Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
W650.deW650 ForumW-Tour/Treff-Kalender
Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 26 Antworten
und wurde 2.692 mal aufgerufen
 Reiseberichte / Motorradgeschichten
Seiten 1 | 2
decet Offline




Beiträge: 7.600

04.06.2014 23:13
#16 RE: Zehn Schaltjahre und die Kunst, ein Motorrad zu warten Antworten

Zen.

„Ich würde gerne irgend etwas anbieten, um Dir zu helfen, aber im Zen haben wir überhaupt nichts.“
spricht der Zen-Meister Ikkyū Sōjun zu einem Rat suchenden. "Nichts" bedeutet hier zwar "keine heiligen Schriften", kann aber generell als Aufgabe des Selbst verstanden werden, und vielleicht auch als Aufgabe des nicht zum physischen Überleben notwendigen Besitzes.

Jedenfalls hat mich gestern die beste Ehefrau von allen wieder mal in den Keller gelotst, um dort in den nicht zum physischen Überleben notwendigen Besitz eine Bresche zu hauen. Kabel mit brüchiger Isolation, Stecker mit nicht mehr existierenden Gegenstücken, rostige Schrauben, Blechbiegeteile aus seit Ewigkeiten brach liegenden Projekten, längst dem Vergessen zum Opfer gefallene Schlüssel ohne Schloß, ja, und dann begaben wir uns auf geheiligten Boden - diverse Reliquien aus meiner Jahrzehnte zurückliegenden Karriere als Leibeigener der Wissenschaft, meiner vielseitigen Tätigkeit als Doktorand. Mangels Budget für die mir gestellte Aufgabe mußte manche nützliche Gerätschaft aus Schrott und Altmaterial improvisiert werden, und ich lernte dabei auch das Wundermaterial Macor kennen, eine Glaskeramik, die sich wie Metall spangebend bearbeiten läßt. Ein paar Splitter und Abschnitte waren noch da, und ich hatte sie seit über 30 Jahren nicht mehr angefaßt. "Weg damit!" rief ich heldenhaft, und die Bröckchen klöterten in den Abfallkübel.

Übrigens war ich mit Methusalix, der gelben BMW, heute beim TÜV, die braune Plakette kaufen. Sonst war ja alles (wieder) in Ordnung, nur der Leerlauf ließ sich ums Verrecken nicht sauber einstellen. Macht einen schlechten Eindruck, hatte ich gedacht, und am Vorabend noch einmal ein wenig geforscht. Am rechten Vergaser ging alles wie im Lehrbuch, aber links war's digital, entweder zu schnell, oder blubbblubbblubb - aus. Der Markus hatte zwar was von Kerzenstecker gemurmelt, die konnten's ja nicht sein, taten sie doch seit 20 Jahren zuverlässig ihren Dienst. Aber nachdem ich die Leerlaufdüse rausgeschraubt und makellos gefunden hatte, blieb eigentlich nix mehr übrig, und tatsächlich zeigten sich bei genauem Hinsehen verdächtige schwarze Spuren auf dem Isolator des linken Steckers. Na schön, Aceton, Klopapier, rubbeln, sieht doch gleich besser aus, und oh Wunder - mit dem solcherart gereinigten Stecker hatte der Motor auf einmal einen halbwegs passablen Leerlauf. Heureka.

Heute früh fuhr ich dann um 7 Uhr los, warmfahren, und nach 20 Minuten dann sauber einstellen. Geht doch. Pünktlich fuhr ich um 7:45 auf den Hof der Prüfstelle, um Punkt 8 hatte ich meine Plakette und konnte stolz in den Job fahren.

Zum Feierabend war der schöne Leerlauf aber wieder fahrig und unregelmäßig geworden, und ich mußte beim Heimfahren an jeder Ampel wieder mit dem Gas spielen. Verflixt und zugenäht!

Jetzt wollte ich's aber wissen, und daheim schraubte ich die linke Kerze raus. Oha. der Isolator sah aus wie mit schwarzem Samt überzogen. Na klar, durch den schlechten Stecker lief der linke Zylinder immer wieder mal nicht mit, und da kann's wohl auch zur Rußbildung kommen. Neue Kerze? Nicht zu dieser späten Stunde, die Tanke hat Bier, Zigaretten und Schokoriegel, aber keine Champion N7-Y. Also muß ich den Isolator irgendwie sauber kriegen. Drahtbürste? Schlechte Idee, da geht die Kohle zwar weg, aber dafür eine Messingschicht dran, das ist noch schlechter. Was hab ich denn im Haus, das härter ist als die Kohleschicht, aber weicher als der Isolator, und außerdem so schlank, daß es in den Spalt zwischen dem Gewindeteil und das Porzellan paßt?

