Mein Ziehsohn ist gehörlos. Natürlich hat er ein Auto und einen Führerschein, ist aber eher unauffällig damit unterwegs, nachdem er sein erstes, eher zu schnelles Jahr mit einem Glatteisunfall beendet hat. Seitdem fährt er über Jahre "angepaßt".
Gestern Nachmittag die Nachricht "Unfall" via "what´s app" auf dem Handy meiner Frau. Wir können über sein Handy Kontakt mit dem Unfallgegener herstellen (er selber hört ja nichts). Es stellt sich heraus, daß es zu einer Kollision mit einem privaten Einsatzwagen der Polizei gekommen ist (was ich ja normalerweise sofort belohnen würde, gäbe es da nicht die unklare Rechtslage):
An einer großen Kreuzung (4 Spuren pro Richtung) in B will Dr. Bengelmann links abbiegen, benutz die gekennzeichnete Spur und fährt bei grüner Ampel langsam in die Kreuzung ein. den querenden Fußgängerverkehr im Auge. Von links kommend der Unfallgegner, es scheppert. Dieser ist bei rot in die Kreuzung eingefahren, hatte aber die Tröte an und ein Magnetblaulicht auf dem Dach. Der Polizeiwagen wurde im Bereich rechte Fahrertür bis Heck beschädigt, Bengelmanns Kiste im rechten Frontbereich (Stoßstange, Kühler usw). Die Beschädigungen an beiden Fahrzeugen sind erheblich.
45 Minuten später war ich vor Ort, Anfahrt per Krad durch nachmittäglichen Berufsverkehr. Der Unfallgegner ist mittlerweile weg, dafür der Verkehrsunfalldienst vor Ort, der den Vorgang bearbeitet.
Spannend die Sachlage: Bengel fährt bei Grün langsam in die Kreuzung. Polizei fährt bei Rot mit Sondersignalen. Diese verschaffen ihm Sonderrechte (Vorfahrt), legen ihm aber auch besondere Sorgfaltspflichten auf, also bei Rot besondere Umsicht und Aufmerksamkeit. Natürlich gibt der Fahrer an, sich in die Kreuzung "hineingetastet" zu haben, was der Sorgfaltspflicht entsprechen würde. So berufen sich beide Unfallgegner auf ihre Vorfahrt.
Das winzige Blaulicht hing übrigens "Letzter Bulle" mäßig halbschräg über der Fahrertür, das akkustische Signal entfällt für Gehörlose sowieso. Wäre der Polizist vorsichtig tastend gefahren, wäre er wohl kaum quer vor den Wagen des Bengels geraten.
Nun wird ermittelt. Es gibt drei Zeugen, die alle vernommen werden sollen ...
Spannend nun die Rechtslage. Kommunale Fahrzeuge sind ja nicht versichert, sondern werden über den kommunalen Schadensausgleich abgesichert. Der verweigert fast jede Zahlung. Es wird also sicher vor Gericht gehen und stark von den Zeugenaussagen abhängig sein.
Realistisch aber wird man hier vergleichen müssen, also wird der Bengel (bzw ich) auf dem Schaden sitzen bleiben und die Versicherungsprämien werden steigen. Ein Strafe für die Gehörlosigkeit, wenn man so will (womit sich ev. mediale Unterstützung mobilisieren ließe ).
Den Schaden an Bengelmanns Karre schätze ich auf 5 -6000, den Schaden des Gegners würde ich mit runden 8000 annehmen. Wir mußten, wegen austretender Servoflüssigkeit verladen.
aus meiner Zeit mit den Einsatzwagen weiß ich noch, daß die Zahlung keine Probleme gemacht hat. Das Einsatzfahrzeug ist quasi mit dem "Ertönen" des Blaulichts an allem Schuld, was passiert. Sogar, wenn jemand dadurch in Streß irgendwas richtig falsch gemacht hat.
Es gibt sogar Urteile, wo ein fahrenden Wagen in ein stehendes Einsatzfahrzeug gefahren ist (Unfallstelle) und das Gericht entschieden hat, daß das Einsatzfahrzeug nicht gut stand, wo es stand - also, dem Hineinfahrenden Entschädigung zugebilligt wurde.
Also Deine Haltung verstehe ich nicht ganz - lasse mich aber belehren.
Ich kann nur sagen, wie es bei der (Freiwilligen) Feuerwehr ist. Da hängst du immer mit Teilschuld drin, auch wenn du noch so sorgfältig unterwegs bist. Nach §35/38 STVO hast du Sonderrecht, wenn du Blaulicht nutzt; WEGERECHT hingegen explizit nur dann, wenn die Tröte läuft. Selbst dann hängst du bei einer Fahrt über die rote Ampel IMMER irgendwie in der Teilschuld mit drin. Interessanterweise kann man bei deinem Sohnemann praktisch niemals Wegerechte in Anspruch nehmen, weil er die Tröte nunmal nicht hören kann. Keine Ahnung, was die STVO in so einem Fall sagt.
Dito! Frau eines Kollegen hat von einer Bullettenstreife die Karre onduliert gekriegt - Null Problemo bei der Schadensregulierung! Die haben dabei sogar eine gewisse geschäftsmäßige Routine an den Tag gelegt. Scheint öfter vorzukommen...
