Freund T. und ich wollten, nachdem letztes Jahr unsere Balkan/Albanien Tour uns so gefallen hat, dieses Jahr nach Rumänien und eine Karpaten-Runde drehen. Nur kam mir unerwartet etwas dazwischen, ich musste meine Mutter 3 Wochen nach einer OP verpflegen und konnte glücklicherweise ein paar Tage vor Tourbeginn von meiner Schwester abgelöst werden, so dass ich Öl, Filter und die neu aufgezogenen K-60 Räder wechseln konnte. Mutter geht es wieder gut und sie lebt fast ihr altes Leben wieder und ist gut versorgt.
Der Plan war, mit Bulli und Hänger nach Rumänien an einen Platz zu reisen, welcher EnduRomania heißt und mitten in den Südkarpaten auf einem Hügel liegt. Wir brauchten für die Anreise 2 Tage.
T. war vor 8 Jahren bei einem Enduro-Event mit Freunden für ein paar Tage hier gewesen. Als wir ankommen, tummeln sich nur ein paar Quad-Freaks auf dem Gelände. Da wir Bulli und Hänger eine Woche dort stehen lassen wollen, nehmen wir dort ein Zimmer zur Übernachtung, als good will Geste.
Wir hatten am Vorabend die Motorräder abgeladen und können nach dem Frühstück zeitig losfahren, das Gefühl von der letzten Reise ist sofort wieder da, cool.
Wir kommen abends in Targu Jui an, es ist über 32°C heiß. Wir nehmen uns das erstbeste Hotel und brauchen ganz schnell etwas zu trinken.
Die erste Tagestour.
Ein paar Eindrücke aus der Stadt.
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Am nächsten Tag geht es wieder hoch Richtung Norden, wo die Temperaturen in der Höhe sehr angenehm sind.
Es gehört wohl zu unserer Reise-Choreografie, dass sich am 2. Tag eine Biene im Helm verfängt, diesmal trifft sie Dottore.
Man begegnet ab und zu Leuten, die genauso neugierig auf uns sind, wie wir auf sie, aber meistens beschränkt sich dies auf unsere Neugierde. Wir stoßen auf viele verschlossene Menschen, anders als z.B. in Albanien letztes Jahr.
Die zweite Tagestour.
In Sibiu (ehemals Hermannstadt - warum Google viele Städtenamen nur in Deutsch benennt, ist mir schleierhaft) gelandet, buchen wir direkt am zentralen Ringhotel ein Zimmer und flanieren durch eine sehr belebte Altstadt, die sehr schön restauriert wurde. Es gibt aber auch echt Altes zu sehen.
Nach einem nochmaligen Stadtspaziergang und Frühstück am Morgen, sind wir Richtung Balea Wasserfälle und Argisch aufgebrochen. Der Verkehr ist jedoch so dicht, dass uns die schöne Strecke komplett vereitelt wird. Bei einem Stop macht uns ein anderer Motorradfahrer den Rest der Strecke auch noch madig, so dass wir umkehren und eine andere Richtung einschlagen. Nachdem wir an diesem Tag die Motorräder getauscht haben, fahre ich mit der GS aus einem Tunnel heraus und es kracht mächtig hinter mir. Bis mir klar wird, dass ich einen Koffer verloren habe, der nicht richtig montiert war, dauert. Da liegt er auf der anderen Seite der Straße bergauf, glücklicherweise war niemand hinter mir hergefahren und diese Kisten halten einiges aus. Kaum fährt man fremd und schon setzt das Schicksal ein Zeichen, also nix mit Giganten Sänfte. Apage Satanas!
Die dritte Tagestour
In Buzau kommen wir ziemlich erledigt an.
Von diesem östlichsten Punkt unserer Karpatentour geht es Richtung Norden, leider erst mal auf einer dieser unsäglichen E-Straßen, die zum Teil von uns mit Parallel-Strecken umfahren werden, die obwohl unbefestigt, dennoch erstaunlich gut zu befahren sind.
Danach fahren wir eine der schönsten Strecken dieser Tour durch den Putna Francea Nationalpark, um darauf in einem wunderschönen Hochtal zu landen.
Noch ein schöner Paß: Cabana Alpina - und wir kommen in die nächste Hochebene, welche von einer ungarischen Minderheit geprägt ist. Die Ortsschilder sind zweisprachig.
Wir erreichen Szeklerburg oder Miercurea Ciuc abends und bekommen in einer netten alten Pension ein günstiges Zimmer. Ein reizender älterer Herr kümmert sich sehr rührig um uns und kramt sogar ein paar Brocken Höflichkeits-Wienerisch aus seinem Repertoire hervor, sehr nett! Leider haben wir keine Fotos aus Szeklerburg.
Die vierte Tagestour.
Nach einem ausgedehnten Frühstück sitzen wir wieder im Sattel Richtung Nordwesten.
Viel Nadelwald und Alm-Wirtschaft in den nördlichen Karpaten.
Das Landschaftsbild ist auf unserer ganzen Tour in den Karpaten von diesen Heu-Heinzen,
..oder diesen Schwedenreutern geprägt. Es ist natürlich eine sehr arbeitsintensive Art, Heu zu werben, weil keine moderne Technik zur Verfügung steht. Sie hat aber den Vorteil, dass man keine Krümelverluste durch das mehrmalige Wenden hat und das Futter unter der obersten, sonnengebleichten Schicht knistergrün herauskommt, ein Festfressen für einen Wiederkäuermagen.
Hier wird Hafer gedroschen.
An diesem Abend beziehen wir in Borsa ein Hotel und lassen uns gut bewirten. Hier sind wir nicht weit von der ukrainischen Grenze entfernt. Auch von Borsa gibt es leider keine Fotos.
