13. Juni 2023 66'33" sind die Koordinaten des Polarkreises. Den hatte ich schon gestern Richtung Norden überschritten, nur interessiert das außerhalb von Touristenzentren kein Schwein.
Das Nordkap liegt auf 71'17" und der Nordpol auf 90', dann ist das hier eigentlich nix Besonderes. Aber das sind Lands End oder John O'Groats ja auch nicht. 😎
Polarkreis-Überquerung
Hier in Rovaniemi herrscht das ganze Jahr Weihnachten, auch jetzt im Sommer. Ganze Bus-Ladungen werden angekarrt. Und es ist noch nicht mal Hochsaison.
Und ich habe noch eine Gruppe der verrückten Vespisti getroffen, die auf dem Weg ans Nordkap sind. Aber auch diese vermeintliche heile Glitzerwelt kann die Realität nicht ausblenden. Während ich mich kurz mit einem der Italiener unterhalte, donnern zwei Düsenjets im Tiefflug über den Platz. Vermutlich gehören die noch zu der großen NATO Übung oder es wird generell mehr geflogen seit dem russischen Überfall auf die Ukraine.
Weihnachten 365/24/7
Die Finnen haben unzählige Seen, davon sind etliche aufgestaut um saubere Energie zu erzeugen. Aus eigener Erfahrung weiß man hier, wie weit man seinem großen Nachbarn trauen kann.
Und hier kommt wohl schon der nächste Trafo
Direkt nach dem Grenzübergang zu Schweden steht ein riesiges Ikea Möbelhaus. Also kurz angehalten um Köttbullar oder etwas anderes typisch Schwedisches zu essen.
Leider war die Gastro eine einzige Baustelle, also gab es nur zwei Hotdog auf die Hand.
Noch freue ich mich auf Köttbullar
Zur heutigen Etappe ist wenig zu sagen, zumindest wenig Erbauliches. Um von Finnland nach Schweden zu gelangen gibt es in dieser Ecke wenig Alternativen zur E4. Nebenstraßen führen meist nur zu Dörfern oder sind Sackgassen.
Am Ende habe ich aber einen total schnuckeligen Campingplatz am einem See ohne Mücken gefunden und verbringe die Nacht mal wieder in einer bequemen Hütte, diesmal ist es eher ein komplett eingerichtetes Ferienhaus.
Am nächsten Morgen werde ich von der Camping Platz Chefin zu Kaffee und Zimtschnecken eingeladen und mit ein paar guten Tipps versorgt. Leider liegen die alle im Norden, sind also eher etwas für's nächste Mal.
14. Juni 2023 Der heutige Tag ist gefühlt viel schöner als der gestrige, obwohl es grundsätzlich die gleichen Landschaften sind und auch das gleiche Top Wetter herrscht. Vermutlich liegt es einfach an den Nebenstraßen, die zwar nicht unbedingt klein und schmal sind, auf denen man aber gut 30 Minuten keinem anderen Fahrzeug begegnet und die sogar manche Kurve haben.
Rentiere habe ich ein paar wenige gesehen, die meisten waren nicht so nett wie dieser Kollege, der brav gewartet hat, bis ich meine Kamera draußen hatte, Dankeschön Rudolf!
Nicht Fotoscheu
Und dann ergeben sich aus ganz belanglosen Dingen, wundervolle Foto Gelegenheiten. Das Navi behauptete, hier gäbe es eine Tankstelle. Die war jedoch nicht zu finden, dafür diese beschauliche Szene am See.
Idylle bei Norsjo
Das sind sicher keine Warteschleifen von Verkehrsflugzeugen, sondern die Kondensstreifen der übenden Militärmaschinen.
Wie absehbar, ist mir auch heute am Nachmittag die Tour ausgegangen, so dass ich beschloss, noch etwas von "morgen" anzuhängen.
Diesmal aber nicht drauf los fahren "schaumermal" sondern einen konkreten Campingplatz aus meiner Camping App ausgesucht und als neues Ziel genommen. Und die Empfehlung war wirklich gut. Der Platz liegt zwar direkt am der E45, mein Teil mit den kleinen Hütten jedoch ruhig in einem Wäldchen und nahe am See. Bullerbü Idyll pur.
