Ich hatte heute mal wieder einen Fall von hängendem Schwimmernadelventil. Da weder das Ausbauen der Vergaser noch das öffnen der Schwimmerkammer nun gerade Arbeiten sind, um die man sich reißt, habe ich es mal auf andere Weise versucht.
Erst mal jedoch zu den Symptomen: Motorrad springt schlecht an, läuft dann nur auf einem Zylinder, der zweite setzt nur sporadisch mal ein bevor er gänzlich absäuft. Es stinkt nach Sprit und nach kurzer Zeit tropft Sprit aus dem Luftfilterkasten. Zieht man den kleinen Unterdruckschlauch am Benzinhahn ab, wodurch dieser geschlossen wird, fängt nach kurzer Zeit der ausgefallene Zylinder wieder an, die Arbeit aufzunehmen. Schließt man den Unterdruckschlauch nun wieder an, fängt der Motor alsbald erneut an zu spucken und läuft nur noch auf einem Zylinder.
Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass eine Schwimmernadel hängt und die Spritzufuhr nicht mehr abriegelt, der Vergaser läuft über, das Gemisch überfettet gnadenlos Ein typischer Standschaden - z.B. nach einer Winterpause, bei der der Sprit zuvor nicht abgelassen wurde.
Normalerweise baut man nun entweder die Vergaser aus und reinigt Schwimmernadel und deren Sitz oder man baut die Schwimmerkammern ab (siehe Datenbank), um ebenfalls Nadel und Sitz zu reinigen.
Ich habe nun mal versucht, eine weniger schrauberintensive Lösung zu finden. Zuerst habe ich die Spritleitung vom Benzinhahn abgenommen und mit Druckluft hinein geblasen. Dies sollte man vorsichtig tun und keinesfalls mit der vollen Kraft der Druckluftpistole, man kann sonst die Vergaserinnereien beschädigen. Die Hoffnung hierbei ist, dass sich auf diese Weise eventuell abgelagerte Schmutzteilchen vom Ventil entfernen lassen. Achtung, bei dieser Prozedur wird der Sprit durch die Druckluft aus der Schwimmerkammer hinaus gedrückt. Er tritt durch den Entlüftungsschlauch aus, der links über dem Luftfilterkasten unter der Sitzbank endet. Es kommt also ein nicht unerheblicher Benzinnebel hinter dem linken Seitendeckel hervor. Das ist nicht ganz ungefährlich. Man sollte sich also im Klaren darüber sein, was man da tut!
Danach habe ich den Benzinschlauch wieder angeschlossen und die Vergaser über die PRI-Stellung gefüllt. Leider ohne Erfolg, Der Motor lief immer noch nur auf einem Zylinder und der eine Vergaser lief erneut über.
Nun schloss ich den Benzinhahn indem ich den Unterdruckschlauch abgezogen habe, und ließ den Motor laufen, bis der zweite Zylinder wieder einsetzt. Motor abstellen. Jetzt habe ich Vergaserreiniger auf eine medizinische Spritze aufgezogen und etwa 50ccm in den Benzinschlauch eingespritzt, in der Hoffnung, dass der Reiniger das Ventil umspült und die Ablagerungen löst.
So habe ich die W über Nacht stehen lassen. Am nächsten Morgen habe ich das Sprit-/Vergaserreinigergemisch aus beiden Schwimmerkammern abgelassen und den Benzinschlauch mit Bremsenreiniger gefüllt. Nun noch mal sanft den Bremsenreiniger mit Druckluft in den Vergaser gedrückt, bis er aus der Vergaserentlüftung stäubte. Auch das wieder nicht ganz ungefährlich. Zum einen ist das alles hochentzündlich und zum anderen sollte es keinesfalls in die Augen kommen. Nun den Schlauch wieder am Hahn anschließen und über PRI die Vergaser füllen.
Tatsächlich: Es hat geklappt. Die W sprang problemlos an und lief alsbald ruhig auf beiden Zylindern. Gewonnen!
Abschließend noch den Restsprit aus den Luftfilterkästen ablassen nicht vergessen, das geschieht an den beiden Ablassschläuchen mit den schwarzen Verschlussstöpseln hinter der Schwinge rechts.
Ob das immer funktioniert, kann ich natürlich nicht garantieren. Aber einen Versuch ist es wert, bevor man die Vergaser ausbaut oder zerlegt.
Danke ! Deine Beschreibung hat mir gedanklich schon mal weitergeholfen. Ich habe mir im Februar eine Yamaha XJ550 gekauft. Mit der bin ich bisher nur 1x zur Zulassungsstelle gefahren. Hatte dabei das Problem dass der Motor es überhaupt nicht geschafft hat in höhere Drehzahlen zu gelangen, fuhr immer nur untertourig. Das heißt im 6. Gang war auch bei 60 bis 70 km/h Feierabend. Die Kiste stank anschließend auch ziemlich nach Benzin und 1 bis 2x ist mir der Motor unterwegs ausgegangen. Leider hatte ich bis heute keine Zeit der Sache auf den Grund zu gehen. D.h. wenn ich mal Zeit hatte bin ich natürlich lieber mit der W gefahren als in der Werkstatt rumzuhängen. Hatte mir vorgenommen zur Saisonpause mal als erstes den Zündfunken zu prüfen. Aber Deine Symptombeschreibung paßt exakt auf das Verhalten der XJ. Leider sind bei den 4 Schwimmerkammern 2 Ablassschrauben vollkommen abgenudelt, die bekommt man mit 'nem Schraubendreher nicht mehr raus :(
Da werde ich mal ran müssen wenn die kalten Monate ins Land ziehen. Schließlich will ich die Kiste spätestens nächstes Jahr auch mal fahren ! Ich bin ja was das Schrauben betrifft noch ein ziemlicher Novize, dann habe ich immerhin Gelegenheit ein paar wenige Erfahrungen zu sammeln.
Hallo Falcone Was glaubst du was die stärkere Reinigungswirkung hatte Vergaserreiniger oder Bremsenreiniger Hab ein ähnliches Problem bei meiner BMW (3 Jahre Standzeit) Da die Vergaser mit Dichtungsmasse montiert sind möchte ich vermeiden sie Abzubauen. Danke für den Bericht von deinen Erfahrungen. Gruß Schuppimax
Die Reinigungswirkung liegt meines Erachtens im wesentlichen beim Vergaserreiniger, der Benzinrückstände löst. Den Bremsenreiniger hatte ich eher als Spülung verstanden. Aber das ist alles nur Vermutung, denn dabei konnte ich ja nicht in den Vergaser hineinsehen. Ich verstehe das auch eher als einen Versuch, um sich ggf den Vergaserausbau zu sparen. Ob es immer so klappt, wie bei mir, kann ich nicht sagen.
bei den BMW-Vergasern würde ich aber auf jeden Fall ein Abbau empfehlen. Zum einen ist das schnell gemacht (dabei kann man dann auch alles soweit in Ordung bringen, dass Dichtungsmasse nicht mehr nötig ist) und zum anderen kranken die an einem schlechten Schwimmernadelsitz. Haben die erst mal Probleme mit undichter Schwimmernadel, bleibt es meist nicht aus, dass der Sitz nachgearbeitet werden muss. Eine Überholung beim Tischer solltest du eventuell in Erwägung ziehen.
mit Druckluft war ich bisher nicht zimperlich. Natürlich habe ich das auch schon so versucht. Aber die 5 bis 6 bar, der mein Kompressörchen macht, haben im Vergaser bisher nichts angerichtet, weder gut noch schlecht. Davon konnte ich mich fast immer anschließend überzeugen, wenn ich die Luft-/Benzingemisch-Aufbereiter dann doch öffnen mußte .
Mit Lösemittelchen habe ich es noch nicht versucht. Ich hab auch immer so lange laufen lassen mit dem Daumen auf dem Benzinhahn-Unterdruckschlauch, bis der Motor wirklich alles weg hatte, wo er noch drankam. Den Sprit aus dem Luftfilter lasse ich nicht ab. Der ist irgendwann auch so weg.
Wenn du den nicht ablässt, kannst du nicht beurteilen, ob alles in Ordnung ist, weil die W dann wegen der Überfettung ziemlich unsauber läuft. Von den schwarzen Kerzen, die sich erst mal wieder freibrennen müssen, mal ganz abgesehen. Aber bei deiner Fahrweise ist im Motor doch sicherlich sowieso alles rabenschwarz
Im Übrigen sollte man die Luftfilterkästen ohnehin einmal im Jahr leer laufen lassen - und sich wundern, was da raus kommt.