Richtig. Das gestern weggeworfene Macor-Splitterchen. Nu aber. In den Keller, wo isser denn, ach da steht er ja noch, der Mülleimer, irgendwo da drin muß das Ding doch sein - Heißa, da isses ja!

Macor.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Und dann klappt's auch mit der Zündkerze. 10 Minuten später der große Test: in der finsteren Garage produziert die Kerze beim Anlasser-Orgeln ein wahres Feuerwerk, die ist wieder gesund, isch schwör, Alder.

Und morgen wird ein piekfeiner Tucke-tucke-tucke-Leerlauf hingezirkelt.

Alkoholfreies Bier... schmeckt richtig, ist aber falsch.

Mattes-do Offline




Beiträge: 6.845

04.06.2014 23:26
#17 RE: Zehn Schaltjahre und die Kunst, ein Motorrad zu warten Antworten

Na da wünsche ich doch viel Erfolg.

Aber lass die alte Diva nicht wieder XX Jahre stehen, das mögen sie gar nicht.

Gruß,
Mattes

Falcone Offline




Beiträge: 112.465

05.06.2014 07:21
#18 RE: Zehn Schaltjahre und die Kunst, ein Motorrad zu warten Antworten

Das habe ich doch jetzt sehr gerne gelesen. Bestätigt es doch meine Theorie, dass man nichts wegwerfen darf, es kommt immer (immer!) der Tag, wo man es gebrauchen kann.
Dass du allerdings keine Zündkerzen vorrätig hattest, stürzt mich in tiefe Verwirrung.

Grüße
Falcone

decet Offline




Beiträge: 7.600

05.06.2014 08:03
#19 RE: Zehn Schaltjahre und die Kunst, ein Motorrad zu warten Antworten

Zitat von Falcone im Beitrag #18
Dass du allerdings keine Zündkerzen vorrätig hattest, stürzt mich in tiefe Verwirrung.
Hatte ich doch - nur leider mußte ich feststellen, daß ich welche mit viel zu niedrigem Wärmewert vorrätig hatte

Dieter (die hätte ich auch schon lange wegschmeißen sollen )

Alkoholfreies Bier... schmeckt richtig, ist aber falsch.

decet Offline




Beiträge: 7.600

27.08.2023 11:31
#20 Noch mal Ze(h)n Antworten

Im Sauseschritt läuft die Zeit, und es zeigen sich immer wieder neue Herausforderungen bei der Pflege des alten Herrn Methusalix.

Das verdammte Öltröpfchen am linken Zylinderkopf. Vierzig Jahre lang sickerte am linken Zylinderkopfe der unvermeidlich öl'ge Tropfe heraus und markierte den Stellplatz mit häßlichen Flecken auf dem Beton.

Und wen immer ich auch deswegen um Rat fragte, der wußte was. Verballerte Ventildeckel, kaputte Dichtung dazu, Abdichtung der Kipphebellagerböcke, keine oder zu wenig Dichtungsmasse (bzw. Heißlagerfett) auf der Deckeldichtung, verzogener Zylinderkopf, Flatterventil der Kurbelgehäuseentlüftung, und immer war’s das dann nicht. Eine unendliche Geschichte. Irgendwann in den letzten Jahren wurde das Ölpfützchen größer, und ich fragte mal einen BMW-Werkstattschrauber. Der meinte nun, daß die in den Alu-Zylinderkopf eingepressten Stahl-Stößelrohre bei den ersten Gummikühen wegen schlechter Materialwahl gerne mal undicht würden, aber da könnte man Übermaß-Teile fertigen und einsetzen. Kostenpunkt ummara 1000 € mit aller Arbeit - da kann ich viel Öl für kaufen.

Aber dann juckte mich der Ehrgeiz, das muß ein alter Bastler doch gebastelt kriegen. Das Stößelrohr war ja wohl nicht geschrumpft - eher hatte die Bohrung im Aluminium des Zylinderkopfs nachgegeben. Und da war rund um das Stößelrohr ein kleiner Absatz, und nach einer aggressiven Inaugenscheinnahme beschloß ich, nach guter alter Schmiedesitte die Dichtheit der Pressverbindung durch Kaltverformung des Aluminiums rund um das Stahlröhrchen wieder herzustellen: Hammer und 3 mm Splinttreiber, immer rundherum, ein Schlägelchen nach dem anderen, und siehe da! das hat (bis jetzt) geholfen, der trockene Garagenboden unterm Methusalix ist jedesmal eine freudige Überraschung, wenn ich ihn heraushole.

