Es ist Sonntag, der 26. Dezember 2010, 5 Uhr morgens. Der Radiowecker reißt Günther S. (46) aus dem Schlaf. Der Oldie-Sender spielt Modern Talking.
Herr S. quält sich aus dem Bett. Gestern ist es etwas später geworden, bei der Arbeit. Dienst am ersten Weihnachtstag - mal wieder. Früher konnte er danach wenigstens ausschlafen. "Ja ja, der zweite Feiertag", murmelt Herr S.,"ist das wirklich schon sieben Jahre her?"
Es hat sich wirklich einiges getan seit damals. Nur nicht in seinem Haus. Als 2005 die Eigenheimzulage plötzlich doch gestrichen wurde, mussten sie eben Abstriche machen. Und inzwischen hat sich Familie S. daran gewöhnt. An die frei liegenden Leitungen und den Betonfußboden.
Gut, denkt Herr S., dass damals die Garage noch nicht fertig war. Denn der Wagen ist längst verkauft. Zu teuer, seit es keine Kilometerpauschale mehr gibt. Und mit Bus und Bahn dauert es in die City ja auch nur zwei Stunden.
Und was man dabei für nette Leute trifft. Zum Beispiel die Blondine, die Herrn S. immer so reizend anlächelt. Zurücklächeln mag er nicht. Wegen seiner Zähne. Aber was will man machen? 3000 Euro für zwei Kronen sind viel Geld. Und schon die Brille musste er selbst bezahlen. Hat dabei aber 15 Euro gespart. Weil er nicht gleich zum Augen-, sondern erst zum Hausarzt gegangen ist. Wegen der Überweisung.
Trotzdem: Der Urlaub fällt flach. "Das könnte Ärger geben zu Hause", stöhnt Herr S. vor sich hin. Traurig erinnert er sich an letzte Weihnachten. Als es nichts gab.
2009 wurde nämlich auch in der freien Wirtschaft das Weihnachtsgeld gestrichen. Im öffentlichen Dienst ist das ja schon länger her. "Und bis wann gab´s eigentlich Urlaubsgeld?", fragt sich Herr S.- er kommt nicht drauf.
Damals hatte man jedenfalls noch genügend Urlaub, um das Urlaubsgeld auszugeben. Heute sind´s ja gerade mal 19 Tage im Jahr. Pfingstmontag? 1.Mai? Geschichte. Das stand nicht auf der Agenda 2010 - so hieß sie doch,oder? Aber man soll nicht meckern. Die da oben, weiß Herr S., müssen noch viel mehr ackern.
Darum kann Günther S. mit der 45-Stunden-Woche auch ganz gut leben. Er hat auch keine Wahl. Seit der Kündigungsschutz auch in großen Betrieben gelockert wurde, mag man es sich mit den Bossen nicht mehr verscherzen.
Wer will sich schon einreihen in das Heer von sechs Millionen Arbeitslosen? Aber den Feiertagszuschlag für den Dienst an Pfingsten vermisst er schon.
Was soll´s, in 23 Jahren, dann wir´d er 70, hat Herr S. es hinter sich.
So üppig wird die Rente zwar nicht ausfallen, wenn das mit den Nullrunden so weitergeht. Doch wer weiß: Vielleicht bringt ihn das Rauchen vorher um. Obwohl er weniger qualmt, seit die Schachtel neun Euro kostet.
Aber heute,auf den letzten Metern zum Büro, steckt Günther S. sich trotzdem eine an.
in diesem Sinne - Frohe Weihnachten Euch allen Huebi
dir auch, huebi. ...und nachdem herr s. die ersten züge genommen hatte, war er plötzlich froh und glücklich, dass er in deutschland lebt und nicht in sonstwo. denn auch wenn sein wohlstand sich ein wenig verringert hat, so geht es ihm noch um längen besser als milliarden von anderen menschen auf diesem planeten... (und sein boss musste kurzfristig seinen haupt-wohnsitz von der schweiz nach nepal verlegen, denn die schwitzer wollten plötzlich steuern von ihm)... gruß aus dem norden
In Antwort auf: noch um längen besser als milliarden von anderen menschen auf diesem planeten...
so isses.....
außerdem z. th. A2010 ->> "nix wird so heiß gegessen wie´s gekocht wird!"
marc
P.S.:solang ich mir mein mopped leisten kann, kanns mir nicht soooo schlecht gehen....
