so, letzte woche war es soweit. die norton 16h hat die ersten 500 meilen oder 800 km mit mir zurückgelegt. über die erste größere fahrt von 500 km in zwei tagen habe ich ja bereits berichtet. die restlichen 300 km hat sie im berufspendlerverkehr absolvieren müssen. und das hat sie ganz erstaunlich gut gemacht, es gibt keine technischen ausfälle zu berichten. die alte army-maschine funktioniert ganz unspektakulär. morgens kommt sie meist auf den ersten tritt, wenn ich das startprozedere einhalte: benzinhahn auf, zündung am linken lenkerende auf spät(er) stellen und mit dem hebel auf der rechten seite die lufklappe des vergasers zumachen. dann den kickstarter so weit treten, bis er gegen die verdichtung arbeitet, den dekohebel ziehen, kickstarter etwas weiter und dann ein mal volle brause reintreten. gewöhnungsbedürftig vor allem für die anderen verkehrsteilnehmer ist der stoische charakter des britischen langhubers. das wohlfühltempo liegt bei circa 30 meilen, also knapp 50 kmh. ich bevorzuge für den weg zur arbeit daher eine weniger befahrene nebenstrecke. die hektiker und ignoranten auf der bundesstraße will ich mit meinem gemächlichen tempo nicht einbremsen.
zu schrauben gabs natürlich trotzdem etwas. die norton hat wie die meisten englischen motorräder eine trockensumpfschmierung. der ölvorrat ist in einem separaten tank und wird über eine zahnradpumpe in den motor gefördert. wenn das motorrad steht, tendiert das öl aus dem öltank dazu, mehr oder weniger schnell ins kurbelgehäuse zu laufen, was einige negative effekte nach sich zieht, auf die ich hier nicht weiter eingehen will. um diesem phänomen (in der engländerszene spricht man von "wet sumping") einhalt zu gebieten, habe ich einen absperrhahn in die ölleitung gebaut. wenn ich weiss, dass die norton mehrere tage nicht bewegt wird, wird der hahn geschlossen. überhaupt ist die ölerei auf die dauer etwas nervig. kopf- und fussdichtung sind dicht, aber über die entlüftung und die ölleitungen gelangt doch einiges an motoröl ins freie. auch das getriebe ist an der kickerwelle nicht ganz dicht und so markiert die 16h ganz ordentlich. dieses thema werde ich im winter noch mal angehen. anfangs hatte ich mich über die bockelharte trapezgabel gewundert. nach genauerer betrachtung stellte sich heraus, dass einer meiner vorgänger mit dem prinzip der gabel nicht hinreichend vertraut war und die gabel derart fest zusammengeschraubt hat, dass sie überhaupt nicht mehr federte. mit hilfe des benutzerhandbuchs habe ich die achsen und muttern in der richtigen reihenfolge angezogen und nun erfreue ich mich an einer durchaus komfortablen vorderradfederung. die verschraubung des kickstarter ist bisher nur provisorisch gelöst mit einer umgearbeiteten 10er schraube. irgendein edelschrauber hat den kicker mal mit der welle verschweisst, das hat aber wohl nicht gehalten und so wurde eine 10er inbusschraube irgendwie reingedoktert. auch hier ist noch handlungsbedarf für den winter. zur zeit baue ich das rücklicht um. die recht rustikale flacheisenkonstruktion, die montiert war, hat mich nicht überzeugt. reproteile der zivilversion sollen demnächst am heck für eine passende vorkriegsoptik sorgen. die versorgung mit ersatzteilen und schrauben empfinde ich als durchwachsen. aber wahrscheinlich bin ich verwöhnt von meinen guzzis und der harley. die engländerszene in deutschland ist recht skurril und die britischen schraubennormen wollen erst mal verstanden werden. insgesamt bin ich mit dem kauf sehr zufrieden. die 16h hat sich als alltagstaugliches gefährt erwiesen und das fahren mit der iron lady ist ein ganz besonderes erlebnis.
Martin, ich wette nur wenn ich weiß daß ich gewinne, also schlag ein. Ich lerne den kompletten Schiller auswendig und vertone Goethe bevor Du britische Schraubennormen verstehst. Das ist nix mit Technik, da muß man esoterisch für sein.
P.S. "cycle thread" sind Fahrradschrauben. Die gehen rein, aber nie wieder raus.
.................................................. Pit (Gewinner im genetischen Roulette - meine Eltern wollten eigentlich eine Waschmaschine)
Die Ölpumpe hat mit dem Verbleib des Öls im Tank nichts zu tun. Die Britinnen haben zwei Pumpen (in der Regel in einem Gehäuse), eine fördert das Öl zu den Schmierstellen und die andere zurück in den Tank. Die Förderleistung der Rückförderpumpe ist höher, damit sich kein Öl im Kurbelgehäuse sammelt. In der Leitung von dieser Pumpe hoch zum Tank ist ein Rücklaufventil, meist eine federbelastete Kugel. Dieses Ventil schließt schon neu nicht hundertprozentig, im Alter dann kaum noch. So sickert Öl vom Tank ins Kurbelgehäuse und flutet dieses mit der Zeit. Da es in den alten Motoren noch keine Simmerringe gibt, kommt das Öl auch irgendwann auf der Straße an. Schmeißt man nun den Motor an, fördert die Pumpe zwar nach Kräften das Öl zurück in den Tank, das braucht aber ein Weilchen. Inzwischen panscht die Kurbelwelle fleißig im Öl und fördert es auch am Kolben vorbei in den Brennraum. Das Mopped steht dann schnell mal im blauen Nebel. Ein Absperrhahn ist zwar eine Lösung, aber eine saugefährliche. Deswegen gab es den ab Werk auch nicht. Vergisst man, ihn zu öffnen, kann man sich ausmalen, wie der Motor nach kurzer Zeit innen aussieht. Ohne Öl schmiert es sich nun mal schlecht. Es ist also wie mit der sprichwörtlichen Wahl zwischen Pest und Cholera. Das einzige, was hilft, ist ein alter, zeitgenössischer Umgang mit so einem Krad: Jeden Tag damit zur Arbeit fahren. Dann hat das Öl nicht genug Zeit sich zu sammeln. Zumindest, wenn das Kugelventil noch in Ordnung ist.