Oh ja, bei der Lecksuche hatte ich noch einen kleckernden Bösewicht gefunden: am Kupplungshebel tropfte es hin und wieder ein bißchen, woher das kommt, weiß ich, aber das hermetisch dicht zu kriegen, wäre ein Mordsaufwand. Da habe ich lieber ein Filzklötzchen um den Hebel angebracht, das saugt den Ertrag mehrerer Jahre auf, und gut ist.

Beim längst überfälligen Ölwechsel aller zahnradhaltiger Hohlräume stach mir das Blechkäppchen über dem Entlüftungsloch des Hinterradgetriebes ins Auge, und ich schraubte es aus Neugier mal ab. Oh oh, da war jede Menge Schmodder drunter, und die Beschichtung (Zink? Zinn? Cadmium?) hatte weitgehend dem Rost Platz gemacht. Ein passendes Neuteil war nicht aufzufinden, weil die Entlüftung nach der ersten Serie recht bald geändert worden war, und soo wichtig war's dann auch wieder nicht. Aber es sah halt greislich aus. Und dann hatte ich noch ein paar Schnipsel Alublech, ein beinahe passendes Stück Rundstahl, und ein bißchen übrige Zeit, und Alu tiefziehen wollte ich schon immer mal… Es war wieder ein Kanonenschuß auf den Sperling, aber das Ergebnis stellte mich vollends zufrieden.
Entlueftung_web.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Sieht aus wie original (nur 2 mm kleiner im Durchmesser, aber wer sieht das schon). Nebenbei hab ich ganz in der Nähe die untere Federbeinaufnahme saniert, deren Silentblock sich immer wieder davonschleichen wollte.
Federbeinaufnahme_web.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Nachdem alle anderen Öle gewechselt waren, blieb die Gabel übrig. Diese war seit Jahren, ja eigentlich seit Jahrzehnten fällig, und der Ölwechsel löste auch wieder mal so ein Projekt aus: Da kam (viel zu wenig) bronzeglänzende Suppe heraus, deren schöner Glitzereffekt das Schlimmste vermuten ließ, aber es waren nur die Anschlagpuffer, die sich wieder mal aufgelöst hatten…

Mit der neuen und korrekten Ölfüllung erschloß sich ein ganz und gar ungewohntes Fahrgefühl. Allerdings fand ich bald heraus, warum so wenig Öl in der Gabel gewesen war. Die Faltenbälge füllten sich nämlich recht bald mit dem neu eingefüllten Öl. Also gut, Die Simmerringe hatten ihr Mindesthaltbarkeitsdatum auch schon überschritten, da mußte ich wohl tätig werden.

Rechter Holm: Simmerring mit dem Hammerstiel herausgehebelt, alles gut. Linker Holm: Oh-oh, da klaffte im Sitz des Dichtrings ein häßlicher Krater, durch den am Dichtring vorbei das Öl entwichen war. Wie was warum? Egal, das konnte nicht so bleiben, der verlangte nach JB Weld. Das Zeug ist wirklich gut, mit etwas Grips und Fingerspitzengefühl konnte die Schmarre sauber ausgeflickt werden. Beim Einbau der neuen Dichtringe half der Umstand, daß der Gabelholm unten eine Ölablaßöffnung hat, durch welche sich eine Gewindestange fädeln läßt, vermöge welcher sich der Ring schonend an seinen Platz ziehen läßt. Selbstredend kriegte die gute alte Gabel bei der Aktion (wieder mal) neue Gummipuffer gespendet.

Die Speichen waren nach 45 Jahren nicht nur unansehnlich geworden, sondern zeigten tiefe Rostnarben, die Verchromung war nur noch zu ahnen. Die Entscheidung zum neu Einspeichen fiel nicht schwer, und der Radspanner Sedlbauer hatte schöne Dickend-Edelstahlspeichen im Angebot. Ja, dat hat Geld gekost, aber die Räder sehen jetzt wieder wunderschön aus, zumal der Meister die ausgespeichten Naben gleich noch kugelstrahlte. Und das schlechte Gewissen mault jetzt auch nicht mehr.

