ein Dreizylinder-Reihenmotor läßt sich mit einer einzigen Ausgleichswelle recht gut schwingungsmäßig ausgleichen. Viele Motoren haben so etwas. Man sagt sogar, die BMW K75 laufe ruhiger, als die K 100 - was ich allerdings nicht beurteilen kann, weil ich auf beiden noch nicht gefahren bin.
Also:
um den Trick mit der Ausgleichswelle zu verstehen und dabei möglichst minimal Mathematik oder komplexe Formeln zu bemühen, muß man sich zunächst eins klar machen (oder es einfach glauben):
Der Dreizylinder hat in erster Näherung ausgeglichene Höhenschwingungen. Die Kolben bewegen sich sinusmäßig auf und ab und egal, wie die Kurbelwelle steht, die Addition der Beschleunigungen ergibt immer 0. Je kürzer die Pleuel, desto größer der Fehler dieser Betrachtung, aber wir lassen es jetzt für diesen Beitrag bei der Näherung.
Das Gewicht der Ausgleichswelle hat um 60° versetzt gegenüber der äußeren Kurbelwange zu stehen. So findet man es im Lehrbuch, aber das wars dann auch schon.
Um das zu verstehen und um auch die erforderlichen Massen berechnen zu können, fängt man am besten in der Mitte an:
Bild1a.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
In diesem Winkel ist nicht nur die Summe der Kolbenbeschleunigungen = 0, sondern es gibt auch keine Kippmomente. Deshalb muß die Ausgleichswelle logischweise so stehen, daß sie ebenfalls keine Kippschwingungen erzeugt.
Ein Gewicht der Ausgleichswelle muß nun jeweils das Gewicht EINER Kurbelwange kompensieren, damit der Motor nicht hin- und herschwingt. Da die Kurbelwange, die dem Gewicht der AW gegenüber liegt, nicht genau 180° ist sondern um 30° verdreht, darf das Gewicht der AW nur die 0,8660-fache Masse haben. Der Faktor entsteht aus dem cos 30°.
Wir wissen noch nicht, wie schwer denn diese Wange sein muß, aber wir wissen schon mal das Verhältnis.
Nun drehen wir die Welle um 90° nach rechts und die AW um 90° nach links. Die Wellen sind beide mit Zahnrädern verbunden, die hier im Bild nicht dargestellt sind.
Bild2a.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Auf diesem Bild scheint jetzt alles schief und verwirrend zu sein, ist es aber nicht. Der mittlere Kolben steht in der Mitte und wird nicht beschleunigt. Allerdings drückt seine Ausgleichswange zur Seite und möchte Vibrationen erzeugen.
Die anderen beiden Ausgleichswangen stehen aber in die andere Richtung und kompensieren diese Kraft genau. Sie stehen im Winkel und der cos 60° ergibt in diesem Fall 0,5 . Da es zwei Wangen sind und sie beidseitig der mittleren Wange den gleichen Abstand haben, sind diese Kräfte/Momente ausgeglichen.
Jedoch steht der rechte Kolben nun annähernd an seiner tiefsten Stelle und der linke Kolben steht annähernd an seiner höchsten Stelle. Das erzeugt ein Kippmoment - das größte, was die drei Kolben erzeugen können. Die AW muß also in dieser Stellung mit ihrem Maximum dagegen arbeiten, darf aber keine Seitenmomente erzeugen. Wie man im Bild sieht, tut sie es.
Nun zu den Massen. Das Gewicht der AW muß zusammen mit 0,8660 des Gewichtes einer Wange den Kolben, der in dieser Stellung 0,8660 seines Maximums hat, ausgleichen.
Als Formel heißt das 0,8660 x Kolben = 0,8660 x Wange + Gewicht AW
Aus obiger Erkenntnis setzen wir für das Gewicht AW = 0,8860 x Wange
Wir erhalten:
0,8660 x Kolben = 0,8660 x Wange + 0,8660 x Wange
Dabei kürzt sich wunderbarerweise der cos 30° raus und wir haben:
Kolben = 2 x Wange
Somit muß die Wange (oder die Wangen) auf der Höhe eines Endkolben die Hälfte der Kolbenmasse ausgleichen. Den Rest übernimmt dann die AW.
Die letzten beiden Bildchen nur noch der Vollständigkeit halber.
Bild3a.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Bild4a.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Gruß
Wännä
Edit: ich habe die Kurbelwellenverdrehung der MV Agusta angepaßt
Find ich mal ne ganz besonders hübsche Methode, den Massenausgleich zu beschreiben und die 50 %-Überwuchtung der KW-Wangen herzuleiten. Klar fehlen bei der Betrachtung noch die Zwischenstellungen, aber man kann auch so glauben, dass es für sämtliche KW-Winkel stimmt, wenn es für zwei stimmt. Und das (fast) ganz ohne Mathematik!