15. Juni 2023 Mich interessiert ja fast alles, was mit Fliegerei zu tun hat und so machte ich unterwegs einen kurzen Abstecher zu einem kleinen Regionalflughafen auf der Insel Frösön. So richtig viel Verkehr herrscht hier nicht.
Flughafen Östersund
Wenn man keinen festen Plan hat, kann man ja spontan sein. Ich hatte irgendwann in der Ferne eine Bergkette mit Schneeflecken entdeckt, und das, wo es hier jeden Tag wärmer wird. Neugierig geworden bin ich einfach in die Richtung gefahren um zu sehen ob das schon Norwegen ist.
Es war aber noch Schweden und zwar das Bydalen, ein Feriendorf am Ende einer Sackgasse. Dort gab es zwar nichts großartig zu fotografieren, dafür kurz davor bei dem Örtchen Hallen diese Kirche mit separatem Turm “Hallens Klockstapel“.
Dass das hier eine Wintersport Region ist, merkt man schnell, entsprechend wenig ist aktuell hier los. Fast genau wie in den Alpen, nur deutlich weniger hoch.
Eigentlich wollte ich in Sveg auf den dortigen Campingplatz. Als ich gegenüber getankt habe, erschien mir der aber irgendwie etwas verkommen und sehr laut. Also die Super App gefragt und ca. 30 km weiter diesen urigen Platz gefunden.
Niemand da und alle Beschriftungen auf Schwedisch, bis ich zum Glück die 4-sprachige Anleitung für den 24 Stunden Check-in gefunden habe. Noch kurz zum lokalen Supermarkt und das Abendessen eingekauft und der Tag ist gehalten.
16. Juni 2023 Es gibt doch bei Trivago immer diese Frage "Lohnt es sich?". Das kann man hier mit einem eindeutigen NEIN beantworten. Ich weiß nicht mehr, aus welcher Quelle dieser "Tipp" stammt. Nicht nachmachen!
Edit ergänzt: Gemeint ist der Ausflug zu diesem Betonmonster, was aber im Navi als sehenswerter Canyon angepriesen wurde.
Irgendwo im Wald bei Orsa
Da es heute eigentlich nur darum geht, Strecke zu machen und am Ende noch einen Blick auf Schwedens berühmtes Schloss Gripsholm zu werfen, stehen nur zwei Punkte unterwegs auf dem Zettel, Falun und Dala.
Sagt mir erst wenig, das mit Falun kommt mir aber dunkel bekannt vor, gab es in unserem Wasserfarbkasten in der Schule nicht ein rot mit dem Namen? Auflösung: Falunrot ist das berühmte rot, mit dem praktisch alle schwedischen Holzhäuser gestrichen werden und stammt aus der gleichnamigen Kupfermine.
Kupfermine Falun
Und das Dala-Pferd gilt als nationales Symbol in Schweden. Dieses Exemplar soll das weltgrößte sein
world's largest dala horse
In Mariefreds steht das Wasa-Schloss Gripsholm, welches sich für Fans von royalem Leben zur Besichtigung anbietet.
Ich habe eigentlich schon genug Nachttopfsammlungen gesehen, das Hauptargument gegen eine Besichtigung ist aber das ungewöhnlich warme Wetter. So bin ich froh auf meinem Campingplatz aus den Klamotten und unter die Dusche zu kommen.
Schloss Gripsholm und der nahe gelegene Campingplatz
Du schreibst ganz oben, dass es sich nicht lohnt und "nicht nachmachen!" Was meinst du damit? Die ganze Reise? Du hast ja auffällig wenig fotografiert.
17. Juni 2023 Es hat sich irgendwie so ergeben, das am Sonntag meine Fähre nach Sassnitz fährt, also heißt es heute nur Strecke machen. Bei fast 600 km eigentlich eine gruselige Vorstellung.
Ja und nein, denn erstens ist meine Hütte in Trelleborg schon gebucht, d.h. es besteht kein Risiko, das ich auf der Straße stehe wie vor 4 Jahren. (Aber das ist eine andere Geschichte.) Und außerdem ist die Gegend sehr schön, wenn man die Schnellstraßen meidet und sich über Nebenstraßen durchschlägt. So komme ich u.a. durch den wunderschönen Landstrich um Öster Malma.