Als Methusalix noch kein Youngtimer war, bot mir ein Kumpel einen metallic silbergrauen R75/5 Tank an, der ein bißchen angedeppert war, und für 25 DM ein absolutes Schnäppchen. Der lag dann einige Jahre im Schuppen, und als ich dachte, der gelbe Tank hätte ein Leck entwickelt (war aber nur die Dichtung am Benzinhahn), tauschten die beiden ihre Plätze, und ich fuhr viele Jahre lang mit dem Silbernen. Der diente in Wind und Wetter, hatte Flecken vom Rostumwandler, und sah mit der Zeit schon arg verranzt aus. Wir werden alle nicht schöner. Und als ich den Entschluß gefaßt hatte, der Verranzung ein wenig Einhalt zu gebieten, sollte der originale Tank wieder zu Ehren kommen, und ich brachte ihn nach gründlicher Inspektion seines Innenlebens zum Lackierer meines Vertrauens. Zusammen mit den Kotflügeln. Ein schönes, leuchtendes Gelb sollte es werden, und wir suchten gemeinsam das "Verkehrsgelb RAL 1023" aus. Das sieht so gut aus, daß mich immer wieder Leute ansprechen ob des schönen Zustandes, und sie hätten gar nicht gewußt, daß man die Zweiventiler auch in gelb bekam.
Die Schwingenmaschinen hatte der ADAC zwar gelb lackiert für die Gelben Engel-Gespanne kaufen können, aber die Gleitlagermodelle waren ja nicht mehr gespanntauglich, und so lackierte BMW auch keine Motorräder mehr gelb.

Beim Umbau auf den Silbertank hatte ich es etwas zu gut gemeint mit dem Anknallen der Schräubchen an den emaillierten Emblemen, und das schwarze Emaille war rund um die Schrauben ein bißchen abgeplatzt. Na ja, zu dem verranzten Gesamteindruck hatte das ja gepasst, aber mit dem schönen neuem Lack - das geht ja gar nicht. Obendrein war die schöne Vernickelung auf den Stegen zwischen den emaillierten Flächen dunkelbraun geworden.
Neuteil? 57 € das Stück? Nee. Das ist ein klarer Fall für den Juwelier in mir. Die Metallstege zwischen den emaillierten Flächen bekam ich mit Uhrmacherlupe und Glasradierstift blank, und das fehlende schwarze Emaille baute ich mit einem schwarzem Autolackstift und mühseliger Skalpellschaberei wieder auf - sieht man nix mehr.

Viele Jahre lang war das Kuchenblech - äh Nummerntaferl mit zwei übereinander angeordneten Schrauben befestigt. Zur Feier des neuen gelben Kleides schenkte ich dem Blechschild einen schicken, schlanken, selbstgedengelten Schildträger aus Edelstahl, an dem das Blechschild oben am Rand verschraubt wird, und unten klemmt ein Stück Dämpfungsschaum drin, damit es sich nicht mehr zerschüttelt.
Nummernschildhalter_web.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Wie andernorts berichtet, motivierte mich die schon lange eher mittelmäßige Darbietung der vorderen Trommelbremse, die trotz neuer weicher Beläge und sorgfältiger Pflege aller mechanischen Teile eher unauffällig geblieben war, zu einem radikalen Eingriff. Archimedes soll doch mal (auf griechisch) gesagt haben: "Gebt mir einen Angelpunkt, und ich werde der Bremse schon auf die Sprünge helfen!" Ich hatte noch einen übrigen Handhebel, und einige Wochen lang skizzierte ich auf jedem herumliegenden Papierfetzen eine stetig besser werdende Umarbeitung des Handbremshebels, im Wesentlichen eine Versetzung des Drehpunkts. Sogar die notwendige Umkehrung der Betätigung des Bremslichtschalters gelang nach einiger Gehirnquälerei.
Bremshebel_neu.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Jetzt ist die Bremse eine Zweifinger-Angelegenheit. Höhere Kräfte in der Hebelei gibt es aber nicht, wie Falcone zu Bedenken gab, sondern die nötige Handkraft ist geringer.