naiverweise habe ich das thema ölhahn im engländerforum gepostet. in nullkommanix ist das ein monsterthread geworden mit mehrheitlich vehementen ablehnern des ölhahns und wenigen befürwortern, die sich aber nur zögerlich aus der deckung gewagt haben. soviel wie ich verstanden habe, gibts da verschiendene ansätze aber keine optimale lösung. einige motorräder haben wohl so eine kugelventil-federlösung serienmässig (die norton 16h noch nicht), es gibt aber auch anbieter (auch aus deutschland), die eine solche lösung für motorräder anbieten, bei denen sowas serienmässig nicht vorgesehen war. allerdings hat auch diese lösung entschiedene gegner, die einwenden, dass auch dieses system fehleranfällig sei. naja, und dann gibts da die (eher stillen) anhänger des absperrhahns. vor- und nachteile liegen auf der hand. man sollte nicht vergessen, den ölhahn zu öffnen, bevor man den motor startet. sonst gibts alsbald größere technische probleme. aber die alternative, vor längeren standpausen (eine woche oder länger) das öl aus dem tank abzulassen (das ist ernsthaft vorgeschlagen worden), halte ich für völlig unpraktikabel. ergo bin ich zum verfechter des ölhahns geworden. wobei meine lösung natürlich die genialste von allen ist: bei geschlossenem ölhahn ist ein einlegen des ersten ganges unmöglich! und da ich normalerweise nicht den motor 10 minuten im stand warmlaufen lasse, bin ich so vor dem motortod durch ölmangel recht gut gefeit. einschränkend muss ich jedoch schreiben, dass diese geniale lösung ein zufallsergebnis war. erst, als ich den hahn schon montiert hatte, fiel mir auf, dass selbiger in geschlossenen zustand den ersten gang sperrt, da die aussenliegende hebelei vom schalthebel zum schaltautomat blockiert wird. wie dem auch sei, die 16h verlangt ohnehin eine gewisse geistige vorbereitung vor fahrtantritt (manuelle zündverstellung, schaltung rechts und 1. gang oben, originelle benzihnhahnbetigung über schieber), da halte ich es für praktikabel und kognitiv zu bewältigen, in die kurze konzentrationsphase auch die gedanken an den ölhahn zu integrieren.
Zitat von martin58 im Beitrag #8naiverweise habe ich das thema ölhahn im engländerforum gepostet. in nullkommanix ist das ein monsterthread geworden mit mehrheitlich vehementen ablehnern des ölhahns und wenigen befürwortern, die sich aber nur zögerlich aus der deckung gewagt haben. .......
Moin,
mal was aus dem Flugmotorenbau. Diese Hähne sind bei den großen Sternmotoren absolut üblich. Immerhin geht es um ca. 160 Liter Öl, die sich in den Kurbelraum ergießen können und von denen dann ein großer Teil genau auf dem untersten Kolben steht.
Ansonsten fände ich die Pele-Lösung nicht schlecht: er hat einen Kontakt am Benzinhahn, wenn dieser auf Reserve steht.
Zitat In der Leitung von dieser Pumpe hoch zum Tank ist ein Rücklaufventil, meist eine federbelastete Kugel. Dieses Ventil schließt schon neu nicht hundertprozentig, im Alter dann kaum noch. So sickert Öl vom Tank ins Kurbelgehäuse und flutet dieses mit der Zeit.
Mal ne Frage, wieso schmeißt die Rückförderpumpe das Öl nicht einfach oben rein ? Dann kann doch maximal nur die Leitung leer laufen. Oder hat man solch lange Leitungen gescheut.
Bei unserem Ultraleichtflugzeug im Verein war das so, das hatte auch eine Trockensumpfschmierung.
Zitat von martin58 im Beitrag #8...dass diese geniale lösung ein zufallsergebnis war. erst, als ich den hahn schon montiert hatte, fiel mir auf, dass selbiger in geschlossenen zustand den ersten gang sperrt, da die aussenliegende hebelei vom schalthebel zum schaltautomat blockiert wird.
Oh Martin, da ist aber eine Votivkerze fällig für den heiligen Viteclavius, seines Zeichens Schutzheiliger aller Schrauber - normalerweise wirken solche Zufälle kontraproduktiv.
Dieter (man kann ja nicht immer nur Pech haben)
Alkoholfreies Bier... schmeckt richtig, ist aber falsch.
wännä, auch diese lösung ist von einigen an anderen englischen klassikern schon umgesetzt worden - und ebenfalls kritisiert worden als einbau einer weiteren potenziellen fehlerquelle. da meine norton keinen zündschlüssel hat und auch keinen killschalter oder sonstige möglichkeit der elektrischen zündunterbrechung (magnetzündung), war das auch keine option.