Irgendwo im Wald bei Öster Malma.
Trotzdem bleibt die Strecke eine Herausforderung, gerade auch für die Maschine bei dem zunächst warmen Wetter. Je südlicher ich komme, desto kühler wird es jedoch, zudem setzt keiner Nieselregen ein. Das tut der Kühlung der Maschine gut, ich muss meine Bekleidung aber langsam wieder von Sommer auf herbstlich umrüsten.
Am Ende erreiche ich ziemlich erschlagen meine Hütte in Trelleborg und nach Dusche und Abendessen bleibt mir nur noch die fantastischen Nachtaufnahmen meines neuen Handys zu bewundern.
18. Juni 2023 Heute heißt es byebye Schweden. Und wir Deutschen tun, was wir angeblich am besten können, rechtzeitig Schlange stehen.
Dafür gab es eben noch ein leckeres Frühstück bei Shell.
Und weil gerade noch etwas Zeit ist zum Nörgeln: "Eigentlich" wollte ich von Ystad aus nach Svinnemünde und dann ein Stück durch Polen fahren, doch die zuständige Fährlinie kennt keine Motorrad Gespanne, zumindest online. Und ohne Buchung am Kai stehen, wollte ich dann auch nicht.
Also wurde aus meiner schönen "acht" auf der Landkarte eher die Form einer Beule. Ab jetzt geht es gemütlich nur noch Richtung Heimat mit einem fast schon obligatorischen Technik-Halt in meiner Lieblings-Werkstatt in Hildburghausen. Allerdings nicht am Stück, sondern mit Zwischen Übernachtung.
Tankstellen-Frühstück
Queuing
Pole Position
No country for old Fußgänger
Abgelegt hat die Fähre etwas vor der Zeit und so sind wir nach 2 Stunden völlig gleichmäßiger Fahrt über pünktlich in Sassnitz. Da keine sichtbaren Kontrollen stattfinden, befindet sich der ganze Pulk auf der Straße Richtung Stralsund, immerhin 31 km.
Auf speziellen Wunsch einer einzelnen Dame, mache ich einen kurzen Halt direkt am Ozeaneum bei den Fischbuden. "Wenn Du in Stralsund bist, iss ein Fischbrötchen für mich mit" war der Auftrag. Mir hätten ja auch 1,5 gereicht, aber...
Den besonderen Wert der letzten Fotos kann mir ermessen, wer sich vorstellt, wie man mit einer Hand die leckeren Fischbrötchen hält, mit der anderen Hand das Handy und mir der dritten Hand die Seeadler-großen Raubmöven auf Abstand hält. (Zitat Käptn Blaubär.)
Routinehalt in Stralsund – Fischbrötchen direkt vom Kutter
Am Ende hat das Timing doch noch geklappt mit der Fischbrötchenpause in Stralsund und der Rest-Etappe bis an die Müritz. Bei der Durchfahrt durch Waren ist mir eine Reise in 2021 über die Alleenstraße eingefallen und dass man „damals“ den Reiseverlauf u.a. nach den Corona Teststellen planen musste. Ist irgendwie „ewig“ her.
Das heutige Hotel, eine ehemalige Straßen-Schmiede, ist urig gemacht, die meisten Zimmer haben einen eigenen Eingang vom Innenhof. Die Zimmer sind renoviert und das Essen lokal und lecker. Zwischenübernachtung in der Schmiede in Roez
19. Juni 2023 Wittenberge, hier gibt es keine Fotos, das ist schon peinlich genug. Bei dem Ortsnamen Wittenberge dachte ich, da war doch was, und bin rein gefahren auf der Suche nach der berühmten Kirche mit den 95 Thesen. Tja, der richtige Ort heißt nicht umsonst Lutherstadt Wittenberg und ist wo ganz anders. Zum Glück habe ich keinen gefragt.
Auch eine alte Bekannte, die Stadt Tangermünde. Vielleicht liegt es am der Mittagszeit aber der Ort erscheint ziemlich tot und viele Läden sind geschlossen, etliche darunter dauerhaft. Für einen Amaretto Becher hat es aber gereicht.
Lutherstadt Eisleben, Wie viele dieser kleinen Städte Geschichts-beladen. Am allen Ecken grüßt der große Reformator. Es wurde sichtbar viel saniert, es gibt aber auch viel Leerstand. Vermutlich ist das aber auch im Westen so, ich komme zu wenig abends in die Stadt um das zu beurteilen.
20. Juni 2023 Gestern Abend gab es in der hübschen Altstadt noch eine leckere Pizza, daher fällt das Frühstück heute etwas kleiner aus. Das Zimmer im Hotel Graf von Mansfeld war echt historisch mit massiver Stuck-Deko und knarzenden Fußböden. Dafür was das Bett modern und sehr bequem.
Heute geht es nach Hause mit einer Zwischenstation in Hildburghausen. Es sollte ein entspannter Tag werden. Aber wie das so ist mit solchen Erwartungen, wird der Tag etwas anders verlaufen.
Bereits beim Packen hatte der Himmel eine ungesunde Farbe angenommen, es war aber noch ziemlich warm und ich startete zunächst ohne Regenkleidung. Aber bereits nach wenigen Kilometern noch im Stadtgebiet von Eisleben hielt ich an und zog mich um. Keinen Moment zu früh, denn bald wurde aus dem leichten Nieselregen richtiger Regen und daraus Starkregen und schließlich Gewitter. Mehrfach änderte ich die Richtung um der dräuenden Gewitterfront zu entgehen, nass war ich nun schon aber auf Gewitter hatte ich keine Lust.
Schließlich stoppte ich unter einer schmalen Brücke und wartete hier das Schlimmste ab. So schnell wie das Unwetter gekommen war, zog es auch nach Osten weiter und die Sonne kam wieder raus. Bis ich in Hildburghausen ankam, war ich fast wieder trocken.
Nach einem Kaffee, einem netten Plausch mit Dötsch-Family und neuen Bremsbelägen am Vorderrad, ging es auf die letzte Etappe bis nach Hause.
Dream-Team Hilburghausen
390 km
Fazit Obwohl ich keine feste Planung hatte, gab es natürlich einen groben Entwurf, alleine um die Zeit im Blick zu behalten. Danach wollte ich ursprünglich oberhalb der Ostsee noch weiter nach Norden bis zum Inari-See oder evtl. weiter bis Berlevag an der Barents-See.
Statt der etwa 6.800 km die ich auf dieser Tour gefahren bin, wären es dann nochmal 2.000 km mehr geworden. Die zunehmende Wärme in Finnland trieb die fliegenden Plagegeister zu Höchstform, sodass ich keine Lust mehr auf Zelten hatte.
Zudem ist die finnische Landschaft einerseits reizvoll in ihrer Ursprünglichkeit und (meist) Einsamkeit aber je nach Strecke und Wetter aber auch langweilig.
Der Schwenk nach Schweden und die Entscheidung nicht an der Ostsee entlang, sondern durchs Innenland zu fahren war richtig. Südschweden hat mir insgesamt auf dieser Reise am besten gefallen, auch weil es hier mehr landschaftliche Abwechslung gibt.
Aber Norwegen mit seinen Fjorden und Bergen bleibt mein klarer Favorit in Skandinavien. Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit
Zitat von Maggi im Beitrag #27aber Deine Etappen wären mir persönlich entschieden zu lang.
.. ich weiß. Aber wenn ich alleine fahre, muss ich ja auf niemanden (hüstel) Rücksicht nehmen. (Bzw. ich habe keine netten Kollegen dabei, mit denen man schnacken kann.)
ZitatAber wenn ich alleine fahre, muss ich ja auf niemanden (hüstel) Rücksicht nehmen.
Ich vermute aber, daß Du bei unserer Tour auch nicht mal eben 600 oder 800km gefahren wärst, auch wenn Du uns Weicheier nicht im Schlepptau gehabt hättest.
-- Blog Ich springe hoch, ich springe weit, warum auch nicht, ich hab' ja Zeit. Frei nach H.E.
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