Zitat von Diogenes800 im Beitrag #10 Hallo Ziro, deine aktuellen Erlebnisse hast du aber fein verschwiegen...
Ich glaube, Du hast den Ansatz mit den aktuellen Erlebnissen nicht verstanden. Denn meine aktuellen Erlebnisse spielen da keine Rolle, da ich selber nicht dabei war. Es geht hier auch nicht ums verschweigen. Wenn ich hier von meinen 15 Jahren Rettungsdienst als Profi anfange zu schreiben, ließt Du in 3 Monaten noch. Und das meißte davon, willst Du gar nicht lesen...
Sich mal wieder mit Erster Hilfe zu beschäftigen, ist 'ne gute Idee !
So 'n Treffen wie grad' gewesen (Großes W-Jahrestreffen) wäre da 'ne gute Gelegenheit, denn so richtig lernt/frischt man sowas nur auf, wenn man praktisch übt, und Fragen stellen kann. Deshalb denke ich, daß ein rein virtueller Kurs hier im Prinzip nicht so ganz gut geeignet ist, das Wissen zu vermitteln. Die Idee ist aber gut, wenn sie denn dazu führt, daß sich jeder mal selber um einen Kurs in seinem Umfeld bemüht.
Ansonsten sollten wir sowas vielleicht mal bei entsprechender Gelegenheit praktisch anleiern , finde ich.
ich erinnere mich an die Zeit nach dem Sanitätsdienst. Da hatte ich Albträume, ich käme an eine Unfallstelle und hätte keinen Funk und wüßte nicht, was ich machen sollte. Handys gabs ja noch nicht.
Mit der Zeit ist das weggegangen. Der Ersthelferstreß ist nicht zu verachten. Als Sani kommt man an, hat schon - wenigsten minimale - Vorinformationen, hat Geräte, hat Funkgerät, hat einen Kollegen, kann den Notarzt herbeifunken - alles läuft halbwegs nach Plan. Und wenn nicht, ist immer noch der Kittel da, der das ganze ein wenig abhält - zumindest ging es mir so.
Der Ersthelfer kann heute mobil telefonieren, aber dann ? Der kriegt das so richtig hautnah und ist Dingen ausgesetzt, die sich mitunter alles andere als leicht verarbeiten lassen. Ich bewundere die, die dann ruhig mit dem Verunfallten reden und einfach da sind. Aber leicht ist das nicht.
Ich habe gottseidank noch keine Ersthelfersituationen gehabt, die wirklich schlimm waren.
Vielleicht kann man ja so einen Auffrischungskurs bei einem Treffen mit einbauen? Ich fände das jedenfalls toll. Bis zum nächsten W-Treff ist es ja noch viel Zeit und vermutlich sind dann auch zu viele Anwesende, aber bei kleineren Treffen wie das Gespanntreffen könnte man doch so etwas einbauen.
Ich schreibe jetzt mal ein ausgedachtes Szenario: Dann kann jeder mal für sich selber abgleichen, ob er es genauso gemacht hätte...
Eine Dreiergruppe Motorradfahrer ist auf kurviger Strecke unterwegs. Der letzte von den dreien bin ich. In einer Kurve kommt es wegen Sand bei 80 km/h zum Sturz des zweiten Fahrers. Ich hatte als Gruppenfahrer natürlich so viel Abstand zum Vordermann, dass ich mit einer Gefahrbremsung und Ausweichen sicher zum stehen komme. Zum Glück war kein rückwertiger Verkehr vorhanden.
Das stürzende Motorrad ist über das Vorderrad weggerutscht. Der Fahrer ist mit seinen Lederklamotten über die Straße gerutscht und im trockenen Graben gelandet. Er steht benommen auf und fällt gleich wieder um.
Da das ganze in der nicht einsehbaren Kurve passiert ist, wende ich mein Krad und fahre zügüg 100 Meter zurück. Stelle die Maschine ca. einen Meter vom Seitenrand ab, so das sie andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet, aber schon behindert. Somit gehen sie vom Gas. Auf halber Strecke zum Unfall lege ich noch meinen Helm auf die Straße, ebenfalls ca. 1 Meter vom Fahrbahnrand.