Der Rest der rechten Lenkerarmatur hatte auch schon bessere Tage gesehen. Der Zinkguß-Kegelradantrieb im Gasgriff kam schon recht kariös daher, und beim Loslassen ging er nicht von selber zurück. Nicht gut. Zum Glück fand ich die Ersatzteilsituation etwas verbessert vor, als ich mich auf die Suche nach neuen Zahnrädern machte. Bis zum Eintreffen der Teile hatte ich auch schon eine Idee, wie zukünftigem Verschleiß entgegenzuwirken wäre, und verringerte das Axialspiel mit einem strategisch platzierten Shim am Gasgriffgehäuse. Mal sehen, wie gut das funktioniert. Neue Gaszüge lagen auch schon seit 25 Jahren herum und wurden endlich eingebaut. Die ganze Aktion erforderte ungefähr ein Dutzend mal Ein- und Aushängen der Gaszüge an den Vergaserschiebern, bis alles paßte, und nach einem halben Dutzend merkte ich, daß die Schiebernadel rechts eine Kerbe weiter unten saß als links. Wie lange das schon so gewesen war, weiß nur der liebe Himmel, und der verrät's nicht. Jetzt stimmt's jedenfalls. Allerdings hatte ich nach den vielen Malen, die ich die Gaszüge an den Vergasern aus- und wieder einhängte, bei der letzten Montage die Schieberrückholfeder verwurschtelt eingebaut - wie das passiert war, ist mir ein Rätsel. Egal, durch diesen Murks hatte das Gasseil im rechten Vergaser eine Welle, die sich beim Gasgeben glatt zog, und die Schieber waren einfach nicht synchron zu kriegen. Ich hatte mich bereits dazu entschlossen, dem "kürzeren" Zug die Hülle um 4 mm zu kürzen, und holte dafür den Schieber heraus, und da sah ich die Bescherung. Na das war ja leicht, und hatte einen sehr positiven Einfluß auf den Motorlauf. Die Spiegel zittern jetzt gar nicht mehr.

À propos Rückspiegel. Die originalen (bzw. der originale) Spiegel waren schon längst auf dem Schrott gelandet, und der Schorsch hatte mir irgendwann ein paar no-name Spiegel geschenkt. Die hatten M8 Gewinde, in den Magura-Lenkerarmaturen sind aber M10. Kein Thema, durchgesteckt und von unten eine Stopmutter drauf, passt. Rechts ist aber nur ganz wenig Platz für eine Sechskantmutter, geschweige denn für einen Ring- oder Steckschlüssel, und mit dem Gabelschlüssel kommt man nicht so gut zum Anknallen hin, das wurde immer wieder locker, zum Schluß drehte sich der Spiegel bei einer derben Bremsung immer nach vorn. Also gut. So viel Material von der Armatur ausfräsen, daß ein Ring- oder Steckschlüssel passt, wollte ich nicht, und so bastelte ich aus einer M12-Innensechskantschraube eine Innensechskantmutter. Passt, hält, und sieht noch dazu gut aus.
Spiegelmutter_web.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Der originale Kunststoff-Einstellgriff des Lenkungsdämpfers ist mit fast 10 cm Durchmesser recht bombastisch und beim Abbau des Tanks ein bißchen im Weg. Als er noch neu war, konnte man bei diesen Gelegenheiten ordentlich hinrumpeln, und nix is passiert. Mit 50 Jahren Sonne und Wetter auf dem Buckel ist das Material aber versprödet, und der letzte Tankabbau-Rumpler knackte den Griff in zwei ungleiche Hälften. Na ja, wie erwähnt, ist die Ersatzteilsituation nicht desolat, was kost' der denn — Huch, 65 €, also nee, da mach ich mir selber einen. Gewindestange, Gewindehülse, Sterngriff, Schrumpfschlauch, kost 10 €, und ein bißchen Werkbankstehen.
Lenkungsdaempfer_web.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Sieht gut aus, ist sogar 20 g leichter als das Originalteil. Nicht, daß ich jetzt Gewichtstuning im Sinn hätte, aber es schadt' ja nix.

