Nachdem die Fahrt am Wochenende zuvor der kaputten Kupplung zum Opfer gefallen war, gab es letzten Samstag einen neuen Anlauf zum Monte Grappa.
Ich war dort schon mal im April 2011 gewesen, diesmal allerdings wollte ich das an einem Tag machen. Entsprechend plante ich eine auf das Wesentliche verkürzte 600 km-Runde, mit nur wenigen Pässen und einigen schnellen Talabschnitten dazwischen.
Los ging es erst morgens um halb zehn, um heimtückischer überfrierender Nachtfeuchtigkeit aus dem Weg zu gehen. Mit dem Wetter hatte ich Glück - es war nahezu wolkenlos, und die Natur am Ofenpass präsentierte sich von ihrer schönen Seite:
Auch ein paar deutsche Motorradtouristen nutzten das feine Wetter und düsten relativ flott über den Pass:
Der Ortler von der Passhöhe aus gesehen ist mir in all den Jahren zum gewohnten Anblick geworden, allerdings nicht zu dieser frühen Morgenstunde (). Und viel los ist in den Bergen um diese Jahreszeit auch nicht mehr:
Fahren lässt sich’s allerdings trotzdem noch recht ordentlich, speziell mit dem vortrefflichen Schweizer Asphalt, der doch spürbar mehr Grip bietet als alles, was da in den Nachbarländern so auf die Straßen geschmiert wird.
Durchs Vinschgau ist seit RR-Tagen erstaunlicherweise richtig kurzweilig und spannend. Plötzlich gibt es da Kurven, die früher nicht da waren und Autos sind auch kein Hindernis mehr, so lange sie nicht zu dicht hintereinander gestapelt sind. Außerdem fällt mir immer wieder die hervorragende Disziplin der Straßenverkehrsteilnehmer auf, so lange man selbst defensiv und umsichtig unterwegs ist. Keiner stört sich daran, wenn man ein wenig flotter fährt.
Die Schnellstraße zwischen Meran und Bozen ist auf 110 km/h begrenzt, und ich überlege dort jedes Mal, wie viel Überschuss das wohl vertragen mag: 20? 30? 50? Ich habe Glück, weil mir ein extrem flotter PKW die Entscheidung abnimmt, an den ich mich hinten dran hängen kann.
In Auer geht es dann endlich hoch Richtung San Lugano Pass. In der ersten (und einzigen) Kehre auf dem Weg nach oben gibt es einen schönen Ausblick auf das beeindruckend große und klimatisch sehr begünstigte Etschtal:
Viele Bilder hab ich unterwegs leider nicht geknipst, weil die Fahrt unheimlich flüssig verlief und ich wenig Lust verspürte anzuhalten. Hier bereits nach dem Pass (der so flach verläuft und unbedeutend ist, dass ich ihn noch nie bewusst wahrgenommen habe) eine Verzweigung, wo man die linke Fahrspur nehmen muss, um durch einen Tunnel nach rechts die Straße zum Manghenpass zu erreichen:
Die Anfahrt zum Manghen gestaltet sich diesmal leider ziemlich mühsam und unerfreulich, weil die Straße weitgehend im dichten Wald verläuft und um diese Jahreszeit großteils feucht und glitschig ist. Also heißt es in den Sechsten schalten und runter mit dem Gas - eine ziemlich langweilige Angelegenheit auf der RR. Auch weiter oben, wo die Bäume endlich lichter werden, heißt es gut aufpassen, denn in schattigen Kehren ist es feucht, frisch gepökelt und glatt:
Dafür entschädigt die Landschaft, das Wetter und der schöne Ausblick dort oben die etwas enttäuschende Anfahrt. Die Nordrampe und die Südrampe schenken sich dabei nichts:
Allerdings verspricht die Südrampe etwas mehr Fahrspaß, zumindest im oberen, sonnendurchfluteten Teil:
Ehe es auf die Schnellstraße Richtung Bassano (del Grappa) geht, noch ein kurzer Halt, um den herrlichen Blick ins Valsugana festzuhalten. Hier machen sich bereits erste Anzeichen des lästigen Herbstnebels in tieferen Lagen bemerkbar, der um diese Jahreszeit regelmäßig in der Poebene festhängt:
Hättste mal was gesagt, Stephan! Dann wäre ich statt in Lessinien rumzukurven zum Berg der runden Füße geknattert. Schließlich hatten wir unsere kürzliche Diskussion unterbrechen müssen ...