Das ging alles recht schnell, und ich bin zügig beim Unfallopfer angekommen. Fahrer Nr. 1 hat von dem Unfall noch gar nichts mitbekommen und ist vorne weggefahren. Auf dem Weg zum Unfallopfer per Handy 112 gewählt. Notruf abgesetzt, was genau passiert ist, wo der Unfall ist, wieviele Verletzte...und wie ich schon schrieb, die Rettungsleitstelle hat das letzte Wort.
Warum bin ich nicht erst zu dem Unfallopfer gegangen? Ganz einfach: Es geht nichts, aber auch rein gar nichts über Eigenschutz. Es hat keiner etwas davon, wenn man sich selber auch noch gefährdet, weil andere Verkehrsteilnehmer auch noch in die Unfallstelle krachen.
Beim Unfallopfer sofortige Sichtung ob ansprechbar. Die meißten Ersthelfer haben komischerweise immer im Kopf, "ohhh, es ist etwas passiert, dann mal schnell stabile Seitenlage". Ist natürlich Käse. Wofür ist die stabile Seitenlage? Die dient als Atemwegssicherung bei bewußtlosen Personen. Sollte sich dabei jemand übergeben, kann das Erbrochene in der stabilen Seitenlage abfließen und die Person kann dabei weiteratmen.
Also, Unfallopfer ansprechen, nach so einem Sturz natürlich auch nicht wie blöd an ihm rumruckeln. Lage sondieren. Unser Unfallopfer ist ansprechbar, hat den Helm noch auf. Wirkt leicht verwirrt. Schockzustand. Es will immer aufstehen, funktioniert aber nicht so richtig. Also, beruhigend auf ihn einwirken. Ihm klar machen, das der Rettungsdienst gleich da ist. Nicht blöd daneben stehen, sondern Hand anlegen, beruhigen.
Über eine Helmabnahme sollte man nur nachdenken, wenn dies 2 Leute wirklich gelernt haben und auch so ausüben können. Jemand, der nicht sonderlich verletzt ist, nimmt seinen Helm zu 99% sowieso schon selber ab. Bei Brillenträgern vorher die Brille abnehmen!!! Und ganz wichtig, das macht man nur mit Einverständnis des Verunfallten, wenn er das denn noch kontrolliert von sich geben kann.
Will er den Helm aufbehalten, dann ist das so. Gut ausgebildete Rettungsdienstler können es eh besser als ihr. Ist die Person bewustlos und atmet kontrolliert, kann er auch drauf bleiben. Natürlich nur bei 100%er Beobachtung und Kontrolle. Fängt er an zu würgen oder zu erbrechen, höchste Alarmstufe, das Ding muß sofort runter.
Auch wenn eine Wirbelsäulenverletzung ersichtlich ist. Hört sich hart an, aber man sagt, lieber einen Querschnitt als an Erbrochenem erstickt.
Unserem Unfallopfer geht es den Umständen entsprechend gut. Er hat "nur" einen Schock. Das heißt, seine Blutgefäße sind weit gestellt. Somit ist sein Blutdruck nicht der beste. Also sollte man ihn auch lieber im liegen betreuen und nicht im sitzen. Deswegen ist er beim aufstehen auch gleich wieder zusammen gesackt. Eine ganz normale Reaktion des Körpers. Das Blut schafft es nicht mehr bis ins Hirn, also sagt der Körper, nu leg Dich mal wieder hin, damit das Hirn mit Blut weiterversorgt wird.
Ich habe oft bei Einsätzen beobachtet, dass fast bewußtlose oder bewußlose Personen von den Ersthelfern unbedingt hingesetzt oder aufrecht gelagert wurden. Am besten noch auf einen Stuhl gesetzt und von hinten festgehalten. Ich habe keine Ahnung, wo das herkommt. Das erste, was der Rettungsdienst dann macht, den Körper hinlegen. Und siehe da, die Augen gehen plötzlich wieder auf.
Bei uns trifft nun der Rettungsdienst ein. Eine knappe Übergabe ist meißtens gerne gesehen. Z.B. wie schnell gefahren wurde, wie gestürzt, die ganze Zeit ansprechbar, aber Schocksymptome.
