Ein Studienrat meines Norder Gymnasiums ist um 1970 für die Äußerung, Soldaten seien Mörder, von einigen Eltern angezeigt und verurteilt worden. Meine Hochachtung hat er noch heute.
Zitat von Zephyr im Beitrag #46Ein Studienrat meines Norder Gymnasiums ist um 1970 für die Äußerung, Soldaten seien Mörder, von einigen Eltern angezeigt und verurteilt worden. Meine Hochachtung hat er noch heute.
Für mich sind beide Positionen verständlich.
1. Niemand hat einen anderen Menschen zu töten. Eigentlich auch nicht im Krieg.
2. Was hatte denn eine arme Sau wie unsere Väter oder Großväter für eine Chance? Auch wenn sie eigentlich friedliche Menschen waren, sie hingen da mit drin, man schoss auf sie und sie schossen ebenfalls.
Nach unseren heutigen juristischen Erklärungen, Entschuldigungen etc. waren sie alles, aber (meist bis auf Ausnahmen) eben eher Opfer, aber keinesfalls Mörder.
Es ist so leicht aus unserer heutigen Sicht mit warmem Arsch in warmer Wohnung auf andere Leute zu spucken. Ich verachte meinen Vater/meine Großväter, meinen Schwiegervater nicht wegen dieser Kriegszeiten. Ich halte ihn, wie Millionen anderer Soldaten und Zivilisten aus Deutschland, Polen, Russland, Frankreich ...... usw. eher für Traumatisierte, wie man heute so nett sagt.
Ich verstehe nur nicht, daß man in der BRD die "deutschen Fahnenflüchtigen der Wehrmacht" nicht anerkennen will/wollte, d.h. ich verstehe es schon, denn wenn dies mit der Desertiererei Schule macht, dann... (und dies würde es, denn vor Unheil zu flüchten ist m.M. ein Grundbedürfnis des denkenden Menschen!).
Gruß und friedliche Zeiten Monti
Laut Statistik sind 98,56 % der Statistiken erstunken und erlogen!
Zitat von Luja-sog-i im Beitrag #49Ich verstehe nur nicht, daß man in der BRD die "deutschen Fahnenflüchtigen der Wehrmacht" nicht anerkennen will/wollte
Ja, Monti, Realität und staatsgewollte Wirklichkeit unterscheiden sich halt ein klein wenig. Was nicht sein darf, das gibt es nicht, oder es ist von Übel.
Mein Vater war kein Deserteur, aber.... Ende 1944 war er noch in Tusla/Bosnien einquartiert bei Frau Professor Dr. Simovic, die dem "kleinen Hütejungen" aus Westpreußen in zwei Jahren jede Menge beigebracht hatte. Er war dort als "Militärberater" der kroatischen Domobramen. Als die Russen vorrückten und die Tito-Partisanen, kamen die Rückzugsgefechte entlang der Donau. Mein Vater ist dabei im Januar 1945 zweimal als Nichtschwimmer durch die Donau. Schließlich der Versuch, in der Kampfgruppe Engelhardt die Stadt Budapest zu halten (ging bis in den März rein). (Halt so, wie eine SS-Division dem Führer die Stadt Bukarest "schenken" wollte.)
Beide Gruppen haben furchtbar auf die Schnauze bekommen und endlich einsehen müssen, dass "der deutsche Soldat" halt nicht unbesiegbar war. Die Kampfgruppe Engelbrecht wurde in der Slowakei aufgelöst und mein Vater bekam - oh Wunder - einen Durchschuss der linken Hand (mit Schmauchspuren). Das Lazarett in der Slowakei war nun nicht dass, was mein Vater nahe Kriegsende wirklich wollte.
Er hatte aber seinen Notgroschen immer bei sich: Einen Rucksack mit 6 Flaschen Cognac und 6 Stangen US-Zigaretten (was doch im Krieg so alles möglich ist ). Eine Nacht Besäufnis mit dem Stabsarzt und kleines Tauschgeschäft. Für den Rucksack bekam Max 6 (sechs) unterschriebene und gestempelte Verlegungsbefehle (Feldwebel Maximilian Wahl wird verlegt von ... nach ...).
Hat er dann selbst weiter ausgefüllt.
Von der Slowakei nach St. Pölten und danach ins Hilfslazarett Bad Aibling/Rosenheim. Dahin kam halt der Ami und nicht der Russe.
Jeder irgendwie Transportfähige kam dann auf einen US-Truck zur Beschau der Opfer in Dachau. Im Juni 1945 wurden alle US-Gefangenen entlassen, wenn sie in der US-Zone wohnten.
Natürlich war mein Vater damals angeblich Knecht auf dem Hofe eines Mitgefangenen aus Thüringen. Also Richtung Thüringen - nein, nicht mit der W650 oder dem Pedelec....