Das Bild ist übrigens tadellos, liebe Monika! Der Serpel kann auch mit Schatten umgehen, wie's aussieht.
Echt? Ich fand das jetzt nix so besonderes, schließlich ist das Motorrad komplett im Schatten - da sieht man ja nix von seiner wahren Schönheit!
@Soulie: Ja, hab ich mir hinterher auch gedacht, nachdem ich deinen Bericht gelesen hatte! Aber ich hatte auch nur wenig Zeit auf dieser Runde, denn ich wollte abends wieder zurück sein.
Am südlichen Ende der Alpen kam dann der Nebel. Erst kleine Wölkchen, dann immer dichter, bis schließlich alles grau und von dem herrlichen Herbsttag nichts mehr übrig war. Eigentlich wollte ich noch kurz nach Bassano rein und die schöne Brücke fotografieren, aber so war ich froh, möglichst rasch in die Höhe zu kommen und hoffentlich über die Nebelobergrenze. Also die Abkürzung über Romano d'Ezzelino genommen, wo ich kurz anhalten und die Gliedmaßen strecken musste
und dann die ganzen knapp 30 km im dichten Nebel den Monte Grappa hoch. Die Wolken waren so dicht, dass das Visier zuerst außen, dann innen und schließlich die Brille beschlug. Also anhalten und ohne Brille und mit geöffnetem Visier weiter zuckeln. Das war vielleicht eine Fahrerei und hat überhaupt keinen Spaß gemacht. Der Nebel wurde dichter und dichter und ich hatte die Hoffnung komplett aufgegeben, jemals noch oben drüber zu kommen.
Zitat von Serpel im Beitrag #5Ich fand das jetzt nix so besonderes, schließlich ist das Motorrad komplett im Schatten - da sieht man ja nix von seiner wahren Schönheit!
Deswegen schrieb ich ja: "Schade, dass die Kehre im Schatten liegt!"
Das Verständnis zwischen Männern und Frauen ist nicht immer einfach.
Zitat von BrundiSchade, dass die Kehre im Schatten liegt. Ist ein wunderschönes Foto!
Dann will ich mal interpretieren, wie ein Mann das liest:
"Schade, dass die Kehre im Schatten liegt, weil dadurch alles nass ist und man nicht richtig fahren kann. Es ist aber immerhin ein schönes Foto, gerade weil die Kurve im Schatten liegt und dadurch einen schönen Kontrast bildet."
Hättest du geschrieben, "Es wäre ein wunderschönes Foto", gäbe es diesen Interpretationsspielraum nicht.
Wie zu erwarten, hatte ich am Ende halt doch mal wieder Glück: der Nebel lichtete sich kurz vor dem Gipfel und gab die Sicht auf das monumentale Denkmal frei, das die Faschisten in den 1930er Jahren dort oben errichtet hatten:
Von oben sieht man auch recht gut, wie die Straße aus dem nichtenden Nebel auftaucht:
Nebenan standen zwei wunderschöne und sehr gepflegte R 80 G/S, eine davon sogar in der begehrten Paris Dakar Sonderausführung:
Dagegen steht so eine moderne S 1000 RR fast ein bisschen im Schatten:
monte grappa verbinde ich auch immer noch mit einer nebelfahrt, 1986, mit der gt550... und oben dann kreuzende kühe, also reale, nicht so metallene aus berlin...
Zitat von Falcone im Beitrag #11Auch wenn die Bilder wirklich schön sind - Nebel finde ich beim Motorradfahren schlimmer als Regen. Die Sichtbehinderung ist am unangenehmsten.
Diese Erfahrung durfte ich im Mai machen und gebe dir absolut recht, Martin! Allerdings finde ich die Nebelbilder sehr schön (besonders die, die Stephan schon im "Wer-war-heute-wo-Fred" eingestellt hatte ).
Bei vielen Passrätseln ist mir das Beinhaus des Monte Grappa schon begegnet, aber heute habe ich zum ersten Mal ein wenig mehr darüber gelesen. Fast 23.000 Menschen, die dort ums Leben gekommen sind. Wahnsinn! Irgendwann muss ich mir das mal selber angucken!
das sprengt jedes vorstellungskraft, vor allem auf so kleinem raum... war schon eine böse zeit damals... vor allem wenn man mit dem wissen von heute berichte dazu liest...
Aber wo denen doch auf ihrem Wochenendausflug auf den Boulevard nach Paris "die Säbelspitze gejuckt" hat ... aber vermutlich hatten sie es sich dann doch ein wenig anders vorgestellt gehabt.