Zitat Man sagt sogar, die BMW K75 laufe ruhiger, als die K 100
Ein bisschen unfair, der Vergleich, da die K75 Ausgleichsgewichte auf der Abtriebswelle trägt, die K100 aber keinen extra Massenausgleich besitzt. Somit wird die K100 wie jeder Reihenvierer ohne AW von kribbeligen Massenkräften 2. Ordnung geplagt.
Also wenn ich die W auf Dreizylinder umbaue (vielleicht leiht mir Freewheelin Steve ja mal seinen BSA-Motor zum Zerlegen und gucken, wie man´s macht), werde ich diese Überlegungen berücksichtigen. Versprochen.
Zitat Klar fehlen bei der Betrachtung noch die Zwischenstellungen, aber man kann auch so glauben, dass es für sämtliche KW-Winkel stimmt, wenn es für zwei stimmt. Und das (fast) ganz ohne Mathematik!
Genau, das ist fast schon zum Anfassen.
Aber mir geht es ja darum, sowas zu bauen und ich will wissen, wie . Daß in den Zwischenstellungen sich kein anderes Bild ergibt, muß/kann ich glauben. Für wieviele Stellungen sollte ich es denn überprüfen? Und dann doch noch eine Zwischenstellung, die vielleicht nicht paßt? Mit einem kleinen Excel-Programm könnte ich jeden Wert ermitteln.
Für die Auslegung von Kurbelwelle und AW brauche ich aber Werte. Die finde ich so heraus. Real wird meine Kurbelwelle ihre Unwuchtgewichte noch wesentlich weiter außen haben - also außerhalb des Gehäuses - und die AW vermutlich auch etwas anders aussehen. Die Idee war sogar schon, den Propeller unwuchtig auszuführen - was aber eine heikle Angelegenheit wäre.
Die MV-Welle ist rechtsschraubig. Meine Home-made Welle ist linksschraubig . Ich weiß nicht, ob es eine Norm darüber gibt, aber bei mir ist es jetzt zu spät, die Welle noch zu ändern.
Zitat von Wännä im Beitrag #8Daß in den Zwischenstellungen sich kein anderes Bild ergibt, muß/kann ich glauben. Für wieviele Stellungen sollte ich es denn überprüfen? Und dann doch noch eine Zwischenstellung, die vielleicht nicht paßt? Mit einem kleinen Excel-Programm könnte ich jeden Wert ermitteln.
Ist die KW astrein mit 50 % der oszillierenden Massen überwuchtet und stimmt der Ausgleich durch die (korrekt eingelegte ) AW bei einem bestimmten Drehwinkel, so stimmt er automatisch bei jedem beliebigen Drehwinkel. Weiß aber wieder mal nicht, ob ich dich richtig verstanden habe.
ist ja richtig, muß ja auch so sein. Ich mein was anderes: wenn ich sowas bauen will, warum soll ich mehrer Positionen überprüfen, wenn ich sowieso weiß, daß es geht.
Die für mich unbekannte Größe waren ja die Winkel und die Massen.
Aber mal was anderes Onkel Serpel. Ich bin eigentlich so blöd, daß es gar nicht blöder geht. Als wissenschaftlicher Handwerker hätte ich mir die ganze Mühe sparen können.
Man nehme drei Einzylinder und reihe sie nebeneinander.
Dann nehme man drei Ausgleichswellen, die für die Eintöpfe gemacht sind und ordne sie entsprechend an. So, wie bei der W.
Damit ist der Massenausgleich bei jedem für sich nicht toll, aber das ist erstmal egal.
Die Wellen werden 120° verbunden und der Krams drehen lassen. Das muß gehen und das geht auch.
Nachdem man genug gespielt hat und der Kaufmann über die Schulter guckt "geht das nicht billiger?" ersetzt man einfach die drei Gewichte der Ausgleichswelle durch zwei äußere. Ich habs glaub ich auch, wie es geht und es müßte das gleiche rauskommen. Die Kurbelwelle kriegt auch einfach zwei solcher Gewichte und keinen Ausgleich mehr in der Mitte. Damit liegen die Wellen dann wieder prima symmetrisch - oder nicht ??
Ich möchte wetten, daß die Techniker es beim ersten Mal so gemacht haben.
Bildchen gefällig ?
Gruß
Wännä
P.S.: ernst gemeint jetzt: ist da ein Gedankenfehler drin ?
hat ein bisschen gedauert, weil ich erst ein Filmchen machen wollte. Dieter hatte mir den tollen Tipp mit YouTube gegeben.
Hab also mal das resultierende Moment 1. Ordnung beim R3-Motor dargestellt, dessen KW nicht überwuchtet ist, die oszillierenden Kräfte der Kolben also nicht beeinflusst.
Das Ergebnis ist eindeutig: Das resultierende Kippmoment (rot) oszilliert ebenso wie die Kräfte der einzelnen Kolben harmonisch und sollte daher mit zwei gegensinnig zueinander rotierenden Wellen mit je zwei diametral gegenüberliegenden Ausgleichsgewichten (wie von dir beschrieben) zu kompensieren sein. Dabei kann gerne die Kurbelwelle als eine der beiden Wellen "missbraucht" werden.