Also locker bleiben, viel wichtiger ist, dass Dr. Bengelmann wohlauf geblieben ist! Ernsthaft!
ein gewisses Verständnis sollte man den Leuten gegenüber vielleicht mitbringen, daß sie nicht an der Unfallstelle schon gleich sagen, sie seien Nieten. Immerhin ist das ja der Beruf und nicht nur die Autofahrerei.
Aber Fehler werden überall gemacht und gerade Behörden haben nicht primär das Interesse, daß die Bevölkerung glaubt, sogleich den schwarzen Peter zu haben, wenns mal scheppert.
Wäre ja schön, wenn Ihr Recht hättet. Ich bin nicht scharf auf ein Verfahren, aber eben auch gebranntes Kind.
Werde ein Gutachten machen lassen (Beweissicherung), der Wagen wird dann zunächst auf minnimalem Niveau fahrfertig gemacht. Möglicherweise geht das Ding dann auch in den Osten und ich lege was drauf für einen ähnlichen Gebrauchten.
Das ist die gleiche Geschichte wie bei Monti ! Warte doch erst einmal ab was passiert ! Es wird einen Zeugefragebogen an den Fahrer geben und es wird wohl vom Kommunalen Unfallversicherungsverband ein Gutachter geschickt werden, vorausgesetzt die Schuldfrage wird durch die ermittelnde Behörde zweifelsfrei festgestellt. Wenn das so ist, dann muß nämlich der Verband abwägen ob er vor Gericht zieht oder lieber gleich den Schaden reguliert.
Wie schon geschrieben gibt es zwischenzeitlich jede Menge Urteile in diese Richtung. Googlen hilft hierbei übrigens ! Und erst wenn es Schwierigkeiten gibt kannste den nächsten Schritt gehen. Du brauchst auch keinen Gutachter jetzt, den bezahlst du in jedem Falle selbst, egal wie die Geschichte weitergeht. Zur Beweissicherung wurden bereits an der Unfallstelle jede Menge Fotos gemacht, wenn du willst dann mach halt auch nochmals welche. Wichtig ist das das Fahrzeug jetzt wo steht, wo es nicht noch weiter geschädigt werden kann, und das jetzt nix dran repariert wird. Denn das ist dann Vernichtung von Beweismitteln.
Ich würde es ganz gelassen angehen, vielleicht kommt ja statt dem Zeugefragebogen gleich ein Brief vom Unfallversicherungsverband mit der Ankündigung eines Gutachters bzw. der Aufforderung, selbst einen Gutachter zu beauftragen.
Kedenfalls ist alles was du jetzt vorher machst blinder Aktionismus, den du selbst bezahlen musst (Anwalt, Gutachter etc.)
. Roadcaptain of the Spiessers MC Headquarter Aus aktuellem Anlass ma die Signatur geändert persönlich bekannt : 105 Mit- und Ohne-Glieder
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Schaden vorsorglich auch der eigenen Versicherung gemeldet. Gutachten angefertig, Kosten 600 Euro zur Beweissicherung, da sich sonst NICHTS bewegt hat, der Wagen aber gebraucht wird. Schaden rund 6000 Euro, das bedeutet einen wirtschaftlichen Totalschaden bei einem Zeitwert von knapp 4000 Euro. Restwert etwa 500, also redenn wir über 3500 plus 10 Tagessätze Leihwagen für die Wiederbeschaffungszeit, gesamt also rund 4000 Euro.
Polizei annefragt wegen Regulierungsstelle des Berliner Senats. Dort angerufen,man weiß von nichts.
Anwalt aufgesucht (Rechtsschutz). Dieser fragt, gegen WEN ermittelt wird. Gute Frage.
Polizei angefragt, ermittelt wird gegen den Fahrer des Polizeiwagens.Das ist grundsätzlich gut,da eine Vorentscheidung der Schuldfrage.
Die Ermittlungen sind wegen anstehender Zeugenbefragungen noch in Gang.
Sollten diese Aussagen für uns nachteilig ausfallen,kann auch gegen Bengelmann ermittelt werden.
Der Anwalt hat ein erstes Schreiben an den Unfallgegner versandt.
Da nichts wirklich sicher ist, habe ich den Wagen von der befreundeten Dorfwerkstatt billig richten lassen. Teile vom Schrott. Der vordere Rahmen war krumm, Ersatz mußte eingeschweißt werden. Auto heute abgeholt, gute Arbeit, man sieht nichts, außer einiger kleiner Dellen in der Motorhaube und einem arg verschrammten Nummernschild. Das Kennzeichenn werde ich erneuern, ansonsten ist der Wagen wieder fit.
Kosten werden morgen bekanntgegeben, Vorabschätzungenliegen bei 1500, das liegt knapp unter meiner Einschätzung und ist völlig ok.
Wir können dann ruhig abwarten.
Sollte komplett reguliert werden, könnte man den Wagen verkaufen und den Ertrag der Regulierung hinzufügen. Noch etwas draufgelegt und ein simpler Neu-Dacia läge in Reichweite.
Heute war Zeugenvernehmung mit Gebährdendolmetscher beim Unfalldienst, damit können die Ermittlungen abgeschlossen werden. Die zuständige Senatsstelle hatte merkwürdigerweise zuvor schon Regulierungsbereitschaft angedeutet.