Der kubanische Schachgroßmeister José Raul Capablanca erzählte einmal:
"Ich spielte ein Turnier in Deutschland, da sprach mich ein Mann an. Ich dachte, er wollte ein Autogramm, zog meinen Füller heraus, da platzte zu meiner Verblüffung der Mann heraus: 'Ich habe das Schachspiel gelöst!'
Ich trat unauffällig einen Schritt zurück, für den Fall, daß der Mensch nicht nur verrückt, sondern auch gefährlich war, aber er fuhr fort: 'Ich wette 50 Mark mit Ihnen, daß ich recht habe. Kommen Sie mit in mein Hotelzimmer, und ich werde es Ihnen beweisen.'
Nun ja, 50 Mark sind 50 Mark, also machte ich gute Miene zum bösen Spiel und ging mit dem Burschen in sein Hotelzimmer. Wir setzten uns an sein Schachbrett. 'Ich habe alles analysiert', sagte er, 'Weiß gewinnt in 12 Zügen, egal wie Schwarz zieht.' Ich spielte schwarz, vielleicht war ich etwas unvorsichtig, aber zu meinem Entsetzen fand ich nach einer Reihe sehr eigenartiger Züge meines Gegenspielers, daß ein Matt im 12. Zug nicht mehr abzuwenden war.
Ich versuchte es noch einmal, spielte eine vollkommen andere Eröffnung, mit der sich die fatale Situation des vorherigen Spiels nicht wiederholen konnte, aber nach einem sehr seltsamen Spiel war mein König von allen Seiten bedroht, und das Matt erfolgte im 12. Zug.
Ich bat den Mann, einen Augenblick zu warten, rannte hinunter in die Hotelhalle, traf dort Emmanuel Lasker, der vor mir Weltmeister gewesen war, und schilderte ihm mein Erlebnis. Er war äußerst skeptisch, aber wollte es mit eigenen Augen sehen. Auf dem Weg nach oben begegnete uns noch Aljechin, der damals amtierende Weltmeister, und zu dritt betraten wir das Zimmer.
Lasker riskierte nichts, spielte so vorsichtig wie es nur möglich war, aber nach einer Reihe bizarrer, sinnlos erscheinender Manöver seines Gegners fand er sich in einer aussichtslosen Lage - Matt in 12 Zügen. Aljechin versuchte ebenfalls sein Glück, aber mußte sich genau wie wir geschlagen geben.
Es war furchtbar! Da saßen wir, die besten Schachspieler aller Zeiten, die wir unser Leben dem Spiel geweiht hatten, und es war alles vorbei! Turniere, Meisterschaften, alles - das Schachspiel war geknackt, Weiß gewinnt."
Da wandte einer von Capablancas Zuhörern ein: "He, wart mal, davon hab ich ja noch nie was gehört! Wie ging das denn weiter?" - "Oh, wir haben ihn natürlich umgebracht."