P.P.S.: wem die kippen zu teuer sind, der muß nur aufhören.... (ich rauche selbs seit fast 10j. und kann die ganze aufregung und gemecker über die zigarettenpreise nicht verstehen, es wird doch keiner gezwungen.) ---------------------------------------------- keep on rockin´
...na, dass es eben milliarden schlechter geht - wie ja auch zuvor bereits gesagt wurde - die eben kein brot haben.
das 'jammern' war jetzt mal global auf unsere etwas 'deutsche mentalitaet' uebertragen gemeint. W-biker haben doch nix zu jammern... - gruesse aus dem wilden sueden -
ein mädchen, das heute in japan geboren wird, hat eine lebenserwartung von 85 jahren. die kleine wird geimpft, gut ernährt und geht in die schule. wenn sie mutter wird, genießt sie medizinische hilfe, ebenso im alter. pro jahr investiert der staat für ihre medizinische versorgung 550 us-dollar. ein anderes mädchen hat am gleichen tag geburtstag - allerdings im westafrikanischen sierra leone, einem der ärmsten staaten der welt. sie wird wahrscheinlich nicht geimpft und leidet an unterernährung. sie heiratet als jugendliche und bringt etwa 6 kinder auf die welt - ohne medizinische hilfe. eines oder mehrere ihrer kinder sterben jung, sie selbst hat ein hohes risiko bei der geburt ihrer kinder zu sterben. jedes jahr stehen für ihre medizinische versorgung 3 dollar zur verfügung. sie stirbt mit 36 jahren. taz/who
Das ist die traurige Realität.Das es uns im Vergleich zu anderen Leuten in anderen Gegenden bestens geht,will ich auch gar nicht abstreiten - ich kann mir auch noch ein schlechtes Gewissen deswegen machen und mehr für die Abschaffung der Ungerechtigkeiten der Welt tun. Für mich sieht es darüber hinaus auch noch so aus,das ich als Gewerkschafter jahrelang für eine 35 Stunden Woche gekämpft und dafür auf eigentlich notwendig gewesene Gehaltserhöhungen verzichtet habe.Und jetzt sieht es so aus,das das alles mit einem Federstrich weggewischt werden wird,und wir wieder 41 oder mehr Stunden für die selbe Gage arbeiten sollen.Das wird sich nicht gut auf die Arbeitsmoral auswirken,könnte ich mir vorstellen.
Sollte die Konjunktur demnächst wieder anspringen (glaube ich nicht dran) wird es heißen:seht ihr,das ist der richtige Weg,die Löhne und der Urlaub müssen noch weiter runter,und um die Kranken-,Arbeitslosen- und Rentenversicherung muß sich jeder selber kümmern - dann wird Alles wieder gut! Sollte die Konjunktur weiter schlafen,wird es heißen:seht ihr,das reicht noch nicht,wir müssen noch stärker sparen (siehe oben) - dann wird Alles wieder gut!
Es wird erst wieder steigende Mitgliederzahlen und Kampfbereitschaft bei den Gewerkschaften geben,wenn der Druck noch größer wird - kann aber noch was dauern bis das Pendel wieder in die andere Richtung schwingt,glaube ich.Mir tut die nächste Generation irgendwie jetzt schon Leid - `s wird ein langer,steiniger Weg für die sein,an den Lebensstandard von Heute oder der letzten Jahre wieder `ran zu kommen. This message was written on 100% receycled electrons -save the planet!
wow, ich bin zum ersten mal nicht pelegrinos meinung.
ich finde, daß die gewerkschaften, vor lauter angst ihre daseinsberechtigung zu verlieren, mittlerweile derb übers ziel hinausschießen. imer weniger arbeiten für immer mehr geld? klar, lang hats funktioniert und war auch gut so. doch ich denke, daß schön langsam das ende der fahnenstange erreicht ist. (ojeh, und sowas von einem aus dem sozialsektor)
marc ----------------------------------------------
seit kriegsende, ging es wirtschaftlich lange steil bergauf und die gewerkschaften haben auch viel für das wohl der arbeitnehmer geleistet. aber wer geglaubt hat, es könne immer so weitergehen, hat meines erachtens vergessen die rosa-brille abzunehmen.
marc ----------------------------------------------