So, die ersten eintausend Kilometer hat die hübsche Italienerin (für den Underfrangen: die Coca-Cola-Dose) jetzt auf dem Tacho, Zeit für ein "erfahrenes" Statement.
Beim Aufsteigen habe ich immer das Gefühl, ich hätte mein Mountainbike genommen. Sehr kompakte Sitzposition, sportliche Fussrastenposition, leicht nach vorn zum Lenker gebeugt. Sportlich im Sinne von Landstrassen-sportlich, nicht von Renn-sportlich. Gefällt mir sehr gut, gibt ein gutes Gefühl fürs Vorderrad und eine Klasse-Ausgangsposition für Gewichtsverlagerungen in schnell gefahrenen Kurven.
Bremse vorn sehr klarer Druckpunkt, nicht zu giftig ausgelegt, trotzdem geringe Bedienkräfte und sehr gute Dosierbarkeit. Einstellbarer Bremshebel ist (wie der einstellbare Kupplungshebel) serienmässig, die Bremsleitungen sind Stahlflexleitungen, also insgesamt eine sehr überzeugende Bremsanlage. Die Hinterradbremse etwas defensiver ausgelegt, aber trotzdem spürbare Bremswirkung und gute Dosierbarkeit.
Die voll einstellbare Upside-down-Gabel war im Auslieferungszustand ein einziger Krampf. Irre hohes Losbrechmoment, also viel zu viel Reibung, vermutlich die Dichtungen und die noch nicht eingelaufenen Führungen. Ich hab die Abstreifringe heruntergeschoben und die Gabelrohre mit einem Spezialfett (Teflonhaltig) eingeschmiert, das im Stossdämpferbau eben genau dafür genommen wird, zur Schmierung von Dichtringen. (Gleitmo von Fuchs). Dann ordentlich ein- und ausgefedert, immer wieder das Fett auf den Rohren verteilt, zum Schluss den inneren Hohlraum der Abstreifringe mit dem Fett gefüllt und die Ringe wieder in ihre Position gebracht. Danach war die Gabel feinfühlig im Ansprechen, wie es sich gehört. Kleine Ursache, grosse Wirkung. Ist schade, denn jeder, ob Tester oder probefahrender Kunde, würde dieses schlechte Ansprechen bemerkten und in ein "typisch italienische Härte" einordnen. Das hintere Federbein machte auch ohne die Behandlung einen ordentlichen Eindruck; es ist nur in der Dämpferzugstufe einstellbar. Die Einstellung von Gabel in Zug und Druck und vom Federbein in Zug habe ich nach den Angaben der Bedienungsanleitung vorgenommen, und dann alle Steller etwas mehr geöffnet, quasi ein "es ist kalt draussen und ich fahre auf schlechten Strassen"-Abschlag in der Dämpfung. Per Federvorspannung vorn und hinten mit mir draufsitzend 1/3 Gesamtfederweg als Negativfederweg eingestellt. (vorn 130mm, hinten 150mm Federweg)
Zum Anlassen des Motors nur einmal kurz den Anlasserknopf drücken, ist ein Servo-Startmechanismus. Soll bedeuten, dass der Anlasser so lange läuft, bis der Motor anspringt (natürlich mit einer zeitlichen Begrenzung und Temperaturüberwachung). Nach wenigen Umdrehungen springt die "Diva" aber zuverlässig an, und dies hat sie auch an mehreren Tagen bei knapp über Null Grad gemacht (ein befreundeter 916er-Fahrer meinte, die würde unter 15°C eh nicht anspringen, stimmt aber gar nicht!). Eine Öltemperaturanzeige ist serienmässig verbaut, unterhalb von 50°C Öltemperatur blinkt im Cockpit eine "low"-Anzeige, darüber wird die Temperatur angezeigt.
Alles eingestellt, Motor angelassen, nun kann es ja losgehen. Die (schwergängige) Kupplung gezogen, erster Gang rastet gut ein, und ab geht´s. Sehr hohes Anfahrdrehmoment, sofern man den Motor nicht (was bei der W geht) mit 1000rpm einkuppeln will. Praxisgerechte Abstufung der Übersetzung, passt ideal zum Landstrassenbetrieb. Getriebe schaltet sich trocken und klar, Leerlauffindung einwandfrei. Sehr wenig Spiel im Antriebsstrang, somit geringe Lastwechselreaktionen, was eine saubere Kurven-Linie unterstützt.
So, bis hierher alles recht nüchtern geschrieben. Nun der emotionale Teil.