Mit knapp meine ich knapp. Weil die Retter wollen dann zügig und in Ruhe arbeiten. Wenn sie denn wirklich gut ausgebildetes Personal sind, was in D dann noch ein ganz anderes Thema ist.
Zitat von pelegrino im Beitrag #17Sich mal wieder mit Erster Hilfe zu beschäftigen, ist 'ne gute Idee !
Deshalb denke ich, daß ein rein virtueller Kurs hier im Prinzip nicht so ganz gut geeignet ist, das Wissen zu vermitteln. Die Idee ist aber gut, wenn sie denn dazu führt, daß sich jeder mal selber um einen Kurs in seinem Umfeld bemüht.
Hallo Pele, genau das ist mein Ansatz! Du hast vollkommen recht. Virtuell anschubsen, dass sich der eine oder andere fragt, ob er vielleicht doch nicht so richtig gehandelt hätte. Gerade diese Unsicherheit muß nicht sein. Ein Erste-Hilfe-Kurs macht Spaß, erst recht wenn man da mit heutiger Reife und Wissen herangeht. Mit 18 zum Führerschein war es doch nur ein nervendes Muß.
Und wie schon geschrieben, man kann damit sehr viel Gutes tun, wenn es plötzlich im Raume steht. Und vor allem bei Familie und Freunden. Die einem doch viel bedeuten, oder?
Zitat Fängt er an zu würgen oder zu erbrechen, höchste Alarmstufe, das Ding muß sofort runter.
Moin,
wir haben uns das einmal nicht getraut. Da kam zwar Erbrochenes, aber wir konnten es so "ablaufen" lassen, daß nix passiert ist. Damals lagen die Integralhelme aber auch noch nicht so dicht umschließend an. In der Seitenlage auf einer Vakuummatratze haben wir ihn mit Anmeldung in die Uni-Klink gebracht, wo einer aus dem Team mit kurzem fachmännischem Schnitt den Helm in zwei Hälften teilte (ich glaube, mit einem Dremel).
Gern hätte ich in solchen Fällen erfahren, was aus diesen Leuten geworden ist, aber für uns war dann die Sache immer beendet und es ging darum, möglichst rasch wieder "eb" zu sein.
Es sind aber wahrscheinlich die "Dosenschnarcher", die euch den Arsch retten, den die haben garantiert einen Verbandskasten dabei, nur mit "Handauflegen" kann ich Niemanden retten...
LOBO (45 Jahre Feuerwehr)
--------------------------------------------------- I´m not old, i´m a RECYCLED Teenager
Danke, ziro, dass du den Fred gestartet hast. Seit einiger Zeit hatte Souline dieses Thema angeregt und mir auch Links zu Verhaltensweisen bei erster Hilfe geschickt. Aber z.B. die Eigensicherung / Absichern des Unfallorts war bei ihr gar kein Thema. Nur - im Falle eines Herzinfarkts - die richtige Hilfe, möglichst schnell. Also Herzmassage bzw. Mund-zu-Mund-beatmung. Dazu kommen wir hier sicher noch (ich hab diese Links leider nicht hier auf'm Laptop). Aber viel besser, wie schon gesagt, ist ein praktischer Kurs auf einem Treffen!
Demnächst jährt sich der Tag meines Unfalls, mein Unfallgegner war Rettungssanitäter . Der Gute hatte alles Notwendige im Kofferraum parat, und hat uns sofort absolut professionell versorgt, und die vielen Hilfswilligen angeleitet.
Soviel Glück auf einem Haufen hat man nicht alle Tage...
kleiner Hinweis von mir: wenn man an eine Unfallstelle mit Motorradunfall kommt, auf jeden Fall anhalten, auch wenn ein Dutzend ersthelfer drum herum wuseln. Wenn der Helm runter muss wissen Motorradfahrer weit besser bescheid als leute die noch nie einen helm auf hatten (sei es das Helmschloss und vor allem das der helm mit einer leichten drehung nach vorne und nicht nach oben oder gar mit drehung nach hinten von der Rübe gezogen wird)
ich bin Motorradfahrer, kein Motorradposer. Bruno, für immer in unseren Herzen