Der vor-vorletzte TÜV- bzw. KÜS-Prüfer beanstandete das Spiel im Lenkkopflager, und ich knallte die Einstellmutter ein bißchen fester an, wird schon gehen. Für einmal ging es, aber bei der übernächsten Hauptuntersuchung stand dann der Lenkkopf auf "Autopilot", und neue Lager waren fällig. So'n Mist, die hatte ich doch erst vor 100000 km gewechselt? Aber da hilft nix, da komm ich nicht raus. Einschlägige Reparaturschilderungen im Internet protzten mit teurem Spezialwerkzeug, und ich hatte vom letzten Mal doch auch noch so ein schlau angefertigtes Teil, guten Mutes machte ich mich ans Werk, um recht bald an den Außenringen der Kegelrollenlager zu scheitern. Der empfohlene Innenauszieher war mir definitiv zu teuer, und mit dem Dremel zerschleifen wollte ich die Ringe nicht, denn vor meinem inneren Auge sah ich mich munter in den Lagersitz hineinschleifen - das wollen wir doch nicht.
Aber da sind doch Ausnehmungen an den Lagersitzen, wo man mit einem schlanken Dorn hinkommt und die Dinger herausklopfen könnte? Grundsätzlich richtig, ein schlanker Dorn ließ sich finden, aber das Herausklopfen ist so ein Job für einen Elefanten, weil man dazu eine dritte Hand oder wenigstens einen Rüssel bräuchte. Da fiel mir ein, daß das Prinzip des Zughammers sich auch umkehren läßt, und mit einem schönen durchbohrten Gewicht aus der Schrottkiste wurde aus dem Dorn ein geführter Druckhammer. Vor diesem kapitulierten die Außenringe, und der Rest ist Kinderkram.

Die letzte Baustelle war die Unterbrecherzündung. Durch einen viele Jahre zurückliegenden Schadensfall war der Nockenwellenstumpf, auf dem der Unterbrechernocken sitzt, etwas verbogen, und die Zündzeitpunkte für die beiden Zylinder lagen fast zehn Grad auseinander. Ich hatte das damals halbwegs wieder hingekriegt, aber das geht noch besser. Die Messuhr - wups, wie sieht die denn aus, na ja, ist russisch und nicht rostfrei, geht aber trotzdem noch. Die Halterung der Messuhr jedenfalls, die ich damals benutzt hatte, gibt’s nicht mehr, also mußte ich eine neue schnitzen. Und die M6 Stoppmutter, die den Unterbechernocken bzw. dessen Fliehkraftversteller festhält, muß auch neu - ist aber um 1 mm abgedreht, weil damals das Gewinde auf dem Wellenstumpf gelitten hatte. Muß also auch noch. Ohne Drehbank. Mal sehen, ob sich bei der ersten Probefahrt zeigt, ob’s der Mühe wert war. Sonst schmeiß' ich den Unterbrecher raus und baue die kontaktlose Zündanlage ein, die ich mir zum Geburtstag geschenkt habe.

Ja, das waren so die kleinen und großen Sorgen, die in den vergangenen Ze(h)n Jahren anfielen - hätt' auch schlimmer sein können.

Dieter (Rentner brauchen schließlich eine Beschäftigung)

Alkoholfreies Bier... schmeckt richtig, ist aber falsch.

reinholdK Offline




Beiträge: 884

28.08.2023 15:04
#21 RE: Noch mal Ze(h)n Antworten

Bravo, alter Bastler!

Aber jetzt wollen wir natürlich noch ein schönes Foto von dem gelben Methusalem sehen!

Gruss Reinhold

decet Offline




Beiträge: 7.600

28.08.2023 16:09
#22 RE: Noch mal Ze(h)n Antworten

Also gut, weil Du's bist:

Guckstu hier

Dieter

Alkoholfreies Bier... schmeckt richtig, ist aber falsch.

reinholdK Offline




Beiträge: 884

29.08.2023 09:34
#23 RE: Noch mal Ze(h)n Antworten



Sieht echt gut aus! Bring die doch mal zum nächsten Treffen mit!

Gruss Reinhold

woolf Offline




Beiträge: 11.800

29.08.2023 12:50
#24 RE: Noch mal Ze(h)n Antworten

Mh, vielleicht doch mal ne /5?

Grüße,
W-olfgang

Gelernter Misanthrop.

Mattes-do Offline




Beiträge: 6.845

29.08.2023 13:58
#25 RE: Noch mal Ze(h)n Antworten

Gruß,
Mattes

decet Offline




Beiträge: 7.600

29.08.2023 16:44
#26 RE: Noch mal Ze(h)n Antworten

Übrigens habe ich schon wieder gelogen:
Die ADAC-Straßenwacht-Gespanne hatten nur einen gelben Seitenwagen und eine Windchutzscheibe
mit einem gelben Windabweiser drunter. Das Motorrad selber war schön brav serienschwarz.

Alkoholfreies Bier... schmeckt richtig, ist aber falsch.

Falcone Offline




Beiträge: 112.465

29.08.2023 17:14
#27 RE: Noch mal Ze(h)n Antworten

Ich hatte es wohl bemerkt!

Grüße
Falcone

Seiten 1 | 2
 Sprung  
Der-Amazon-LinkW650 ForumAsbest
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz