ich bin gerade mit einer absolut serienmäßigen W800 im Tessin gewesen. Die Kiste hatte 40km auf der Uhr. Der Rest der Gruppe bestand aus Motorradjournalisten. Die Motorräder waren alle aus der Rubrik Retro/Custom. Ducati Scrambler, Triumph Street Twin, Bonneville, Thruxton. Guzzi V7 und V9. BMW 9T und ein paar Yamahas. Es war unglaublich, wie gut ich da mit der W dranbleiben konnte. Schnelle Passagen mit schlechter Fahrbahn waren etwas heikel. Aber immer, wenn es enger wurde, konnte ich locker mithalten. Speziell in den Spitzkehren war die W ein steter Quell der Freude, während einige Kollegen sichtbar zu kämpfen hatten.
Der dank großer Schwungmassen sanft ansprechende Motor macht das Fahren enger Kurven sehr angenehm, während das eine oder andere moderne Motorrad mit einem Ruck durch das harte Ansprechen der Einspritzung bei kleinen Schwungmassen einem gerne die Linie verhagelt. Ein großes Plus der W, wie ich finde.
Selbstverständlich ist man mit der W speziell in Kehren flott - verdammt flott. Das liegt zum einen aber nur am Vergleich, also daran, dass ein "Biker" gar nicht in der Lage ist, Kehren auch nur annähernd korrekt zu fahren und selbst ein versierter Motorradfahrer damit noch ein gerüttelt Maß an Schwierigkeiten hat. Da ist es einfach, mit einem so ideal auf enge Kehren hin abgestimmten Motorrad richtig flott zu sein.
Aber - und nun der zweite Punkt: Es ist um Vielfaches einfacher, Kehren flott zu umrunden, wenn man auf der Geraden zuvor selbiges nicht ist. Man hat alle Zeit der Welt, die Kurve anzupeilen, die Geschwindigkeit anzupassen und den korrekten Einlenkpunkt zu treffen. Versucht das mal mit einem Motorrad, das - sagen wir nur 20 km/h - auf der Geraden vor der Kurve schneller ist. Und das Anpeilen, Anbremsen und Einlenken wird um ein Vielfaches schwieriger sein.
Beim gemütlichen Dahinzuckeln sind heftige Schräglagen in engen Kurven Kindergeburtstag.
Martin hat es schön auf den Punkt gebracht. Die große Schwungmasse und die gute Gasannahme der W machen es sehr einfach. Ich bin zwischendurch auch mal ein paar von den anderen Mopeds gefahren. Da war im Traum nicht daran zu denken, im Dritten durch die Kehre zu fahren und am Scheitelpunkt bei 1500 einfach das Gas aufzuziehen. Du mußtest immer darauf achten, den richtigen Gang drin zu haben und mit Hinterradbremse und Kupplung tricksen, damit es dir die Linie nicht zu sehr verhagelt. Entspannt geht anders. Aber damit wir uns nicht falsch verstehen: Die richtigen Helden sind natürlich immer noch schneller.
Zitat von Serpel im Beitrag #4Noch was dazu. Beim gemütlichen Dahinzuckeln sind heftige Schräglagen in engen Kurven Kindergeburtstag. Gruß Serpel
Da stimme ich dir absolut zu. Jahrelang fuhr ich die Kawa GT750, die ja nicht gerade ein Ausbund an Handlichkeit, geringem Gewicht oder Sportlichkeit ist. Die Krönung waren dann Koffer, Eleboy, Gepäckrolle und Tourenscheibe. Ich habe damit regelmäßig erheblich stärkere Maschinen abgehängt. Besonders hinderlich waren die "Stehversuche" auf vielbefahrenen Straßen, z.B. am Brenner, am Stilfser Joch oder an der Sella. Grüße Hanns
Zitat von Ulf im Beitrag #5Martin hat es schön auf den Punkt gebracht. Die große Schwungmasse und die gute Gasannahme der W machen es sehr einfach.
Bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit ist das sicher so. Darüber verkehrt sich der Vorteil der großen Schwungmasse zu einem entscheidenden Nachteil, noch dazu wenn die Bremsen so miserabel sind wie bei der W. Damit werden Korrekturen nämlich zum Vabanquespiel und richtig flott ohne Korrekturen (oder zumindest die Möglichkeit dazu im Hinterkopf) geht nicht.
Darum verstehe ich auch diesen Einwand nicht:
Zitat von Ulf im Beitrag #5Du mußtest immer darauf achten, den richtigen Gang drin zu haben und mit Hinterradbremse und Kupplung tricksen, damit es dir die Linie nicht zu sehr verhagelt. Entspannt geht anders.
Das gehört zum "richtigen" Motorradfahren einfach dazu, oder täusche ich mich da? (Ich fahre auf Pässen Kehren rechts im ersten Gang, links manchmal auch im Zweiten und die Geraden dazwischen öfter mal im Dritten. Da muss es aber schon ein Stück weit geradeaus gehen. Und: Motorrad ohne Integralbremse geht natürlich gaar nicht.)
Zitat von Ulf im Beitrag #5Aber damit wir uns nicht falsch verstehen: Die richtigen Helden sind natürlich immer noch schneller.
Das sind dann eben die, die Motorradfahren als Sport verstehen und kein Problem damit haben, entsprechenden Einsatz zu leisten.
Freilich gibt es die dick eingepackten und aufrecht sitzenden Michelinmänner auf den Straßen zu Hauf, aber macht das Spaß, acht Stunden regungslos im Sattel zu sitzen und abends zwar bestmöglich erholt, aber mit knarzenden Knochen und schmerzendem Arsch vom Motorrad zu steigen?
Danke Ulf. Dafür das jemand, trotz aller Fähigkeiten und Möglichkeiten des Optimierens und der Leistungssteigerung, die W so zu nehmen und schätzen weiß wie sie ist. Und nicht ständig an ihr herumkrittelt weil sie, welch Überraschung, kein Superbike oder Rennmotorrad ist.