Dort gewartet, bis die Amis abzogen und die Russen kamen. Nach einer Woche war noch nichts passiert, also weiter nach Genthin. Im August war er dann zu Hause angekommen bei Frau und drei Töchtern. Er meldete sich bei der Firma Henkel/Genthin wieder zurück zur Arbeit. (Und kurz drauf zum Neulehrerlehrgang - andere Geschichte).
Auch für all das musste er und schon gar nicht mehr ich oder meine Kinder, Enkelkinder etc. sich schämen, oder mit gebücktem Blick durchs Leben laufen.
Lieber 5 Minuten lang feige, als ein Leben lang tot war seine Devise. Und die war richtig.
Für mich immer noch ein Unterschied, ob man in eine Armee mehr oder weniger gepresst wird oder als verführter, fanatisierter Jungspund darein gerät, oder sich nach 45 das freiwillig gibt.
Oh, ich hab auch gedient. Nichts, auf was ich stolz bin, ganz im Gegenteil.
ZitatIch verstehe nur nicht, daß man in der BRD die "deutschen Fahnenflüchtigen der Wehrmacht" nicht anerkennen will/wollte
ZitatJa, Monti, Realität und staatsgewollte Wirklichkeit unterscheiden sich halt ein klein wenig. Was nicht sein darf, das gibt es nicht, oder es ist von Übel.
Abgesehen davon, dass vermutlich kaum noch einer aus dieser Gruppe lebt und abgesehen davon, dass die entsprechenden Gesetzte sehr spät kamen (das gesunde Volksempfinden musste schließlich auch berücksichtigt werden), verstehe ich die Aussagen nicht.
Was fehlt da noch? Was oder wer soll da "anerkannt" werden? "Wollte" mach ja noch einen Hauch von Sinn, leider steht "will" davor.
Ich bin überhaupt kein Jurist aber Google findet sehr einfach und schnell heraus, dass zuletzt (2009) auch die "Kriegsverräter" rehabilitiert wurden. Alle anderen Gruppen schon vorher.
Die entsprechenden Gesetze kamen sehr spät, so spät (2002), daß diese betroffene Gruppe vorher wegstarb. Wie praktisch! Für "Kriegsverräter", was auch immer dies sein soll, kam die "Rehabilitierung" erst 2009. Kein Ruhmesblatt, absolut nicht!
Ach ja, die Deserteurswitwen erhielten bis in die 90 Jahre keine Rentenzahlungen! Da kann diese BRD wirklich Stolz drauf sein...
ZitatDenn die Urteile gegen Männer wie Lukaschitz wurden nach dem Krieg nicht aufgehoben. Sehr spät, erst im Jahr 2002, beschloss der Bundestag zwar die pauschale Rehabilitierung aller Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer der Wehrmacht. Nur die sogenannten Kriegsverräter wurden ausdrücklich ausgespart - weil man ja nicht ausschließen könne, dass die "Verräter" durch ihr Handeln Zivilisten oder deutschen Soldaten geschadet hätten. In Bezug auf die NS-Urteile waren sie "das letzte Tabu", wie es der renommierte Militärhistoriker Wolfram Wette und sein Kollege Detlef Vogel nennen.
Das Verdienst, 64 Jahre nach 1945 die Rehabilitierung der Kriegsverräter initiiert zu haben, gebührt vor allem dem Linkspartei-Abgeordneten Jan Korte. Der junge Abgeordnete und sein Mitstreiter Dominic Heilig haben den zähen Kampf in dem lesenswerten Sammelband "Kriegsverrat" nachgezeichnet. Ein Geschichts-Kompendium zum Schämen über deutsche Vergangenheitspolitik, zeigt es doch, wie aus parteipolitischem Kalkül und revisionistischem Grundgedanken jahrelang auch die letzte Rehabilitierung verschleppt und behindert wurde
Gruß Monti
Laut Statistik sind 98,56 % der Statistiken erstunken und erlogen!
Zitat von woolf im Beitrag #53Für mich immer noch ein Unterschied, ob man in eine Armee mehr oder weniger gepresst wird oder als verführter, fanatisierter Jungspund darein gerät, oder sich nach 45 das freiwillig gibt.
So ist das! Die Wehrpflicht ist ausgesetzt, aber nicht gänzlich abgeschafft.! Wer sich heute freiwillig meldet, weiß auch auf was er sich einlässt.
Übrigens ich habe die MUN ATN, habe fast alles auf dem LKW bewegt, welches Angst und Schrecken verbreitet, der Job war geil bin 12000 km in der Stammeinheit während eines Jahres gefahren, hatte somit mit dem normalen Dienst nix anner Brause. Verurteilen werde ich mein Soldatentum nicht, werde bald 58 und denke darüber etwas differenzierter nach, veddich.