Meine Fresse, was schiebt der Motor voran. Das ist unglaublich, ein Katapult, das Arschtritte verteilt. Linearer Bezug zwischen Gasgriffstellung auf der einen und Ansauggeräusch und spürbarem Drehmoment auf der anderen Seite. Blitzartiges Hochdrehen des Motors. Sauber fahrbar ab 3000rpm. Subjektiv wirkt das Gerät deutlich stärker als meine 120PS-Triumph, kein Wunder, wiegt die Duc doch vollgetankt nur 197kg und hat rund 90PS und 90Nm Drehmoment. Das Ding schiebt voran, als wenn es kein morgen gäbe. Das ist die pure Lust, das geilste, was ich je gefahren habe. Aber der Motor hat nicht nur eine richtig fette Mitte, nein, er dreht auch super in höhere Drehzahlbereiche und legt leistungsmässig gut zu. Ich kann es nur so sagen: der ideale Landstrassenantrieb für einen erfahrenen Fahrer. Mit diesem Punch würde ich einem Anfänger das Motorrad allerdings nicht empfehlen, da wäre der 800er Motor wohl deutlich besser geeignet, der ist halt viel zahmer. Aber der 1000er DS-Motor (double-spark) ist der Hammer!
Der Verbrauch liegt bei sehr zügiger Fahrweise mit 5,5ltr/100km auch recht günstig. Weniger wäre sicherlich auch leicht drin, nur für mich nicht .
Fahrverhalten ist auch wirklich sehr gut. Auf Landstrassen dritter Ordnung mehr Komfort an der Gabel als die W, aber halt insgesamt deutlich mehr gehalten, straffer, sie pumpt nicht in Kurven, super-präzise, sehr handlich (Mountainbike halt), aber noch nicht nervös. Die verwendeten Reifen (Michelin Pilot Power) sind auch bei 1°C bis an die Kante zu fahren, enormer Grip von Anfang an, und passen mit ihrer Kontur auch hervorragend zum handlichen Charakter der Monster. Sehr leichtes Umlegen von einer Schräglag in die andere, und natürlich Bodenfreiheit SATT. Hatte die Monster mit Zweiarmschwinge noch Schräglagenprobleme durch Auspuffe und Fussrasten, ist die "R"-Monter da absolut frei von. Die hochgelegte Doppelauspuffanlage lässt ebenso wie die auf deutlich schmalerer Basis stehenden Fussrasten rennmässige Schräglagen zu. Einzig auf der rechten Raste hat man keinen Platz, um den Fuss mit dem Ballen auf die Raste zu stellen, denn man stösst dann gegen den Hitzeschutz am Auspuffrohr. Bleibt er halt mittig auf der Raste, geht auch.
Gerade eben hatte ich erst eine längere Runde mit der Triumph gedreht, konnte dann aber nicht widerstehen und musste die Duc auch nochmal fahren (eigentlich sollte sie bis zur 1000km-Inspektion am kommenden Freitag nicht mehr bewegt werden). Die Triumph ist ohne Frage ein gutes Motorrad, aber was auf emotionaler Basis bei der Duc herüberkommt ist unvergleichlich. Für mich ist sie das ideale Landstrassenmotorrad, und ich hab einen Spass beim Herumbollern, dass ich jedesmal vor Lust schreien könnte.
Ja ja, jetzt muss sie nur noch dauerhaft funktionieren! Hoffentlich hat die letztes Jahr bei Ducati gestartete Qualitätsoffensive dauerhafte Wirkung gezeigt. Bisher ist alles in Ordnung, und auch im Detail macht die Maschine einen guten Eindruck. Am Tank habe ich im Anlagebereich der Beine/Knie -wie bei der Triumph auch- Lackschutzfolie verklebt, hochtransparent und mit glänzender Oberfläche, damit der Lack auch so schön bleibt. Speziell mit Textilkombis und oftmals starkem Kraftschluss am Tank beim Bremsen oder auch beim "Herumturnen" kommt es sonst doch sehr schnell zu massiven Mattierungen, dem wollte ich vorbeugen.
Meine Ex-W ist seit dem 7.März auf Stephan umgemeldet, bei dem sie, so glaube ich, ein gutes Zuhause bekommen hat. Die Heizgriffe und die stufenlose Regelung dafür sind natürlich an der Ducati dran, ebenso hab ich noch eine Schutzblechverlängerung vorn drangebaut (hab ich mächtig verbale Haue im Ducati-Forum dafür bekommen, ich Frevler), denn das kurze Schutzblech in rot sieht ja sehr gut aus, lässt aber dem Strassendreck zu freien Lauf in Richtung Motor, das wollte ich dann doch nicht. Die Soziusfussrasten wurden ja gleich am Tag der Lieferung abgeschraubt. Die Duc ist nur für mich, wenn zu zweit, dann Triumph. Die bietet wenigstens einen Sozius-freundlichen Platz an, bei der Duc ist da eh nur ein Pseudo-Sitz, drum bleibt die Soziussitzabdeckung drauf, und "mit ohne" Rasten gefällt sie mir noch einen Tick besser. Auf dem Foto noch ohne die Schutzblechverlängerung:
So, nun genug mit dem rot-weissen Gelumpe hier in diesem schönen W650-Forum.
Dirk
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Das Leben ist zu kurz, um schlechten Café zu trinken!