Die fünfte Tagestour
Von diesem nördlichsten Routenpunkt fahren wieder Richtung Südwesten. Da wir kein Frühstück gebucht haben, sind wir erst mal in die Höhe und haben dort einen schönen Platz zum Frühstücken gefunden.
Wenn‘s dem Esel zu wohl ist, trabt er aufs Eis. Irgendwie will unser beider Navi eine unbefestigte Strecke fahren und wir denken, bisher ging es ja auch, wird schon. Es ist allerdings schon 17.00 Uhr und die Strecke lässt sich sehr schwer ausmachen, also gut - wir fahren ins grüne Inferno der Nordkarpaten. Der Weg ist z.T. mehr Bachbett als Schotter. Die beiden Navis steigen aus und justament stehen große Holzvollernter vor uns. Was sollen wir tun, die großen Geräte mussten ja von irgendwo her gekommen sein, also ohne Navi und offline weiter. Die härteste Prüfung ist ein ca. 30 m langer lehmiger Stich nach unten, wonach klar ist, jetzt gibt es kein zurück mehr. Nach weiteren schrecklichen Strecken kommen wir letztlich am Ende des sogenannten Weges an: zwei Gebäude und mehrere Generationen einer Familie, Sackgasse in the middle of nowhere! Zwei jüngere Frauen kommen sehr freundlich auf uns zu und sprechen uns auf englisch an, ja super. Wir bekommen Wasser, da sie uns ansehen, wie erschöpft wir sind. Leider können sie uns in sehr gutem Englisch erklären, wo und wie sehr am Anfang dieser Etappe wir uns verfahren haben. Wir müssen die komplette Hölle wieder zurückfahren. Lange Rede kurzer Sinn: wir haben erst um 21.00 Uhr wieder Asphalt unter unseren Rädern. Der Respekt vor meiner lieben W verbietet es mir, sie liegend abzulichten, sie hatte sich echt gut geschlagen!
In Campeni bekommen wir dann spät abends über einer Diskothek ein schön rot ausgeleuchtetes Zimmer - und ein Pizza-Laden ist auch gleich in der Nachbarschaft, geht doch!
Die sechste Tagestour
Ziemlich verkatert nehmen wir am nächsten Morgen in der örtlichen Tanke ein kleines Frühstück ein, fahren nochmals, obwohl wir southbound gepolt sind, Richtung Norden und nehmen den Apuseni Nationalpark unter die Räder. Die super frisch asphaltierten Straßen über den Pass entschädigen uns für das Gegurke vom Vortag.
Am Nachmittag sind wir wieder in EnduRomania angekommen, wo sich eine Hochzeitsgesellschaft eingemietet hatte, wir haben mit ihnen und ein paar Enduristen, die dort campten, noch schön gefeiert und sind spät im Bulli eingeschlafen.
Die siebte Tagestour.
Impressionen am Abend auf dem Hügel.
Am nächsten Morgen geht es wieder Huckepack 2 Tage beseelt nach Hause.
Fazit: Wir sind nach unseren Tachos ca. 2400 km durch die Karpaten getourt. Wie letztes Mal auch, haben die ungleichen Vehikel sich gegenseitig fast nichts geschenkt, außer in der grünen Hölle. Auch dieses Mal - wir hatten seit unserer Balkantour nichts gemeinsames unternommen - war das großartige Gefühl, zusammen auf Tour zu gehen, sofort wieder da, sobald wir auf unseren Vehikeln Platz genommen haben. Wir sind beide heilfroh und glücklich, gesund und munter zurückgekommen zu sein und freuen uns schon auf nächste Mal.
Danke für diesen tollen Bericht, auf den ich schon gespannt war, der Spaß und die Freude quellen aus jeder Zeile. Schön, daß Ihr wieder heile gelandet seid!
-- Blog Ich springe hoch, ich springe weit, warum auch nicht, ich hab' ja Zeit. Frei nach H.E.
Vielen Dank für den schönen Reisebericht Gut das ihr aus der grünen Hölle wieder heil rausgekommen seid. Bei Dunkelheit wäre es bestimmt richtig blöd geworden! Wie ist denn dein Fazit zum Reiseland Rumänien? Würdest du da wieder hinwollen oder sagst du, einmal gesehen genügt?
Vielen Dank für Euer positives Feedback. Die W hat glücklicherweise keinen Schaden genommen und hat gleich nach der Rückkehr einen Papperl ohne Mängel bekommen. Rumänien als Reiseland ist sehr vielfältig und schön, wir haben nur einen Teil davon bereist, heißt auf jeden Fall nochmal. Als ich 1984 mit meiner noch jungen Familie, Rumänien als Transitland Richtung Türkei mit einem umgenbauten T2 das letzte mal bereiste, mussten wir so schnell wie möglich da durch. Wir haben die "Volksdepression" derer wir ausgesetzt waren schier nicht ausgehalten. Von daher erfreute es mich schon, auch wenn viele Menschen jetzt verschlossen waren, dass sich da viel geändert hat, vor allem bei den jungen Menschen.
Zitat von Nisiboy im Beitrag #13 Wie sind denn die Zimmer-Such-und-Find-Situation und das Preisniveau?
Wir mussten nie lange suchen, das Preisniveau ist sehr unterschiedlich gewesen, wir konnten die Gründe dafür kaum nachvollziehen. Wir hatten Doppelbett-Zimmerpreise von 15-40€, wobei die Standard-Unterschiede kaum am Preis festzumachen waren. Es waren fast immer saubere einfache Unterkünfte, ok, manchmal war die Dusche kalt oder floss nicht ab.