtbereit
Kombinierter Gepäck- und Pannenwagen
Gerade noch Schotter ..
.. im nächsten Moment frischer Asphalt.
Bis zur Stadt Durbuk, die fast nur aus Militär zu bestehen scheint, sind wir die gleiche Strecke wie auf dem Hinweg gefahren.
Zu unserer Überraschung sind die gestern noch so heftigen Wasserdurchfahrten zu Rinnsalen geschrumpft. Unsere Erklärung ist, dass tagsüber die Wärme Gletscher und Schnee in den Bergen zum Schmelzen bringt und so nachmittags für ordentlich Wasser sorgt. Über Nacht ist es kalt und so versiegt der Strom des Schmelzwassers.
Der letzte Pass unserer Reise ist wieder über 5000m hoch, die Anfahrt war teils haarig, denn hier wird die Straße in großen Teilen nicht geteert sonst mit Pflastersteinen belegt.
Damit die armen Arbeiter überhaupt Mal arbeiten können, wird die Straße immer nur für kurze Zeit gesperrt. Irgendwann sind entweder die Steine verbraucht oder ein anderer Grund bringt den Vorarbeiter dazu, die Straße wieder frei zu geben. Als erstes fahren wie üblich die Motorräder los, allerdings sind die Arbeiter noch gar nicht aus dem Weg. Es fehlt nicht viel und man fährt so einem armen Kerl über die Finger.
Oben auf dem Pass wird das unvermeidliche Gruppenbild einer großen, organisieren Enfield-Gruppe gemacht, nur Minuten und die sind wieder weg.
Auch hier scheinen die Gletscher auf dem Rückzug zu sein.
Nachmittags erreichen wir Leh und unser bereits vertrautes Basis-Hotel.
Dieser Schuster hat sich strategisch geschickt vor dem Hotel platziert und und ist ein Meister darin, unsere völlig verdreckten Motorradstiefel für kleines Geld (nach unserem Gefühl) wiederherzustellen.
24. August 2023 (Leh)
Den letzten Tag in Leh verbringen wir mit Chillen, Spaziergängen und Chai trinken. Für hiesige Verhältnisse ist die Stadt schon sehr touristisch, entsprechend viele Cafés und Lokale gibt es. Auf uns wirkt sie dagegen wunderbar entspannt und freundlich.
„Drive in style – Optik ist wichtig, auch hier achtet man sehr auf sein Äußeres, auch beim Motorrad fahren.
25. August 2023 (Heimreise)
Nach dem erholsamen Pausentag heißt es heute Abschied nehmen von Ladakh.
Für 4:30h sind die Taxis bestellt, die uns zum Flughafen bringen sollen.
Die Abfertigung ist wieder recht chaotisch aber am Ende schaffen es alle in den Flieger nach Delhi.
Fazit
Ich bin sehr glücklich, dass ich diese Reise gemacht, es hat alles gepasst.
Hätte ich mich wg. der theoretisch sicher vorhandenen Gesundheitsbedenken nicht getraut, wäre mir eine meiner schönsten Reisen entgangen. Dass die Landschaft unfassbar eindrucksvoll und majestätisch ist, geben die Fotos vermutlich nur unvollständig wieder. Die Höhe ist unglaublich, die saubere, wenn auch dünnere, Luft, der klare Himmel, die völlig schwarzen Nächte.
Zudem sind die hiesigen Bewohner ein sehr freundliches und entspanntes Völkchen. Auch im Süden Indiens oder in Rajasthan habe ich meist nur freundliche Menschen getroffen, die sich darüber gefreut haben, dass man ihr Land besucht. Dort ist aber mehr Hektik und Wirbel, hier „oben“ sind dagegen alle irgendwie „tiefen-entspannt“.
Das Wetter war super, obwohl es hier sowieso kaum regnet. Ladakh ist die einzige Region in ganz Indien, die nicht vom Monsun betroffen ist! Wir hatten tagsüber zwischen 20 und 26 Grad, daher haben uns auch die Wasserschlachten nichts ausgemacht. Nachts war es kühler aber selbst in den beiden Zeltlagern nie wirklich kalt.
Das Fahren war anspruchsvoll aber kein Hexenwerk, selbst für mich, der ich erklärtermaßen kein Offroad kann, war es selten grenzwertig. Ich war einerseits froh, dass ich mir eine Himalayan gebucht hatte, denn mit der ließ sich prima im Stehen fahren.
Die Kollegen mit der klassischen Bullet hatten aber auch keine Probleme, zudem fuhr deren „Traktor“ durch das größere Drehmoment noch unbeirrter durch die Furten. Wie hatte einer oben in den Kommentaren geschrieben „Himalaya ist toll“, dem ist nichts hinzuzufügen.