Ich sehe das so:

es ist heutzutage wesentlich einfacher, mit der inzwischen vorhandenen Technik ein sehr guter Fahrer zu sein. In diesem Fall wird Äpfel mit Birnen verglichen. Wenn du wirklich wissen willst, wer der bessere Fahrer ist, dann setz die in ein altes Auto, ohne die heute üblichen Helferlein, das beide nicht kennen, und warte ab.

Geschwindigkeit ist echt kein Maßstab mehr für wirklichen Können. Das gefahrene Material ist es. Das war es meistens. Klar, ein echter Könner kann auch viel retten, aber meistens gewinnt schlicht das bessere Material. Und heute sind diese Megazeiten auch nur durch das Material möglich. Natürlich sind die Fahrer Könner. Aber irgendwie ist doch die Kunst ein Fahrzeug am Limit zu bewegen, ziemlich flöten gegangen, wenn das Limit nicht mehr der Fahrer bestimmt, sondern die Elektronik. Und inzwischen mit Leistung angekommen wird, die früher schlicht nicht möglich war. Nennt sich allgemein Fortschritt.

Ich ziehe eher den Hut vor jemanden, der ne gute Runde mit nem alten Eimer hinlegt, wie vor jemanden, der mit hochmodernen Fliewatüts, die vor Kontrollhilfen und Kraft nur so strotzen, ne bessere Zeit hinlegt. Denn der Fahrer mit dem alten Eimer fährt halt mit Können und nicht mit Elektronik.

Und wenn du dann noch, wie bei ner Rallye im Team arbeiten musst, in dem man sich blind vertrauen kann, dann wird aus blödem schnell rumheizen regelrecht Kunst.

Geh, Herta - man könnte meinen, du seist schon mal Porsche 919 gefahren.

Ich auch nicht, bin mir aber sicher, das das nicht so einfach ist wie es aussieht. Vor allem stelle ich mir den Grenzbereich bei den Kurvengeschwindigkeiten extrem schmal vor. Im Gegensatz zum Schotterpflüger Röhrl, der sich nur in der Geborgenheit des fehlerverzeihenden Drifts wohl fühlt.

Ich mein - Timo Bernhard saust mit 330 die Fuchsröhre runter! Ich mach mir da ab 200 in die Hose ...

Gruß
Serpel

Unterschied Sidecars von 1996 und 2017, gilt das auch? Unsere Feststellung war, dass das alte Ding sich viel früher im Grenzbereich befindet und sich dadurch 230 ganz anders anfühlen als die 290 auf dem modernen Gerät. Und der Fahrer in dem alten Ding auch viel mehr aufpassen muss, viel mehr Feeling für das Fahrzeug und die Strecken haben muss und die Grenzen auch früher erreicht sind. Dafür ist das moderne Material viel schneller.

Im Gegensatz zu den meisten hier bin ich im Renngeschehen selber praktisch unterwegs. Und der Unterschied bei den Fahrzeugen ist sofort erfahrbar. Bei den Gespannen, bei den Solos und bei den Autos. Je moderner und vor allem je mehr Helferlein verbaut, desto einfacher ist es, in einem Grenzbereich zu fahren, der scheinbar die Physik außer Kraft setzt.

Könner sind sie immer noch, die Fahrer. Und die Reaktionen bei den geschwindigkeiten sind irre, ja. Aber ich sehe es so, dass einem das moderne Material emorm an Speed und zusätzlichen Hilfen gibt. Und die Fahrer schneller fahren können, weil die Autos und Motorräder so enorm viel selber auffangen. Der Schotterpflüger macht das rein über Feeling und Reaktionen, nicht über 1000 elektronische Hilfsmittel. Deswegen bin ich eher bei dem Schotterpflüger.

Ich hänge normalerweise bei gerne auch mal 200+ km/h 7 cm mit dem Hintern überm Asphalt, frei turnend auf einem halben Quadratmeter Platte mit ein paar Griffen zum festhalten. So schnell mache ich mir nicht mehr in die Hose. Zumindest nicht auf der Strecke.

Es ist schlicht billig, alles aufs (moderne) Material zu schieben.

Die Kurvengeschwindigkeiten, die Bernhard erzielt, sind nicht der Elektronik geschuldet, sondern in erster Linie der Aerodynamik. Diese hängt aber stark von der Umströmung des Unterbodens ab und diese wiederum von Bodenwellen und der momentanen Lage des Fahrzeugs relativ zum Untergrund. Du weißt selbst gut genug, dass die Bodenwellen eins der großen Probleme auf der Nordschleife sind. Der Fahrer weiß nie, ob die Strömung hält oder unvermittelt abreißt. Das ist kein topfebener GP-Kurs.

Das Tempo, das Bernhard hinlegt, lässt nur den Schluss zu, dass erstens die Porsche Techniker ganz hervorragende Arbeit geleistet und eine Aerodynamik hingezaubert haben, die weitgehend unabhängig von Bodenwellen funktioniert und zweitens, dass Bernhard den Grenzbereich ganz genau kennt und weiß, wann die Strömung abreißt und die Kiste in die Böschung fliegt.

Was ich sagen will: Er hat bei dem Tempo kein Polster (wie Röhrl im Ford/Audi/Opel/Lancia/Fiat/Porsche), um mit Gegensteuer auf Kurs zu bleiben, sondern fliegt unmittelbar ab. Er weiß also, wenn er den Bogen nur ein bisschen überspannt, dann war’s das. Deswegen schätze ich seine Leistung höher ein als alles, was ich bisher in dem Bereich gesehen habe.

Gruß
Serpel

Und was mir noch dazu einfällt: Bei dem Tempo wird es zur echten Herausforderung, die optischen Wahrnehmungen überhaupt schnell genug zu verarbeiten. Das kann nur einer, der von Haus aus über ein besonderes Gehirn verfügt und zweitens über extrem viel Erfahrung und Übung, diese Leistung entsprechend umzusetzen.

Gruß
Serpel

Zitat

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Je moderner und vor allem je mehr Helferlein verbaut, desto einfacher ist es, in einem Grenzbereich zu fahren, der scheinbar die Physik außer Kraft setzt.

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Genau !
und wenn es einen dann mal runterhaut vom Bock
weiss man noch nicht mal warum... 😋
als Anfang 2000 die modernen Viertakter im Cross Einzug hielten
hat es die Jungs reihenweise auf die Nase gelegt !
Die Motorcharakteristik war einfach "zu gut" für die meisten Fahrer !

Zitat von Hobby im Beitrag #21

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hat es die Jungs reihenweise auf die Nase gelegt !

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